Titel: | Ueber die chemischen Eigenschaften des Catechu's und seine Anwendung in der Färberei. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. XXIV., S. 129 |
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XXIV.
Ueber die chemischen Eigenschaften des Catechu's
und seine Anwendung in der Faͤrberei.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, No. 64.
Ueber die chemischen Eigenschaften des Catechu's und seine
Anwendung in der Faͤrberei.
Die Société industrielle in Mülhausen
schrieb im Jahre 1838 eine Preisaufgabe über das Catechu aus, worin eine Analyse
dieses Färbematerials mit Angabe der Rolle, welche beim Färben damit jede der in ihm
enthaltenen Substanzen spielt, verlangt wurde; eine ihr über diesen Gegenstand
eingeschikte Abhandlung löste die Frage keineswegs, gab aber zu einem Bericht des
Hrn. Gustav Schwartz
Polytechn. Journal Bd. LXXVI. S.
206. Veranlassung, welcher wegen der darin enthaltenen schäzbaren praktischen
Beobachtungen wichtig ist. Ich glaube, daß durch meine im Folgenden mitgetheilten
Versuche diese Frage vollkommen aufgeklärt und jeder noch bestehende Zweifel über
die Natur des Catechu's gehoben seyn dürfte.
Ich benuzte zu meinen Versuchen ein Catechu in zolldiken Würfeln von hellbrauner
Farbe, weil mir das dunklere Catechu, welches im Handel die Benennung
Catechu-Extract führt, beim Färben niemals so gute Resultate lieferte, was
ich der größeren Oxydation dieses lezteren zuschreibe, welches nicht mehr aus
Catechusäure, sondern vielmehr aus Japonsäure besteht. Eine quantitative Analyse des
Catechu's anzustellen, schien mir unnöthig, und ich verweise deßhalb auf die von Svanberg erhaltenen und in Berzelius' Lehrbuch der Chemie angegebenen Resultate.Poggendorff's Annalen
der Physik u. Chemie Bd. XXXIX. S. 167.
Das helle Catechu besteht 1) aus Catechugerbstoff; 2) Catechusäure, welche die
größere Menge bildet; 3) Japonsäure und 4) Kiesel- und Thonerde. Der färbende
Bestandtheil ist bloß die Catechusäure, welche darin mit Gerbstoff und Japonsäure
verbunden ist; leztere ist selbst nur (eine durch den Einfluß feuchter Luft) höher
oxydirte Catechusäure. Um sich von der oxydirenden Wirkung der Luft auf das Catechu
zu überzeugen, braucht man bloß ein Stük Baumwollzeug mit einem wässerigen Absud von
Catechu zu tränken, und man sieht dann, daß die Farbe, welche anfangs unmittelbar
nach dem Troknen bräunlichgelb ist, nach einigen Tagen rothbraun wird. So lange die
Oxydation nicht stattgefunden hat, kann die Farbe von dem Zeug abgewaschen werden,
während sie nach der Verwandlung der Catechusäure in Japonsäure haltbar ist. Hieraus
geht hervor, daß nicht
die Catechusäure die Baumwolle färbt, sondern daß sie sich nur in Folge ihrer
Eigenschaft in Japonsäure übergehen zu können, zum Färben benuzen läßt.
Die Catechusäure löst sich vollkommen im Wasser auf, während die Japonsäure darin
unauflöslich ist. Beide sind in Aezkali und Aeznatron auflöslich und können aus
dieser Auflösung durch eine stärkere Säure gefällt werden. Versezt man die
alkalische Flüssigkeit mit Essigsäure in Ueberschuß, so bleibt Catechusäure nebst
Japonsäure in der Auflösung zurük. Ein mit Wasser bereiteter, gesättigter
Catechuabsud sezt nach und nach ein wenig Catechusäure ab, welche sich bei Zusaz von
Wasser wieder auflöst; wird dieser Niederschlag der feuchten Luft ausgesezt, so
bildet sich Japonsäure, die man in Aezkali oder Aeznatron auflösen kann.
Sezt man mit Wasser bereiteten Catechuabsud der Luft aus, so läßt er Japonsäure
fallen; ein Absud von Catechu mit Essigsäure trübt sich viel langsamer.
Die Catechusäure kann auch mittelst Kupferoxyd oder doppeltchromsauren Kali's in
Japonsäure verwandest werden, Tränkt man z.B. ein Stükchen Baumwollzeug mit einem
wässerigen Catechuabsud und nimmt es dann durch eine heiße Auflösung von rothem
chromsaurem Kali, die man vorher mit ein wenig Salzsäure versezte (um Chromsäure
frei zu machen), so färbt es sich sehr schnell, indem ein Theil Chromsäure in
Chromoxyd übergeht. Die Kupfersalze wirken analog; sie geben Sauerstoff an die
Catechusäure ab und verwandeln diese in Japonsäure. Mit Wasser verdünnte
Schwefelsäure wirkt ebenso. Man kann daher nicht sagen, daß das Catechu einen
Farbstoff enthält wie der Krapp oder die Farbhölzer, indem es bloß dadurch färbt,
daß sich die Catechusäure in Japonsäure verwandelt.
Würde man die Catechusäure durch doppeltchromsaures Kali oder ein Kupfersalz in
Japonsäure umändern, ehe man den Baumwollzeug damit imprägnirt, so erhielte man auf
lezterem keine solide Farbe mehr, weil die schon im Voraus gebildete Japonsäure sich
nicht mit ihm verbinden würde.
Sezt man einen Baumwollzeug, der mit wässerigem Catechuabsud getränkt wurde, der Luft
aus und nimmt ihn dann durch eine Kalkmilch, so wird die Japonsäure ebenfalls darauf
befestigt und liefert ein Hellbraun. Dasselbe Resultat erhält man, wenn man anstatt
Kalk Aezkali oder Aeznatron von einer gewissen Concentration anwendet. Sehr dunkle
Nüancen kann man auch erhalten, wenn man Baumwolle mit japonsauren Alkalien
imprägnirt und sie dann mit Kalkmilch behandelt.
Wenn man mit Catechudecoct bedrukte Zeuge dämpft, verwandelt sich die Catechusäure ebenfalls
in Japonsäure, aber viel unvollständiger als durch doppeltchromsaures Kali oder
Kupfersalze, so daß man, um die Farbe satt genug zu erhalten, eine Behandlung mit
diesen Substanzen nicht umgehen kann. Befestigt man das Catechu auf Baumwolle mit
Beihülfe von Thonerde- und Eisenbeizen, so ist es ebenfalls nöthig, die an
gefhen oxydirenden Substanzen noch anzuwenden; um das gewöhnliche Catechubraun zu
erhalten, ist übrigens keines jener Beizmittel nöthig.
Der Catechugerbstoff ist ohne Einfluß auf die Erzeugung der Catechufarben; um sich
davon zu überzeugen, filtrire man einen Catechuabsud (um die Japonsäure
abzusondern), behandle die klare hellbraune Flüssigkeit mit einer Leimauflösung und
filtrire neuerdings. Mit dieser Flüssigkeit wird man dann ganz dieselben Farben
erhalten wie mit der Auflösung, welche noch ihren Gerbstoff enthält.
Der Niederschlag, welchen die Leimauflösung hervorbrachte, wird beim Troknen eben so
hart wie derjenige, welchen der Gerbstoff der Galläpfel liefert.
Ich will noch bemerken, daß mehrere, Pflanzenfarben nur durch Oxydation oder
Behandlung mit chromsaurem Kali dunkel und haltbar werden, besonders solche, welche
die Farbhölzer liefern.
Aus der hier entwikelten Theorie lassen sich leicht die zwekmäßigsten
Verfahrungsarten zur Benuzung des Catechu's in der Färberei und Drukerei
ableiten.
Bericht der HHrn. Ed. Schwartz und Eh.
Risler über vorstehende Abhandlung.
Der frühere Bericht über das Catechu von Gustav Schwartz
hat offenbar dem Concurrenten seine Arbeit sehr erleichtert. Hr. Schwartz hatte bemerkt, daß das
Catechu einen Körper enthält, welcher in die Classe der Farbstoffe gehört, weil er
mit essigsaurer Thonerde gebeizte Baumwolle gelb färbt; er sezt aber hinzu, daß
diese gelbe Farbe durch Oxydation oder durch die Einwirkung von doppeltchromsaurem
Kali in eine dunkelbraune übergeht, und er erwähnt die technisch anwendbaren
Verbindungen, welche dieser Bestandtheil mit den salzfähigen Basen bildet; er citirt
auch die Abhandlung von Svanberg, welcher in dem Catechu
einen farblosen krystallisirbaren Körper fand, den er Catechusäure nannte und
welcher analoge Eigenschaften besizt wie der in seinem Bericht erwähnte Farbstoff;
endlich äußert er die Meinung, daß diese beiden Körper wohl identisch seyn
könnten.
Der Verfasser vorstehender Abhandlung glaubt die Preisfrage gelöst zu haben; nach ihm
besteht das Catechu aus Gerbstoff, aus Catechusäure, welche die Hauptrolle spielt,
und aus Japonsäure nebst erdigem Rükstand: er bemerkt sodann, daß die Catechusäure
kein eigentlicher Farbstoff ist, und daß man bloß wegen ihrer Verwandlung in
Japonsäure durch Oxydation das Catechu zum Färben benuzen kann; ohne neue Thatsachen
anzuführen, erklärt er dann nach dieser Theorie die Angaben von Gustav Schwartz; endlich bemerkt er noch, daß der im Catechu
enthaltene Gerbstoff auf die Farben, welche dasselbe liefert, keinen Einfluß
hat.
Da er nun die Versuche, woraus er schloß, daß das Catechu nur Catechusäure und
Gerbstoff, aber keinen gelben Farbstoff enthält, nicht mittheilt, da ferner Hr.
Gustav Schwartz keinen
analytischen Versuch in dieser Hinsicht angestellt hat, so mußten wir vor Allem
diesen Theil der Frage durch eigene Versuche aufzuklären suchen, indem wir
einerseits Svanberg's Versuche
über die Catechusäure wiederholten und deren Färbevermögen prüften, andererseits
aber den Gerbstoff isolirten, um zu sehen, welche Farben er sowohl für sich als in
Verbindung mit Catechusäure liefert. Das Catechu wurde also zuerst mit kaltem Wasser
ausgewaschen (um den Catechugerbstoff abzusondern), dann mit Wasser ausgekocht,
filtrirt, worauf man den gefärbten Theil aus der Auflösung mit essigsaurem Blei
niederschlug und heiß filtrirte; die klare Flüssigkeit wurde nach dem Erkalten dann
mit Schwefelwasserstoff behandelt, um das überschüssige Bleioxyd daraus abzusondern.
Durch Filtriren erhielt man eine farblose Flüssigkeit, welche nach hinreichendem
Abdampfen ein weißes krystallinisches Pulver, nämlich Svanberg's Catechusäure, absezte.
Wir versuchten nun, welche Farbe diese Säure durch ihre Oxydation auf Baumwolle
hervorbringt, wozu wir einen Theil davon in schwacher Essigsäure auflösten. Die
Auflösung wurde in verdiktem Zustande auf ein Stük Baumwollzeug aufgedrukt; man
konnte die bedrukten Stellen kaum erkennen, bei der Behandlung des Zeuges in
kochendem chromsaurem Kali entstand aber eine Farbe, welche dem gewöhnlichen
Catechubraun sehr ähnlich, nur weniger gelblich war. Eine Auflösung von
Catechusäure, die entweder in Berührung mit der Luft oder durch chromsaures Kali
oxydirt worden war, lieferte Flüssigkeiten von ähnlicher Farbe, wie man sie durch
Aufdruken erhielt. Um zu erfahren, ob die braune Farbe, welche der Catechuabsud
liefert, noch durch eine andere Substanz, als die Japonsäure, erzeugt wird, färbte
man mit essigsaurer Thonerde gebeizten Baumwollzeug nicht nur in einer Auflösung von
Catechusäure, sondern auch in Catechuabsud; im ersten Fall entstand gar keine Farbe,
als man jedoch den
farblosen Zeug in kochendes chromsaures Kali brachte, wurde er braun; im zweiten
Falle hingegen färbte sich der Zeug gelb und diese Farbe wurde durch Behandlung mit
chromsaurem Kali ebenfalls braun, aber mit einem mehr gelben Stich als beim anderen
Muster.
Das Catechu enthält also offenbar einen Bestandtheil, welcher gelb färbt und die
braune Farbe modificirt, was auch folgender Versuch beweist: wenn man Catechu
mehrmals nach einander auswascht und in jedem Waschwasser gebeizte Zeugstükchen
färbt, erhält man eine Reihe Farben, die vom Gelb zum Schmuzigroth übergehen oder
nach dem Oxydiren vom Gelblichbraun zum Röthlichbraun. Dieser gelbe Farbstoff ist
weder Gerbstoff noch Japonsäure, noch ein Gemenge von Gerbstoff und Catechusäure.
Wir haben nämlich den Gerbstoff isolirt, indem wir das erste Auswaschwasser des
Catechu's heiß mit essigsaurem Blei fällten, den Niederschlag auf einem Filter
sammelten, mit vielem Wasser aussüßten und dann mit Schwefelwasserstoff zersezten;
die gefärbte Flüssigkeit, welche wir dabei erhielten, war eine Gerbstofflösung, die
weder für sich allein, noch mit Catechusäure vermischt die Zeugstüke gelb färbte,
sondern hellbraun, welches durch Oxydation dunkler wurde. Ein anderer Beweis, daß
der Gerbstoff zur Bildung dieser gelben Farbe nicht beiträgt, ist der Umstand, daß
eine Catechuauflösung, aus welcher der Gerbstoff in der Kälte durch überschüssigen
Leim niedergeschlagen wurde, nicht aufhört gelb zu färben, obgleich etwas
heller.
Diese Thatsachen scheinen uns hinreichend zu beweisen, daß der gelbe Farbstoff weder
Japonsäure noch Gerbstoff ist. Sollte er vielleicht eine salzartige Verbindung der
Catechusäure oder eine Modification dieser Säure seyn? Nachdem wir viele fruchtlose
Versuche zur Lösung dieser Frage angestellt hatten, fanden wir, daß wenn man eine
Auflösung von Catechusäure einige Zeit mit Aezammoniak stehen läßt, die Flüssigkeit
sich merklich bräunt und beim Färben eine gelbe Farbe liefert, welche in kochendem
chromsaurem Kali braun wird. Das Gelb, welches das catechusaure Ammoniak erzeugt,
ist jedoch keineswegs identisch mit dem Catechugelb, denn es hält sich nicht an der
Luft und wird bald braun; hienach scheint es aber, daß der gelbe Farbstoff des
Catechu's wohl eine Modification der Catechusäure oder eine Verbindung derselben mit
einer Pflanzenbasis seyn könnte.
Endlich haben wir noch einen wichtigen Umstand anzuführen, welcher bei Behandlung der
mit Catechu gedrukten Baumwollzeuge in chromsaurem Kali stattfindet; daß nämlich
dabei nicht nur Chromsäure auf Chromoxyd reducirt wird, sondern sich auch auf der Baumwolle eine Verbindung von Japonsäure und Chromoxyd
bildet,
welche zur Intensität der Farbe beiträgt, wovon sich Hr. Heinrich Schlumberger durch eine directe Analyse
überzeugt hat.