Titel: | Ueber das zum Betriebe der Branntweinbrennerei geeignete Wasser; von Dr. J. L. Gumbinner. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. XXVIII., S. 137 |
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XXVIII.
Ueber das zum Betriebe der Branntweinbrennerei
geeignete Wasser; von Dr. J. L.
Gumbinner.Aus dessen Handbuch der
praktischen Branntweinbrennerei etc. Berlin
1840.
Gumbinner, uͤber das zur Branntweinbrennerei geeignete
Wasser.
Obgleich sich in der Natur kein Wasser vorfindet, das man als chemisch rein
bezeichnen dürfte, so enthält doch dasjenige, welches man unmittelbar aus
atmosphärischen Niederschlägen sammelt, außer zufälligen, mechanisch herabgerissenen
Beimengungen von Staub, Blüthenstaub u. dergl. in der Regel nur atmosphärische Luft,
in der Nähe des Meeres zudem noch einen sehr unbedeutenden Antheil an mechanisch
fortgerissenen Salzen aus dem Wasserstaube und nach Gewittern meist etwas
Salpetersäure. Alle diese Substanzen sind aber theils so einflußlos auf die
Alkoholbildung, theils in so geringer Menge vorhanden, daß man das Regen- und
Schneewasser an Güte dem chemisch reinen vollkommen gleichsezen kann.
Dem Regenwasser zunächst steht dasjenige, welches, über einen an löslichen
Bestandtheilen armen Grund fließend, wenig oder gar keine Kohlensäure enthält. Man
nennt solches Wasser weich und rechnet dahin alles dasjenige, welches unmittelbar
durch Zuströmen von Regen- oder Schneewasser sich in geeigneten Beken
ansammelt, so wie alles fließende Wasser von größerer Oberfläche und in weiter
Entfernung von seiner Quelle. Ein solches Wasser kann dann nur noch die in reinem
Wasser lösbaren Stoffe enthalten, und wenn es weich ist, fade schmekt, auf
geröthetes Lakmuspapier nicht einwirkt, sich beim Stehen gut und rasch klärt und
geruchlos ist, so kann man es als ein reines Wasser betrachten.
Wenn das atmosphärische Wasser die Schichten des Bodens durchdringt, nimmt es in der
Regel einen Antheil Kohlensäure auf und trifft solche Lager an, die sich nun stärker
auslaugen lassen. Es wird daher reicher an fremden Bestandtheilen, und man nennt es
hart, weil es bei allem häuslichen Gebrauche erdige Absäze und Niederschläge
veranlaßt, weniger Lösungskraft besizt und namentlich die Seife schlecht auflöst.
Ein solches hartes Wasser ist auch zur Branntweinbrennerei nicht ganz geeignet. Es
gibt zwar auch sehr reines Quellwasser, wenn der Boden von solcher Beschaffenheit
ist, daß er wenig lösbares enthält. Im Allgemeinen ist aber von allen süßen Wassern
das Brunnen- und Quellwasser am wenigsten zur Branntweinbrennerei geeignet,
und man vermeidet seine Anwendung, wenn es möglich ist, ein weicheres natürliches Wasser zu
erhalten. Jedoch ist die Schwierigkeit, sich Regen- oder Schneewasser in der
zu größerem Betriebe nöthigen Menge zu verschaffen, meistentheils bedeutender als
der Nachtheil, welcher aus Anwendung eines härteren Wassers hervorgeht.
Ist die Localität einer Brennerei durch die Nähe eines größeren fließenden Wassers
begünstigt, so wird man am besten thun, sich desselben zu bedienen. Es könnte jedoch
hier der Fall eintreten, daß das Wasser in kiesig-thonigem Bette bei
stärkerer Strömung eine Menge fremder Bestandtheile unaufgelöst mit sich führte, die
größtentheils bei ruhigem Stehen zu Boden fallen, sonst aber durch ein Filtrum
abgesondert werden müßten, wenn von ihnen ein nachtheiliger Einfluß auf den
Gährungsproceß zu befürchten wäre, was aber in der Regel nicht der Fall ist.
Reines Wasser auf künstlichem Wege herzustellen, würde für die Branntweinbereitung
nicht von Vortheil seyn. Das Höchste, was unter sehr günstigen Umständen zu
erreichen wäre, könnte nur in einem vorläufigen mehrmaligen Aufkochen des Wassers
bestehen, wodurch die Kohlensäure ausgetrieben und die Erdsalze niedergeschlagen
würden. Wenn aber schon dieses Verfahren in der Regel, und so weit es sich nicht von
selbst mit dem warmen Einmaischen verbindet, zu kostbar ist, um sich durch den
erzielten Mehrgewinn an Alkohol lohnend zu erweisen, so würde die Darstellung eines
chemisch reinen Wassers auf dem Wege der Destillation weit über allem Verhältnisse
des zu erwartenden Nuzens stehen, und sie läßt sich zu diesem Zweke im Großen gar
nicht ausführen.
Es gibt bisweilen Wasser, welches neben der Humussäure und den Quellsäuren auch noch
Essigsäure im freien Zustande enthält. Man findet diese vornehmlich in einigen
Quellwassern, welche reich an Salzen sind, und es ist im Allgemeinen nicht zu
befürchten, daß solche Wasser zur Branntweinbereitung angewendet werden sollten.
Aber selbst die Gegenwart der zuerst genannten organischen Säuren wirkt störend auf
den Proceß der Alkoholbildung ein, indem sie den Uebergang in die Essiggährung
beschleunigt. Aus diesem Grunde ist das Wasser von Teichen auf Pflanzenreichen:
Boden nicht wohl zum Betriebe anwendbar, zudem, da solches Wasser bei längerem
Stehen ohne Zu- und Abfluß nothwendig durch Verdunstung in seinen
Bestandtheilen concentrirter werden muß. Ein Wasser also, welches beim Abdampfen
einen bedeutenden Antheil verkohlbarer Substanz hinterläßt, ist in der Regel nicht
zum Betriebe zu wählen.
Eine vorgängige Untersuchung des zum Brennen anzuwendenden Wassers ist aus diesen
Gründen bei der Anlage einer Brennerei stets anzurathen. Jedoch darf man sich auch nicht sogleich
abschroten lassen, wenn die Beschaffenheit des Wassers einige Hindernisse
darzubieten scheint; noch weniger aber darf man zulassen, daß der schlechte Erfolg
des Betriebes ohne Weiteres dem Wasser zugeschrieben
werde, welches in der Regel sehr unschuldig daran ist.
Denn erstens sind bei weitem nicht alle fremden Bestandtheile schädlich; einige, wie
das kohlensaure Natron, welches sich in den Quellwassern vulkanischer Gegenden
vorfindet, sind sogar nüzlich für den Betrieb; zweitens ist die Menge der
Bestandtheile doch verhältnißmäßig immer nur gering und ihr störender Einfluß wohl
auch im Laufe des Processes selbst ohne besondere Mühe zu beseitigen.
Die Nachtheile, welche durch kohlensaure Erdsalze herbeigeführt werden können, und
die darin bestehen, daß sie sich auf den Hüllen des Amylums niederschlagen und diese
so erhärten, daß sie an dem Umbildungsprocesse keinen Antheil nehmen können, würden
zwar Berüksichtigung verdienen, wenn nicht der größte
Theil des Einmaischungsprocesses mit Hülfe von abgekochtem oder doch auf den Kochpunkt
gebrachtem Wasser vor sich ginge und nur das Kühlwasser
in der Regel roh zugesezt würde. Sollte man hiedurch
einen Nachtheil befürchten, so würde es freilich gerathen seyn, einen Versuch über
die Größe desselben anzustellen. Sähe der Brenner ein, daß es sich lohnte, auch das
Kühlwasser vorher abzukochen, so hat dieß, namentlich in den nördlichen Gegenden,
den größten Theil des Jahres hindurch keine Schwierigkeit. Auch würde es vielleicht
hinreichen, das Wasser eine Zeit lang zum freiwilligen Entwikeln der Kohlensäure
stehen zu lassen, wo sich dann die Erdsalze von selbst niederschlagen.
Ein anderes zu demselben Zweke ersonnenes Verfahren scheint demselben im ersten
Augenblike vollkommen zu entsprechen, und ist auch wirklich verschiedentlich in
Anwendung gebracht worden. Das Kühlwasser wird nämlich in Holland und in anderen
LändernMan bedient sich dieses Verfahrens auch in Norwegen zur Abstellung der
Maische, und wie man dort behauptet, mit vielem Erfolge. durch den flüssigen Theil des abgekühlten Trankes (Schlämpe) ersezt, wobei
natürlich die Kosten des Brennmaterials zum Abkochen des Wassers erspart werden.
Der Verfasser hat über diesen Gegenstand eine große Zahl von Versuchen aufgestellt,
aber die Erfahrung hat bewiesen, daß auch dieses Aushülfsmittel, gegen einen in der
That unbedeutenden Uebelstand, keinen wesentlichen Nuzen
bringt, um so mehr, da dasselbe ebenfalls mit vermehrter Arbeit und dadurch mit
Kosten verbunden ist,
und da es so leicht Veranlassung gibt, die Reinlichkeit zu vernachlässigen, welche
wesentliche Bedingung jedes erfolgreichen Brennereibetriebes ist. Das Trankwasser
bildet zudem sehr leicht einen für den Weingährungsproceß verderblichen Antheil an
freier Essigsäure, und es erklärt sich aus diesen Verhältnissen, wie seine Anwendung
den normalen Ertrag nicht selten schmälern müsse.
Da übrigens die Methode der Branntweinbereitung mittelst Wasserdämpfen
(Dampfbrennerei) täglich mehr in Aufnahme kommt, so wird der aus dem Kühlwasser
hervorgehende Nachtheil fast auf Nichts vermindert.
Nach Hermbstädt soll ein Wasser zur Branntweinbereitung
unbrauchbar werden, wenn es 2 Loth fester Substanzen im Pfunde enthält. In diesem
Falle würde sich seine Unbrauchbarkeit bereits durch ein Aräometer von sehr geringer
Schärfe entdeken lassen, denn ein Wasser von so reichem Gehalte müßte zwischen 1,15
und 1,30 spec. Gew. haben. Ein solches Wasser ist sehr selten, so daß man dem
Brenner dann nur rathen könnte, eine Quelle dieser Art zur Salzbereitung oder als
Gesundbrunnen zu benuzen. 20 Gran oder 1/3 Quentchen im Pfunde sind bereits ein so
bedeutender Gehalt, als er sich nur höchst selten im Brunnenwasser findet. Ein
Wasser von diesem Gehalte könnte bereits einen nachtheiligen Einfluß auf die
Alkoholgewinnung ausüben; dagegen nimmt man an, daß ein Wasser, welches nicht mehr
als 10 Gran an festen Bestandtheilen enthält, vollkommen brauchbar sey. Insofern
aber der größte Theil dieser Bestandtheile durch Kochen ausgeschieden werden könnte,
würde selbst eine größere Summe derselben dem Zweke des Brenners nicht wesentlich
hinderlich seyn.
Sollte man jedoch mit allen diesen Hülfsmitteln nicht ausreichen, so bietet die
Chemie noch andere dar. Die Verwandtschaft der Kalkerde zur Kohlensäure und der
Umstand, daß der kohlensaure Kalk zwar in dem mit Kohlensäure geschwängerten, aber
nicht in reinem Wasser auflöslich ist, bietet ein Mittel dar, das Wasser sowohl von
der kohlensauren Kalkerde, als überhaupt von allen nur mit Hülfe der Kohlensäure
gelösten Bestandtheilen zu befreien, indem man demselben eine frisch bereitete
Auflösung von gebranntem Kalke zusezt.
Wenn das Wasser löslichere Erdsalze enthält, wie z.B. Gyps, salpetersaure Erden und
namentlich Bittersalz (schwefelsaure Magnesia), so kann man diese durch Zusaz eines
kohlensauren Alkali in kohlensaure Erden verwandeln, die dann gleich den vorigen
leicht niederfallen. Man bedient sich zu diesem Zweke besonders des kohlensauren
Kali's, vornehmlich aber der Pott- und Holzasche; da diese größtentheils aus
reinem Kali bestehen, so nehmen sie zugleich die freie Kohlensäure des Wassers und, wenn sie sich
in größerem Ueberschüsse vorfinden, selbst diejenige der kohlensauren Erden in sich
auf. So nüzlich daher ihre Wirkung im Allgemeinen ist, erfordern sie doch eine
gewisse Berüksichtigung der anzuwendenden Quantität. Wenn z.B. ein Wasser Gyps und
kohlensauren Kalk enthält, so wird durch Hinzufügung der Asche zuerst der Gyps
reducirt, indem schwefelsaures Kali gebildet wird und das entstehende Kalkhydrat
sich mit der freien Kohlensäure des Wassers verbindet. War nun die Menge der
angewendeten Asche im Verhältniß der Kohlensäure zu gering, so kann von dieser noch
ein hinreichendes Volumen übrig bleiben, um auch den neu gebildeten kohlensauren
Kalk aufgelöst zu halten. Damit wäre alsdann nichts gewonnen. Sezt man dagegen Asche
im Uebermaaße zu, so verwandelt man einen Theil kohlensauren Kalk in lösliche
Kalkerde, die sich später mit der Kohlensäure der Maische verbinden und so auf die
Oberfläche der Pflanzensubstanzen niederschlagen könnte. Es ist also wichtig zu
untersuchen, wie viel Asche man dem Wasser zusezen müsse, um den reichlichsten
Niederschlag an Erden zu erhalten. In jedem Falle wird man wohl thun, das
anzuwendende Wasser in einen Behälter zu bringen, wo die Zusäze eingebracht werden
können. Holzasche ist, als Nebenerzeugniß des Brennbetriebs, am leichtesten
anzuwenden.