Titel: | Verfahren Glasfäden als Einschlag bei seidenen, wollenen etc. Geweben zu verwenden, worauf sich Fronçois Vouillon, Seidenhändler in Prince's Street, Hanover Square, Grafschaft Middlesex, am 8. Junius 1839 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. LV., S. 275 |
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LV.
Verfahren Glasfaͤden als Einschlag bei
seidenen, wollenen etc. Geweben zu verwenden, worauf sich Fronçois Vouillon, Seidenhaͤndler
in Prince's Street, Hanover Square, Grafschaft Middlesex, am 8. Junius 1839 ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Jul. 1840,
S. 18.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Vouillon's Verfahren Glasfaͤden als Einschlag bei seidenen
etc. Geweben zu verwenden.
Meine Erfindung bezieht sich auf das Einweben feiner Glasfäden als Zierrath in Gewebe
von Seide, Wolle, Baumwolle oder andern Faserstoffen. Um mein Verfahren näher
auseinander zu sezen, will ich sogleich zur Beschreibung der dem Zwek völlig
entsprechenden Mittel schreiten; ich glaube die beste Methode, die Erfindung
auszuführen, gefunden zu haben. Ich ziehe es vor, den Webestühlen die Einrichtung
der sogenannten Jaquardstühle zu geben; die Erfindung ist indessen nicht minder
anwendbar auf andere Webestühle, auf welchen verzierte oder façonnirte Zeuge
gewoben werden. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß die Erfindung weder den
Mechanismus des Stuhls noch die Anordnung der Kette ändert, und daß das
Fabricationsverfahren mit dem Weben unter Anwendung zweier oder mehrerer Farben und
zweier oder mehrerer Schüzen sich vereinbaren läßt. Um nun das Verfahren recht
deutlich zu machen, will ich annehmen, es sey ein Jaquardstuhl zum Weben von
zweifarbigen, nämlich blauen und goldfarbigen Seidendamasten vorgerichtet, und der
Hauptgrund solle Atlas mit Verzierungen in gelber Farbe seyn. Die Kette muß in
diesem Falle für den vorliegenden Zwek gehörig eingerichtet und das Muster durch
separate oder durch dieselben Kartenblätter wie der Grund dargestellt werden, was
dem Weber wohl verständlich seyn wird. Das goldfarbige Seidengarn wird gewöhnlich in
geeigneten Schüzen aufgespult und in Verbindung mit demjenigen Schüzen angewendet,
welcher zur Aufnahme des mit der Kette gleichfarbigen Einschlags bestimmt ist, um
gemeinschaftlich den Damastgrund zu bilden. Ich will nun aber annehmen, anstatt
dieses goldfarbigen Seidengarns wende man zum Behuf der Verzierung goldfarbige
Glasfäden als Einschlag an, der Webestuhl habe seine Arbeit begonnen, die Kette sey
geöffnet und in diese Oeffnung solle nun ein Glasfaden querdurch von Sahlband zu
Sahwand geführt werden: so muß man zunächst dafür sorgen, daß der Einschlag der Glasfäden
etwas weiter als das Gewebe ist, damit seine Enden noch über jedes Sahlband
hinausragen. Wenn das Gewebe fertig ist, so werden die genannten Enden
abgeschnitten. Um nun den Einschlag der Glasfäden auf eine geeignete und bequeme
Weise in die zu seiner Aufnahme geöffnete Kette zu führen, stekt der Arbeiter mit
seiner rechten Hand den Haken A von dem auf der rechten
Seite liegenden Sahlbande aus durch die geöffnete Kette bis über das auf der linken
Seite liegende Sahlband hinaus, faßt mit seiner linken Hand das Ende eines
Glasfadens und legt es in den Haken und hält es in demselben fest. Darauf zieht er
den Haken sammt dem Einschlag bis über das rechts liegende Sahlband hinaus, macht
den Haken los, und schiebt den Glasfaden mit dem Rietblatte sanft an das Gewebe. Nun
wechselt der Arbeiter das Ober- und Untergeleise der Kette, bildet eine neue
Oeffnung, zieht mit Hülfe des Schüzen einen Seideneinschlag quer durch, und schlägt
denselben mit dem Riete an. Man sieht, daß bei diesem Verfahren der Glasfaden durch
den Seideneinschlag gegen die Wirkung des Nietblattes geschüzt ist. Darauf fährt der
Arbeiter, in Uebereinstimmung mit dem Muster, fort, einen andern Einschlag von
Glasfäden durch die Oeffnung zu ziehen und wieder einen Seidenfaden durchzuschießen,
bis das Gewebe fertig ist. Zu bemerken ist, daß man, was für ein Muster auch gewebt
werden soll, wohl darauf achten muß, den Einschlag der Seide oder des andern Garns
zwischen dem Riet und dem Glasfaden durchzuschießen, ehe das volle Anschlagen mit
dem Rietblatt erfolgt. Ich habe zwar für das Gewebe den Atlas als Grund angenommen,
indessen kann jeder andere Grund gewählt werden. Den Atlas führte ich nur als
Beispiel an, indem ich eben so gut jede andere Gattung von Gewebe hätte nehmen
können; denn es ist einleuchtend, daß die Erfindung sich nicht wesentlich von dem
Webeproceß eines andern Fabricates unterscheidet; der Unterschied liegt nur in dem
zum Behuf der Verzierung angewendeten Material. Obgleich ich ferner den Einschlag
als von Sahlband zu Sahlband gehend angenommen habe, so wird man doch leicht
einsehen, daß, wenn das Ornamentenmuster nur an einzelnen Stellen hervorzutreten
braucht, und der Einschlag nicht von Sahlband zu Sahlband zu gehen nöthig hat, in
diesem Falle der Weber einen kurzen Haken anwendet.
Da wo nun die Kette in Uebereinstimmung mit dem Muster offen ist, zieht der Arbeiter
eine hinreichende Einschlaglänge hindurch, wobei er Sorge trägt, daß die Kette für
einen solchen Einschlag gehörig vorgerichtet ist, wie z.B. bei Verfertigung
ähnlicher Arten von Ornamentengeweben, bei denen kleine Handschüzen in Anwendung
kommen.
Nachdem ich mein Verfahren, mit Zierrathen durchwebte Fabricate darzustellen, erläutert habe,
will ich nun zur Erklärung meiner Behandlungsart der Glasfäden schreiten, in deren
Folge sie als Einschlag für Seiden-, Wollen- und Baumwollenfabricate
sich besser qualificiren.
Wenn das Glas auf die bekannte Weise in Fäden von irgend einer verlangten, der Weite
des Fabricats entsprechenden Länge und von außerordentlicher Feinheit gesponnen
worden ist, behandle ich die Glasfäden auf folgende Weise:
Fig. 57 zeigt
den Durchschnitt eines starken kupfernen, inwendig verzinnten Kessels, der einen
doppelten Boden besizt; a, a, a ist eine Reihe von
Glasstangen, welche auf geeigneten, an den Seiten des Kessels angebrachten Hältern
liegen. Auf diese Stangen werden Bündel von Glasfäden gelegt, und aufgelokert, damit
die später entwikelten Dämpfe frei zwischen denselben hindurchstreichen können. b ist eine gebogene, mit einem Sperrhahn c versehene Röhre, welche sich mit ihrem einen Ende in
den doppelten Boden des Kessels, mit dem andern in den Kessel selbst öffnet. Diese
Anordnung gestattet den Dampf von Zeit zu Zeit aus dem doppelten Boden in den Kessel
steigen zu lassen, um während der Operation die Glasfäden leicht anzufeuchten. Zu
dem Ende wird in Zeiträumen von wenigen Minuten eine möglichst geringe Quantität
Dampfes zugelassen. Von einem Dampfkessel, in welchem die Temperatur auf dem
Siedepunkt erhalten wird, führt eine Röhre d in den
doppelten Boden des zur Aufnahme der Glasfäden dienenden Kessels. Dieser ist durch
den Dekel e luftdicht geschlossen.
Angenommen nun, der Kessel sey verschlossen und enthalte die zu behandelnden
Glasfäden, der Glaskolben f enthalte 4 Unzen flüssiges
Ammoniak (eine gesättigte Auflösung von Ammoniak) und der Glaskolben g eine Mischung von 4 Unzen Schwefelsäure und 2 1/2
Unzen 54gradigen Weingeist, unter jedem der Kolben f, g
brenne eine Spirituslampe: so werden die in diesen Kolben erzeugten Dämpfe durch die
Glasröhre h, i in den Kessel gelangen, und somit die
Glasfäden ihren Einwirkungen ausgesezt. Von Zeit zu Zeit läßt der Arbeiter eine
kleine Quantität Wasserdampfes in den Kessel zwischen die Glasfäden strömen. Durch
vorliegendes Verfahren nun werden die Fäden gereinigt, sie werden biegsamer und für
die Zweke der Erfindung überhaupt geeigneter. Diese Operation dauert eine halbe
Stunde, auch eine Stunde, bis sich in dem Kolben g weiße
Dämpfe zeigen, worauf die Procedur sogleich einzustellen ist, indem man die Lampen
von den Kolben f und g
entfernt, und den Zutritt des Wasserdampfes von dem Dampfkessel absperrt. Die oben
angegebene Quantität der Materialien ist für 10 Pfd. Glasfäden berechnet. j, k sind zwei mit Hähnen versehene Röhren, um von Zeit zu Zeit den
verdichteten Dampf abzulassen, von denen die eine mit dem doppelten Boden oder
Dampfbehälter, die andere mit dem Innern des Kessels selbst in Communication steht.
Zum Behuf der Anwendung der Glasfäden als Einschlag theilt der Arbeiter die
Fadenbündel in möglichst gleiche Theile, wovon jeder Theil einen Einschlag bilden
soll. In den Zeug eingewebt, soll er mit der Seide oder dem sonstigen dazu
verwendeten Garn gleiche Dike haben. Als Einschlag zu ornamentalen Geweben können
auch verschiedenfarbige Glasfäden angewendet werden, was von dem Geschmak des
Fabrikanten abhängt. Es ist einleuchtend, daß zur Bildung eines particulären Musters
für Verzierungen ein verschiedenfarbiger Einschlag von Glas verwendet werden kann;
denn bei Erzeugung ornamentaler Gewebe lassen sich in Uebereinstimmung mit dem zu
erzeugenden Fabricat verschiedene Farben von Seide und andern Garnen
gemeinschaftlich mit Glaseinschlag benüzen, wie dieß in gegenwärtigem Falle beim
Weben mit verschiedenfarbigem Einschlag in Ausführung gebracht ist. Nachdem das
Fabricat vom Webestuhl abgenommen worden ist, kommt es in ein Gestell, welches an
jedem Ende eine horizontale Walze besizt. Diese Walzen sind mit Sperrrad und
Sperrkegel versehen, damit sie sich in jeder beliebigen Lage erhalten können. Das
Gewebe wird auf die eine dieser Walzen gewunden und an die andere befestigt, so daß
es von der vollen Walze auf die leere gewikelt werden kann. Der Abstand der Walzen
beträgt ungefähr 6 Fuß. Auf folgende Weise nun erhält das zwischen den Walzen
befindliche Fabricat seine Vollendung. Nachdem dasselbe ausgestrekt worden ist,
zupft der Arbeiter alle Knoten oder Enden der Kettfäden und des Einschlags auf,
reibt dann das Gewebe über und über mit einem weichen ledernen Lappen, entfernt mit
einer Bürste alle losen Fasern, und fährt, damit durchaus kein loser Glasfaden
zurükbleibe, mit einem trokenen Schwamm über die Fläche. Die so bearbeitete Streke
des Gewebes wird sodann aufgewunden und ein neues Stük auf gleiche Weise behandelt.
Diese Operationen werden zuerst mit der Rükseite, dann auch mit der vordern Seite
des Fabricats vorgenommen.
Nachdem ich somit das Princip meiner Erfindung beschrieben habe, bemerke ich, daß ich
weder auf den Bau des Stuhls oder der Webemaschine, noch auf die Methode der
Vorbereitung Anspruch mache. Dagegen mache ich Anspruch auf die Fabricationsmethode
mit Zierrathen durchwehter Zeuge von Seide, Wolle, Baumwolle und anderen
Faserstoffen, unter Anwendung eines Einschlags von Glasfäden.