Titel: | Verfahren Aeznatron und kohlensaures Natron (Soda) zu fabriciren, worauf sich Moses Poole im Lincoln's Inn, Grafschaft Middlesex, am 9. Decbr. 1839 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. XXIII., S. 109 |
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XXIII.
Verfahren Aeznatron und kohlensaures Natron
(Soda) zu fabriciren, worauf sich Moses
Poole im Lincoln's Inn, Grafschaft Middlesex, am 9. Decbr. 1839 ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, August.
1840, S. 113.
Poole's Verfahren Aeznatron und kohlensaures Natron zu
fabriciren.
Der Patentträger bereitet sich zuerst schwefelsaures Natron durch Zersezung von
Kochsalz mit schwefelsaurem Ammoniak, wobei er einerseits schwefelsaures Natron und
andererseits salzsaures Ammoniak erhält. Das schwefelsaure Natron wird hierauf durch
Glühen mit Kohle in Schwefelnatrium verwandelt und lezteres endlich mit Kupferoxydul
zersezt, wodurch Aeznatron entsteht, welches abgedampft und als solches benuzt oder
mit Kohlensäure gesättigt und dadurch in Soda umgeändert werden kann. Das
Schwefelkupfer, welches er bei der Zersezung des Schwefelnatriums mit Kupferoxydul
erhält, wird in einem Strom atmosphärischer Luft calcinirt und dadurch in Kupferoxyd
verwandelt; der Schwefel verflüchtigt sich dabei als schweflichsaures Gas. Dieses
wird mit Aezammoniak verbunden, welches man durch Zersezung von Salmiak mit Kalk
erhält und das gebildete schweflichsaure Ammoniak durch Einwirkung der Luft in
schwefelsaures übergeführt, welches wieder zur Zersezung von Kochsalz dient. Endlich
wird das Kupferoxyd durch Glühen mit Kohle wieder in Oxydul verwandelt; derselbe
Cyklus von Operationen wiederholt sich natürlich beständig ohne bedeutenden Verlust
an Material, indem man sowohl das Ammoniak als das Kupferoxyd und den größeren Theil
des Schwefels wieder erhält.
Wir wollen nun in die Details eingehen:
1) Die Zersezung des Kochsalzes mit schwefelsaurem Ammoniak ist eine bekannte Sache;
deßgleichen die Zersezung des schwefelsauren Natrons mit Holz- oder Steinkohlen; leztere soll
man nach dem Patentträger aber in einem verschlossenen Gefäße vornehmen, um eine
ziemliche Quantität Schwefel, die sonst verbrennt und sich verflüchtigt, zu
gewinnen.
2) Das bei lezterer Operation gewonnene Schwefelnatrium wird in Wasser aufgelöst,
filtrirt und die klare Flüssigkeit nach und nach in keinen Portionen mit fein
gepulvertem Kupferoxydul unter gutem Umrühren so lange versezt, bis eine Probe
derselben bei der Prüfung mit etwas Kupfervitriollösung sich vollkommen zersezt
zeigt (wenn die Zersezung nämlich noch nicht vollständig ist, bringt leztere einen
schwärzlichen Niederschlag hervor, im entgegengesezten Falle aber einen rein
blauen). Die jezt aus Aeznatron bestehende Flüssigkeit filtrirt man von dem
Schwefelkupfer ab.
3) Die Aeznatronlösung kann nun zur Trokniß abgedampft werden, wenn man Aeznatron in
festem Zustande braucht; wünscht man aber Soda zu erhalten, so muß sie mit
kohlensaurem Gas gesättigt werden. Dieß geschieht am besten auf die Art, daß man aus
Baksteinen gebaute und mit römischem Cement ausgekleidete Kammern mit Stüken von
Granit oder Kalkstein ausfüllt, die Flüssigkeit langsam über die Steine fließen läßt
und zugleich einen (durch Verbrennung von Kohlen erzeugten) Strom kohlensauren Gases
in die Kammer an ihrem unteren Ende hineinleitet. Die durch die Zwischenräume der
Steine streichende Kohlensäure wird von der Natronlösung absorbirt.
4) Das vorher gewonnene Schwefelkupfer wird durch Calcination in Kupferoxyd
verwandelt, wobei man das sich entbindende schweflichsaure Gas in den zur Bereitung
des schwefelsauren Ammoniaks bestimmten Apparat leitet. Man calcinirt es in einer
zum schwachen Glühen erhizten eisernen Muffel, indem man atmosphärische Luft langsam
durch die Muffel und dann in den unter der folgenden Nummer beschriebenen Apparat
streichen läßt. Das Schwefelkupfer, welches in der Muffel eine Schichte von
beiläufig einem Zoll Dike bilden kann, muß so lange fleißig umgerüht werden, bis man
keine schwefliche Säure mehr riecht. Das Kupferoxyd wird dann aus der Muffel
genommen und eine neue Portion Schwefelkupfer eingetragen, ohne daß man jedoch die
Muffel aus der Hize kommen läßt. Würde man das Schwefelnatrium mit Kupferoxyd
zersezen, so entstünde eine beträchtliche Menge unterschwefelsaures Natron, gemischt mit Aeznatron, und um die Bildung
jenes Salzes zu verhindern, ist es also nöthig, das Kupferoxyd in Oxydul zu
verwandeln, indem man es mit beiläufig 1/28 seines Gewichts gepulverter Holzkohle vermengt, in einem gut
verschlossenen eisernen Gefäße schwach glüht.
5) Das beim Calciniren des Schwefelkupfers entweichende schweflichsaure Gas muß, wie
schon bemerkt wurde, in dem Apparate aufgefangen werden, worin man es mit Ammoniak
sättigt. Lezteres gewinnt man durch Destillation des (bei der Zersezung des
Kochsalzes erhaltenen) Salmiaks mit gebranntem Kalk. Um es mit der schweflichen
Säure zu verbinden, benuzt der Patentträger eine mit Tannenholzspänen gefüllte
Bleikammer. Er läßt über das in der Muffel glühende Schwefelkupfer mittelst eines
Ventilirapparats einen mäßigen Strom atmosphärischer Luft streichen, und nachdem
sich die Gasarten, welche durch eine mit kaltem Wasser umgebene Röhre streichen,
darin hinreichend abgekühlt haben, läßt man sie langsam durch die Zwischenräume der
Späne gehen. Zugleich läßt man an der Deke der Kammer das Aezammoniak eintreten,
welches, indem es langsam über die Späne streicht, die schwefliche Säure verschlukt
und sich in schweflichsaures Ammoniak verwandelt. Um durch den aus der Kammer
entweichenden Luftstrom kein Ammoniak zu verlieren, bringt man noch eine zweite und
nöthigenfalls mehrere Kammern von derselben Construction wie die erste an, welche
eben so mit Hobelspänen gefüllt werden, durch die man den Luftstrom streichen läßt
und worin man über die Hobelspäne sehr verdünnte Schwefelsäure fließen läßt. Dadurch
wird alles Ammoniak, welches die aus der ersten Kammer entwichene Luft mitgerissen
haben könnte, vollständig absorbirt; das hiebei gewonnene schwefelsaure Ammoniak
mischt man dem weiter zu behandelnden schweflichsauren Ammoniak bei.
6) Es ist nun noch das schweflichsaure Ammoniak in schwefelsaures zu verwandeln,
indem man seine Auflösung gehörig mit Luft in Berührung bringt. Der Patentträger
benuzt dazu ein hölzernes Gestell, das er mit Hobelspänen aus Tannenholz so anfüllt,
daß die atmosphärische Luft so gut als möglich Zutritt erhält. Er läßt die Auflösung
des schweflichsauren Ammoniaks langsam über die Hobelspäne fließen und nachdem es
sich in einem unter denselben befindlichen Flächen Kasten gesammelt hat, pumpt er es
wieder hinauf, was so oft geschieht, bis es sich gänzlich in schwefelsaures Ammoniak
verwandelt hat; um sich davon zu überzeugen, versezt man eine kleine Portion mit
einigen Tropfen Schwefelsäure, wobei man keine schwefliche Säure mehr riechen darf.
Das gewonnene schwefelsaure Ammoniak dient, wie oben bemerkt wurde, zur Zersezung
des Kochsalzes.
Als seine Erfindung nimmt der Patentträger in Anspruch: 1) die Zersezung des
Schwefelnatriums mit Kupferoxydul und 2) die Verwandlung des schweflichsauren Ammoniaks
in schwefelsaures nach dem beschriebenen Verfahren.
Zusaz.
Der Vorschlag Aeznatron und daraus Soda auf die Art zu bereiten, daß man Glaubersalz
mit Kohle zu Schwefelnatrium reducirt und dieses mit Kupferoxyd zersezt, das
gebildete Schwefelkupfer dann wieder in Kupferoxyd verwandelt etc., wurde schon im
Jahre 1833 in Bayern von Ch. PH. Prückner (neues Jahrbuch
der Chemie und Physik Bd. VII. S. 102) gemacht, welcher damals für seine Methode
Soda zu fabriciren, von der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg
den Preis zuerkannt erhielt. Prückner empfahl zur
Zersezung des Schwefelnatriums ebenfalls schon das Kupferoxydul, „weil es leichter im Großen zu bereiten ist als
das Kupferoxyd.“ Später machte auch Persoz
in Frankreich (Journal für praktische Chemie Bd. II. S. 116) den Vorschlag, die
Sodafabrication auf die Zersezung des Schwefelnatriums durch Kupferoxyd zu basiren
und zwar aus einem Grunde, welcher mit demjenigen des englischen Patentträgers
zusammenzutreffen scheint, nämlich zur Ersparniß an
Schwefel. Bei der Sodafabrication, sagt Persoz,
macht man fortwährenden Gebrauch von Schwefel, welcher zum Schaden der
Manufacturisten und der Consumenten dabei ganz verloren geht. Er schäzt diesen
Ausfall auf 10 Procent des Werthes der producirten Soda.
Die Redaction.