Titel: | Calla's Bericht über die Walzenmühle des Hrn. Reinhardt zu Straßburg. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. XXXVII., S. 176 |
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XXXVII.
Calla's Bericht uͤber
die Walzenmuͤhle des Hrn. Reinhardt zu Straßburg.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement, Oktbr. 1840, S. 292.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Calla's Bericht uͤber Reinhardt's
Walzenmuͤhle.
Diese Mühle beruht auf dem Princip derjenigen, welche in dem im 17ten Jahrhunderte
von Boekler herausgegebenen Theatrum machinarum novum beschrieben wurde; ihr Hauptbestandtheil ist ein
Cylinder von Stein, welcher sich mit großer Geschwindigkeit in einem andern Stein
dreht, dessen Oberfläche ausgehöhlt ist, und zwar nach einem Radius, der fast dem
des Cylinders gleich ist.
Diese Idee wurde vor einigen Jahren von Hrn. Maitre aus
Billate bei Chattillon an der Seine, so wie auch von Hrn. Brillantais und Hrn. Nobler in Paris, benuzt.
Bei diesen leztern Maschinen war der Durchmesser des Cylinders 40 bis 60 Centimeter
(1'3'' bis 1'10''), und seine
Geschwindigkeit 2 bis 300 Umdrehungen in der Minute. Diese Dimensionen gaben einen
reichlichen Ertrag, erforderten aber einen kräftigeren Motor als die Kraft eines
Mannes. So eingerichtete Walzenmühlen können nur bei der Anwendung im Großen mit
Vortheil gebraucht werden; ihr Preis beträgt 1200 bis 3000 Franken.
Hr. Reinhardt hat alle diese Dimensionen vermindert und
machte die Mühle hauptsächlich transportabel, aber dennoch vollständig, indem sie ein Mehlsieb mit
Bürsten nach dem englischen System enthält, wie wir es im Jahre 1818 von Hrn. Benoit in St. Denis anwenden sahen; ferner enthält sie
einen Rumpf, welcher mit einem Speisecylinder versehen ist, dessen Geschwindigkeit
beständig in ein passendes Verhältniß mit dem Mahlcylinder durch mehrere Zahnräder
gesezt ist.
Hr. Reinhardt hat an diesen Mühlen ferner eine sehr
wichtige Veränderung dadurch gemacht, daß er dem sich drehenden cylindrischen Steine
auch eine geradlinige Bewegung in der Richtung seiner Achse gab, so, daß die
entgegengesezten Punkte des cylindrischen und des ausgehöhlten oder ruhenden Steines
beständig ihre gegenseitige Stellung verändern. Es folgt daraus, daß das Zerreiben
der Körner beim Mahlen besser bewirkt wird, und daß die Oberflächen der Walze und
des ruhenden Steines sich gleichförmiger abnüzen. Dieß ist eine glükliche Anwendung
eines bekannten Principes. Die Steine, welche ich sah, sind von Lava; Herr Reinhardt bezieht aber auch noch andere Steine, und zwar
aus dem Großherzogthum Baden.
Ich habe diese Maschine in meiner Gegenwart arbeiten lassen, und aus dem Versuche
geschlossen, daß wenn sie auch beim Mahlen des Getreides im Großen nicht mit
Vortheil angewendet werden kann, sie doch häufig zum Mahlen verschiedener Substanzen
in geringerer Menge benuzt werden kann. Uebrigens ist diese Maschine sehr sinnreich
construirt; wir bedauern nur, daß Hr. Reinhardt, um eine
hinreichend große Geschwindigkeit der Walze zu erhalten, Zahnräder zur
Beschleunigung der Bewegung anwenden mußte, welche den Widerstand sehr
vermehren.
Die Maschine des Hrn. Reinhardt empfiehlt sich noch durch einen sehr mäßigen
Preis.
Beschreibung der Mühle.
Diese Mühle mit allen ihren einzelnen Theilen zeigt Fig. 1–4; sie hat
einen einzigen cylindrischen Stein und besteht aus vier Hauptstüken, nämlich: 1) dem
Rumpfe; 2) dem cylindrischen Mühlstein; 3) dem ausgehöhlten feststehenden Stein; und
4) dem Siebwerke. Das Ganze ist in einem hölzernen Gestelle in Form eines genau
schließenden vierekigen Kastens angebracht.
Fig. 1 ist ein
senkrechter Querschnitt durch den Mahlgang und das Siebwerk, nach der Linie AB
Fig. 2.
Fig. 2 ein
Längendurchschnitt nach der Linie CD
Fig. 1.
Fig. 3 der
Rumpf für sich allein.
Fig. 4 der
cylindrische Stein (Walze) für sich allein.
Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben Stüke in allen Figuren.
A, das Gestell der Mühle.
B, ein Kasten unter dem Mahlgang, in dessen Innerem sich
die Bürstenachse des Mehlsiebes dreht.
C, der Rumpf.
D, der cylindrische Mühlstein.
E, der ausgehöhlte oder ruhende Stein, welcher einen
Theil der Walze umfaßt.
F, das Siebwerk.
Der Rumpf ist dem der gewöhnlichen Mühlen ähnlich, mit dem Unterschied, daß sich in
dem Untertheile ein Speisecylinder von Holz G befindet,
welcher an der untern Seitenwand des Rumpfes anliegt und dessen
Drehungsgeschwindigkeit im Voraus berechnet ist.
a ein kleiner Schieber, welcher auf der geneigten
Seitenwand des Rumpfes gleitet und die Menge des auf die Mühle zu gebenden Getreides
regulirt. b eine Zahnstange, welche mit dem Schieber
verbunden ist und in deren Zähne ein kleiner Trieb eingreift, auf dessen Achse ein
Zeiger c angebracht ist, der auf einen getheilten Bogen
d deutet und durch welchen der Schieber bewegt wird,
um eine kleinere oder größere Austrittsöffnung zu
erhalten.
H, die Achse des hölzernen Cylinders.
I, ein Zahnrad, welches auf dieser Achse festsizt und
durch ein Getriebe auf der Bewegungsachse X in Umdrehung
versezt wird.
K, ein Schwungrad.
Die Walze D ist von Stein oder von Lava und mit Furchen
in der Richtung einer Schraubenlinie versehen; sie ist auf eine Achse L, befestiget, welche an ihrem einen Ende einen Trieb
M trägt, mittelst dessen ihr die Bewegung durch das
auf der Bewegungsachse befindliche Zahnrad Z mitgetheilt
wird. Unabhängig von dieser Kreisbewegung um ihre Achse, nimmt die Walze eine
hin- und hergehende Bewegung in der Richtung ihrer Länge an, welche mittelst
einer geneigten Scheibe e, die auf ihrer Achse festsizt
und in einen Einschnitt des Stükes f eingreift,
hervorgebracht wird.
N, eine Bürste, welche am Ende einer Feder angebracht
ist, und beständig gegen die Walze gehalten wirb, um ihre Verunreinigung zu
verhindern.
O, eine Schraube, durch welche die Walze dem
ausgehöhlten Stein genähert werden kann, um feiner oder gröber zu mahlen. Der
ausgehöhlte Stein (die Muschel) ist fest an dem Gestelle angebracht.
Das Siebwerk F besteht aus einem Wellbaum P, an welchem zwei oder drei mit Bürsten besezte Latten
durch Schrauben und Muttern so befestiget sind, daß sie eine kleine Schraubenwindung
bilden. Dieser Wellbaum dreht sich in einem Troge R, der
mit gröberem oder feinerem Gaze besezt ist, und in welchen das Schrot fällt und
durch die Bürsten herumbewegt wird; durch die verschiedenen Nummern des Gazes erhält
man auch verschiedene Sorten Mehl, welches sich in den Kästen S', S'', S''', sammelt, während die Kleie durch die Oeffnung T fällt, unter welche man ein Gefäß zu ihrer Aufnahme
stellt.
Ueber die aus dem Ende des Wellbaumes P befindliche Rolle
U wird eine Schnur geschlagen, welche über eine
Rolle V auf der Bewegungsachse geht, und durch welche
die Bürstenwelle umgetrieben wird.