Titel: | Bemerkungen über die Elektricität des Wasserdampfes; von Dr. Karl Schafhäutl. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. XLII., S. 197 |
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XLII.
Bemerkungen uͤber die Elektricitaͤt
des Wasserdampfes; von Dr. Karl
Schafhaͤutl.
Aus dem Philosophical Magazine, Decbr. 1840, S.
449.
Schafhaͤutl, uͤber die Elektricitaͤt des
Wasserdampfes.
Die Entdekung einer großen Quantität freier Elektricität in einem Dampfstrahle ist
offenbar von höchstem Interesse; allein die Umstände, unter welchen diese
Elektricität entwikelt wird, sind noch in solches Dunkel gehüllt, daß ich nicht
umhin kann, die Aufmerksamkeit der Physiker auf einige mir wichtig scheinende Punkte
zu lenken.
Wird die Elektricität des Dampfstrahls durch die bloße Verdampfung des Wassers in dem
Dampfkessel, durch die Expansion des Hochdrukdampfes in der Luft, oder durch die
Verdichtung des Dampfes, d.h. bei seinem Uebergang aus dem Gaszustand in jenen, in
welchem er sichtbar zu werden anfängt, entwikelt?
Die erste dieser Fragen wäre unstreitig dadurch leicht zu beantworten, daß man eine
einen Metalldraht einschließende Glasröhre in den Dampfkessel kittete, welchen
Drahtes innerer Theil natürlich in Berührung mit dem Dampf im Kesselraume wäre;
dabei müßte dafür gesorgt werden, daß weder in den Cylinder, noch in die freie Luft
Dampf entweichen könnte.
Wenn ich mich recht erinnere, hat man während des Verdampfungsprocesses den
verdampften Theil der zurükbleibenden Flüssigkeit gegenüber gewöhnlich
negativ-elektrisch befunden; während der Verdichtung findet das Gegentheil
statt. Nach Hrn. Armstrong's BerichtS. 20 im 1sten Januarheft des polytechn. Journals. war die Elektricität des Dampfstrahls positiv, und sie scheint daher der
durch den Dampf-Verdichtungsproceß entwikelten Elektricität zu entsprechen.
Schreiben wir die in dem Dampfstrahl enthaltene Elektricität bloß der Verdampfung
des Wassers in dem Dampfkessel zu, so scheint der entgegengesezte elektrische
Zustand durch die Geseze der gemeinen Elektricität nicht wohl erklärt werden zu
können, da mir keine Ursache vorhanden zu seyn scheint, warum der Dampf in Berührung
mit der inneren Eisenfläche des Dampfkessels seine Elektricität nicht gerade so
entladen sollte, wie bei seiner Berührung mit der Außenseite, mit Ausnahme des
Falls, daß die innere Eisenfläche durch Oxydation der äußeren Fläche gegenüber zu
einem Nichtleiter der Elektricität geworden wäre. Nach Hrn. Armstrong's Angabe befand sich in dem Dampfkessel nur so weit, als das Wasser reichte, ein
Ueberzug; allein bei Kesseln, worin das Wasser sehr trübe wirb, und die daher sehr
leicht einsinken können, ist eine dünne Kruste oft über die ganze innere Fläche des
Kessels sowohl, als über das Sicherheitsventil verbreitet; daher man dieselben auch
öfter untersuchen muß.
Die Anzahl der von Hrn. Armstrong in der Entfernung eines
Viertelzolls vom Dampfkessel erhaltenen Funken belief sich für die Minute auf 60 bis
70. Nehmen wir die für eine Hochdrukmaschine von 28 Pferdekräften nöthige Menge
Wassers zu 2,47 Kubikfuß für die Minute an, welche von zwei Dampfkesseln geliefert
werden, so verdampft ein Kessel 1,23 Kubikfuß in der Minute, und die Verdampfung von
35,5 Kubikzollen Wassers mittelst 2 Unzen Newcastler Steinkohle würde nöthig seyn,
um in jeder Secunde einen 1/4 Zoll langen Funken hervorzubringen, was mit der bei
Verdampfungsversuchen im Kleinen erzeugten Elektricitätsmenge außer allem Verhältniß
zu stehen scheint.
Armstrong's Versuche scheinen aber deutlich zu zeigen,
daß die Elektricität des Dampfes vorzüglich von seiner Dichtigkeit abhängt, und die
große Quantität freier Elektricität tritt daher vielleicht durch die schnelle
Expansion des Hochdrukdampfes hervor und steht vielleicht in Beziehung zu der Menge
der während der Expansion des Hochdrukdampfes latent werdenden freien Wärme. Ich
brauche hier kaum der Beobachtung des Hrn. Hare zu
erwähnen, daß die Wirkung seines Deflagrators durch jene des gewöhnlichen
galvanischen Trogapparates völlig aufgehoben wurde; überdieß entwikeln alle Leiter
der Elektricität bei wechselseitiger Reibung Wärme, während Nichtleiter beim Reiben
aneinander statt Wärme Elektricität entwikeln.
Es scheint mir sehr die Frage zu seyn, ob die Elektricität des Dampfes mit der
abgesezten Kruste oder mit der Erhärtung derselben auf den Flächen des Kessels nicht
in enger Verbindung stand.
Ich habe schon in einem Artikel über Dampfkessel-Explosionen im Mechanics' Magazine (polytechn. Journal Bd. LXXI. S. 351) gezeigt, daß diese Krusten
aus einer Reihe übereinander liegender, manchmal sehr leicht von einander zu
trennender Schichten bestehen, was beweist, daß die Erhärtung oder die
Krystallisation dieser Schichten, troz der unausgesezten Verdampfung und Speisung,
in verschiedenen Zwischenräumen geschehen seyn, und daß eine Schicht sich schon im
erhärteten Zustande befunden haben muß, ehe sich die andere absezte. Nur wenn sie in
directer Berührung mit der Eisenfläche sind, nehmen die Schichten krystallinische
Gestalt an. Auch habe ich in der erwähnten Abhandlung gezeigt, daß während gewisse,
im siedenden Wasser aufgelöste Salze sich absezen, das Sieden eine Unterbrechung erleidet und nur in
Zwischenräumen stattfindet, und zwar immer mit einer Art Explosion oder plözlicher
Dampfentwikelung, wodurch sehr oft die Glasflasche, worin man eine Salzlösung kocht,
zerbricht. Während dieser Explosionen wurde die Elektricität des entweichenden
Dampfes so augenscheinlich, daß sie sogleich von einem gewöhnlichen
Goldblatt-Elektroskop angezeigt wurde; die unter gewöhnlichen Umständen
hingegen sich entwikelnde Dampfelektricität ist so schwach, daß sie ohne Condensator
gar nicht beobachtet werden kann.
Die Elektricitätsentwikelung während der Krystallisation gewisser Salze ist sehr wohl
bekannt und viele chemische Niederschläge bilden sich nur unter einem gewissen
Druke, welchem die sie absezende Flüssigkeit unterworfen wird. So kann z.B. dem
kohligen Absaze in den gewöhnlichen Gasretorten vollkommen begegnet werden, wenn man
das Steinkohlengas ohne Druk in den Retorten, oder sogar in einem theilweisen Vacuum
entwikelt.
Die aus den Kratern der Vulcane aufsteigenden Dampf- und Rauchsäulen entladen
Blize nach allen Richtungen, und es ist einleuchtend, daß die entladene Elektricität
von der Ausdehnung oder Verdichtung des entweichenden Wasserdampfes, wenn nicht etwa
von einer chemischen Zersezung herrührt, welche in der aus dem Krater mit einer
furchtbaren Gewalt aufsteigenden Rauchsäule vorgeht.
Auch die Elektricität der Gewitterwolken scheint von der Condensation herzurühren.
Ich hatte einmal das Glük, mich in einer um den Gipfel des Brennerbergs in Tyrol
schwebenden Gewitterwolke zu befinden, und gerade Barometer, Thermometer, Hygroskop
und Elektroskop bei mir zu führen. Ich sah, wie sich um mich her auf dem Gipfel des
Berges die Wolken in Dunstkörper von unregelmäßiger, runder Gestalt zusammenzogen;
sie schienen ihre Gestalt einer aus dem Mittelpunkte jeder einzelnen Wolke wirkenden
Attractivkraft zu verdanken, indem sie nicht das geringste Streben sich miteinander
zu verbinden zeigten. Das an der Wolke anliegende Hygroskop wurde nicht im Mindesten
afficirt, und nur wenn es sich in der Wolke selbst befand, drehte es sich zuerst um
einige Grade, und zeigte nach einigen Minuten den höchsten Grad von Feuchtigkeit,
worauf es aber nach und nach wieder auf seinen früheren Standpunkt zurükfiel. Diese
Schwankung dauerte so lange fort, als ich Zeit hatte, sie zu beobachten. Auch das
Elektroskop wurde außerhalb der Wolke nicht im Geringsten afficirt; in dieselbe
gehalten, fingen die Goldblättchen nach und nach sich zu trennen an; der Barometer
stieg zu gleicher Zeit um ein Unbedeutendes, und nach jeder Entladung des Blizes
kehrten beide Instrumente auf ihren frühem Standpunkt zurük. Aus diesen Beobachtungen scheint
hervorzugehen, daß mit jedem Bliz die Elektricität der Wolke erschöpft wird und sich
dann für den folgenden Bliz wieder frisch ladet.
Die Luft in den Wolken scheint sich von der Peripherie gegen das Centrum hin zu
bewegen, nach Art des Wirbelwindes, und ich konnte von einundzwanzig elektrischen
Entladungen der Wolke, worin ich mich befand, Zeuge seyn, bis nachher der Wind so
heftig wurde, daß mir dann die Instrumente zerbrachen, und ich mich an einen
Baumstumpf anklammern mußte, um nicht in den Abgrund hinab gestoßen zu werden; aber
der Sturm um mich herum nahm zu und schwankte in voller Uebereinstimmung mit den
elektrischen Entladungen der Wolken; auch hielt der rasche Wechsel von Nässe und
Trokniß der Wolken während der ganzen Zeit genau gleichen Schritt mit den
elektrischen Entladungen.