Titel: | Curtis' patentirte Eisenbahnsignale. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. LII., S. 247 |
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LII.
Curtis' patentirte Eisenbahnsignale.
Aus dem Mechanics' Magazine, 1840, No.
863.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Curtis' patentirte Eisenbahnsignale.
Einen Gegenstand von großem Interesse für Eisenbahn-Ingenieurs bildet
gegenwärtig die Aufsuchung der geeignetsten Mittel, um die
Greenwich-Eisenbahn vor der Möglichkeit einer Collision zu bewahren, welche
eintreten könnte, wenn der Croydon-Train die Greenwichschienen durchkreuzt
und der Uebergang der Brighton- und Dover-Trains auf die
Greenwichschienen erwartet wird. Der Gegenstand liegt gegenwärtig einer vom Hause
der Gemeinen erwählten Commission zur Untersuchung vor. Ueber mehrere von den
verschiedenen eingereichten Planen ist eben die Commission im Begriff, ihr Gutachten
darzulegen. Unter diese gehört auch der von mir erfundene und patentirte Plan,
dessen Beschreibung ich hiemit der Oeffentlichkeit übergebe.
Die Eigenthümlichkeit meines Plans besteht in der Mitteilung des Signals auf die
Distanz einer engl. Meile oder auf irgend eine passende Entfernung von der Station,
und die Hauptsache dabei ist die, daß der Maschinist nach dem Vorbeifahren an dem
Signalposten noch Raum und Zeit genug hat, um den Train anzuhalten, bevor er die
Station oder den Ort, wo gehalten werden soll, erreicht. Der Lichtapparat ist in
Fig. 61
dargestellt. A ist ein Lampenpfosten. C eine Laterne von eigenthümlicher Beschaffenheit mit
Ochsenaugen (bull's-eyes) an drei Seiten. Sie
kann übrigens auch wie eine Straßenlaterne aus Glas oder auf sonstige Weise
verfertigt seyn. C ist die Lampe, hinter deren Licht auf
die gewöhnliche Art Reflectoren angeordnet sind. B ist
ein auf der verticalen Stange e befestigter Schirm oder
Schieber. Die Stange e geht durch den Pfosten, und
vereinigt sich an ihrem unteren Ende mittelst eines Gelenks mit dem Winkelhebel F, an welchem das Gewicht M
hängt. Das andere Ende des Hebels F besizt ein Gelenk,
woran ein starker Draht g befestigt ist, welcher wie ein
Glokendraht auf die geeignete Weise nach der Winde h
hingeleitet wird; diese befindet sich in einem passenden Raume in oder nahe bei dem
Stationsgebäude. Der Draht, die Kette oder das Tau ist mit seinem Ende an die Walze
i der Winde befestigt. Wenn man nun die Kurbel k umdreht, so dreht sich auch in Folge des Eingriffs
eines an der Kurbelachse sizenden Getriebes in das durch den Kreis n angedeutete Rad die Walze i um, und die Kette, oder das Tau oder der Draht wikelt sich um die Walze. Die Folge
davon ist, daß der Draht einwärts gezogen wird, und der Winkelhebel die durch
punktirte Linien angegebene Stellung einnimmt, wobei die verticale Stange e mit dem Schirme B in die
Höhe geht und das Licht verdekt. Das Gegengewicht M
dient dazu, den Verbindungsdraht g beständig angespannt
zu erhalten. Da, wo Gas in Anwendung kommt, kann der Lampe ein weiter Gasbrenner
substituirt und die Stange e mit einem Sperrhahne in
Verbindung gebracht werden, so daß durch das Heben oder Senken der Stange das Gas
zugelassen oder abgesperrt wird. Ein kleiner Gasstrom kann fortwährend brennend
erhalten werden, und zwar so, daß er den größeren Strom anzündet, wenn die Stange
durch den Apparat gehoben wird. Auf solche Weise kann man sich, wenn es nöthig ist,
ein starkes Licht verschaffen, und wenn ein solches nicht verlangt wird, so braucht
man das Gas nicht ganz auszulöschen. Der in der Zeichnung dargestellte Apparat dient
als Nachtsignal oder auch für den Fall, daß das Wetter zu dunkel ist, um andere
Signale unterscheiden zu können. Für Tagsignale bedarf es nur eines Pfostens, an
welchem eine oder mehrere Fahnen wie ein Telegraph gehoben werden, wozu etwa ein
über der Laterne angebrachter beweglicher Arm dienen kann. Wenn der Telegraph in
Wirksamkeit gesezt werden soll, so stellt ein Mann die nöthige Verbindung zwischen
der Stange e und dem beweglichen Arm, welcher mit einem
Winkelhebel versehen seyn kann, her. Geht nun die Stange e in die Höhe, so legt sie den beweglichen Arm des Telegraphen horizontal,
senkt sie sich herab, so stellt sie ihn vertical. Der Apparat kann übrigens auch
eine doppelte Einrichtung besizen, so nämlich, daß der Telegraph und die Lampe bei
Tag oder bei Nacht in Wirksamkeit gesezt werden können.
Am besten richtet man diese Signalmethode ein, wenn man die Signale in denselben
Distanzen von einander aufstellt, in welchen die Polizei stationirt ist; anstatt nun
beim Vorüberfahren eines Trains die sonst üblichen Flaggenzeichen zu geben, sollte
man von seiner Annäherung den nächsten Polizeimann oder Bahnwärter durch Signale
benachrichtigen, damit er Acht habe, daß Ausweichzungen, Excentrica u.s.w. in der
gehörigen Ordnung seyen. Sollte sich ein Unfall ereignen, so können die betreffenden
Signale von einem Bahnwärter dem anderen mit großer Geschwindigkeit, und zwar mit
der Geschwindigkeit von 1 Meile in 15 Secunden mitgetheilt werden; dieselbe Zeit ist
als Verzug an der nächsten Station gestattet. Auf solche Weise wird die Nachricht
von dem aus irgend einer Veranlassung erfolgenden Zurükbleiben des Trains in 50
Minuten auf 100 Meilen Entfernung fortgepflanzt. Bei Anwendung von vier Drähten können so viele
verschiedene Signale gegeben werden, als der Betrieb der Eisenbahn erfordert. Um die
Signale zu wechseln, braucht man nur einen Draht von der Winde loszumachen und dafür
einen mit einem anderen beweglichen Gliede des Telegraphen in Verbindung stehenden
Draht zu befestigen u.s.w. Zur Ankündigung eines sich nähernden Trains dürfte wohl
eine Gloke oder ein Weker am besten sich eignen; dieser müßte Lärm machen, sowohl
wenn der Draht aufgewunden wird, als auch, wenn er in Folge der Rükwirkung des
Gewichts sich abwindet. Das Aufwinden könnte anzeigen, daß der Zug von Weitem
sichtbar und das Abwinden, daß er an dem lezten Signalpfosten vorbeigegangen sey.
Somit würde der vorhergehende Bahnwärter die jedesmalige Entfernung des Zuges
gewahr. Durch eine leicht begreifliche Modification kann übrigens die Locomotive
ihre Annäherung selbst ankündigen.
Gegenwärtiges selbstwirkende Signalsystem mag durch die beigefügten Zeichnungen
erläutert werden. Fig. 62 stellt einen Grundriß und Fig. 63 einen Aufriß der
Bahnlinie mit ihren Signalpfosten dar. Ich nehme an, die Pfosten a, b, c stehen eine Meile von einander entfernt, und die
auf der anderen Seite der Bahnlinie zwischen den ersteren liegenden Pfosten n, m stehen in gleichen Distanzen von einander ab. So
wie die Locomotive bei a vorüberfährt, macht sie das
Signal bei b sichtbar und bei b anlangend schließt sie a und öffnet c u.s.w. Auf diese Weise gibt sie eine Meile vor und
eine Meile hinter sich das Signal. Während das Signal noch in Wirksamkeit ist, oder
bevor der Train, an b vorüberfahrend, dasselbe absperrt,
darf ein zweiter Train unter keiner Bedingung an a
vorübergehen. Die Entfernung von einer Meile ist in einer gegebenen Zeit, etwa in 3
Minuten durchlaufen; wenn nun eine Locomotive, bei a
anlangend, wartet oder ganz langsam geht, und keine Absperrung des Signals erfolgt,
so muß der Maschinist annehmen, daß irgend eine dauernde Ursache der Hemmung auf der
Bahnlinie eingetreten, oder daß der Signalapparat in Unordnung sey. Auf jeden Fall
muß er jezt sehr vorsichtig fahren, bis er beim nächsten Signalpfosten ankommt.
Fig. 63 zeigt
die Art des Betriebs. Wie oben erläutert wurde, so sind auch hier Winkelhebel
angebracht, welche auf den Schirm oder den Telegraphen wirken. Bei b befinden sich zwei Winkelhebel, von welchen aus Drähte
mit a und c in Verbindung
stehen. Wenn nun die Locomotive E bei b, anlangt, so drükt sie die Winkelhebel 1, 2 nieder;
zugleich kommen vermittelst der Drahtleitung auch die Winkelhebel 3 und 4 in die
angezeigte Lage. Die Folge davon ist, daß sich gleichzeitig a schließt und c öffnet.
So wie die Locomotive c erreicht, äußert sie dieselbe
Wirkung auf b und die vor ihr befindliche Signalstation
u.s.w. Die entgegengesezte Stellung des Apparats ist durch punktirte Linien
angedeutet. Man wird in der Zeichnung bemerken, daß die Schirme unter den Lichtern
sich befinden; für den Fall nun, daß eine Locomotive auf derselben Bahn nach der
entgegengesezten Richtung fährt, muß der Apparat so eingerichtet seyn, daß die
Maschine den Hebel x niederdrükt, welcher einen Hub von
der doppelten Länge hervorbringt und den Schirm von a
über das Licht erhebt, so daß also jene Richtung leicht bemerkbar wird. Die
Einrichtung muß ferner so getroffen seyn, daß der Apparat je nach Erforderniß
entweder mit der Hand oder durch die Maschine in Wirksamkeit gesezt werden kann, und
die beste Methode ist wohl die, an dem Gestell der Locomotive auf der einen Seite,
etwa rechter Hand, einen Vorsprung so zu befestigen, daß derselbe, wenn die Maschine
von der einen Seite herbeifährt, auf den Hebel bei E,
und wenn sie von der entgegengesezten Richtung herkommt, auf den Hebel x wirkt. Die Signale n, m
u.s.w. auf der gegenüberliegenden Schienenlinie werden auf ähnliche Weise
ausgeführt. An Oehl für die Lampen, wenn solches verwendet werden soll, bedarf es
keiner bedeutenden Auslagen, indem die Dochte, der oben erwähnten Einrichtung für
Gassignale entsprechend, niedergedrükt werden können.