Titel: | Dirck's Patent für verbesserte metallene Eisenbahnräder mit Holz eingefaßtem Felgenkranze. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. LXVI., S. 334 |
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LXVI.
Dirck's Patent fuͤr verbesserte metallene
Eisenbahnraͤder mit Holz eingefaßtem Felgenkranze.
Aus dem Civil Engineers and Architects' Journal. Dec.
1840, S. 401.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Dirck's Patent fuͤr metallene
Eisenbahnraͤder.
Als Einleitung zu den Beobachtungen, welche sich unmittelbar auf das verbesserte, den
Gegenstand vorliegender Mitteilung bildende Rad beziehen, dürften einige vorläufige
Bemerkungen geeignet seyn, seine Beschaffenheit und Vortheile allgemeiner
verständlich zu machen.
Ursprünglich waren hölzerne Räder auf Eisenbahnen allgemein im Gebrauch; nachher
wurden sie durch gußeiserne Räder verdrängt, beide Rädergattungen aber erhielten
durch Hinzufügung schmiedeiserner Kränze eine wesentliche Verbesserung.
Modifikationen dieser Räder sind jezt noch auf der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn im Gebrauch; die Nabe der hölzernen
Räder ist von Gußeisen, der Kranz von Schmiedeisen, Speichen und Einfassung von
Holz. Auf der London-Birmingham-Eisenbahn sind gußeiserne Räder in
ausgedehntem Gebrauch. Auch auf dem europäischen Continent und in Amerika scheinen
gußeiserne Räder vorzugsweise im Betrieb zu seyn; sie gewähren da, wo keine große
Geschwindigkeit in Ausübung kommt, fürs Reisen völlige Sicherheit.
In England gibt man den schmiedeisernen Rädern einen entschiedenen Vorzug; die Räder
bestehen ganz aus Schmiedeisen, mit Ausnahme des Wulstes, welcher rings um die Enden
der Speichen gegossen ist. Die lezte an diesen Rädern angebrachte Verbesserung
betrifft die Verfertigung des ganzen Rades mit Einschluß jenes Wulstes aus
Schmiedeisen.
Was an den gegenwärtig im Betrieb befindlichen Rädern neu ist, bezieht sich auf den
Bau und die Anordnung der Speichen, deren Zwek auf die Erlangung von Elasticität,
Stärke und Dauerhaftigkeit hinzielt. Eine Varietät, welche hier übrigens nicht in
Betracht kommt, ist das flache Rad, welches hinsichtlich der Überwältigung
des Widerstandes der Luft einige besondere Vortheile besizen soll. Gegenwärtige
Räder sind indessen wenig mehr als Formvarietäten, die Abänderungen in der Große
ausgenommen. Der gewöhnliche Durchmesser der Wagen- oder Waggonräder ist 3 Fuß,
und die größten Treibräder für Locomotive sind die auf der
Great-Western-Eisenbahn; sie haben nämlich einen Durchmesser von 6 bis
7 Fuß – einmal wurden sie sogar 10 Fuß hoch gemacht.
Die Bewegung eines eisernen Rades auf einer eisernen Schiene kann, obgleich sie eine
rollende ist, doch nur mit einer Reihe von Stößen verglichen werden, und der durch
das Anschlagen des Eisens gegen Eisen entstehende Rükstoß ist bekanntlich weit
größer, als der aus dem Anschlagen von Holz gegen Eisen hervorgehende. Aus dieser
einfachen Thatsache können wir jene zitternde Bewegung herleiten, welche auf
Eisenbahnen durch eiserne Räder veranlaßt wird, ferner den Umstand, daß durch irgend
einen an sich geringfügigen Zufall, z.B. durch die von der Erhebung eines
Schienenendes herrührende Unebenheit, oder manchmal nur durch kleine, auf der
Schiene liegende Kieselsteine ein minder heftiger als gefahrvoller Rükstoß erzeugt
wird. Die zitternde Bewegung der Schienen, deren ich so eben erwähnte, macht es in
manchen Fällen nöthig, dieselben auf hölzerne Balken zu legen. Der Erläuterung wegen
verdient hier angeführt zu werden, daß die Schienen auf der
Dublin-Kingstown-Eisenbahn ursprünglich auf Granitblöke gelegt waren;
das Zittern war aber so groß, daß die Schienen loker wurden, und die daraus
hervorgehende Beschädigung der Maschinen und Wagen ernstliche Gefahren herbeiführte.
Am Ende kam man daher überein, die Granitunterlagen abzuschaffen, und an ihrer
Stelle eine longitudinale Balkenverbindung einzuführen, was viel Mühe und Kosten
verursachte. In manchen Fällen mag wohl die Beschaffenheit des Bodens die Anwendung
von Steinblöken gestatten, und wo sie mit Sicherheit als Unterbau eingeführt werden
können, sind sie immerhin vorzuziehen, indem eine auf Steinblöken ruhende Eisenbahn
mit geringeren Kosten unterhalten werden kann, als eine auf Holzunterlagen gebaute.
So leitet sich denn die einzige Ursache, den Steinunterbau abzuschaffen, von der
Erschütterung her, welche der Schiene durch eiserne Räder, wie sie gegenwärtig im
Gebrauch sind, mitgetheilt wird. Brees gibt in seinem Railway Practice (1839) in der Abschrift eines
Überschlags zum Bau der North-Union-Eisenbahn S. 142 folgende
Notiz:
Unterhaltungskosten der Durchkreuzungsstellen und Ausweichschienen, wenn sie auf
Steine von 5 Fuß Kubikinhalt gelegt werden,
fürs erste
Jahr per Meile
Pfd.
Sterl.
150
deßgl.
zweites Jahr
–
–
80
–––––––––––––
Pfd.
Stert.
230
Deßgl. auf
Lerchenbaumholz gelegt, erstes Jahr
per
Meile
Pfd.
Sterl.
200
deßgl.
deßgl.
zweites Jahr
–
–
120
–––––––––––––
Pfd.
Sterl.
320
Wir gehen nun zur Beschreibung der verbesserten metallenen Räder mit Holz eingefaßtem
Felgenkranze über, wobei wir in Verbindung mit den vorangegangenen Bemerkungen ihre
Vortheile erläutern werden. Den Bau dieses Rades kann man sich deutlich machen, wenn
man sich ein gespeichtes Rad mit einem Kranze vorstellt, dessen Stirn eine tiefe
Rinne besizt. Das Rad kann aus Gußeisen oder auch aus Schmiedeisen verfertigt
werden, da man weiß, daß die für den Kranz bestimmten Stangen sich in die verlangte
Form auswalzen lassen. In diese Kranzrinne werden Blöke von afrikanischem Eichenholz
eingelassen, ungefähr 4 Zoll lang und 3 1/2 Zoll breit, welchen dadurch die gehörige
Dichtigkeit ertheilt wird, daß man die Poren mit öhlichten Materien imprägnirt. In
Folge dieser Behandlung widerstehen sie den durch die Capillarattraction, welcher
sie nun nicht weiter zugänglich sind, hervorgerufenen Einflüssen der Feuchtigkeit,
und verlieren zugleich die Fähigkeit der ungleichen Zusammenziehung und Ausdehnung.
Die Holzblöke werden den Fibern entlang in die erforderliche Form geschnitten, so
daß sie ganz genau in die äußere kreisförmige Radrinne passen, und, wie die
Abbildungen zeigen, eine vollständige Holzeinfassung bilden. Ungefähr 28 bis 30
solcher Blöke umgeben das Rad, und jeder derselben wird durch einen oder zwei
durchgestekte Bolzen an seiner Stelle gehalten, weßwegen auch in die beiden Seiten
der Rinne correspondirende Löcher gebohrt sind; die Bolzen werden darauf wohl
vernietet. So ausgerüstet wird das Rad auf die gewöhnliche Weise abgedreht. Ist es
vollendet, so besizt es das Aussehen eines gewöhnlichen Eisenbahnrades, nur mit
tieferer Schiene, dessen Felgenkranz mit Holz bekleidet ist, und dessen Spurkranz
aus Eisen besteht. Man kann sich Holzarten verschiedener Qualität bedienen, entweder
harter oder weicher, welche je nach ihrer Porosität eine verschiedene chemische
Zubereitung erfordern, und in einigen Fällen comprimirt werden müssen.
Die verschiedenen Vortheile dieser Räder bestehen darin:
1) daß die Holzbekleidung bedeutend längere Zeit sich hält, ohne einer Reparatur zu
bedürfen;
2) daß die Holzbekleidung renovirt werden kann, indem man sie in der Drehbank
abdreht, wie dieß auch mit abgenüzten eisernen Radkränzen geschieht;
3) daß der Kranz unter geringerem Kosten- und Zeitaufwand, wie früher, von
Neuem mit Holz bekleidet werden kann. Will man die Einfassung solcher Räder wieder herstellen, oder neues
Holz einsezen, so kann dieß geschehen, ohne daß man die Mühe und Kosten hat, welche
das höchst lästige Abnehmen der Räder von den Achsen und das Auffielen auf dieselben
zur Folge hat;Da es in allen die Eisenbahnen betreffenden Dingen wünschenswerth ist, die
Kosten so viel wie möglich zu reduciren, so mag hier erwähnt werden, daß
gußeiserne, 3 Fuß im Durchmesser haltende Räder mit holzeingefaßten Kränzen
und vollständigen schmiedeisernen Achsen weit wohlfeiler als die meisten
Räder verfertigt werden können.
4) daß in Rüksicht auf ihre Leistungen die Ansicht der praktischen Ingenieure durch
wirkliche Versuche sich bestätigt hat, wonach sie sanfter, ruhiger und, wie einige
sich ausdrükten, angenehmer arbeiten, als Räder mit eisernen Kränzen. Dazu kommt
noch der Vortheil, daß sie bei nassem Wetter auf geneigten Flächen gut laufen, indem
sie eine hinreichende Adhäsion an die Schienen besizen, ohne daß es nöthig wäre,
Sand zu streuen, um ihnen nachzuhelfen;
5) ein anderes sehr wichtiges Ergebniß besteht darin, daß die Bahnschienen selbst
durch den Gebrauch dieser Rädergattung eine weit geringere Abnuzung erleiden, und
daß die Schienenstühle, die Holzunterlagen und Blöke weit selteneren Beschädigungen
ausgesezt sind, ein Umstand, welcher das Legen der Eisenbahnen auf Steinblöke
begünstigt, was stets als sehr wünschenswerth erkannt wurde.Auf Linien, welche eine Lage wie die Greenwich- und die
Blackwall-Eisenbahn haben, würden Räder mit Holzbekleidung jenes
Getöse, welches gegenwärtig die Quelle allgemeiner Klage ist, bedeutend
vermindern.
Ein metallenes Rad mit Holz eingefaßtem Kranze, welches das Princip gegenwärtiger
Construction in sich schließt, beseitigt in hohem Grade, wenn auch nicht ganz, die
Schwierigkeiten, welche der Erfahrung gemäß aus der Anwendung hölzerner, gußeiserner
oder schmiedeiserner Räder sich ergeben. Von gußeisernen Rädern kann man bei allen
ihren praktischen Vorzügen in der That jezt annehmen, daß sie in Hinsicht auf
Sicherheit und Dauerhaftigkeit hinter schmiedeisernen Rädern nicht weit zurükstehen.
Auch sind sie in ihrer Gestalt weder plump noch unelegant, und können sogar als
Wagenräder für gewöhnliche Straßen nach einer beliebigen Form gefertigt werden. Es
dürfte daher leicht möglich seyn, daß diese Verbesserung den Erfolg haben wird,
gußeiserne Räder allgemeiner in Gebrauch zu bringen, und ihnen hier denselben Ruf zu
verschaffen, welchen sie auf dem Continente besizen. Diese neue Holzconstruction
liefert vortreffliche Treibräder für Locomotive; das Holz läßt sich unter Anwendung
einer gußeisernen Bremse leicht hemmen, und unterliegt nicht der Abnuzung, welche
man von seiner Friction auf den Schienen erwarten könnte. Das Holz wird im Gebrauch
außerordentlich dicht
und fest, und nimmt eine Oberfläche an, welche sich dem Aussehen nach vom Metall
nicht leicht unterscheiden läßt.
Diese Räder werden von den HHrn. Brocklehurst, Dircks und
Nelson, Mechanikern und Eisengießern in ihrem Locale
in Liverpool, Oil Street Nr. 12 verfertigt, wo sie jeder Zeit in Augenschein
genommen werden können.
Fig. 11 zeigt
das Rad im Frontaufriß, und zwar zur Hälfte im Durchschnitt bei A und zur Hälfte vollständig bei B.
Fig. 12 eine
Randansicht im Durchschnitt.
Fig. 13 zeigt
den vertieften Felgenkranz a, b, c mit dem eingesezten
Holzblok d, welcher durch den Bolzen e, e befestigt ist.
Fig. 14
stellt einen der Holzblöke in perspectivischer Ansicht bar; er ist der Aufnahme der
Bolzen wegen mit zwei Löchern f, f durchbohrt.
Fig. 15
Querschnitt der Radspeiche.