Titel: | Vorschläge zur Abänderung der gegenwärtigen Verfahrungsarten bei der Seifenfabrication; von Hrn. d'Arcet. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. LXXVII., S. 371 |
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LXXVII.
Vorschlaͤge zur Abaͤnderung der
gegenwaͤrtigen Verfahrungsarten bei der Seifenfabrication; von Hrn. d'Arcet.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. Febr. 1841, S. 12.
d'Arcet, uͤber Seifenfabrication.
Ich wurde im Jahre 1812 beauftragt, in Paris eine Seifenfabrik in solchem Maaßstabe
zu errichten, daß man täglich gegen 15,000 Kilogr. Seife darstellen konnte; es
gelang mir nach reiflicher Ueberlegung der Sache, nicht ohne Mühe, das vorgestekte
Ziel zu erreichen. In Paris bestanden nie große Seifensiedereien, und ich wußte, daß
man in solchen Fabriken, im südlichen Frankreich, weder durch die Kälte bei den
Operationen gehindert ist, noch der Frost auf die fast immer durchnäßten
Gebäulichkeiten zerstörend einwirkt. Andererseits brachten mich der zur damaligen
Zeit hohe Preis des Brennmaterials und der Soda in Paris und gewichtige chemische
und industrielle Betrachtungen auf die Ansicht, daß es nicht zwekmäßig seyn dürfte,
im nördlichen Frankreich die Seifenfabrication auf dieselbe Art wie in Marseille zu
betreiben; ich versuchte unsere Seifenfabrik nach rationelleren Grundsäzen, die dem
Klima und den industriellen und commerciellen Verhältnissen angemessener sind,
anzulegen.
Mehrere Seifensorten werden kalt bereitet, und es ist eine bekannte Thatsache, daß
wenn man ein Stük Talg in caustische Lauge taucht, oder auch nur in eine Auflösung
von kohlensaurem Alkali, es sich mit der Zeit bei der gewöhnlichen Temperatur in
eine vollkommene Seife verwandelt, obgleich nur die Oberfläche des Talgs mit der
Lauge in Berührung kommt. Dieß brachte mich auf den Gedanken, ob es nicht möglich
ist, Seife im Großen auf die Art zu bereiten, daß man nur eine niedrige Temperatur
anwendet, die bloß hinreicht, das Fett in flüssigem Zustande zu erhalten und indem
man ferner durch eine rein mechanische Wirkung das Sieden ersezt, welches ein zu
langsames und zu kostspieliges Mittel ist, um die nöthigen Berührungspunkte zwischen
Flüssigkeiten von so verschiedenen Dichtigkeiten, wie es die Oehle und die Aezlauge
sind, herzustellen.Man sieht, daß ich in der Kunst des Seifensiedens eine analoge Abänderung
machen wollte, wie sie in den Glasfabriken zu der Zeit vorgenommen wurde, wo
man aufhörte, das Glas in einer einzigen Operation im Glasofen fertig zu
machen und anfing, die Materialien zur Verfertigung desselben vor dem
Schmelzen und Läutern zu pulverisiren und zu fritten. Es fragt sich, ob es
nicht auch bei der metallurgischen Behandlung der Erze zwekmäßig wäre, das
Beispiel des Glasmachers zu befolgen, nämlich die Gemenge zu pulverisiren
und bei niedriger Temperatur zu fritten, ehe man sie entweder in den
Kupolofen oder in den Hohofen bringt.
Bei der Seifenfabrication kommen zwei Hauptoperationen vor; die erste hat zum Zwek,
das Alkali mit den fetten Substanzen chemisch zu verbinden, während es sich bei der
zweiten nur darum handelt, die bereits gebildete Seife auf den geeigneten
Wassergehalt zu bringen und sie dann zu schmelzen oder zu marmornen, je nachdem man
weiße Seife, die 50 Proc. Wasser enthält, oder marmorirte, welche nur 33 Proc. davon
enthält, darstellen will.
Die erste Operation, das sogenannte Vorsieden, ist im
Großen mit vielen Schwierigkeiten verbunden: man muß mit dem fetten Körper die
nöthige Aezlauge nach und nach und von einer geeigneten Dichtigkeit zusammenbringen,
damit die entstehende Seife sich weder in der Flüssigkeit auflösen, noch sich darin
zu großen und harten Klumpen vereinigen kann. Wenn sich die erzeugte Seife in der
kochenden Lauge auflösen würde, so müßte der ganze Seifenleim bald in Masse
gestehen, die Seife würde am Boden des Kessels anbrennen, und die Operation wäre
verfehlt. Wollte man hingegen beim Vorsieden zu viel Lauge oder zu concentrirte
Laugen anwenden, so könnten durch das Sieden die Berührungspunkte zwischen dem Fett
und der Lauge nur schwer gehörig vervielfältigt werden, was die Verseifung verzögern
und die Unkosten für Brennmaterial, Handarbeit etc. erhöhen winde. Diese
Notwendigkeit, die Seife während der ganzen Dauer des Vorsiedens so zu sagen in der Lauge
halbaufgelöst zu erhalten, macht, wie bemerkt, die Operation sehr schwierig und
kostspielig, und zieht sie überdieß unnüzer Weise in die Länge; man wird aus dem
Folgenden ersehen, wie es mir gelang, alle diese Uebelstände zu vermeiden.
Nach beendigtem Vorsieden schreitet man zum Klarsieden der
Seife, d.h. man bringt durch Kochen die Lauge, worauf die Seife schwimmt, bis auf
diejenige Stärke (Dichtigkeit), bei welcher die Seife gerade die nöthige Menge
Wasser enthält; nach dem Vorsieden findet man darin über 50 Proc. Wasser, gegen das
Ende des Klarsiedens ist sie aber mehr zusammengedrängt und enthält dann nur noch
beiläufig 16 Proc. Wasser. Der Hauptzwek des Klarsiedens ist, in dem Korn der Seife
nur die geeignete Menge Lauge zurükzulassen; zugleich wird durch diese Operation
aber auch das Vorsieden vervollständigt, wenn dasselbe schlecht ausgeführt wurde und
überdieß die Seife in allen ihren Theilen gleichartig gemacht. Die einzigen
wünschenswerten Verbesserungen beim Klarsieben der Seife bestehen in der Anwendung
zwekmäßiger metallener Kessel und einer solchen Construction der Oefen, daß an
Brennmaterial erspart wird; auch in dieser Hinsicht entspricht meine
Verfahrungsweise dem beabsichtigten Zwek.
Nach dem Klarsieden der Seife folgt das Schmelzen, wenn man sie in weiße Seife verwandeln will,
oder das Marmoriren, wenn marmorirte Seife mit rother
oder isabellfarbiger AußenseiteWird rother Oker dem Seifenleim zugesezt, welchen man in blaue Seife mit
rother Außenseite (á manteau rouge)
verwandeln will, so vermengt er sich bloß mit der Marmorirung; seine Farbe
wird durch die schwefelhaltige Lauge nicht verändert, verschmilzt sich aber
mit derjenigen der Marmorirung, so daß diese in Violett übergeht. Bei der
Schmelzung und dem Marmoriren dieser Seife wird ihr der rothe Oker noch inniger
einverleibt und ihre Farbe folglich noch dunkler; wenn sodann die blaue
Farbe der Marmorirung durch die Einwirkung der Luft an der Außenseite der
Seifentafeln zerstört wird, erscheint die Farbe des Okers wieder (wodurch
der sogenannte manteau rouge entsteht); in
diesem Falle ist die gelbe Farbe der Eisenseife durch die des rothen Okers
verdekt. fabricirt werden soll.
Die Schmelzung hat zum Zwek, das Seifenkorn zu erweichen,
demselben gegen 55 Proc. Wasser einzuverleiben, anstatt der 16 Proc., welche beim
Klarsieden darin zurükblieben, den Seifenleim fast flüssig zu machen und so während
des Erkaltens der Seife im Formkasten das Absezen aller fremdartigen Körper zu
begünstigen, damit diese Seifensorte weißer, sehr rein und gleichartig wird. Ich
konnte diese Operation nur in Bezug auf die Sicherheit der Arbeiter verbessern, so daß sie dabei
nicht der Gefahr ausgesezt sind, in den Kessel zu fallen.Meine hierüber erschienene Abhandlung ist in den Annales d'hygiène Bd. XXI. S. 123 enthalten.
Wohl aber war ich im Stande, das Verfahren beim Marmoriren
zu verbessern. Vauquelin war der erste Chemiker, welcher
eine wissenschaftliche Erklärung dieser Operation versuchte; „der
Schwefelwasserstoff“, sagt er, „vereinigt sich dabei mit
dem Eisen und dem Oehl, wodurch eine grünlich-blaue Substanz entsteht,
die sich nicht mit der Seife verbindet, aber, indem sie sich darin beim Kochen
in kleinen Massen zerstreut, die Marmorirung hervorbringt.“
Diese Erklärung kann jedoch nicht als genügend betrachtet werden; ich glaube, daß
dafür folgende substituirt werden muß: beim Vorsieden verbindet sich das in der schwefelhaltigen Sodalauge aufgelöste Eisen mit den
fetten Säuren, und bildet eine Eisenseife; dasselbe geschieht, wenn man durch einen
Zusaz von Eisenvitriol den zu geringen Eisengehalt der Laugen zu verstärken
genöthigt ist. Andrerseits verwandeln sich die Thonerde und der Kalk, welche in den
Laugen enthalten sind, ebenfalls in Seifen, und diese Eisen-, Kalk-
und Thonerdeseifen losen sich beim Vorstehen in dem Gemisch von Oehl und fast
flüssiger Seift auf.Die fetten Säuren zersezen das schwefelwasserstoffsaure Natron, und es
entwikelt sich beim Vorsieden des Seifenleims beständig Schwefelwasserstoff
nebst ein wenig schwefelwasserstoffsaurem Ammoniak. Später, wenn das Vorsieden beendigt ist, und selbst noch nach dem Klarsieden
sind die Eisen-, Kalk- und Thonerdeseifen so gleichförmig in der
ganzen Seifenmasse vertheilt, daß man sagen kann, sie seyen darin förmlich
aufgelöst; sie färben sie durchgängig und gleichförmig schwärzlichblau, wenn die
Lauge nicht aufhörte schwefelhaltig zu seyn; die rasch erkaltete Seife steht dann in
dünnen Schnitten nassem Schiefer ganz gleich.
Die Seife ist nach beendigtem Klarsieden und wenn sie sich hinsichtlich der Färbung,
in dem angegebenen Zustande befindet, durch die große Dichtigkeit der kochenden
Laugen, worauf sie schwimmt, zu stark ausgetroknet; man muß sie daher wieder auf
einen Wassergehalt von beiläufig 36 Proc. bringen, was durch die Operation des
Marmorirens geschieht, deren Zwek ist, die Seifenkörner aufzublähen, gehörig zu
erweichen, sie so zu sagen in einen Zustand von halber Auflösung zu versezen und
diese Art Schmelzung bis in ihr Innerstes wirken zu lassen. Hiebei muß das
Seifenkorn etwas mehr erhalten bleiben, als wenn weiße Seife dargestellt werden
soll; deßwegen darf man das Marmoriren nicht ganz so weit
treiben wie die Schmelzung.
Nach beendigtem Marmoriren muß die Seifenmasse in allen ihren Theilen gleichmäßig von
Wasser durchdrungen seyn; die Körner müssen weich, voluminös und kaum von der heißen
Lauge getrennt seyn, auf welcher sie schwimmen und wovon ein großer Theil zwischen
den gehörig erweichten Körnern eingeschlossen bleibt; man gießt die Seife alsdann in
den Formkasten und die Operation ist beendigt: wir wollen nun sehen, was
hinsichtlich der Marmorirung der Seife im Formkasten vorgeht.
Wenn man von der fertigen Seife in dem Augenblik, wo sie in den Formkasten gegossen
wird, eine Portion zu einer dünnen Platte auslaufen läßt und schnell abkühlt, so
erhält man nur eine gleichförmig blau gefärbte Seife, nassem Schiefer ähnlich; die
Seife ist folglich in dem Augenblik, wo man sie in den Formkasten gießt, noch nicht
marmorirt: das durch Schwefelwasserstoff gefärbte Gemenge von Eisen-,
Thonerde- und Kalkseifen ist noch in der ganzen Masse aufgelöst; nach und
nach aber und bei zunehmendem Erkalten der Seife trennt sich die Lauge davon und
sammelt sich am Boden des Kastens; die Eisen-, Thonerde- und
Kalkseifen, welche weniger auflöslich sind und nicht so leicht in Fluß kommen, wie
die Natronseife, trennen sich von derselben und sammeln sich an einzelnen Stellen in
der Seifenmasse an, wodurch mehr oder weniger große blaugefärbte Adern in der weißen
Masse entstehen.
Wenn man zur Fabrication der weißen Seife schwefelhaltige Laugen anwendet, so erhält
man dennoch ein ganz weißes Product, weil man durch weit getriebene Schmelzung den
Seifenleim so flüssig macht, daß sich die blau gefärbten Eisen-,
Thonerde- und Kalkseifen vollständig absondern und auf den Boden des
Formkastens absezen können. Bei der Fabrication der marmorirten Seife, wo die
Schmelzung nicht so weit getrieben wird, scheiden sich dagegen die unauflöslichen
und gefärbten Seifen nur zum Theil ab und bilden darin Adern; die Anzahl, Größe und
Form dieser lezteren hängt von dem Flüssigkeitszustand des Seifenleims und von der
Dauer des Erkaltens der in den Formkasten gegossenen Seifenmasse ab.
Das Gemenge von Eisen-, Thonerde und Kalkseifen, welches in der gewöhnlichen
Seife aufgelöst und durch die schwefelhaltige Lauge blau gefärbt ist, Verliert an
der Luft – unter dem Einfluß des in der Seife enthaltenen Wassers und
überschüssigen Alkali's – schnell seine Farbe; die blaue Farbe hinterläßt
dann beim Verschwinden eine um so stärkere gelbliche Färbung, je mehr Eisen die
Seife enthielt, denn nachdem die Marmorirung oder vielmehr das Gemenge von
Eisen-, Thonerde-, Kalk- und Natronseife entschwefelt wurde, ist es
nur mehr durch reine Eisenseife gefärbt, die eine okergelbe Farbe hat.Ein ähnliches Verhalten zeigt der Pariser Koth im Sommer; er ist durch
Schwefeleisen schwarz gefärbt, verliert diese Farbe an der Luft und gibt,
wenn er austroknet, ein bloß grau gefärbtes Pulver.Nachdem die Farbe der Marmorirung durch die Einwirkung der Luft auf der
Oberfläche einer Seifentafel zerstört worden ist, genügt es, um sie wieder
herzustellen, die Seife in eine schwefelhaltige Lauge von 1040 bis 1050
spec. Gew. einzuweichen. Wenn die gelben Stollen, welche die Marmorirung auf der Oberfläche der
Seifentafeln zurükläßt, eine zu dunkle Farbe haben, so mißfällt eine solche Seife
den Käufern und sie kann nur mit Verlust abgesezt werden. Man verlangt vom
Seifensieder, daß er eine schön dunkelblaue Marmorirung gibt und will doch, daß die
so gefärbten Stellen der Seife an der Luft weiß werden, d.h. man verlangt von ihm,
daß er zwei einander ganz entgegengesezte Bedingungen zugleich erfülle.
Ich hatte lange gegen diese Schwierigkeit zu kämpfen, welche für mich um so größer
war, weil ich ganz aus Eisenblech verfertigte Kessel benuzte und folglich nach der
alten Fabricationsweise in meinem Seifenleim zu viel Eisenseife erhielt; es gelang
mir aber sie zum Theil schon dadurch zu besiegen, daß ich das Verfahren beim
Vorsieden abänderte, hauptsächlich aber dadurch, daß ich Bleiseife statt der
Eisenseife zum Färben des Gemenges der unauflöslichen Seifen anwandte, welches die
Marmorirung hervorbringt. Dieses neue Gemenge, worin sich immer zufällig mehr oder
weniger Eisenseife befindet, färbt sich durch die schwefelhaltigen Laugen gut und
gibt eine Marmorirung von sehr dunkler schwärzlichblauer Farbe, welche durch
Einwirkung der Luft zerstört wird und dann die Außenseite der Seife ungefärbt
läßt.
Bei dem Marmoriren der Seife kommt es also hauptsächlich darauf an:
1) daß in dem Seifenleim so viel Eisen- oder Bleiseife enthalten ist, als der
verlangte Grad der Färbung erheischt;
2) daß die Eisen- oder Bleiseife auch mit einer gehörigen Menge Kalk-
und besonders Thonerdeseife verbunden ist, damit die Marmorirung durchsichtig,
gleichartig und von zarter, so zu sagen sammtartiger Färbung ausfällt;
3) daß beständig, besonders aber gegen das Ende des Siedens, ein gehöriger Ueberschuß
von schwefelhaltiger Lauge mit der Seife in Berührung ist;
4) daß das Marmoriren des Seifenleims und das Erkalten der Seife im Formkasten so
bewerkstelligt werden, daß die verlangte Marmorirung entstehen kann.Durch ein zu gemäßigtes Marmoriren und ein zu schnelles Erkalten erhält die
Seife das Aussehen des Granits. Treibt man hingegen das Marmoriren zu weit
und erkaltet der Seifenleim zu langsam, so bekommt man eine Seife, welche
nur einige große blaue Adern enthält und die im äußersten Falle selbst gar
keine mehr besizen, folglich der weißen Seife ganz gleich seyn kann.Die verschiedenen in der angewandten Lauge enthaltenen Salze haben ebenfalls
einen großen Einfluß auf die Marmorirung der Seife, denn die schwefelsaure
Natronlösung macht die Seife so flüssig, daß sie durch feine Leinwand
passirt werden kann, während bei gleicher Dichtigkeit und Temperatur die
Kochsalzlösung die Seite körnt und sie sehr
troken und hart macht; ich habe diese Wirkung der Glaubersalzlösung auf die
Seife benuzt, um ihr den sogenannten zarten Schnitt (coupe douce) zu ertheilen, ohne genöthigt zu seyn, bei jedem
Sieden eine große Menge fetten Samenöhls zuzusezen, wie es gewöhnlich
geschieht, seitdem die rohe Soda nicht mehr kalihaltig ist.
Da ich keineswegs die Absicht habe, die Kunst des Seifensieders zu beschreiben,
sondern bloß die Verbesserungen bekannt zu machen, welche ich in der
Seifenfabrication gemacht habe, nebst einigen neuen Thatsachen hinsichtlich der
dabei vorkommenden Operationen, so bin ich auch nur in diejenigen Details
eingegangen, welche man kennen muß, um den Vortheil des neuen von mir angenommenen
Fabrications-Systems gehörig würdigen zu können; ich will nun im Allgemeinen
den von mir befolgten Plan auseinandersezen, welcher für große Seifenfabriken unter
allen klimatischen Verhältnissen vollkommen anwendbar ist.
Anstatt das Vorsieden mit schwachen Laugen und in kegelförmigen und tiefen Kesseln
vorzunehmen, wie es gewöhnlich geschieht, bewerkstellige ich diese wichtige
Operation in großen Trögen von Eisenblech, die dreimal so lang als breit sind und
von Unten bloß durch den Rauch und die verlorene Wärme der gewöhnlichen (zum
Klarsieden und Marmoriren der Seife dienenden) Kessel erwärmt werden, und ich wende
starke Laugen, die etwas Kochsalz enthalten, anstatt schwacher und stufenweise
stärkerer Laugen an.Damit möglichst wenig Eisenseife in die Marmorirung kommt, darf man die
großen Blechtröge nicht viel tiefer machen, als es gerade nöthig ist, daß
sie alle zu einem Sud erforderliche Lauge auf Einmal fassen können. Man
versieht sie dann noch mit einem aus Mauerwerk (mittelst guter Baksteine und
hydraulischen Kalks) verfertigten Aufsaz; so kommt die Seife nie mit
Eisenblech in Berührung, welches der Luft ausgesezt ist. In den
Seifensiedereien zu Marseille wird dieses System auch bei den großen Kesseln
angewandt; dort ist es aber mit vielen Uebelständen verbunden, weil es für
solche Kessel nicht dauerhaft genug ist und einen ungeheuren Verlust an
Zeit, Brennmaterial, allgemeinen Kosten etc. zur Folge hat, während es auf
die Blechkästen angewandt – die nur schwach und bloß durch den
mittleren Theil ihres Bodens erhizt werden – alle wünschbaren
Vortheile darbietet. Man könnte diese Kästen auch ganz aus Mauerwerk
verfertigen und darin die Lauge und die Seife mittelst Dampf erhizen.
Die Blechkästen, worin das sogenannte Vorsieden geschieht, werden höchstens auf 40° R.
erwärmt oder überhaupt nur so weit, daß der fette Körper vollkommen flüssig bleiben
kann.
Anstatt das Gemenge durch Sieden unter einander zu bringen, wie es in allen
Seifensiedereien des südlichen Frankreichs geschieht, bediene ich mich eines
geeigneten mechanischen Rührers, wodurch die Berührungspunkte zwischen dem flüssig
gemachten fetten Körper und der Lauge, worauf er schwimmt, viel schneller und
wohlfeiler als durch das Sieden vervielfältigt werben können. Das Bewegen oder
Umrühren des Gemenges wird so lange fortgesezt, bis die chemische Verbindung, welche
die Seife constituirt, gehörig bewerkstelligt ist, was man am Gehalt der Lauge
erkennt, der sich nicht mehr vermindern darf, und auch an der vollkommenen
Auflöslichkeit der Seife im kochenden destillirten Wasser. Die erzeugte Seife ist
dann in kleine zugerundete Körner verwandelt, die nicht miteinander zusammenhängen
und auf der angewandten überschüssigen Aezlauge schwimmen; hierauf ist das Vorsieden
beendigt.William Hawes ließ sich im Jahr 1839 in England
ein Verfahren patentiren, wodurch er die Verbindung des Fettes mit dem
Alkali bei niedriger Temperatur auf mechanischem Wege bewirkt; seine Methode
und der von ihm angewandte Rührapparat ist im polytechn. Journal Bd. LXXVII. S. 214 beschrieben.A. d. R.
Der Trog oder Kasten, worin diese Operation vorgenommen wird, reicht mit seinem Rande
3 Fuß über denjenigen des großen und tiefen kegelförmigen Kessels, in welchem die
Verseifung beendigt werden muß, hinauf; eine hölzerne Rinne wird von dem Rand des
Troges auf den des großen Kessels gelegt, um in lezteren die Seife nach dem
Vorsieden übergießen zu können; man zieht nun die gebrauchte Lauge, welche auf dem
Boden des Troges zurükbleibt, ab, und kann darin sogleich wieder ein Vorsieben
beginnen: die in den großen Kessel auf neue Lauge übergegossene Seife wird nun dafür
behufs der vollständigen Verseifung auf gewöhnliche Art klargesotten, um hierauf in
weiße oder marmorirte Seife verwandelt zu werden, ganz so wie es in den großen
Seifenfabriken geschieht.
Soll weiße Seife fabricirt werden, so braucht man im Troge beim Vorsieden keinen
Farbstoff zuzusezen; will man aber marmorirte Seife darstellen, so muß der
Seifenleim im Troge schon beim Beginnen des Vorsiedens gehörig gefärbt werden. Diese
Färbung bewerkstelligte ich folgendermaßen:
Ich bereitete in einem Kessel besonders ein Gemenge von Thonerde-,
Kalk- und Bleiseife, indem ich Auflösungen von essigsaurem Blei, salzsaurem
Kalk und Alaun oder schwefelsaurer Thonerde der Reihe nach mit überschüssiger,
in Wasser aufgelöster Seife zersezte. Das erhaltene Gemenge wurde unter Wasser
aufbewahrt und der zu färbende Seifenleim im Troge schon beim Beginnen des
Vorstevens mit einer hinreichenden Menge desselben versezt. Die zum Vorsieden
angewandte schwefelhaltige Lauge ertheilte der Bleiseife schnell die gewünschte
schwärzlichblaue Farbe.
Wenn man die großen Schwierigkeiten berüksichtigt, welche das Marmoriren der Seife
darbietet und bedenkt, daß der Seifensieder bei aller Geschiklichkeit doch nie dafür
stehen kann, daß er die beabsichtigte Art von Marmorirung wirklich erzielt, so fragt
man gewiß, weßhalb denn die Käufer die marmorirte Seife der weißen Seife so
hartnäkig vorziehen; dafür haben sie jedoch allerdings gute Gründe, wie ich sogleich
zeigen werde.
Was ich über das Marmoriren der Seife sagte, beweist, daß die Schönheit oder
Vollkommenheit der Marmorirung mit dem Wassergehalt der Seife unwandelbar
zusammenhängt. Eine gut marmorirte Seife kann nicht über 33 bis 34 Proc. Wasser
enthalten, die weiße Seife hingegen bedeutend mehr, ohne deßhalb schlecht
auszusehen, und sie wird sogar um so weißer, je mehr Wasser sie enthält. Beim Ankauf
gut marmorirter Seife ist der Consument also sicher, daß er immer ein gleich gutes
und gleich wirksames Product hat, während er mit weißer Seife nur zu leicht betrogen
werden kann.
Andererseits müßte man, um weiße Seife zu fabriciren, welche wie die marmorirte nur
33 Proc. Wasser enthält, ganz schwefelfreie Laugen anwenden, was die Kosten
bedeutend erhöhen würde; es liegt daher eben so sehr im Interesse des Seifensieders
wie des Käufers, die Fabrication der marmorirten Seife aufrecht zu erhalten. Ich
glaubte hierauf aufmerksam machen zu müssen, weil man gewöhnlich annimmt, daß der
der marmorirten Seife von den großen Consumenten zugestandene Vorzug lächerlich und
unbegründet ist, während sie dabei im Gegentheil langer Erfahrung und ihrem
wohlverstandenen Interesse folgen.