Titel: | Ueber das Leinsamenmehl und die Erkennung seiner Reinheit; von Hrn. J. B. Dubtanc. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. LXXVIII., S. 380 |
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LXXVIII.
Ueber das Leinsamenmehl und die Erkennung seiner
Reinheit; von Hrn. J. B.
Dubtanc.
Im Auszug aus dem Journal de Chimie médicale,
Januar 1841, S. 46.
Dubtanc, uͤber das Leinsamenmehl und die Erkennung seiner
Reinheit.
Die medicinische Jury des Departements der Aube ließ sich bei den gesezmäßigen
Visitationen von den Krämern zu Troyes das bei ihnen käufliche Leinsamenmehl
vorzeigen; diese so häufig gebrauchte Waare fand sich beinahe überall in sehr
schlechter Beschaffenheit vor. Bei dem Verkauf dieses Artikels wird mit der größten
Sorglosigkeit, Gleichgültigkeit und Gewissenlosigkeit zu Werke gegangen; wer daran
zweifeln wollte, wird sich davon überzeugen, wenn er nur den Preis desselben mit dem
Preis der ganzen Samenkörner vergleicht, indem jenes, ungeachtet der
Bereitungskosten und des damit verbundenen Verlustes, doch noch wohlfeiler als diese
verkauft wird. Und doch hat es eine ausschließlich arzneiliche Anwendung, in welcher
es von nichts Anderm vertreten werden kann, abgesehen davon, daß Verfälschung bei
jeder Waare strafwürdig ist.
Ein solches Product kann leider nach seinen physischen oder äußern Merkmalen nicht
mit Sicherheit beurtheilt werden; diese können nur zu Muthmaßungen führen. Es ist
aber zu bedauern, wenn zur Untersuchung der Körper auf ihre Reinheit keine schnell
und bestimmt entscheidenden Mittel bekannt sind, welche wenigstens die Qualität
relativ durch den Vergleich eines als Typus dienenden Musters mit dem zu
untersuchenden erkennen lassen. Der Verf. hat für das Leinsamenmehl ein solches
Mittel zu finden gesucht, und ist mit dem Erfolge seiner Bemühungen über seine
Erwartungen zufrieden. Um diesen Zwek zu erreichen, war es nothwendig, unter allen
Eigenschaften des Körpers eine specifische, ihm allein ungehörige, und leicht an ihm
aufzufindende zu ermitteln. Er unterwarf das Leinsamenmehl, um es gründlich kennen
zu lernen, einer chemischen Analyse, von der wir hier das Resultat mitzuteilen uns
begnügen. Dasselbe enthält:
Fettes Oehl
35
Rindensubstanz
25
Schleim (Gummi)
20
Bassorin
10
Kern-Parenchym (Par. périspermat.)
10
––––
100
Die durch Erschöpfung mit Schwefeläther aus dem Leinmehle ausgezogene Menge Oehls, nämlich 35 Proc., stimmt, wie der Verf. sagt, nach Soubeiran, mit L. Meyer's
Analyse übereinWir finden in Meyer's Analyse (Fechner's Result. der Pflanzenanalysen. Leipzig,
1829) nur 11,265 Proc. fetten Oehles angegeben.A. d. R., und gibt für die Untersuchung des Leinmehls auf seine Güte einen
wesentlichen Anhaltspunkt. Dieser große Oehlgehalt verführt den Eigennuz, das für
den Handel bestimmte Leinmehl seines Oehles zu berauben, denn wenn sich der Werth
des Leinsamens zum Leinöhl = 25 : 70 verhält, so haben die 35 Proc. aus dem Samen
gewonnenes Oehl, da 100 : 70 = 35 : 24,50, schon einen Werth von 24,50, und es
bleibt für die ausgepreßten Kuchen, oder für die übrigen 65 Proc. des
Leinsamengewichts nur ein Werth von 0,50 übrig, und dieses Product ists, was noch
die ehrlichsten Krämer (in Troyes) als Leinsamenmehl verkaufen. Der Gewinn ist dabei
groß genug, damit sie den Samen nicht alles seines Oehles zu berauben brauchen, oder
ein anderes, werthloses Oehl an dessen Stelle daran thun können.
Wachs konnte der Verf. nicht im Leinsamen finden, wie
dieß bei L. Meyer der Fall war.0,146 Proc. Wachs. Das durch Aether erschöpfte Leinsamenmehl läßt das Epispermium und Perispermium (die Samenhaut
und den innern Kern) deutlich unterscheiden, deren quantitatives Verhältniß
nötigenfalls auch ein Mittel, dessen Reinheit zu erkennen, abgibt. Aus ihm wurde
mittelst kalten Wassers das Gummi gezogen.
Das was der Verf. unter dem Namen Bassorin aufführt,
unterscheidet sich von dem Gummi in nichts Anderem, als daß es nur mit heißem Wasser
einen Schleim gibt, wie lezteres mit dem kalten; dieser Schleim ist zäher und zu
dessen Erschöpfung ist das 50fache Gewicht der behandelten Substanz an Wasser
nothwendig.
Eiweiß und Stärkmehl, welches
Andere darin gefunden haben2,782 Eiweiß und 1,480 Stärkmehl mit etwas Salzen und Kieselerde., sind, wie sich der Verf. vollkommen überzeugt hat, nicht darin enthalten.
Das Nichtvorhandenseyn des leztern gibt nun auch ein Mittel an die Hand, die
Verfälschung des Leinmehls zu entdeken. Die gewöhnlichste und verdekteste
Verfälschung desselben ist nämlich die mit Kleie, welche
ebenfalls mit Wasser einen Schleim gibt und in einem gewissen Verhältnis darunter
gemengt, dem Auge nicht auffällt. Man braucht also in Zukunft nur mit dem zu
untersuchenden Leinmehl und heißem Wasser einen weichen Teig anzumachen und einen
Tropfen Jodtinktur auf denselben fallen zu lassen, welche, wenn Kleie darunter ist,
eine mehr oder weniger intensive Färbung, wenn das Leinmehl aber rein ist, gar keine
Veränderung hervorbringt.
Nach dem Ausziehen des Oehls, Gummi's und Bassorins bleibt ein Rükstand von 25 Proc.
Rindensubstanz und 10 Proc. einer pulverigen, das Gerippe des Kerns
bildenden Substanz.
Die Verfälschung des Leinmehls ist also auf die schon angegebene Art mittelst
Jodtinktur zu erkennen; ist ein anderer Körper als Kleie zugesezt, oder wurde es
eines Theiles oder gänzlich seines Oehlgehaltes beraubt, so ist dieß durch
erschöpfende Behandlung mit Schwefeläther zu finden, je nachdem das von ihm
extrahirte Oehl sich dem Normalverhältniß von 35 Proc. mehr oder weniger nähert.