Titel: | Ueber die Ursachen der Elektricitäts-Entwikelung beim Uebergang des Wassers von dem flüssigen in den dampfförmigen Zustand; von Hrn. Peltier. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. LXXIX., S. 383 |
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LXXIX.
Ueber die Ursachen der
Elektricitaͤts-Entwikelung beim Uebergang des Wassers von dem
fluͤssigen in den dampffoͤrmigen Zustand; von Hrn. Peltier.
Aus den Comptes rendus, 1840, No. 22. S.
908.
Peltier, uͤber die Ursachen der
Elektricitaͤts-Entwikelung beim Uebergang des Wassers vom
fluͤssigen in den dampffoͤrmigen Zustand.
Am 29. Septbr. v. J. erhielt der Maschinist der Dampfmaschine am Bergwerke zu
Cramlington bei Newkastle-upon-Tyne, als er eine Hand an den Hebel des
Sicherheitsventils brächte, während die andere sich in dem, durch eine Spalte eines
isolirenden Kitts sich entwikelnden Dampft befand, einen elektrischen Schlag (man
vergleiche S. 20 und 25 in diesem Bande des polytechn. Journals). Die an den darauf
folgenden Tagen angestellten Versuche zeigten, daß dieser Dampf
positiv-elektrisch sey, daß er seine Elektricität, wenn der Kessel innerlich
gereinigt wurde, verlor, und erst dann wieder elektrisch ward, wenn sich ein
salzartiger Bodensaz bildete, daß die Spannung mit der Dike dieses Sazes zunahm, und
daß ein höherer Druk für einen Augenblik den elektrischen Zustand aufhob. Meine
Untersuchungen über die Ursachen des Elektrischwerdens des Dampfes sezen mich in den
Stand, diese Erscheinung zu erklären.
Schüttet man destillirtes Wasser auf glühendes Platin, so gestaltet es sich
bekanntlich zu Kügelchen, benezt anfangs das Metall nicht, macht einige Bewegungen,
nimmt sehr ab, dehnt sich dann erst, das Metall benezend, aus, und verschwindet
hierauf augenbliklich als Dampf. Bei der allmählichen oder raschen Verdampfung
dieses Wassers erzeugt sich niemals Elektricität. – Nimmt man statt
destillirten Wassers eine Kochsalz-Auflösung, so ist bei dem ersten Versuch
nicht leicht eine elektrische Erscheinung wahrzunehmen; wiederholt man aber
denselben, ohne das Platin vorher zu puzen, so wird der von dem ersten Wassertropfen
zurükgelassene Salzrükstand von dem zweiten wieder aufgenommen, welcher davon auf einen höhern
Sättigungsgrad gebracht wird. Wenn der Tropfen ungefähr auf ein Drittheil abgedampft
ist, so nimmt man bei dem noch übrigen Theile des Tropfens eine mit Umherwerfen von
Salz und Entwikelung negativer Elektricität verbundene Verknisterung wahr. Werben
die Versuche noch öfter wiederholt, ohne daß man die diker gewordene Salzschichte
entfernt, so tritt die Verknisterung früher ein, das Umherwerfen wird stärker, und
der Elektrometer zeigt eine erhöhte Spannung.
Während dieses Theiles der Erscheinung breitet sich, wenn das Platin hinlänglich
erkaltet ist, so daß also die Benezung eintreten kann, der Tropfen aus und wird dann
augenbliklich in Dampf verwandelt. Diese plözliche Verdampfung hebt, anstatt das
Auseinandergehen am Elektrometer zu vermehren, die während der Verknisterung
erzeugte Elektricität entweder zum Theil oder ganz wieder auf. Mithin wird weder vor
noch nach der Verknisterung, so viel auch von dem Wassertropfen als Dampf aufsteigen
mag, Elektricität erzeugt. – Die Verknisterung und das Umherwerfen des Salzes
beweisen hinlänglich, daß die Verdampfung nur accessorisch mit der
Elektricität-Erzeugung verbunden ist, und daß die Elektricität von der
Zersezung der Wassertheilchen, welche sich auf das heiße Metall absezen, herrührt.
Um sich davon zu überzeugen, nehme man statt der Salzlösung ein Salzhydrat, welches
dasselbe Resultat geben wird. Das salpetersaure Ammoniak z.B., welches sich so
leicht zersezt, schmilzt zuerst in seinem Krystallisationswasser; hierauf findet
eine starke Verdampfung ohne Elektricität-Erzeugung statt, dann tritt die
Verknisterung und das Umherwerfen des Salzes ein, während welcher viel Elektricität
erzeugt wird. Es wird also bei der Umwandlung des bei dieser Temperatur noch chemisch verbundenen Wassers in Dampf die Elektricität
erzeugt, nicht aber bei ber Verdampfung des überschüssigen Wassers. Erhizt man ein
Salz, welches, wie das Kochsalz, nur mechanisch eingeschlossenes Wasser enthält, so
verknistert es unter Erzeugung von wenig Elektricität; das eingeschlossene Wasser
zeigt, abgesehen von der Intensität, dieselben Erscheinungen, wie die Auflösung im
Augenblik ihres Freiwerdens. Bei einem unauflöslichen und in der Hize nicht
zersezbaren Salz, wie der kohlensaure Baryt, wird weder mit noch ohne Wasserzusaz
Elektricität erzeugt, während das kohlensaure Kali, welches ohne Wasser keine
erzeugt, mit Wasser einen sehr stark negativen Dampf gibt. Je nach der Natur des
Körpers ist der entstehende Dampf positiv oder negativ; so geben das schwefelsaure
Kupfer, das salpetersaure Ammoniaks, positive Dämpfe, während der salpetersaure
Kalk, das kohlensaure Kali, die Oxalsäure, die Alkalien u. negative Dämpfe
geben.
Das so eben Gesagte erklärt die Cramlington'schen Erscheinungen; ist nämlich der
Kessel rein, so gibt es keine Elektricität; diese wird erst dann wahrnehmbar, wenn
der salzige Saz eine höhere Sättigung zeigt, als die für den hohen Druk der Maschine
erforderliche Temperatur. Die Elektricität nimmt mit der Salzschichte zu; wird der
Druk vermehrt, so verschwindet die Elektricität auf so lange, bis die neue
Sättigungscapacität des Wassers befriedigt ist. Es bringen also in dem Kessel, wie
in der Platinschale dieselben Ursachen dieselben Wirkungen hervor. Vielleicht könnte
man diese elektrische Erscheinung zur Erkennung des Zustandes der Kruste und des
raschen Temperaturwechsels in dem Innern des Kessels benüzen.