Titel: | Ueber den Dampf, als Leiter der Elektricität betrachtet; von Dr. Karl Schafhäutl. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. LXXX., S. 385 |
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LXXX.
Ueber den Dampf, als Leiter der
Elektricitaͤt betrachtet; von Dr. Karl Schafhaͤutl.
Aus dem Philosophical Magazine, Jan. 1841, S.
14.
Schafhaͤutl, uͤber den Dampf, als Leiter der
Elektricitaͤt betrachtet.
In dem zulezt erschienenen Heft des Philosophical
Magazine (S. 197 in diesem Bande des polytechn. Journals) wurde die aus
einem Hochdruk-Dampfstrahl erhaltene Elektricität als von gleichem Ursprung
mit jener betrachtet, welche man von der isolirten und getrennten, positiven
Metallscheibe des Volta'schen Elektrophors erhält.
Es fragt sich hiebei zuerst, in welcher Beziehung der Dampf oder das Wassergas zu den
Leitern oder Nichtleitern der Elektricität steht.
Man weiß sehr wohl, daß feuchte Luft ein Elektricitätsleiter ist, daß trokene Luft
aber, d.h. solche, welche weniger Wassergas enthält, als sie nach ihrer Temperatur
enthalten könnte, die Elektricität nicht leitet; doch außerdem ist mir kein einziger
Versuch bekannt, der zur Bestimmung des Leitvermögens des reinen, nicht mit Wasser
oder Queksilber in Berührung stehenden, Dampfes angestellt worden wäre, welchen
Gegenstand ich daher durch das Experiment zu bereinigen mir vorgenommen habe.
Die Enden einer ungefähr 2 Zoll langen Glasröhre von einem Viertelszoll innerem
Durchmesser wurden über der Lampe zu Spizen ausgezogen und im rechten Winkel
aufwärts gebogen. Hierauf wurde ein diker Platindraht, dessen beide Enden zu kleinen
Ringen gebogen waren, in das eine Ende der Röhre gestekt und das Glas luftdicht
daran angeschmolzen. Dann goß man Wasser in die Röhre und ließ es so lange sieden,
bis nur noch ungefähr zwei Tropfen davon übrig waren, wo dann ein anderer
Platindraht in das zweite Ende gestekt und das Ganze schnell hermetisch verschlossen wurde, wie vorher. Von
dem Ende des einen Drahts bis zu dem des andern war in der Röhre ein Zwischenraum
von 1 1/4 Zoll und die Röhre enthielt demnach natürlich nichts als Wassergas und
etwas flüssiges Wasser.
Diese Röhre wurde nun an die Kugel eines in einem kleinen Sandbad befindlichen
Thermometers angelegt und, mit Ausnahme der beiden vertical stehenden Enden, mit
Sand bedekt.
Einer dieser Platindrähte wurde hierauf mit der äußern Fläche einer Leidener Flasche
in Berührung gesezt, der andere mit einem isolirten Entlader.
Die Leidener Flasche, welche ungefähr 100 Quadratzoll armirter Oberfläche enthielt,
wurde nun mittelst fünfzigmaliger Drehung einer 12 Zoll im Durchmesser haltenden
Glasscheibe geladen und durch die Röhre wie gewöhnlich entladen. Die Glasröhre
verhielt sich genau wie ein unvollkommener Conductor, indem sie den leitenden Draht,
welcher die beiden Oberflächen der Flasche verband, wie ein Stük feuchten
Baumwollenfadens, oder wie ein Stük einer innerlich befeuchteten Glasröhre,
unterbrach. Die Flasche wurde durch die erste Berührung vollkommen entladen unter
jenem eigentümlichen zischenden Geräusch und röthlichem, büschelförmigem
elektrischen Strom, welcher unter ähnlichen Umständen beständig wahrzunehmen ist.
Die Temperatur des Sandbades wurde nun stufenweise erhöht, und bei je fünf höhern
Graden ließ man eine solche elektrische Entladung aus der Leidener Flasche durch die
Röhre gehen. Die Resultate waren immer dieselben, bis der Thermometer 250 Grade
(Fahrenheit) erreicht hatte. Auf diesem Punkt erhielt man bei Entladung der Flasche,
statt des frühern büschelförmigen Stromes, einen kleinen rothen Funken, und die
Flasche wurde vollkommen entladen befunden, obwohl das von dem Funken
hervorgebrachte Geräusch, im Vergleich mit dem bei Entladung der Flasche unter
gewöhnlichen Umständen entstehenden lauten Knall, kaum hörbar war.
Nachdem die Temperatur bis auf 405 Grabe gestiegen war, entlud sich die Flasche mit
dem gewöhnlichen glänzenden Funken und lauten Knall und zu gleicher Zeit sah man den
Funken durch die Röhre gehen. Hiebei konnte in der Röhre keine Feuchtigkeit entdekt
werden und das in derselben enthaltene Wassergas hatte völlig aufgehört ein
Elektricitätsleiter zu seyn, indem es zugleich dem Ueberspringen des Funkens weniger
Widerstand leistete, als die gewöhnliche Luft und die Schlagweite von einem halben
Zoll zu 1 1/4 Zoll verlängert wurde. Sank die Temperatur unter 405 Grade, so geschah
die Entladung auf oben
erwähnte Weise, nämlich entweder mit einem kleinen rothen Funken, oder mit einem
büschelförmigen Strom, je nach der Temperatur. Ueberstieg die Temperatur 405 Grade,
so sprang der Funke auf gewöhnliche Weise über, bis die Temperatur auf 443 Grade
stieg, wobei die Röhre zersprang, was mich verhinderte, ihr Gewicht mit und ohne
Wasser zu bestimmen, dessen Differenz mir natürlich das Gewicht des in der Röhre
enthaltenen Wassers angegeben hätte; der Kubikinhalt der Röhre wäre durch Füllen
derselben mit Queksilber bestimmt worden. Wenn wir annehmen, daß zwei Tropfen
Wassers in der Röhre waren, als sie zersprang, welche zusammen 0,73 Gran wiegen, und
daß die Röhre 500 Kubiklinien Rauminhalt gehabt habe, so haben wir in derselben
einen Druk von 23 1/2 Atmosphären.
Aus den angeführten Versuchen geht hervor, daß reiner und nicht mit Wasser in
Berührung stehender Dampf, wie jedes andere Gas, ein Nichtleiter der Elektricität
ist.
Die Leichtigkeit, mit welcher der Funke durch das Wassergas geht, dürfte
bemerkenswerth seyn, indem die Schlagweite des Funkens sich von einem halben Zoll
bis auf 1 1/4 Zoll vergrößerte; denn, nach Harris'
Entdekung steht in gewöhnlichen Fällen die Schlagweite im umgekehrten Verhältnisse
zu der Dichtigkeit des Gases.
Betrachten wir nun die Thatsache, daß die Elektricität eines Strahles von
condensirtem Dampf nach Hrn. Armstrongs Versuchen positiv
ist; daß die Quantität der von einem Hochdruk-Dampfstrahl erhaltenen
Elektricität im Verhältniß zu feiner Condensation steht; daß ferner der im Kessel
enthaltene Dampf keine Erscheinungen freier Elektricität gibt; und endlich, daß,
nach Hrn. Patterson's Versuchen, sowohl das Wasser als
der Kessel sich negativ verhalten, was aus Hrn. Armstrongs Versuchen nothwendig hervorgeht – so nehmen wir eine
gleichzeitige Entwikelung elektrischer Polarität von einem Central- oder
neutralen Punkt aus nach entgegengesezten Richtungen wahr, wie bei der magnetischen
Stahlstange; und diese Entwikelung elektrischer Polarität kann nur den
entgegengesezten Veränderung gen molecularer Anordnungen, so wie auch dem chemischen
Zustande des Wassers und der Dampfsäule zugeschrieben werden; und wir müssen beide
elektrische Pole als coexistent und nicht getrennt betrachten.
Volta's Elektrophor ist bloß wegen der Eigenschaft, seine
Elektricität für längere Zeit zurükzuhalten, merkwürdig, und seine Wirkung verdankt
er nur inducirter Elektricität, mit welcher wohl Niemand
die Elektricität des Dampfes verwechseln wird. Zudem muß die Scheibe des
Elektrophors, aus welcher man den Funken erhält, ein vollkommener und wohl
isolirter Conductor seyn, und sie gibt nur dann Zeichen freier Elektricität, wenn
sie, nach genauer Berührung mit dem Kuchen des Elektrophors und der Neutralisirung
seiner freien Elektricität, von dem inducirenden Kuchen vollkommen entfernt wird.
Bei einem mit Dampf und Wasser gefüllten Kessel kann keiner der obenerwähnten
Umstände stattfinden und die positive Elektricität des condensirten Dampfes, so wie
die negative Elektricität des Kessels sind die einzigen durch das Experiment
erwiesenen Punkte. Die durch Verdampfung entwikelte Elektricität, als Quelle der
beobachteten freien Elektricität, ist nur hypothetisch.
Volta's Versuch, Wasser auf glühende Holzkohlen zu
sprengen, kann kaum als einerlei mit der Verdampfung von Wasser in einem Kessel
betrachtet werden; in ersterem Falle finden eine Menge chemischer Zersezungen und
Veränderungen statt, welche bei lezterm nie eintreten, denn gerade die plözliche
Abkühlung von Substanzen ist hinreichend, Erscheinungen freier Elektricität
hervorzubringen.
Schreiben wir die Elektricität des Dampfes seiner Condensirung zu, so sind die
Umstände, unter welchen diese Condensirung stattfindet, ebenfalls von sehr großem
Einfluß. Der kleinste Strahl von Hochdrukdampf entwikelt mehr freie Elektricität,
als eine hundertmal so große Quantität Niederdrukdampf; eine zweite Bedingung, unter
welcher Elektricität von einem Dampfstrahl erzeugt wird, scheint daher seine schnelle Expansion bei dem Austritte aus dem Kessel zu
seyn; oder es hat wahrscheinlich, wie ich bei einer frühern Gelegenheit schon
bemerkt habeMan vergl. S. 197 im 1sten Februarheft des polytechn. Journals., die Quantität des während der Expansion des Hochdrukdampfes latent
werdenden Wärmestoffs einige Beziehung zu der Quantität der frei werdenden
Elektricität. So scheint die Elektricität bei Gewittern zum Theil den schnellen
Luftströmungen, welche sich gegen den Mittelpunkt der Wolken wenden, zuzuschreiben
zu seyn, indem Wärmestoff absorbirt wird, während die Gewitterwolken sich laden.