Titel: | Bemerkungen über die Prüfung des Olivenöhls von den HHrn. Soubeiran und Blondeau. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XII., S. 46 |
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XII.
Bemerkungen uͤber die Pruͤfung des
Olivenoͤhls von den HHrn. Soubeiran und Blondeau.
Aus dem Journal de Pharmacie, Februar 1841, S.
65.
Soubeiran's und Blondeau's Bemerkungen uͤber die
Pruͤfung des Olivenoͤhls.
Der hohe Preis des Olivenöhls hat von jeher Betrüger zu dessen Vermischung mit
Samenöhlen verleitet. Man wählte hiezu vorzüglich das Mohnöhl, weil es mit seinem
geringen Preis auch den Vorzug eines milden Geschmaks und eines kaum merklichen
Geruches verbindet. Zur Entdekung dieses Betruges wurden nacheinander verschiedene
Verfahrungsweisen vorgeschlagen; allein dieselben wurden nicht der Controle
unterworfen oder auf eine zu kleine Anzahl von Mustern angewendet, als daß sie
hinlänglichen Glauben verdienen könnten. Wir ergriffen daher die durch unsern
Collegen, den eben so
wohlunterrichteten als fleißigen Apotheker Figuier zu
Montpellier, dargebotene Gelegenheit, und ließen uns von demselben, da es ihm in
seiner Stellung möglich war, eine ziemlich große Anzahl Olivenöhlmuster verschaffen.
Alle diese Oehle kamen von Eigenthümern selbst her und über ihre Aechtheit kann
nicht der mindeste Zweifel erhoben werden. Wir wollen die Leser zuvörderst mit dem
Ursprung dieser Oehle bekannt machen, werden sie aber im Laufe dieser Arbeit nur
mehr mit der in dieser ersten Tabelle ihnen beigesezten Reihennummer bezeichnen.
Tabellarisches Verzeichniß der Oehlproben, welche zu den in
dieser Abhandlung angeführten Versuchen dienten.
Nummer.
Ursprung.
Erntejahr.
Bezeichnung.
1
Grasse
1838
Jungfernoͤhl.
2
Anniane
1835
deßgl.
3
Montpellier
1835
deßgl.
3b.
ebend.
1839
deßgl.
3c.
ebend.
1839
deßgl.
4
Beaucaire
1839
deßgl.
5
Anniane
1839
Jungfernoͤhl (kalt gepreßt).Durch Auspressung der ohne Wasser zerquetschten Oliven erhalten.
6
Grasse
1839
Jungfernoͤhl.
7
Pignan
1839
deßgl.
8
Nismes
1839
deßgl.
9
ebend.
1839
Jungfernoͤhl (kolt gepreßt).
10
Anniane
1839
durch d. gewoͤhnl. Verf. gewonnen.
11
Castries
1836
deßgl.
12
Grasse
1836
deßgl.
13
ebend.
1837
deßgl.
14
ebend.
1838
deßgl.
15
Pignan
1839
deßgl.
16
Nismes
1839
deßgl.
17
Castries
1839
deßgl.
18
Montpellier
1839
deßgl.
19
Beaucaire
1839
deßgl.
20
Grasse
1839
deßgl.
21
Gignac
1839
Gegohrne Oliven.
22
Pignan
1839
Fabrikoͤhl (huile
d'enfer.)
23
Montpellier
1839
deßgl.
24
Beaucaire
1839
deßgl.
25
Aus den Vorraͤthen der Centralapotheke
–
–
Unter Jungfernöhl ist das über dem Teig der zerquetschten
Oliven sich ansammelnde Oehl zu verstehen; unter ordinärem
Olivenöhl das durch Auspressen des mit siedendem Wasser besprengten
Oliventeigs gewonnene; unter Fabriköhl (huile d'enfer)
jenes, welches auf der Oberfläche des warmen Wasserbades bleibt und zum Besten des
Mühlenbesizers gesammelt wird. Das Oehl aus gegohrnen Oliven wird nach dem
gewöhnlichen Verfahren (Besprengen mit heißem Wasser) aus sechs Wochen und manchmal
drei Monate lang auf Haufen geworfenen Oliven bereitet.
Wir werden zuerst über die Versuche mit dem Diagometer nach dem Verfahren des Hrn.
Rousseau; dann über jene mit dem salpetersauren
Queksilber oder dem Poutet'schen Reagens; dann über die
mit Untersalpetersäure oder dem Boudet'schen Reagens, und
endlich über die mit Ammoniak, nach Hrn. Fauré's
Verfahren berichten.
Das Rousseau'sche Diagometer.
Dasselbe besteht bekanntlich aus einer troknen elektrischen Säule, welche man mit
einer sehr schwach magnetisirten Magnetnadel in Verbindung sezt, die auf einem
Stifte schwebt und deren Abweichung durch einen auf dem Instrumente befindlichen
Viertelskreis gemessen werden kann. Man stellt den Apparat so, daß die ruhende Nadel
auf Null steht und dabei eine metallene Scheibe berührt, welche ihr die Elektricität
zuzuführen bestimmt ist; sie wird abgelenkt, sobald die Scheibe mit der trokenen
Säule in Communication gesezt und elektrisch wird.
Zwischen die Scheibe und die Säule sezt man ein metallenes Schälchen, in welches ein
Platinstäbchen taucht, welches das Ende des von dem einen Pole der trokenen Säule
ausgehenden Leitungsdrahts bildet (der andere Pol communicirt mit dem Boden). Bringt
man nun reines Olivenöhl in das Schälchen, so ist die Communication unterbrochen;
bringt man aber Mohn- oder Bucheckeröhl an dessen Stelle, so wird
augenbliklich Elektricität zugeführt und die Nadel sogleich abgelenkt. Das Zusezen
nur einiger Tropfen Mohnöhls zum Olivenöhl genügt, um das Leitvermögen desselben
auffallend zu erhöhen.
Diese Beobachtungen haben Rousseau veranlaßt, das
Diagometer als Erkennungsmittel der Reinheit des Olivenöhls vorzuschlagen. Die
Chemiker, welche sich mit diesem Gegenstande beschäftigten und größtentheils dem
Instrumente keinen andern Vorwurf machten, als den seiner schwierigen Anwendung,
haben ihm beigepflichtet; aber eben diese Einwendung beweist hinlänglich, daß sie es
selbst nicht versucht haben.
Ehe wir zu den Versuchen schreiten, scheint es uns nothwendig, den Gang des
Instrumentes genauer, als es bisher geschehen ist, zu beschreiben.
Das reine Olivenöhl ist kein absoluter Nichtleiter; es läßt bloß die Elektricität nur
langsam sich fortpflanzen. Nach etwas mehr oder weniger Zeit bemerkt man, daß die
Nadel sich in Bewegung sezt und von ihrem Ruhepunkte ablenkt; so lange man aber auch
zuwarten mag, wird die Nadel doch niemals so weit kommen, als wenn die Communication
durch einen metallenen Conductor hergestellt ist. Bei einem langsamen Durchgange des
elektrischen Fluidums findet natürlich die Ausgleichung zwischen der ankommenden
Elektricität und jener, von welcher die atmosphärische Luft das Diagometer entladet,
früher statt, als das Instrument das Maximum seiner Ladung erreichen kann. Es muß
bei diesen Beobachtungen auf die Zeit, welche zwischen Herstellung der Communication
der Säule mit dem Oehle und der Ablenkung der Nadel, dann auf die Zeit, welche diese
bedarf, um die größte Ablenkung zu erreichen, Rüksicht genommen werden.
Es ist auch, wenn die Resultate verglichen werden sollen, darauf zu sehen, daß die
Oehlschicht, welche das leitende Stäbchen von der metallenen Wand des Schälchens
trennt, bei allen Versuchen gleich groß sey; weil man sonst mit einem und demselben
Oehle die abweichendsten Resultate erhalten würde. Um der Wahrheit treu zu bleiben,
muß man zugestehen, daß dieses Instrument, troz aller Vorsichtsmaßregeln bei seinem
Gebrauche, noch viel zu wünschen übrig läßt. Ein Hauptfehler desselben ist die
ungenügende Beweglichkeit seiner Theile. Es findet eine Reibung der Nadel auf dem
Stifte, so wie auch oft ein Anhängen der Nadel an die Scheibe statt, welche der
Elektricität Uebergang gestattet. Dieser leztere Umstand ist so nachtheilig, daß
wir, um uns nicht länger den beständigen Launen dieses Instrumentes ausgesezt zu
sehen, endlich die Nadel um ein Geringes über die Scheibe hinaus versezten. Wir
haben diese Entfernung bei Darlegung unserer Beobachtungen immer in Betracht
gezogen. Es wurde vor jedem Versuche die größte Ablenkung, welche die Nadel bei
metallischer Communication erreichen konnte, bestimmt; dann brachte man die Nadel
auf 5° zurük, um das Anhängen zu verhindern, und stellte die Communication
durch das Oehl her. Dieses goß man in das metallene Schälchen, welches immer gleich
stark davon angefüllt wurde; das kleine Metallstäbchen, welches die Elektricität leitete, war auf eine
unverrükbare Weise aufgehangen, und tauchte bei allen Versuchen gleichtief in die
Mitte des Oehls.
Bei den in folgender Tabelle zusammengestellten Versuchen wurde die Ablenkung mit den
Oehlen nach 2 Minuten dauernder Communication beobachtet.
Tabelle über die Wirkung des Diagometers auf die reinen und
mit Mohnöhl gemischten Oehle.
Textabbildung Bd. 80, S. 49
Erste Reihe. – Metallische
Ablenkung 73°; Reine Oehle; Oehl m. 1/20 Mohnöhl; Zweite Reihe. –
Metallische Ablenkung 79°
Ohne daß es nochwendig wäre, sich noch auf weitere Reihen von Versuchen zu stüzen,
können folgende Schlüsse aufgestellt werden:
1) Daß das Leitungsvermögen bei dem Jungfernöhl geringer, bei dem mittelst Wassers
gewonnenen Oehle stärker, noch stärker aber bei der geringeren Oehlsorte, dem
sogenannten Fabriköhl (huile d'enfer), oder dem Oehl aus
gegohrenen Oliven zu seyn scheint, ohne daß jedoch hierüber etwas Bestimmtes gesagt
werden könnte;
2) daß im Allgemeinen der Zusaz von 1/20 Mohnöhl das Leitungsvermögen des Olivenöhls
sehr erhöhe;
3) daß einige Sorten des reinen Olivenöhls ein größeres Leitungsvermögen besizen, als
mehrere Gemische mit Mohnöhl, daß also die Anzeigen des Diagometers nicht gestatten,
sich bestimmt über die Reinheit der damit untersuchten Oehle auszusprechen.
Wir machten eine Reihe Versuche, um das Maximum der Ablenkung und die hiezu nothwendige Zeit
zu bestimmen; man wird aus der folgenden Tabelle ersehen, daß wir hiemit auch keine
genügenderen praktischen Resultate erhalten haben.
Textabbildung Bd. 80, S. 50
Ablenkung der Nadel im Augenblik
des Versuches; Nummer des Oehls; Zeit, welche nothwendig war, um das Maximum der
mit dem Oehle erreichten Ablenkung zu erhalten; Reines Oehl; 1/20 Mit vermengt;
1/10 Mit vermengt; Dauer Beobachtung
Vom Diagometer wenig befriedigt, machten wir einen Versuch mit der Anwendung der
elektrischen Ströme. Das Experiment wurde mit einer kleinen Säule angestellt, die
von einem kupfernen Tiegel gebildet wurde, der eine Auflösung von schwefelsaurem
Kupfer enthielt, in welcher ein mit schwefelsaurer Zinklösung gefülltes leinenes
Säkchen hing; der Strom wurde durch Hineinsteken eines kleinen Zinkbleches erzeugt
und mit einem Galvanometer von 1500 Windungen geprüft. Sobald der Contact
hergestellt war, drehte sich die Nadel lebhaft im Kreise; sie blieb aber vollkommen
unbeweglich, wenn man denselben dadurch aufhob, daß man die leitenden Drähte in ein
mit Mohn- oder Baumöhl gefülltes Schälchen tauchte.
Poutet'sches Reagens.
Hr. Poutet in Marseille hat zum Probiren der Oehle ein
Verfahren angegeben, welches ziemlich starken Eingang gefunden hat. Es besteht
bekanntlich darin, daß man das Oehl mit dem Zwölftheil seines Gewichts einer
Queksilberauflösung umschüttelt, welche aus 6 Theilen Queksilber und 7 1/2 Th.
Salpetersäure von 38° Baumé bereitet ist; man läßt die Auflösung ohne
weitere Zuhülfe vor sich gehen, und bedient sich der Flüssigkeit, sobald das
Queksilber aufgelöst ist; wartet man zu, so krystallisirt das Salz heraus und man
muß das Reagens noch einmal bereiten. Dieser Uebelstand hat schon mehr als einmal
ein anderes Probeverfahren wünschen lassen. Doch ist er nicht so arg, als daß man
das Verfahren ganz aufgeben sollte, wenn es sonst seinen Zwek gut erfüllt.
Alle hier anzuführenden Versuche wurden mit 12 Grammen reinen oder gemischten Oehls
und 1 Gramm des Reagens angestellt; die Mischung wurde 2 Stunden lang von 10 zu 10
Minuten umgeschüttelt, man stellte sie dann in einen Keller von 11° C.
Temperatur und beobachtete 24 Stunden darauf die Consistenz, welche die Substanz
angenommen hatte. Diese wurde dadurch beurtheilt, daß man mit einem Glasstab auf die
Oberfläche des erstarrten Oehls schlug. Wir werden die Oehle fest und klingend nennen, welche fest genug waren, und beim Daraufschlagen
einen deutlichen Ton von sich gaben; fest die von etwas
geringerer Consistenz. Die anderen Grade der Consistenz werden wir ziemlich fest, Talgconsistenz, weiche Consistenz, Consistenz
gestandenen Oehls benennen, welche Ausdrüke allerdings etwas unbestimmt,
aber nothwendig sind und die Verschiedenheit im Erstarren der Mischungen hinlänglich
bezeichnen.
Tabelle über den Grad der Erstarrung, welchen die reinen und
mit Mohnöhl gemischten Oehle bei dem Poutet'schen Verfahren annahmen.
Textabbildung Bd. 80, S. 51
Erste Reihe; Nummer; Reines Oehl;
Mit 1/20 Mohnöhl; Mit 1/10 Mohnöhl
Textabbildung Bd. 80, S. 52
Zweite Reihe; Nummer; Reines Oehl;
Mit 1/20 Mohnöhl; Mit 1/10 Mohnöhl
Diese Resultate berechtigen zu dem Schlusse, daß das Poutet'sche Reagens seinen Zwek sehr wohl erfülle, ohne daß jedoch durch
dasselbe ermittelt werden könnte, in welchem Verhältnisse das Olivenöhl vermischt
worden sey. Im Allgemeinen gibt der Zusaz von 1/20 Mohnöhl zum Olivenöhl eine
weniger feste Masse als das reine Oehl, aber die Verschiedenheit ist nicht immer so
in die Augen fallend, daß man sich mit einiger Gewißheit aussprechen könnte, wenn
man es mit einem gemischten Oehle zu thun hat, wenn man nicht auch
vergleichungsweise mit dem reinen Oehle, welches einen Bestandtheil der Mischung
ausmacht, den Versuch anstellt.
Die Mischung mit 1/10 gab constant eine Masse, deren Consistenz keinen Irrthum
zuläßt. Dieß ist, wie wir glauben, alles was von diesem Verfahren zu hoffen ist. Man
darf von demselben nicht verlangen, daß es das Verhältniß der Mischung angebe, was
es zu leisten nicht im
Stande wäre. Ein Verfahren, welches 1/10 Mohnöhl mit Sicherheit entdekt, ist schon
befriedigend; in geringerem Verhältnisse lohnt es den Verfälschern kaum der
Mühe.
Es ist begreiflich, daß die Auflösung des Queksilbers in der Salpetersäure, welche
durch das freiwillige Aufeinanderwirken der beiden Körper entsteht, nicht immer so
gleich ausfällt, daß sie immer genau dasselbe Reagens gäbe; es ist hier hinreichend,
wenn es nur eine so geringe Verschiedenheit hat, daß man vergleichende Resultate
davon erhalten kann. Wir sahen öfters das Reagens seine Wirkung versagen, und dann
war jedesmal die Beschaffenheit der Flüssigkeit eine so modificirte, daß sie bis zum
anderen Tag auch keine Krystalle absezte, während doch Alle, die sich des Poutet'schen Reagens bedienten, ihm jederzeit sein
schnelles Krystallisiren zum Vorwurf machten. – Wenn das, was vom Reagens
übrig bleibt, nicht krystallisiren würde, so wäre es gerathen, den Versuch für gar
nichts zu rechnen. Jedenfalls ist es gut, ihn noch ein paarmal zu wiederholen, um
gar keinen Zweifel über die Resultate obwalten zu lassen.
Boudet'sches Reagens.
In der sehr beachtenswerthen Abhandlung, in welcher Hr. Felix Boudet die Einwirkung der Untersalpetersäure (salpetrigen Säure) auf die
Oehle erörtert, behauptet derselbe, daß in dem Poutet'schen Reagens die Untersalpetersäure allein die Erstarrung bewirke;
dieß brachte ihn auf den Gedanken, daß man die Versuche mit dem Poutet'schen Reagens, welches in seiner Zusammensezung
nothwendig etwas wandelbar ist, vielleicht aufgeben und dafür eine constante
Mischung von Untersalpetersäure und Salpetersäure anwenden sollte. Hr. Boudet hat sehr wohl bemerkt, daß alsdann die Erstarrung
nicht mehr als Merkmal dienen dürfte, weil die damit behandelten Oehle am Ende alle
erstarren. Er nahm als Erkennungszeichen bei dieser neuen Probe die zur Erstarrung
des Oehles erforderliche Zeit an.
Hr. Boudet räth, auf 100 Grane Oehl mit 4 Gran einer
Mischung von 3 Theilen Salpetersäure von 35° und 1 Th. Untersalpetersäure
einzuwirken. Man operirt mit kleinen Cylindergläschen, notirt genau den Augenblik,
in welchem die Mischung geschieht; schüttelt stark um und überläßt das Ganze bei
10° C. so lange der Ruhe, bis das Oehl eine solche Dike angenommen hat, daß
das Gefäß umgestürzt werden kann, ohne daß das Niveau der Oberfläche verändert werde. Hr. Boudet hat beobachtet, daß das Festwerden des Baumöhls
durch 1/100 Mohnöhl um 40', durch 1/20 um 90', und durch 1/10 noch um weit mehr
verzögert werde. Er glaubt, daß man auf diesem Wege viel genauere und feinere
analytische Resultate erzielen könne, als mit dem Poutet'schen Verfahren, und daß man Mohnöhl damit in Verhältnissen entdeken
könne, welche diesem sicher entgingen.
Seitdem hat auch Hr. Fauré dieses Mittel sehr
gepriesen; nur glaubte er das Verhältniß des Reagens auf 3 Theile für 100 Th. Oehl
reduciren zu müssen. Er sah reines Oehl in 55 bis 65' erstarren, 1/20 Mohnöhl
verzögerte die Erstarrung um 35', 1/10 um 90', 1/5 um 180'.
Würde diese Einwirkung sich als beständig bewähren, so wäre dieses ein schäzbares
Mittel, um das Baumöhl auf seine Reinheit zu prüfen.
Wenn man die Abhandlung des Hrn. Boudet liest, wird man
leicht wahrnehmen, daß dieser junge und geschikte Chemiker selbst diesem Verfahren
nur ein begränztes Vertrauen schenkt, was, weil er es nur mit einer kleinen Anzahl
von Proben des im Handel vorkommenden Baumöhls zu thun hatte, ein kluger Vorbehalt
war.
Unsere Versuche hatten den Zwek, dieses Verfahren einer entscheidendern Prüfung zu
unterstellen.
Nachdem ein vorläufiger Versuch gemacht worden war, sezte man dem reinen oder
gemischten Oehle 1/20 seines Gewichtes vom Boudet'schen
Reagens zu.
Tabelle über die erforderliche Zeit, um durch das Boudet'sche
Reagens das Erstarren der reinen und der mit 1/20 und 1/10 Mohnöhl gemischten
Olivenöhle zu bewirken.
Textabbildung Bd. 80, S. 55
Zeit, welche zum Erstarren der
Oehle erforderlich war; Reines Oehl; Mischung; mit 1/20 Mohnöhl; mit 1/10
Mohnöhl; Differenz im Vergleich mit dem reinen Oehle; bei 1/20 Zusaz; bei 1/10
Zusaz
Aus den vorstehenden Rubriken ist zu ersehen, daß die reinen Oehle in der Regel
zuerst erstarrten, was mit Hrn. Boudet's Beobachtungen
vollkommen übereinstimmt; aber die Versuche geben gleichwohl wenig Hoffnung, die
Reinheit des Oehls durch dieses Verfahren zu erkennen.
Die zum Erstarren der reinen Oehle erforderliche Zeit variirte zwischen 43 und 59'.
Für die 1/20 Mohnöhl enthaltenden Oehle variirte die Zeit zwischen 45 und 59' 30''.
Zum Erstarren der Oehle mit 1/10 Mohnöhl wechselte die Zeit zwischen 48' 15'' und
97'.
Alle diese Zeitverhältnisse reichen so in einander hinein, daß manche reine Oehle zu
ihrem Festwerden längere Zeit brauchten, als andere vermischte Oehle. Es haben sich
sogar einige Mischungen schneller verdichtet, als die reinen Baumöhle, welche zu
diesen Mischungen dienten.
Diese erste Versuchsreihe machte uns mit einigen Umständen bekannt, welche auf die
zur Verdichtung erforderliche Zeit einen gewissen Einfluß haben können. In den
folgenden Versuchen haben wir uns gegen diesen Einfluß zu sichern gesucht.
Die zur Verdichtung erforderliche Zeit kann eine Veränderung erleiden, wenn das Oehl
und das Reagens nicht auf gleiche Weise und nicht gleich lange Zeit miteinander
geschüttelt werden, wenn die Bewegungen nicht in gleichen Zeitabständen und nicht
gleich lange gemacht werden.
Bewegt man die Mischung ein paar Augenblike vor ihrem Festwerden, so wird hiedurch
sonderbarer Weise das Eintreten jenes Erstarrungsgrades verzögert, bei welchem man
das Gefäß umstürzen kann, ohne daß sich das Niveau der Oberfläche verändert. Dieser
Augenblik, welcher von Hrn. Boudet als Erstarrungsmoment
angenommen wurde, ist, wenn man einige Uebung in diesen Versuchen erlangt hat,
ziemlich leicht zu erfassen. Man sieht nämlich das Oehl an der Oberfläche eine weiße
Farbe und eine milchartige Undurchsichtigkeit annehmen. Die Oehlmasse, welche fest
genug geworden ist, um beim Umstürzen des Gefäßes nicht zu fließen, wird von einer
Vereinigung fester Theilchen gebildet, welche die noch flüssigen Theile
eingeschlossen halten und am Ausfließen verhindern. Indem man nun diese Art
Einschlag einige Augenblike vor seiner vollkommenen Bildung zerstört, wird das
Eintreten der erwarteten Consistenz verzögert.
Bei den nun mitzutheilenden Versuchen wurden alle Vorsichtsmaßregeln ergriffen, um
vergleichbare Resultate zu erhalten. Das Reagens und die Oehle wurden in dem von
Hrn. Boudet angegebenen Verhältnisse angewendet. Jede
solche Mischung wurde innerhalb 2' zweimal und in Zeitabständen von 10'
geschüttelt.
Tabelle über den Erstarrungspunkt der reinen und gemischten
Oehle.
(Die Zeit ist vom ersten Umschütteln an gerechnet.)
Nummer.
Zeit bis zum Erstarren.
Nummer.
Zeit bis zum Erstarren.
Stunde
Minute
Stunde.
Minute.
1 rein
–
50
13 rein
–
45
1/20
–
77
1/20
–
51
1/10
–
78
1/10
–
51
2 rein
–
39
14 rein
–
35
1/20
–
62
1/20
–
34
1/10
–
62
1/10
–
36
3b. rein
1
30
15 rein
–
47
1/20
1
36
1/20
–
49
1/10
1
48
1/10
–
47
3c. rein
1
5
16 rein
–
44
1/20
1
–
1/20
–
44
1/10
1
10
1/10
–
59
4 rein
–
26
18 rein
–
49
1/20
–
37
1/20
–
40
1/10
–
46
1/10
–
55
6 rein
–
36
19 rein
–
36
1/20
–
40
1/20
–
37
1/10
–
36
1/10
–
36
7 rein
1
31
20 rein
–
49
1/20
1
1
1/20
–
41
1/10
2 (?)
1
1/10
–
46
8 rein
1
–
22 rein
–
45
1/20
1
–
1/20
–
45
1/10
1
–
1/10
–
40
9 rein
–
38
23 rein
–
48
1/20
–
56
1/20
1
1
1/10
–
39
1/10
1
3
10 rein
–
30
24 rein
–
45
1/20
–
40
1/20
–
43
1/10
1
42
1/10
–
58
11 rein
–
33
25 rein
–
45
1/20
1
56
1/20
–
46
1/10
–
23
1/10
–
45
Diese Beobachtungen bestätigen die Vortheile nicht, welche sich Hr. Boudet von der Anwendung der Untersalpetersäure
versprach.
Unsere Versuche bestätigen wohl das von ihm ausgesprochene allgemeine Resultat, aber
sie vernichten seine Hoffnung, die zur Erstarrung erforderliche Zeit als Mittel, um
die reinen Oehle von den gemischten zu unterscheiden, gebrauchen zu können. Hr. Boudet zog nur dadurch einen andern Schluß, weil er außer
Stand war, seine Versuche zu vervielfältigen; übrigens weiß man, daß das, was diese
Proben betrifft, in seinen wichtigen Untersuchungen nur als untergeordnet nebenher
geht.
Wir untersuchten auch, ob der Schmelzgrad der durch das Boudet'sche Reagens erstarrten Oehle etwa ein unterscheidendes Merkmal für
reine und gemischte Oehle abgebe. Der Versuch wurde auf die Art angestellt, daß man
jedesmal ein Stükchen der Substanz auf die Spiegelfläche eines Queksilberbades, in
welchem sich ein Thermometer befand, legte; das Queksilber wurde langsam erwärmt,
und der Augenblik der eintretenden Schmelzung scharf beobachtet; aber sowohl reine
als gemischte Oehle gaben Producte, welche bei 34 und 35° C. zu schmelzen
anfingen.
Nachdem wir uns überzeugt hatten, daß wir die zur Verdichtung der Oehle erforderliche
Zeit als Probemittel aufgeben mußten, fragten wir uns, ob das Boudet'sche Mittel in der Art beizubehalten sey, daß man den nach
24stündiger Berührung erreichten Verdichtungsgrad beobachte. Nach 24 Stunden hatten
die reinen und gemischten Oehle, welche man der Einwirkung der Untersalpetersäure
ausgesezt hatte, alle dieselbe Consistenz.
Ein Versuch, bei welchem wir nach Poutet's Verfahren
salpetersaures Queksilber anwandten, und die zur Verdichtung erforderliche Zeit
aufzeichneten, läßt uns glauben, daß die Gegenwart des Queksilbersalzes der Reaction
doch nicht so ganz fremd sey, wie Hr. Boudet meinte.
Folgende Tabelle enthält unsere Resultate.
Tabelle über die zur Erstarrung der reinen und gemischten
Oehle mittelst des Poutet'schen Reagens erforderliche Zeit.
(Oehl 12 Gramme. Reagens 1 Gramm.)
Nummer
Zeit bis nach
der Erstarrung.
Nummer
Zeit bis nach
der Erstarrung.
2 rein
3 Stunden
3c.
rein
5 Stunden
4 deßgl.
deßgl.
20 deßgl.
deßgl.
6 deßgl.
deßgl.
22 deßgl.
deßgl.
8 deßgl.
deßgl.
9 1/20
5 1/2 Stunden
9 deßgl.
deßgl.
13 deßgl.
deßgl.
13 deßgl.
deßgl.
15 deßgl.
deßgl.
14 deßgl.
deßgl.
18 deßgl.
deßgl.
16 deßgl.
deßgl.
25 deßgl.
deßgl.
17 deßgl.
deßgl.
25 1/10
7 Stunden
18 deßgl.
deßgl.
3c.
1/20
10 Stunden
19 deßgl.
deßgl.
1 1/20
11 Stunden
21 deßgl.
deßgl.
13 deßgl.
deßgl.
24 deßgl.
deßgl.
4 deßgl.
deßgl.
1 deßgl.
3 1/2 Stunden
19 deßgl.
deßgl.
10 deßgl.
deßgl.
8 1/10
deßgl.
15 deßgl.
deßgl.
3 deßgl.
in 11 Stunden schon
23 deßgl.
deßgl.
sehr verdichtet.
25 deßgl.
deßgl.
13 deßgl.
deßgl.
3 deßgl.
4 Stunden
14 deßgl.
deßgl.
3b.
deßgl.
deßgl.
18 deßgl.
deßgl.
11 deßgl.
deßgl.
24 deßgl.
deßgl.
12 deßgl.
deßgl.
Die Oehle, deren Nummern jezt folgen, alle zu 1/10 vermischt, waren am andern Tage um
7 Uhr Morgens gestokt: 3, 3c., 6, 7, 9, 10, 12, 15, 16,
17, 20, 21, 22, 23.
Probe mit Ammoniak.
Hr. Fauré pries das Ammoniak als ein Mittel zur
Erkennung der Reinheit des Olivenöhls. Nach ihm wirkt dasselbe auf die Pflanzenöhle
in zwei sehr verschiedenen Arten; mit den einen bildet es nämlich einen
consistenten, sehr glatten und gleichartigen Teig, mit den anderen aber gibt es eine
sehr dichte und körnige Mischung. Merkwürdig ist nach Hrn. Fauré, daß man durch diese physische Wirkung eine mit Oehlen
vorgegangene Vermischung in Fällen erkennen kann, wo die Untersalpetersäure beinahe
ohne Wirkung bleibt.
Hr. Fauré macht seine Versuche in kleinen, an einem
Ende geschlossenen Glasröhrchen von 5 bis 6 Zoll Länge und 6 Linien Weite. Er nimmt
1 Th. Ammoniak auf 10 Th. Oehl, und schüttelt einige Minuten. Man erhält nach ihm
mit reinem Olivenöhl einen weißen, sehr gleichförmigen Teig, mit Mohnöhl einen
klümprigen Teig; ein Gemisch beider Oehle gibt ein mehr oder weniger klümpriges
Product.
Wir haben nur wenige Versuche mit Ammoniak angestellt, welche uns aber überzeugten,
daß wenn die Beobachtung des Hrn. Fauré im
Allgemeinen auch richtig ist, doch nur sehr schwer eine Anwendung davon gemacht
werden kann. Der Unterschied, welchen wir zwischen reinen Oehlen und zu 1/20
vermischten wahrnehmen konnten, war so unbedeutend, daß man in den meisten Fällen
sich auszusprechen Anstand nehmen würde; sogar bei den zu 1/10 vermischten war er so
wenig scharf, daß man es wohl nicht darauf ankommen lassen darf.
Es gibt ein wohlbekanntes physisches Merkmal, welches sich auf die verschiedene
Klebrigkeit des Oliven- und des Mohnöhls gründet und darin besteht, daß, wenn
man durch starkes Schütteln Luftblasen in das Oehl bringt, die etwas großen Blasen
verschwinden, sobald sie an die Oberfläche des Baumöhls gelangen, während sie an der
Oberfläche des Mohnöhls lange verweilen. Dieses zwar keine große Genauigkeit
darbietende Mittel ist doch nicht ohne reellen Werth. Wir haben es auf unsere 27
Muster reiner Oehle, und auf dieselben in ihrer Vermischung mit 1/10 und 1/20
Mohnöhl angewandt; es war beinahe immer hinreichend, um das erste dieser Gemische zu
erkennen, aber die bei Gemischen mit 1/20 eingetretenen Erscheinungen waren nicht
auffallend genug, um diese Probe empfehlen zu können. Unter den reinen Oehlen haben
wir kein einziges gefunden, welches bleibende Luftblasen gegeben hätte. Wir glauben, daß
dieses praktische Mittel nicht vernachlässigt werden sollte, indem es so gute
Anzeigen gibt, daß eine genauere und umständlichere Prüfung oft durch dasselbe
überflüssig wird.
Aus dem Ganzen geht hervor, daß das Poutet'sche Verfahren
auch gegenwärtig noch die sichersten Aufschlüsse über die Reinheit des Baumöhls
gibt. Es kann ihm mit Recht der Vorwurf gemacht werden, daß es Zeit und eine gewisse
Uebung erfordert.
Umsonst suchten wir in der Löslichkeit der Oehle ein leichter anzuwendendes Merkmal.
Es fehlt zwar nicht an Lösungsmitteln, welche sich gegen das Olivenöhl sichtbar
anders verhalten, als gegen das Mohnöhl; allein die gegen die reinen Oehle sehr
auffallend auftretenden Unterschiede werden bei den gemischten so unbedeutend, daß
man auf ihre Anwendung verzichten muß.
Als uns die Oehle ausgingen, waren wir unsere Untersuchung einzustellen gezwungen,
ohne jedoch die Hoffnung aufzugeben, noch zu glüklicheren Resultaten zu gelangen.
Wir empfehlen unseren, an hiezu günstigen Pläzen sich befindenden Collegen, ihre
Aufmerksamkeit hierauf zu wenden. Eine Erfahrung, welche aus der Gesammtheit unserer
Versuche hervorgeht, ist dabei zu beherzigen, daß nämlich ein Probeverfahren so
lange nicht als gut anerkannt werden kann, als bis es auf sehr verschiedene und
unbezweifelt reine Oehle angewandt worden ist.