Titel: | Ueber die verhältnißmäßige Leuchtkraft des Baumöhls und des raffinirten Rüböhls. Von K. Karmarsch und Dr. Fr. Heeren. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XIII., S. 60 |
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XIII.
Ueber die verhaͤltnißmaͤßige
Leuchtkraft des Baumoͤhls und des raffinirten Ruͤboͤhls. Von
K. Karmarsch und
Dr. Fr.
Heeren.
Aus den Mittheilungen des hannoͤver'schen
Gewerbe-Vereins, 1840, 22. Lief.
Karmarsch und Heeren, uͤber die Leuchtkraft des
Baumoͤhls in Vergleich mit Ruͤboͤhl.
Bei dem gegenwärtigen hohen Preise des Rüböhls ist es nichts Seltenes, daß dasselbe
mit Leinöhl versezt im Handel vorkommt. Eine solche Beimischung gestattet zwar eine
Preiserniedrigung, hat aber den wesentlichen Nachtheil, daß das Oehl in den Lampen
raucht und schnell eine starke Schnuppe an dem Dochte absezt. Unter diesen Umständen
ist mehrseitig die Anwendung der geringen Sorten des Olivenöhls als eines Surrogats
für raffinirtes Rüböhl zur Sprache gekommen, und namentlich die Behauptung
aufgestellt worden, das Baumöhl brenne ökonomischer als
Rüböhl, d.h. ersteres erzeuge in den Lampen eine größere Menge Licht, als ein
gleiches Gewicht Rüböhl.
Es schien uns einiges Interesse darzubieten, diese Meinung durch sorgfältig
angestellte und möglichst entscheidende Versuche zu prüfen. An sich betrachtet,
enthält dieselbe nichts der Möglichkeit Widersprechendes; denn es ist bereits
bekannt, daß verschiedene Oehlgattungen, in einer und der nämlichen Lampe gebrannt,
ungleiche Lichtmengen ausgeben.
So hat neuerlich Ure
Man sehe polytechn. Journal Bd. LXXIV. S.
202. einige hieher bezügliche Untersuchungen vorgenommen, und dabei gefunden, daß
in einer Lampe nach Parker's Construction (wobei das Oehl
in dem Vorrathsbehälter durch die Lampenflamme erhizt wird, bevor es zum Brenner
gelangt) von folgenden Oehlgattungen, für gleiche Lichtstärke, die beigesezten
Gewichtsmengen stündlich verbrannten:
Verbrannte
Oehlmenge, engl.
Gran.
Verhältnißzahl.
Wallrathöhl
576
1,000
Olivenöhl
840
1,458
Südseethran
911
1,581
Kokosnuß-Olein
1277
2,217
Wenn gleich nun ziemlich sichere Gründe vorhanden sind, die hier angezeigten so großen Unterschiede nicht als völlig zuverlässig zu
betrachten, so möchte doch die ungleiche Lichtergiebigkeit mancher Oehlgattungen als
eine ausgemachte Thatsache anzusehen seyn. Eine Vergleichung des Baumöhls und
Rüböhls in dieser Beziehung ist uns nicht bekannt. Um dieselbe zu unternehmen,
verschafften wir uns raffinirtes Rüböhl, dessen Reinheit von jedem Zusaze garantirt
war. Wir bedienten uns zu den Versuchen zweier ganz neuer und in jeder Hinsicht
möglichst gleichgebauter Lampen, welche der hiesige Hofblecharbeiter und
Lampenfabrikant Hr. Fr. Beckmann mit großer Gefälligkeit
zu unserer Verfügung stellte. Es sind dieß zwei trefflich gearbeitete und vorzüglich
schön brennende Wandlampen mit hohlen Dochten von 7/8 Zoll Durchmesser und engen
Zuggläsern, deren Höhe, vom oberen Ende des Brenners an gemessen, 10 1/4 Zoll
beträgt. Das Oehl befindet sich in einer wie gewöhnlich eingerichteten blechernen
Flasche, welche 1 Pfd. faßt; und das Niveau ist dergestalt regulirt, daß in dem oben
etwas enger zusammengezogenen Oehlraume des Brenners das Oehl stets bis an die
Mündung aufgesogen wird. Hiedurch kommt es, daß der Docht nicht an seinem ganzen
hervorragenden Ende in Brand geräth, sondern ein Streif von 1 Linie bis 1/8 Zoll
Breite, zwischen dem Brenner und der Flamme, unverkohlt bleibt.
Von diesen zwei Lampen wurde die eine mit raffinirtem Rüböhl, die andere mit Baumöhl
gefüllt; dann wurden beide genau gewogen, zu gleicher Zeit angezündet, gleich lange
(in einem gänzlich verdunkelten Zimmer) im Brennen erhalten, und nach dem Auslöschen
wieder gewogen, um das Gewicht des verbrannten Oehls zu finden. Der Docht wurde in
jeder Lampe gleich anfangs so weit erhöht, daß die Flamme so groß war, als sie ohne
Rauch zu geben seyn konnte, wobei auch die nöthige Aufmerksamkeit dahin gerichtet
wurde, den vortheilhaftesten Stand des Zugglases, durch versuchsweises Auf-
und Abschieben desselben, in Anwendung zu bringen. Im Laufe der Brennzeit wurde
weder mit den Dochten noch mit den Gläsern eine Veränderung vorgenommen. Nur
vertauschte man ungefähr nach Ablauf der halben Zeit die beiden Zuggläser dergestalt
mit einander, daß das Glas der ersten Lampe auf die zweite, und jenes der zweiten
auf die erste gesezt wurde – in der Absicht, die unvermeidlich vorhandene
geringe Ungleichheit der Gläser alles Einflusses auf das Resultat zu berauben. Von
Zeit zu Zeit wurde die relative Lichtstärke der Flammen auf die bekannte Weise
mittelst der Schattenvergleichung ausgemittelt, und dabei die Lichtstärke der
Rüböhlflamme = 1000 angenommen.
Nachdem auf diese Weise der erste, 10 Stunden lang fortgeführte Versuch beendigt war,
wurden beide Lampen ausgeleert, und dergestalt wieder gefüllt, daß in die Lampe,
welche vorher Baumöhl enthalten hatte, nun Rüböhl gegeben wurde, und umgekehrt.
Sodann wurde ein zweiter Brennversuch vorgenommen, der 8 Stunden dauerte, übrigens
aber in der Ausführung ganz und gar dem ersten glich. Wir beabsichtigten hiedurch
nicht nur eine Bestätigung des ersten Resultats zu gewinnen, sondern auch allen
jenen Einfluß unschädlich zu machen, welcher von den unvermeidlichen kleinen
Ungleichheiten der zwei Lampen herrühren konnte.
Erster Versuch.
Die Lampen wurden um 10 Uhr Morgens angezündet. Die Resultate der Beobachtungen waren
folgende:
Textabbildung Bd. 80, S. 62
Zeit, Lichtstärke des; Baumöhls;
Rüböhls
Textabbildung Bd. 80, S. 63
Man sieht aus dem nachfolgenden Theile der Beobachtungsresultate, daß die
Verwechselung der Gläser keine Verminderung der Lichtstärke des Baumöhls
hervorbrachte, daß also die größere Helligkeit der Baumöhlflamme nicht von
einem Einflusse des Glases herrührte.
Zeit, Lichtstärke des; Baumöhls;
Rüböhls; (Die Zuggläser verwechselt); Mittelzahl
Um 8 Uhr wurden beide Lampen ausgelöscht, weil die mit Baumöhl gefüllte wegen Mangel
an Oehl rasch an Lichtstärke abnahm und das Selbsterlöschen derselben bevorstand.
Die jezt vorgenommene Wägung der Lampen ergab, daß Baumöhl 30 1/8 Loth, dagegen Rüböhl nur 28 Loth
verbrannt waren. Die größere Lichtstärke der Baumöhlflamme hatte also in einem
stärkeren Verbrauche dieses Oehls ihren Grund gehabt. Dividirt man die
durchschnittliche Lichtstärke durch das Gewicht des verzehrten Oehls, so drüken die
hiebei entstehenden Quotienten das Verhältniß des aus gleichem Gewichte Oehl
erzeugten Lichts aus. Man erhält aber auf diese Weise
für Baumöhl 1066/30⅛ = 35 .
4,
für Rüböhl 1000/28 = 35 . 7,
mithin haben gleiche Mengen beider Oehlgattungen gleich viel
Licht entwikelt.
Zweiter Versuch.
Die Lampen wurden um 9 3/4 Uhr Morgens angezündet. Es ergaben sich folgende Resultate
in Betreff der Lichtstärke:
Textabbildung Bd. 80, S. 63-64
Zeit, Lichtstärke des; Baumöhls;
Rüböhls; (Die Zuggläser verwechselt); Mittelzahl
Sogleich nach der lezten Beobachtung wurden die Lampen
ausgelöscht. Die in diesen 8 Stunden verzehrten Oehlmengen betrugen: an Baumöhl 23
1/2 Loth, an Rüböhl genau 24 Loth. Dividirt man hiedurch wieder die entsprechenden
durchschnittlichen Lichtstärken, so ergibt sich
für Baumöhl 987/(23 . 5) = 42;
für Rüböhl 1000/24 = 41 . 7.
Es fließt also auch aus diesem zweiten Versuche, in
vollkommenster Uebereinstimmung mit dem ersten, die Folgerung, daß gleich große Mengen Baumöhl und raffinirtes Rüböhl gleich viel Licht beim
Brennen in Lampen hervorbringen.