Titel: | Andeutungen über die Fortschritte, welche seit dem Anfange dieses Jahrhunderts bis zum Jahre 1840 in der Uhrmacherkunst gemacht worden sind; von Hrn. Uhrmacher Schade in Breslau. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XIV., S. 65 |
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XIV.
Andeutungen über die Fortschritte, welche seit
dem Anfange dieses Jahrhunderts bis zum Jahre 1840 in der Uhrmacherkunst gemacht worden
sind; von Hrn. Uhrmacher Schade in Breslau.Dieser gediegene Aufsaz, welcher von dem gründlichsten Wissen des Verfassers
zeugt, ist dem elften Jahres-Bericht des Breslauer
Gewerbe-Vereines entnommen. A. d. R.
Schade, uͤber die Fortschritte in der
Uhrmacherkunst.
Ueberlegt man, zu welcher Vollkommenheit die Uhrmacherkunst bis zu Ende des vorigen
Jahrhunderts gebracht worden ist, so kann es wohl möglich seyn, daß man auf den
Einfall gerathen könne zu glauben, daß uns unsere Vorfahren in dieser Hinsicht fast
nichts mehr zu erfinden übrig gelassen hätten. Doch dieß ist der Fall nicht, die
Fortschritte, welche seit dem Anfange des 19ten Jahrhunderts in dieser Kunst,
namentlich in Frankreich, England und Deutschland (zum Theil in Schlesien), gemacht
wurden, sind so bedeutend, daß durch diese die Erfindungen des vorigen Jahrhunderts
– selbst die wichtigern nicht ausgenommen – weit zurük gestellt
werden, und der Hauptsache nach das Resultat des Zusammentreffens mathematischer und
physikalischer Kenntnisse, verbunden mit der Geschiklichkeit in der praktischen
Ausübung sind. Diejenigen Maschinen und Werkzeuge, welche ebenfalls mit zu den
Arbeiten des Uhrmachers gehören, besonders aber die Metronome, Zähler, Regenmesser,
die Wacht-Controlen, Planetarien, Weker-Vorrichtungen, Spieldosen
u.a.m., sind während dieser Zeit theils erfunden, theils sehr verbessert worden. Den großen
Einfluß ferner, welchen die Erfindungen in der Uhrmacherkunst auch auf andere
Maschinen, z.B. auf die Dampfmaschinen, auf die Gelenkketten und auf den Spiralkorb
der Pferdegöpel u.s.w. ausübten, kennt man; er war schon oftmals von dem wichtigsten
Erfolge für sie.
Was nun im Bau der kleinen und großen Uhren und in den einzelnen Bestandtheilen
derselben geleistet worden, wird sich aus folgendem Aufsaze ergeben; es sind in ihm
meine Erfahrungen, mit dem, was ich seit Jahren über diesen Gegenstand gesammelt
habe, zusammengestellt.
Die Beobachtung, daß die stählernen Zapfen einer Welle bei ihrer Bewegung in
messingenen Zapfenlöchern noch immer einige Reibung erleiden, und daß das Oehl,
welches zur Verminderung derselben angewendet wird, die Metalle angreift, mit der
Zeit aber vertroknet, ferner: daß die polirten Platten einer Uhr durch die
Einwirkung der Luft ihre Politur verlieren, machte es nothwendig, auf Mittel zu
sinnen, diesen Uebelständen abzuhelfen. Man nahm seine Zuflucht zum Vergolden,
wodurch zwar die Einwirkung der Luft auf die Platten, aber nicht der störende
Einfluß des Oehls auf den Gang und die Dauerhaftigkeit der Uhr gänzlich aufgehoben
wird. Um nun alle diese Nachtheile zu beseitigen, wandte man Rubin-,
Granat- und Diamantenfutter an, welche das Oehl ersezen sollen, und die von
sehr Vielen als das non plus ultra der Uhrmacherkunst
betrachtet wurden. Es hat aber die Erfahrung gelehrt, daß, wenn ein Stahlzapfen in
einem Loche aus Rubin und Granat geht, die Reibung durch eine Menge Zufälligkeiten
eher vermehrt als vermindert werden kann. Wenn nur der möglich denkbar kleinste
Theil eines Steinfutters unpolirt geblieben ist, so ist die Wirkung dieses Theils
auf den Zapfen genau dieselbe, wie die eines gemeinen Schleifsteins auf einen Meißel
oder auf ein Messer, und der Zapfen wird als der weichere Theil gänzlich zerstört
werden. Juwelenlöcher springen übrigens sehr leicht, selbst ohne allen merklichen
Druk, und dann ist der Zapfen in kurzer Zeit hin. Später sah man ein, daß zur
Abhülfe aller genannten Nachtheile es nothwendig sey, die Zapfenfutter aus einem
Metall zu machen, welches das Oehl rein und flüssig erhält, das so wenig als möglich
der Reibung unterliegt und das weicher als der Zapfen ist: denn es ist weit
wichtiger, daß der Zapfen besser erhalten bleibt, als das Futter, worin derselbe
läuft. Die von den Herren Mention und Wagner dargestellte Legirung aus Platin und Silber soll
dem obigen Zwek entsprechen, indem der Uhrmacher Benoit
in Versailles verschiedene Gegenstände und namentlich jene reibenden Theile, die man
bisher aus Messing oder Edelsteinen zu arbeiten pflegte, daraus verfertigt. Eine
Composition aus Zinn und Kupfer ist vorzüglich für Pendeluhren sehr brauchbar
befunden worden, theils wegen ihrer Wohlfeilheit, theils darum, weil man die Zapfen
in derselben ohne Oehl gehen lassen kann, welches leztere sich durch Beobachtungen
nach einer Reihe von Jahren bewährt hat und so viel mir bekannt ist, sind diese
Metallfutter von mehreren hiesigen Uhrmachern, so auch vom Mechanikus Hohaus in Glaz, angewendet worden. Ich selbst bediene
mich dieses Mittels für meine bessern Uhrwerke schon seit langer Zeit; es war bisher
immer ein Gegenstand meiner Untersuchungen, deren Resultate nunmehr zu meiner
vollkommensten Zufriedenheit ausgefallen sind. – Englische Uhrmacher bedienen
sich jezt des pulverisirten und geschlemmten Graphits mit Talg zu einem Teige
verbunden und bestreichen damit die sich reibenden Theile. Sie wenden diese Art von
Einschmierung nicht allein bei größeren Räderwerken, sondern sogar auf Chronometer an, wodurch
diese einen regelmäßigeren Gang erhalten haben sollen, als bei der gewöhnlichen
Einöhlung, und welche selbst nach Verlauf von zehn Jahren keine merkliche
Veränderung zeigten. Der englische Uhrmacher Symingten,
ein Sohn des berühmten Symingten, des Vaters der neuern Dampfschifffahrt, will ein
eigenes Material erfunden haben, in welchem sich der Zapfen ganz ohne Cohäsion
bewegen soll, und versichert, daß bei der Anwendung derselben alles Oehl entbehrlich
ist.
Gleiche Aufmerksamkeit erfordert die Anfertigung der stählernen Triebe; man macht
bekanntlich die kleineren, für Taschenuhren, aus dem sogenannten Triebstahle; die
größeren Triebe, für Wanduhren, macht man jetzt in allen Gattungen aus roh
zubereitetem Stahle auf dazu eingerichteten Maschinen schneller, genauer und
wohlfeiler, als es bisher aus freier Hand geschah. Leichter als die massiven Triebe
sind die hohlen, oder auch Cylindertriebe genannt, zu verfertigen. Viele Uhrmacher
wenden jezt leztere nicht allein für Thurm- und Pendeluhren, sondern auch mit
Nuzen auf Tischuhren an.
Bei Verbesserung der Räder der Taschenuhren richtete man seine Aufmerksamkeit
besonders auf die Cylinderräder. Der Vorschlag des Pariser Uhrmachers Duchemin, dieselben aus Stahl zu verfertigen, wird jezt
größtentheils befolgt, weil die Flügel sich nicht so sehr oder wenigstens langsamer
abnuzen. Bei den Räderuhren hängt viel von der guten Form und Richtigkeit der Zähne
ab. Im Verlaufe der Zeit haben sich die Uhrmacher und Mechaniker mit der
Epicykloïde, als der besten Form für die Radzähne, begnügt. Mehrere Künstler
haben aber wohl eingesehen, daß eine Epicykloïde nicht für alle Fälle gleich
brauchbar ist und außerdem die Zähne der Uhrräder wegen ihrer Kleinheit nur
annäherungsweise darnach geformt werden können. Diesen Uebelstand zu umgehen und
dabei noch mehr Einfachheit im Baue der Uhren zu erzielen, machte der Uhrmacher Massy zu Amsterdam, in der dasigen Zeitung vom 30
November 1723, den Vorschlag, den Zähnen der Räder eine schräge Stellung zu geben
und sie unabgerundet in eine Schraube ohne Ende eingreifen zu lassen; – an
die Anwendung dieses Vorschlags ist aber – wahrscheinlich wegen der
scheinbaren Unmöglichkeit, denselben praktisch auszuführen, vielleicht auch aus
Mißverständniß und Verwechslung mit der nur bisher allein bekannten
Tangentenschraube – nicht weiter gedacht worden. Angeregt von der Wichtigkeit
dieses Vorschlags entschloß ich mich im Jahre 1828 ein Modell anzufertigen, welches
ich in der technischen Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische
Cultur zur Beurtheilung vorzeigte und mich zugleich über die vortheilhafte Anwendung
dieses neuen Eingriffs, zum Bau der Pendeluhren und Maschinen, aussprach; das Nähere
hierüber ist in der von dieser Gesellschaft herausgegebenen Monatsschrift
veröffentlicht worden. Eine nach obigem System gebaute Pendeluhr, welche Stunden,
Minuten und Secunden zeigt, stellte ich in der dritten Breslauer
Gewerbe-Ausstellung dem Publicum zur Ansicht auf. – Die Gutachten,
welche mir über den erwähnten Schraubeneingriff von mehreren Uhrmachern und
Mechanikern zugekommen sind, stimmen größtentheils mit meiner Ansicht über die
Vortheile seiner Anwendung im Maschinenwesen überein; andere dagegen lauten
widersprechend, und die in ihnen aufgestellten Beweise, wohin auch ein solcher von
dem bekannten Uhrmacher Gutkäs in Dresden gehört, sind
meist von der Art, daß sie von nur geringen mechanischen Kenntnissen ihrer Verfasser
Zeugniß geben. – Beiläufig muß ich noch anführen, daß besagte Uhr mit Schraubentrieb schon
seit sieben Jahren ohne Oel mittelst eines Gewichts von 4 Loth im Gange erhalten
wird, und daß der Elevationswinkel der Pendelschwingungen dennoch überflüssig groß
und unverändert geblieben ist. Dieß mag hinreichen, um beurtheilen zu können,
welcher geringen Reibung die sich bewegenden Theile unterworfen sind.
Bei der sehr großen Anzahl von Hemmungen für Uhrwerke, welche von den
ausgezeichnetsten mechanischen Talenten bereits ausgeführt und angewendet worden
sind, dürfte es unmöglich scheinen, noch einige auf ganz neue Principien begründete
Vorrichtungen dieser Art zu ersinnen; doch werden durch die in neuester Zeit
erfundenen Hemmungen die bisher bekannten sowohl an Einfachheit als auch an
Vollkommenheit übertroffen, und es verdienen vorzugsweise folgende genannt zu
werden: für Taschenuhren und Chronometer – die von Peter Leroy erfundene und von dem englischen Uhrmacher Arnold verbesserte freie Hemmung, der Cylinder, der
Duplex und die verge à pallettes. Für
Pendeluhren: – die elikoïdale Hemmung des Hrn. Pons, die freie Hemmung des Hrn. Witherspoon,
und die Hemmung des Hrn. Harrison's; das Princip, nach
welchem leztere wirkt, ist das eines kleinen Gewichts, welches durch das Steigrad
gehoben wird, das beim Niederfallen dem Pendel einen Impuls ertheilt und daher
dasselbe immer durch eine gleiche Kraft bewegt wird. – An die Bemühungen der
oben genannten Herren, die Uhrmacherei auf einen hohen Grad der Vollkommenheit zu
bringen, reihen sich die Arbeiten des Hrn. Joseph Geist,
eines ausgezeichneten Uhrmachers in Gräz, an. Er hat es sich zum Ziele gesezt, seine
Vervollkommnung auf wie immer große Uhren auszudehnen, indem er für die größten
sowohl, als für alle kleinen, freie Hemmungen aufgefunden hat, die sich von den
bisherigen wesentlich unterscheiden. Er hat über diese Vorrichtung Modelle
verfertigt, an welchen durch sehr verschiedene Zugkräfte die Bewegung bewirkt werden
kann, ohne daß dadurch die gleiche Schwingungszeit des Pendels oder der Unruhe eine
Aenderung leidet.
Was hier von den Hemmungen gesagt wurde, gilt auch im Allgemeinen von den Pendeln.
Die Compensationspendel sind erst seit einigen Jahren bedeutend verbessert worden.
Von der Unvollkommenheit des Queksilberpendels hatte man sich gleich nach seiner
Erfindung schon überzeugt und er wurde dann bald wieder verworfen; obgleich nun zwar
dieser Pendel wegen seiner Einfachheit neuerdings von einigen Gelehrten wieder
anempfohlen wurde, so ist er dennoch ohne wesentliche Verbesserung geblieben.
Ueberhaupt scheint es nicht rathsam zu seyn, die Queksilberpendel bei Zeitmessern
anzuwenden, aus mancherlei Ursachen, welche sich nicht alle hier aufzählen lassen,
die aber von jedem Kunstverständigen bald aufgefunden werden. Die neuern
Compensationspendel sind dagegen viel zuverlässiger und sie werden jezt
größtentheils mit einer Correctionsvorrichtung zum genauen Stellen der Compensation
versehen, wodurch man der so mühsamen Arbeit, der für die Ausdehnung der Metalle
durch Wärme verhältnißmäßigen Längenbestimmung der Pendelstäbe überhoben wird.
Tabellen, welche man über den Gang der Uhren mit Holzpendel anfertigte, sprechen
sehr für dieselben. In Schlesien haben besonders Professor Jungnitz, General Losthin, die Uhrmacher Chęciński und Sechting genaue Versuche über Holzpendel, deren Anwendbarkeit man zur
genauen Abmessung der Zeit bis dahin immer noch in Zweifel zog, angestellt, und aus
denen sich ergab, daß hierzu geradfaserichtes Tannen- oder Fichtenholz, vor
Feuchtigkeit gesichert, allerdings eine der passendsten Substanzen sey. Auch der berühmte Uhrmacher
Heinrich Robert zu Paris bringt dergleichen Pendel
bei seinen Uhren an. Die in neuester Zeit auf eine neue Weise angewendeten Pendel
mit cykloïdalen Schwingungen haben mit Recht die Aufmerksamkeit aller Kenner
erregt, obgleich große Schwierigkeiten der Anfertigung derselben entgegenstehen. Ein
Pendel dieser Art ist bei der neuen Thurmuhr, welche gegen Ende des Jahres 1837 auf
dem Rathhausthurme zu Lemberg aufgestellt wurde, angebracht.
Die Erzeugnisse der Handelsuhrmacherkunst sind in unserer Zeit allerdings mit
außerordentlicher Sauberkeit und Feinheit gearbeitet, so daß kein Zweifel in die
Geschiklichkeit der Arbeiter und Fabrikanten, welche für den Handel arbeiten, zu
sezen ist, was aber keineswegs auf die Kenntnisse, die zur Tüchtigkeit eines
Uhrmachers gehören, schließen läßt. Sie treiben im Allgemeinen ihre Kunst zu
unsorglich und berechnen zu ängstlich die Züge der Feile und Schläge des Hammers;
opfern die Zukunft der Gegenwart und sind weniger um das Gutarbeiten als um das
Vielarbeiten besorgt; diejenigen Uhrmacher hingegen, die sich mit der Verfertigung
genauer Werke befassen, verwenden zu viel Zeit auf weniger wichtige Theile einer
Uhr, vernachlässigen die Mittel, schnell und doch gut zu arbeiten, so auch
verschiedene Gegenstände zu vereinfachen. Ueberhaupt ist zwischen den Preisen von
ungefähr 10 Thaler für eine Uhr, wie selbe im Handel vorkommt, und dem Preise von
300 Rthl. für einen Chronometer ein zu großes Mißverhältniß. Der schon oben erwähnte
französische Uhrmacher Pons und der Uhrmacher und
Mechaniker Winnerl in Paris, ein geborner Steyermärker,
scheinen berufen, dieses Verhältniß zu verringern und einen Mittelweg einzuschlagen.
Ersterer, ein Zögling von Lepaute, hat in dessen Schule
die gediegensten Grundsäze des Chronometerbaues kennen gelernt, und seit dreißig
Jahren Vorstand der Fabrik in St. Nicolas d'Alieremont, mußte er die Wirksamkeit der
Theilung der Arbeit und einer guten Verwendung der Kräfte kennen lernen. Beiden ist
es gelungen, die Uhren um Vieles wohlfeiler zu liefern, als bisher, ohne in Hinsicht
auf die Regelmäßigkeit, die Sicherheit und die Dauer ihres Ganges auch nur das
geringste Opfer zu bringen. Hr. Winnerl erzielte diese
Ersparniß hauptsächlich dadurch, daß er sich der einfachsten, aber durchdachtesten
Ausführung befleißigt, mit Hinweglassung alles dessen, was nur dazu bestimmt ist,
eine große Handfertigkeit oder einen gewissen Grad von Luxus zu zeigen. Er dachte
mit Recht, daß die zur Hervorbringung eines eitlen Glanzes verwendete Zeit an derlei
nüzlichen Instrumenten weit besser zur Erzielung einer größern Regelmäßigkeit ihrer
Functionen verwendet werden könne; auch wußte er durch verständige Anwendung von
Maschinen bei seinen Arbeiten viele Zeit zu ersparen. Herr Pons, so wie Herr Winnerl erhielten von der Société d'encouragement die goldene
Medaille. Gleichfalls sind die Arbeiten des Herrn Benoit
in Versailles ganz einfach, ohne alle Anhängsel und überflüssige Verzierungen, und
ohne alles das, was darauf berechnet ist, zu blenden. Der Uhrmacher Friedrich Wiebel und der Reißzeugmacher Karl Wackerhagen in Wien erhielten ein fünfjähriges
Privilegium auf die Verbesserung, mittelst einer Maschine jede Gattung von Uhren mit
Ersparung der Hälfte der bei der gewöhnlichen Methode erforderlichen Zeit zu
verfertigen. Deßgleichen nahm der Uhrmacher Martina in
Prag ein Patent auf die Erfindung, alle Arten von Viertel-Repetiruhren
(sogenannte Stuzuhren) zu verfertigen, so daß sie sich nicht nur durch Solidität
ihrer Werke auszeichnen, sondern gegen die gewöhnlichen derlei Uhren noch den
Vortheil gewähren, daß
ihr Werk um 31 Bestandtheile einfacher construirt ist. Herr Uhrmacher Stelzer zu Altwasser bei Waldenburg hat im Jahre 1834
unter anderen von ihm gemachten Verbesserungen in den Werkzeugen seines Faches ein
für Uhren geeignetes Schlagwerk construirt, welches vortheilhaft und sehr einfach
ist. Es gibt die Viertel und Stunden an, repetirt von selbst zu jedem Viertelschlage
die vergangene Stunde, was auch zu jedem beliebigen Augenblik durch Druk mit der
Hand geschieht. Da dieser neue Mechanismus ganz flache Bauart gestattet, so ist er
auch für selbstschlagende Taschenuhren anwendbar. Für denselben Zwek, nach dem die
eben genannten Herren strebten, hat sich in Paris unter der Leitung des berühmten
Astronomen Arago ein eigner Verein auf Actien gebildet,
um die Verfertigung und den Verkauf sehr sorgfältig gearbeiteter Taschenuhren unter
seine besondere Aufsicht zu nehmen und dieselben auch in den Mittelclassen
allgemeiner zu verbreiten; es läßt sich erwarten, daß man die von diesem Vereine
geprüften Uhren vorzugsweise kaufen wird. In Folge der Einrichtung der
Uhrmacherschulen zu Paris, Maçon und Angers wird die Uhrmacherkunst in
Frankreich einen ganz besondern Fortschritt machen; nach den von den Zöglingen
geleisteten Arbeiten zu schließen, scheint jede, vornehmlich aber die leztere nicht
nur Arbeiter, sondern auch Mechaniker ersten Ranges zu bilden. In England ist das
Städtchen Prescot in Lancashire der Mittelpunkt für die Fabrication einzelner Theile
der Uhren. Man macht hier auch ganz vortreffliche kleine Feilen, welche man für die
besten in der Welt hält. Alle Dörfer um dieses Städtchen und von da an der Straße
nach Liverpool sind voll solcher kleiner Fabricanten, die neben ihrem Fabrikgeschäft
auch Akerbau treiben.
Die Physik, Chemie, Dynamik, Astronomie und Medicin haben viel von den Erfindungen
der beiden Pariser Uhrmacher Jakob und Perrelet zu erwarten. Ersterer hat eine Secundenuhr
gebaut, welche genau den Augenblik der Beobachtungen anzeigt. Er hat neben dem
gewöhnlichen Secunden-Zifferblatt noch ein zweites angebracht, dessen Zeiger
nie gesperrt wird. Sezt man beide Zeiger in ein und demselben Augenblike in Gang, so
werden sie immer vollkommen gleich bleiben. Herr Perrelet
hat einen Zähler verfertigt, bestehend in einer kleinen Reisependeluhr in Verbindung
mit einem Nebenmechanismus, mittelst dessen man bis auf 1/5 Secunde die zwischen
zwei gegebenen Augenbliken verflossene Zeit berechnen kann. Mit Hülfe eines dieser
Werke lassen sich ohne Mühe und mit großer Genauigkeit alle jene Beobachtungen
anstellen, bei welchen die Astronomen, Ingenieure und Mechaniker die Zeit zu messen
pflegen. Auch hat Perrelet das Verdienst, daß er ein
Mittel angab, wie man zweien Räderachsen genau die ihnen vorgeschriebenen
Geschwindigkeiten geben könne, wenn auch ihr Verhältniß durch sehr große, nicht in
Factoren zerlegbare Zahlen (Primzahlen) ausgedrükt seyn sollte. Die Lösung dieser
Aufgabe beruht auf einer von ihm entdekten Eigenschaft der Cykloïde, und
beweist, wie durch richtige Theorie und stets unermüdete Praktik auch manche bisher
anscheinend unmögliche Dinge zur Ausführung gebracht werden können. Eine andere
interessante Erfindung sind die Doppelchronometer oder sympathetischen Uhren des
Herrn Breguet; ihre Einrichtung ist folgende: zwei mit
der größten Sorgfalt und nach gleichen Grundsäzen, Verhältnissen und Dimensionen
verfertigte Uhren werden in demselben Gehäuse dergestalt befestigt, daß beide
Unruhen einander so nahe gebracht sind, als es nur möglich ist, ohne daß sie sich
wirklich berühren. Solche vorgerichtete Maschinen weichen nie im Gange von einander
ab, so daß die
Schwingungen der Unruhen genau mit einander übereintreffen. Dergleichen Werke sind
jedoch nur für den Kenner wichtig, und man glaube durchaus nicht, diese räthselhafte
Erscheinung den Schwingungen der Luft zuschreiben zu dürfen; denn auch im luftleeren
Raume, unter der Gloke einer Luftpumpe, findet dieselbe Sympathie zwischen beiden
Uhren statt. Nüzlicher für das Publicum sind jedoch die von Breguet ebenfalls erfundenen sympathetischen Pendeluhren. Sie sind
bestimmt, jeden Tag die Abweichungen einer Taschenuhr zu berichtigen, die darin
hängt, ohne daran befestigt zu seyn, und die man nur während einer bestimmten Zeit
in ein dazu bestimmtes Uhrgehäuse zu stellen braucht, damit von selbst und ohne alle
Hülfe die Zeiger genau mit denen der Pendeluhr zusammentreffen, vorausgesezt, daß
deren Abweichung nicht über 5 Minuten plus oder minus betrug. Die sogenannten Kunstuhren, z.B.
Kalenderuhren, die den Lauf der Planeten u.s.w. zeigen; geographische Uhren und
andere dergleichen, welche wegen ihrer verwikelten Combination im Räderwerke
unmöglich richtig gehen können und überhaupt einen geringen Nuzen gewähren, sind
heutzutage ganz in Vergessenheit gerathen.
Der Hauptzwek der Chronometer oder Seeuhren ist die Längenbestimmung, d, h. das
Verfahren auf hoher See, weit entfernt von jeder Küste, den Ort der Erdkugel, wo das
Schiff sich befindet, angeben und den Lauf bestimmen zu können, den es nehmen muß,
um auf dem kürzesten und sichersten Wege den beabsichtigten Hafen zu erreichen. Die
Deutschen sind in der Kunst gute Chronometer zu verfertigen, hinter den Bestrebungen
der Franzosen und Engländer auch nicht zurück geblieben, denn in Berlin, Wien,
Dresden, Altona, Breslau u.s.w. hat man es dahin gebracht, derartige Uhren zu
liefern, die den Namen Chronometer mit vollem Rechte verdienen und den besten
Pendeluhren an die Seite gestellt werden können. Jedoch ist dieser Theil der
Uhrmacherkunst unter der großen Menge derjenigen, welche sich mit der Verfertigung
und Ausbesserung von Uhren beschäftigen, bis jetzt immer noch in den Händen einiger
wenigen Künstler geblieben, und da der vorzügliche Gang eines Chronometers nur
allein von der richtigen Anwendung theoretischer Grundsäze und von der zwekmäßigen
Verbindung seiner Bestandtheile abhängt, so kann ein Uhrmacher, welcher nicht einen
gewissen Grad wissenschaftlicher Bildung besizt, durch die Ausbesserung, ja selbst
durch die bloße Reinigung, bei dem besten Willen nichts daran zu verderben, einen
Chronometer so umwandeln, daß lange Arbeit eines Uhrmachers, welcher mit dergleichen
Werken umzugehen versteht, erfordert wird, um ihn in den vorigen Stand zu sezen. Den
wichtigsten Schritt zur Vervollkommnung der Chronometer machten Farnshaw und Arnold in London
durch eine dem äußeren Anschein nach unbedeutende Veränderung, die sie mit dem
damals gewöhnlichen Bau der von Le Roy erfundenen Hemmung
vornahmen und wodurch die Verfertigung eines brauchbaren Chronometers nicht mehr wie
früher dem Zufall unterworfen ist; es läßt sich jezt immer vorherbestimmen, daß der
Chronometer, den man zu verfertigen anfängt, nicht am Ende der Arbeit als untauglich
verworfen werden muß.
Die Fortschritte, welche die Großuhrmacherei bisher gemacht hat, waren sehr gering,
nur an wenigen Orten fand man Thurmuhren, welche nach einem bessern System gebaut
waren, unter denen sich z.B. in Frankreich die von Lepaute erbauten, ferner die Thurmuhr zu Zittau von Prasse
und die Domuhr zu
Breslau, von Anton Joseph v. Chęciński gefertigt, auszeichnen. Fast alle Thurmuhren
wurden in früherer Zeit aus Schmiedeeisen verfertigt, und die Ausarbeitung der Räder
und ihrer Verzahnung geschah meistens aus freier Hand. Nur erst in neuerer Zeit hat
man angefangen, Thurmuhren von Gußeisen anzufertigen. Bei der gegenwärtigen
Vollkommenheit des Eisengusses sind Räder und Triebe schon vom Gusse her so genau
richtig, daß kaum mehr etwas daran nachzuhelfen bleibt, und man sie füglich in dem
gewöhnlichen Zustande lassen kann. Vermöge der auf der Oberfläche der Räder und
Triebe befindlichen äußerst harten Rinde, welche selbst der Feile widersteht, ist
eine solche Uhr dann ungleich dauerhafter, als aus Schmiedeeisen oder Messing. Die
Vorzüge der horizontalen Bauart einer Thurmuhr, wo nämlich die Räder neben einander
liegen, anstatt daß sie, wie gewöhnlich, in einem verticalen Gestelle über einander
gesezt werden, werden jezt immer mehr anerkannt. Obgleich die Versuche, die man mit
der Beleuchtung der Uhren auf den Thürmen zur Nachtzeit machte, ein gutes Resultat
lieferten, so wurde doch die Beleuchtung der Uhren bisher nur auf wenige Thurmuhren
ausgedehnt. Ursache hievon ist vielleicht der hohe Kostenbetrag. Durch diese
Verbesserungen in Verbindung mit einer richtigen Construction der einzelnen Theile
solcher Uhren läßt sich jezt in Hinsicht ihres Ganges beinahe dieselbe Genauigkeit
erreichen, wie dieß bei astronomischen Uhren der Fall ist. – Wie minder
vortheilhaft die Constructionen für den Bau einer Thurmuhr nach dem alten System
sind, stellt sich besonders heraus, wenn man zwei der hiesigen Uhren, die Domuhr und
die Uhr auf dem Rathhausthurme, mit einander vergleicht; leztere hat eine verticale
Bauart und ist in ihren einzelnen Theilen nach der damals üblichen Methode
eingerichtet. Die Räder der Domuhr aber befinden sich in einem horizontalen
Gestelle, sämmtliche Zapfen der Radwellen bewegen sich ohne Oehl auf aus einer die
Reibung vermindernden Metallcomposition gefertigten Rollen. Für die Hemmung wurde
der sogenannte Stiftengang gewählt; die Hakenlappen sind beweglich und werden durch
Federn in solcher Lage gehalten, daß die Stifte des Steigrades die Lappen erst sanft
herabdrüken müssen, ehe sie ihre Wirkung auf das Pendel äußern können. Durch diese
Vorrichtung wird der Stoß der Steigradstifte so vermindert, daß man die Uhr kaum
gehen hört. Das Zeigerwerk wird vermittelst einer einfachen Vorrichtung und durch
eine gewöhnliche Schraube ohne Ende getrieben, wodurch die schädliche Einwirkung des
Windes auf den Zeiger fast gänzlich aufgehoben wird. Diese Uhr kostet ungefähr 1200
Reichsthaler. Sie geht seit dem 24 December 1802 (indem sie denselben Tag, Mittags
12 Uhr, das erstemal schlug) ununterbrochen fort, ohne einer Ausbesserung zu
bedürfen; ausgenommen vor ein paar Jahren, wo sie gereinigt wurde. Dagegen waren die
Reparaturen der Rathhaus-Thurmuhr, deren Kostenbetrag für den Neubau schon
den der Domuhr bei weitem übersteigt, vom 24 December 1801 an gerechnet (welchen Tag
sie Mittags 12 Uhr das erstemal zu schlagen anfing), sehr bedeutend, und die Summe
der zeither schon darauf verwendeten Kosten wird sich ziemlich dem Kostenpreise für
den Neubau der Domuhr nähern. Nach meiner Ueberzeugung haben die einzelnen Theile
der Rathhausuhr kein richtiges Verhältniß zu einander und könnten zum Theil viel
schwächer seyn, ohne Besorgniß hinsichtlich ihrer Haltbarkeit. Der Verfertiger hat
wahrscheinlich die gute Absicht gehabt, diese Uhr so standhaft wie möglich zu bauen,
um derselben eine längere Dauer zu geben; vielleicht ist aber auch der noch damals
übliche zwekwidrige
Gebrauch, die Thurmuhren nach dem Centner zu bauen, also den Preis nach dem Gewicht
zu bestimmen, Ursache hievon.
An diese Betrachtungen schließen sich nachstehend noch einige andere Notizen über
mechanische, mit Räder- oder Uhrwerk verbundene, Vorrichtungen an. Eine der
interessantesten ist unstreitig:
1) Die mechanische oder Uhrlampe. Diese Lampen gehören in
die Classe derjenigen mit unveränderlichem Niveau, welche man daher auch
vorzugsweise statische Lampen nennt. Im untern Theile des
Fußes einer solchen Lampe befindet sich ein Uhrwerk; unmittelbar darüber ist ein
Oehlbehälter, an dessen Boden sich eine Pumpenvorrichtung befindet, welche durch das
Uhrwerk (ein gewöhnliches Schlagwerk mit Windfang) in Bewegung gesetzt wird und das
Oehl in eine kleine Röhre hebt, welche dasselbe zur Speisung der Flamme an den Docht
befördert; das überflüssige Oehl fließt über den äußeren Rand in den Behälter wieder
zurük. Die Uhrenlampen haben also den Vortheil, daß sie dem Dochte eine weit größere
Quantität Oehl zuführen, als consumirt wird; das Oehl brennt so auf eine weit
vortheilhaftere Art und das Licht bleibt gleichmäßig schön und stark. Man hat zwar
auch Lampen construirt, in welchen der Oehlzufluß bloß durch hydrostatischen Druk
regulirt wird; doch haben die Uhrlampen bisher immer noch den Vorzug behalten.
2) Die Wacht-Controlen. Diese nüzlichen und
zwekmäßigen Vorrichtungen lassen sich zwar mit jeder Wanduhr in Verbindung sezen,
doch eignen sich hierzu die gewöhnlichen hölzernen Wanduhren am besten. Sie scheinen
um das Jahr 1808 aufgekommen zu seyn, und man hat sie nach und nach verschiedentlich
verbessert. Die gebräuchlichsten Uhrwerke dieser Art sind jezt die mit der
Einrichtung des Glokenzugs.
Zu den Erfindungen, welche von einzelnen Theilen einer Uhr, wie die der oben
angegebenen Gelenkketten, oder des Spiralkorbes, der sich auf die Erfindung der
konischen Schneke gründet, entlehnt sind, gehört auch eine andere, welche in ihrer
Construction dem Stellungsflügel der Taschenuhr gleicht. Es sind nämlich seit ein
paar Jahren Spazierstöke aufgekommen, an denen statt des gebräuchlichen Knopfes sich
ein ausgeschnizter Mohrenkopf befindet, welchen man mit einem schmalen Messer
abschneiden kann, ohne daß er vom Stoke getrennt würde. Es ist dieses freilich nur
eine Spielerei, welche aber gelegentlich von höchster Wichtigkeit seyn kann; denn
diese Vorrichtung dürfte vielleicht das einzige Mittel seyn, um ein Problem zu
lösen, für welches die praktische Mechanik bisher wohl keine Construction
aufzuweisen hatte: einen Maschinentheil zwischen zwei andern durchgehen zu lassen,
ohne daß diese lezteren sich von einander trennen.
So viel Neues auch im Verlauf des angegebenen Zeitraums in der Uhrmacherei
dargestellt worden, so kann man doch nicht Alles als eine Verbesserung ansehen; denn
soll das Neue von Wichtigkeit seyn, muß es Vorzüge vor dem Vorhandenen haben. Unter
die wichtigsten Verbesserungen im Uhrenbau sind aber vorzüglich diejenigen zu
zählen, welche darauf berechnet sind, den gleichmäßigen Gang einer Uhr gewissermaßen
außer den Bereich der bei der Arbeit begangenen Fehler zu sezen, indem es, wie
bekannt, nicht möglich ist, sich bei der Bearbeitung der Theile derselben der
nöthigen Schärfe und Genauigkeit zu befleißigen, weil man dabei beständig wandelbare
Substanzen anwenden muß. Aus diesem Felde ist noch viel zu thun übrig, obgleich
hierin schon Einiges und nicht ohne Erfolg geleistet worden ist, wie ich dieß bei der Anordnung des
richtigen Eingriffs der Räder und Triebe, den Pendel- und den
Chronometerhemmungen angedeutet habe; es wird nun darauf ankommen, wie weit man es
mit der Zeit hierinnen bringen wird.