Titel: | Davie's Bremsapparat für Eisenbahnwagen. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XVII., S. 87 |
Download: | XML |
XVII.
Davie's Bremsapparat
fuͤr Eisenbahnwagen.
Aus dem Mechanics' Magazine. Jan. 1841, S.
58.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Davie's Bremsapparat fuͤr Eisenbahnwagen.
Die neuerdings häufig vorkommenden Unglüksfälle auf verschiedenen Eisenbahnlinien
haben bringend Hülfsmaßregeln gefordert und die öffentliche Aufmerksamkeit auf die
verschiedenen Ursachen der Gefahr, welchen die gegenwärtige Betriebsmethode
unterworfen ist, hingelenkt. Ein ungemeiner Aufwand an Scharfsinn wurde in Folge
dieses Umstandes auf alle Details des Eisenbahnsystems hingelenkt, und man hat Grund
zu hoffen, daß in ganz kurzer Zeit bedeutende Verbesserungen und praktische Mittel
hieraus hervorgehen werden, welche geeignet sind, jenen Unfällen vorzubeugen, oder
wenigstens ihre Folgen abzuwenden.
Unter den unvollkommensten mechanischen Details erwähnen wir der Bremsvorrichtungen,
welche zu einer großen Sorglosigkeit in ihrer Anwendung Veranlassung gegeben haben.
Bei einigen neueren Unfällen zeigte es sich, daß nicht ein einziger Trainwagen mit
diesem so wesentlichen Zugehör versehen war.
In Berüksichtigung dieser Verhältnisse hat Hr. David Davies das in Fig. 17 abgebildete
einfache und scharfsinnige System der Bremsung aufgestellt. Sein Bremsapparat,
welcher alle seither bekannt gewordenen Vorrichtungen dieser Art übertrifft, ist
folgendermaßen beschaffen. a, a stellt die untere Seite
des Gestells eines Eisenbahnwagens dar; b, b sind die
vier Räder; c, c Bremsbaken an den Endpunkten von 8
Hebeln, welche in d, d ihre Stüzpunkte besizen. e, e' ist eine Spindel mit steil ansteigenden
Schraubengängen, welche sich in festen Lagern dreht und, um mit einer Verticalachse
und einem Handgriff in Verbindung gebracht werden zu können, mit einem konischen
Getriebe e versehen ist. Der Handgriff kann an irgend
einer Stelle, welche dem mit der Handhabung des Bremsapparates beauftragten Manne
zugänglich ist, angebracht werden. f ist eine bewegliche
Schraubenmutter, welche durch die Stangen g, g mit den
beiden Querhebeln h, h in Verbindung steht. In jedem
dieser Querhebel befinden sich zwei Löcher, durch welche die Bremshebel gehen.
Leztere stehen dadurch mit einander in Verbindung, daß ein am äußersten Ende des
einen Hebels befindlicher Stift in einem Schlize gleitet, welcher in einer am Ende
des anderen Hebels befestigten Eisenplatte angebracht ist. Auf diese Weise theilt
sich jede Bewegung,
welche auf den einen Hebel übergetragen wird, gleichzeitig auch dem anderen mit.
Wird nun der Schraubenspindel e, e' eine Bewegung
ertheilt, so bewegt sich die Schraubenmutter f gegen das
Getriebe e hin. Dadurch gelangen sämmtliche Hebel in die
durch Punktirungen angedeutete Lage, und die Folge hievon ist die, daß die Baken c, c mit ungeheurer Kraft gegen den Umfang aller vier
Räder gepreßt werden, und dadurch jede Umdrehung verhindern. Diese Combination der
mechanischen Elemente ist der Kraftentwiklung so günstig, daß es mit einer solchen
Einrichtung beinahe möglich wäre, die Wagenräder zu zerdrüken. Bei allen seither
angewandten Bremsvorrichtungen fand immer zwischen dem Rade und dem Wagen oder
zwischen zwei Rädern ein heftiger Stoß statt, mit dem Bestreben, die Achsen zu
biegen oder zu zerbrechen; bei dem gegenwärtigen Systeme dagegen trifft nicht der
leiseste Stoß die Achse, indem der Druk an den beiden einander entgegengesezten
Seiten des Rades applicirt wird. Dieselbe Kraft, welche auf vorliegende Weise
angeordnet, vollkommene Sicherheit gewährt, würde, nach der gewöhnlichen Methode
wirkend, einen Bruch in der Maschinerie unvermeidlich zur Folge haben.
Um die Kraft eines solchen Systems der Bremsung näher zu beleuchten, wollen wir
annehmen, eine jede der Bremsbaken c biete eine nur
dreimal so große Oberfläche dar, als die auf der Bahnschiene lastende Radfläche, und
das Totalgewicht des Wagens betrage 10 Tonnen. Hieraus folgt sodann, daß wenn jede
der acht Baken mit einer Kraft von etwas mehr als 800 Pfd. gegen den Umfang des
Rades gepreßt wird, der Umdrehung der Räder dadurch ein Ziel gesezt ist. Zieht man
ferner in Erwägung, daß diese Kraft durch Vermittelung einer Schraube, welche auf
ein möglichst vortheilhaft vertheiltes Hebelsystem wirkt, ausgeübt wird, so springt
in die Augen, daß ein an dem Handgriff angebrachter Kraftaufwand von wenigen Pfunden
dem Fortrollen der Räder augenbliklich Einhalt thun wird. Ein oder zwei auf diese
Weise gehemmte Wagen würden das Bewegungsmoment des längsten Zuges bald vernichten,
und somit der Möglichkeit einer Collision oder sonstiger ernsthafter Zufälle
vorbeugen. So viel uns bekannt, haben alle Eisenbahnautoritäten, welche Hrn. Davie's Plan in Augenschein nahmen, demselben ihren
ungetheilten Beifall gezollt, und ihre Ueberzeugung von dessen großer Nüzlichkeit
ohne Rükhalt ausgesprochen.