Titel: | Whitelaw's und Stirrat's patentirte Wassermühle. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XIX., S. 92 |
Download: | XML |
XIX.
Whitelaw's und Stirrat's patentirte
Wassermuͤhle.
Aus dem Civil Engineers and Architects' Journal. Jan.
1841, S. 4.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Whitelaw's und Stirrat's patentirte
Wassermuͤhle.
Fig. 25 ist
eine Seitenansicht der neuen Wassermühle, worin einige Theile im Durchschnitt
sichtbar sind. Fig.
26 ist ein Grundriß, welcher die Arme und andere Maschinentheile zeigt.
Die Hauptröhre a, a leitet das Wasser, welches die
Maschine treibt, von einem Reservoir oder irgend einer geeigneten, höher als die
Arme liegenden Stelle, in die hohlen Arme b, b. Das
Wasser tritt durch den mittleren Theil c in dieselben,
und entweicht durch die Ausgußröhren d, d. e, e ist die
Haupt- oder Treibwelle der Maschine; sie ist mit den Armen aus einem Stük
gegossen. f ist ein konisches Getriebe und g ein konisches Rad, mit deren Hülfe die rotirende
Bewegung der Maschine der horizontalen Welle h
mitgetheilt wird, welche wiederum die Kraft auf irgend einen andern in Thätigkeit zu
sezenden Mechanismus überträgt. i, i, i ist ein an das
Bauwerk befestigter Träger, welcher der Welle e, e als
Führung dient, während die Unterlage l das eine Ende der
Welle h trägt. Der senkrechte Durchschnitt Fig. 25 geht
durch die Punkte m, m des Grundrisses Fig. 26. Das obere Lager
n der Hauptwelle besizt eine Anzahl Hälse; wäre nur
ein einziger Hals vorhanden, so müßte ihm ein größerer Durchmesser als dem Fig. 25
sichtbaren Halse gegeben werden, damit er eine hinreichend große Tragfläche darböte;
ein größerer Durchmesser des Halses aber hat auch eine größere Reibung zur Folge,
indem alsdann die Reibung in einem größeren Abstande vom Centrum der Bewegung
stattfindet. Ist nun eine hinreichend große tragende Oberfläche durch mehrere Hälse
zu erreichen, so wird die Reibung geringer seyn, als wenn ein einziger Hals dem
Druke der Last Widerstand zu leisten hätte. q, q sind
Canäle, durch welche das Wasser, nachdem es die Maschine verlassen hat, aus dem
Bassin unter den Armen in das Abflußgerinne gelangt. Da die Arme eine rotirende
Bewegung besizen, und die Röhre a, a unterhalb derselben
mit dem Apparate in Verbindung steht, so muß für Mittel gesorgt seyn, um das
Entweichen des Wassers an derjenigen Stelle, wo die Röhre mit den Armen
zusammentrifft, unmöglich zu machen. Eine zu diesem Zweke sich eignende Anordnung
ist in Fig.
25 sichtbar. Sie besteht aus einem rings um die untere Seite der Oeffnung
c laufenden Kranze und einem Theile p, welcher da, wo er in die Röhre a, a eintritt, cylindrisch abgedreht ist. Eine Lederliederung, ähnlich
derjenigen, welche man an
dem weiten Kolben einer hydraulischen Presse anwendet, ist in die Vertiefung w, w eingelassen und an dem oberen Theil der Röhre a, a einwärts gebogen, um zu verhindern, daß das Wasser
zwischen der Röhre und dem cylindrischen Theile von p
entweiche. Es ist nun klar, daß, wenn der Theil p und
der Kranz an der Außenseite von c genau abgedreht, und
an der Stelle, wo sie zusammenstoßen, ineinander geschlissen sind, der Druk des
Wassers in der Hauptröhre auf den unteren Rand p wirkt,
ihn mit dem rings um die Oeffnung c hervorstehenden
Theil gewaltsam in Berührung erhält, und auf diese Weise den genannten Theilen einen
wasserdichten Schluß gibt. Außen an p befindet sich ein
Rand mit Löchern, welche zur Aufnahme von Befestigungsbolzen dienen, die an dem
oberen Theile von a, a festsizen. Die Fig. 25 sichtbaren Bolzen
verhindern die Umdrehung des Theils p, sind übrigens so
eingelassen, daß sie p gestatten sich zu heben oder zu
senken. Der rings um p laufende Rand dient übrigens noch
zu einem andern Zweke. Ein kleines Kabelgarn wird nämlich zwischen ihn und die
Hauptröhre gewikelt, um zu verhüten, daß der Theil p
herabgleite, wenn in der Hauptröhre kein hinreichender Wasserdruk stattfindet, um
ihn zu tragen. Die Röhre a, a ist ausgebohrt, um den
Theil p aufzunehmen, welcher so eingelassen ist, daß er
in dem ausgebohrten Theile leicht auf- und nieder gleiten kann. r, r, r, r sind Tragbolzen zur Unterstüzung der Arme;
s, s Ventile und s, t, s,
t Hebel, welche um die Drehungspunkte t, t
spielen und eine Verbindung zwischen diesen Punkten und den Ventilen herstellen. An
der oberen und unteren Seite eines jeden Ventils befindet sich ein Hebel. Die
Stangen u, u verbinden die Hebel s, t, s, t mit den an den Armen befestigten Federn v, v, v, v. Das Ventilende einer jeden Ausgußröhre Fig. 26 bildet einen aus
t als Mittelpunkt beschriebenen Bogen, und jedes
Ventil ist so gekrümmt, daß es genau an das Ende seiner Röhre schließt. Die Hebel
s, t, s, t sind so adjustirt, daß die Ventile s, s, um die Friction so viel wie möglich zu beseitigen,
ohne Reibung auf den Enden der Ausgußröhren spielen; denn es ist nicht wesentlich,
daß die Ventile genau wasserdicht schließen.
Wenn nun die Maschine so schnell sich dreht, daß die vereinigten Centrifugalkräfte
der Ventile s, s, der Stangen u,
u, der Hebel s, t, s, t und der Federn
diejenige Kraft überwiegen, welche die Federn v, v, v, v
so, wie Fig.
26 zeigt, spannt, so werden begreiflicher Weise die Ventile von dem
Centrum der Maschine so weit sich entfernen, bis die Kraft der Federn wieder groß
genug ist, um die Centrifugalkraft der Ventile u.s.w. zu überwältigen. In Folge der
Fliehkraft werden daher die Ventile die Enden der Ausgußröhren bedeken und auf diese Weise weniger
Wasser entweichen lassen; die natürliche Folge hievon ist, daß die hydraulische
Wirkung eine Verminderung erleidet, wenn die Maschine etwa zu rasch sich bewegen
sollte. Wenn die Federn bedeutend gespannt, und die Ventile ganz offen sind, so wird
schon ein geringer Zuwachs der Geschwindigkeit der Maschine die Ventile veranlassen,
die Enden der Ausgußröhre gänzlich zu bedeken; sind dann die Röhrenenden
verschlossen, so kann das Wasser zur Umdrehung der Maschine nichts mehr beitragen.
Daraus geht deutlich hervor, daß die Maschine sich so einrichten läßt, daß, wenn sie
nur eine geringe Kraft auszuüben hat, sie dennoch nicht mit viel größerer
Geschwindigkeit sich bewegt, als wenn sie mit voller Kraft arbeitete.
Die Wirkung der neuen Wassermühle gründet sich auf ein ähnliches Princip, wie die der
bekannten Barker'schen Mühle, nur daß die Arme gekrümmt
oder anders gestaltet sind, so nämlich, daß sie dem Wasser gestatten, vom Centrum
nach den Extremitäten der Arme hin, wenn diese in Bewegung sind, in gerader oder
beinahe gerader Linie sich fortzubewegen. Auf diese Weise sind jene Nachtheile
beseitigt, welche entstehen, wenn das Wasser mit den Armen herumgeführt wird, wie
dieß bei Barker's Mühle der Fall ist.
Die Krümmung der Arme ist so beschaffen, daß sie dem Wasser von dem Centrum gegen die
Ausgußmündungen hin zu fließen gestattet, ohne durch den Apparat, selbst wenn er mit
seiner größten Geschwindigkeit arbeitet, mit herumgeführt zu werden. Demgemäß wird
die rotirende Bewegung der Arme dem Wasser keine Centrifugalkraft verleihen. Daher
beruht die bei dieser neuen Wassermühle thätige Kraft einfach auf dem
Rükwirkungsvermögen und auf dem Gewicht einer Wassersäule von derselben Höhe wie die
effective Wasserhöhe an der Mühle und von einer der Querschnittsumme aller
Ausgußröhren gleichen Grundfläche. Wenn die Maschine stillsteht, so ist eine von
diesen Kräften so groß wie die andere; dreht sie sich dagegen so schnell um, daß die
Mittelpunkte der Ausgußmündungen sich mit derselben Geschwindigkeit bewegen, mit
welcher das Wasser ausfließt, so hört die rükwirkende Kraft auf, weil in diesem
Falle das Wasser aus der Ausgußmündung in beinahe horizontaler Richtung ohne alle
Bewegung heraustritt. Wenn der zu überwältigende Widerstand so groß ist, daß er mit
der aus dem Gewichte des Wassers sich ergebenden Kraft das Gleichgewicht hält, so
ist doch immer noch die Reactionskraft übrig, um der Maschine ihre Geschwindigkeit
zu geben; und da das Gewicht des Wassers dasselbe bleibt, die Maschine mag in
Bewegung oder in Ruhe seyn, so wird die Reactionskraft, bevor sie aufhört thätig zu
seyn, die Geschwindigkeit so lange steigern, bis die Mittelpunkte der Ausgußmündungen mit derselben
Geschwindigkeit sich bewegen, mit welcher das Wasser aus den Armen zum Vorschein
kommt. Sonach erreicht der Effect der Maschine sein Maximum, wenn ihre Ausgußröhren
sich mit der Geschwindigkeit des aus ihnen strömenden Wassers bewegen, und dieses
Maximum ist gleich dem ganzen mechanischen Moment des Wasserverbrauchs. Denn in
derselben Zeit, in welcher ein gegebenes Gewicht Wasser consumirt wird, ist auch die
Maschine im Stande, ein eben so großes Gewicht von dem Mittelpunkte der
Ausgußmündungen an bis an das obere Niveau des Wassers in der Leitung zu heben.
Hieraus folgt ein nur geringer Kraftverlust, welcher zum größten Theil durch den
Widerstand des Wassers bei seinem Durchgang durch die Hauptröhre und die Maschine
herbeigeführt wird. Dieser Theil der Kraft ist, wie unten gezeigt werden soll, sehr
unbeträchtlich; durch eine kleine Abänderung einiger Maschinentheile kann dieser
geringe Verlust noch mehr vermindert werden.
Eine kürzlich für die Werke der HHrn. Neill, Fleming und
Reid errichtete Maschine gab als Resultat einer
Prüfung mit dem Prony'schen Frictionsapparat
(Bremsdynamometer) 75 Proc. der ganzen Wasserkraft. Die Wasserkraft beträgt 79
Pferdekräfte, und die Kraft der Maschine belief sich auf 59,25 Pferdekräfte, also,
wie oben bemerkt, auf 75 Proc. Hrn. Stirrat's Wassermühle
von 2 1/2 Pferdekräften war die erste dieser Art, welche erbaut wurde; sie ward auf
demselben Wege, wie die vorher erwähnte Maschine geprüft, und gewährte ein gleich
günstiges Resultat.
Wir führen hier einige von den Vortheilen an, welche die hydraulische Maschine der
HHrn. Whitelaw und Stirrat
einem oberschlächtigen Rade der besten Construction gegenüber besizt. Die neue Mühle
besizt einen Regulator, welcher ihre Bewegung so gleichförmig, wie die der
bestconstruirten Dampfmaschine macht; wenn ein Theil oder auch der ganze durch das
Wasserrad in Thätigkeit gesezte Mechanismus auf einmal abgesperrt wird, so ist doch
eine Veränderung in der Geschwindigkeit des Rades kaum bemerkbar. Die
Geschwindigkeit der neuen Maschine läßt sich jedem Zwek anpassen: oder allgemein
gesagt, man kann ihr eine solche Einrichtung geben, daß sie in einer gegebenen Zeit
eine gewisse Anzahl Umdrehungen macht; hienach fällt alles zwischenliegende
Räderwerk hinweg. Die Theile des Wasserrades erleiden nur eine geringe Abnuzung,
denn sein Gewicht wird durch das Gewicht der Wassersäule vollkommen balancirt;
mithin wird fast alle Friction und folglich auch jede Abnuzung an den reibenden
Theilen beseitigt. Fünf dieser Maschinen sind bereits im Gang, und noch hatte kein
Arbeiter seit sie in Gang gesezt wurden, irgend etwas an einer derselben auszubessern, obgleich eines der
Wasserräder beinahe zwei Jahre lang in constantem Gebrauch war. Die neue
hydraulische Maschine nimmt auffallend wenig Raum ein. Sie bedarf zu ihrer
Befestigung keines sehr kostspieligen Bauwerks, oder eines sonstigen Gerüstes, und
die Kosten der Maschine selbst sind auf jeden Fall sehr unbedeutend, besonders bei
einem hohen Gefälle, wo ein oberschlächtiges Rad das damit verbundene Bauwesen und
die Aushöhlung mit enormen Kosten verknüpft ist. Bei einem sehr hohen Gefälle, wo
die Aufstellung eines gewöhnlichen Wasserrades außer dem Bereiche der Möglichkeit
liegt, kann das neue Wasserrad mit großem Vortheil in Anwendung gebracht werden. Die
neue Maschine läßt sich leicht heben oder senken, je nachdem das Unterwasser hoch
oder niedrig steht, und eine Gattung derselben arbeitet mit sehr bedeutendem
Vortheil unter Wasser. Ein oberschlächtiges Wasserrad der besten Construction
leistet, nachdem seine Geschwindigkeit auf einen den gewöhnlichen Zweken
angemessenen Grad gebracht worden ist, nicht mehr als 70 Proc. der ganzen
Wasserkraft, während der neue Apparat, wie bereits erwähnt wurde, einen Nuzeffect
von 75 Proc. gibt, welcher sich noch steigern läßt.