Titel: | Beschreibung eines von Hrn. Boquillon erfundenen Apparates, um das Ausströmen des Leuchtgases unter jedwedem Druk zu reguliren. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XXIX., S. 113 |
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XXIX.
Beschreibung eines von Hrn. Boquillon erfundenen Apparates, um
das Ausstroͤmen des Leuchtgases unter jedwedem Druk zu reguliren.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. Decbr. 1840, S. 466.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Boquillon's Regulator fuͤr comprimirtes
Leuchtgas.
Der von Hrn. Boquillon (Bibliothekar am Conservatoire des arts et métiers in Paris)
erfundene Regulator ist hauptsächlich für das comprimirte tragbare Gas bestimmt; von
einem solchen Apparat kann man verlangen, daß er folgende Bedingungen erfüllt:
1) Muß es dem Consumenten möglich gemacht seyn, von der ihm zu Gebot stehenden Anzahl
von Brennern nur so viele brennen zu lassen, als ihm beliebt;
2) wenn irgend eine Anzahl von Brennern angezündet ist, so muß der Gasverbrauch für
diese Anzahl sich gleich bleiben, und er muß unverzüglich auch jeder größeren oder
kleineren Anzahl von Brennern, welche man anzuwenden beliebt, wieder proportional
werden;
3) müssen die angezündeten Brenner immer dasselbe Licht geben können, ohne daß man
ihre Anzahl zu vermindern oder zu vermehren genöthigt ist; mit anderen Worten, man
muß die Höhe der Flamme jedes Brenners beliebig vergrößern oder vermindern
können;
4) endlich müssen die Mittel, um alle diese Bedingungen zu erfüllen, so einfach seyn,
daß sie Jedermann überlassen werden können.
Allen diesen Bedingungen wird offenbar entsprochen, wenn der Druk des Gases an der
Oeffnung aller Brenner, so viele deren seyn mögen, sich gleich bleibt, oder mit
anderen Worten, wenn dieser Druk in einem mit allen Brennern communicirenden Raum
(Gasbehälter) constant bleibt; in diesem Falle muß nämlich die Ausströmung für jeden
Brenner, unabhängig von den übrigen, dieselbe bleiben, so daß man deren Anzahl
vermehren oder vermindern kann, ohne daß deßhalb das von jedem einzelnen offen
gelassenen Brenner consumirte Gasvolumen geändert wird; es versteht sich, daß man
dann auch mittelst des am Brenner befindlichen Hahns seine Consumtion nach der
Leuchtkraft des angewandten Gases vergrößern oder vermindern kann.
Wir wollen nun die theoretischen Betrachtungen folgen lassen, durch welche Hr. Boquillon diese Bedingungen gelöst hat; der
Regulirapparat kann hienach in mechanischer Hinsicht sehr verschiedenartig
ausgeführt werden; in Fig. 39 und 40 sind
zweierlei Formen desselben abgebildet.
Es sey A der Behälter, worin der Druk des Gases constant
gemacht werden soll; B der Recipient, welcher es ihm
liefert und worin der Druk zwar immer größer als im Behälter A ist, aber im Verhältniß der Consumtion abnimmt. Nehmen wir an, die obere
Wand C des Behälters A sey
beweglich, so müßte sie sich erheben, sobald der Druk des Gases ihr Gewicht
überwinden kann. Wenn nun die Einrichtung so getroffen wäre, daß die Wand C, nachdem sie sich erhoben hat, ein Ventil D gegen die Oeffnung E
andrükt, durch welche der Recipient B mit dem Behälter
A communicirt, so wird offenbar kein Gas mehr durch
diese Oeffnung ausströmen können, so lange die Wand C
gehoben ist. Es ist überdieß klar, daß der Druk in dem Behälter A dem Gewichte der Wand C
oder dem Widerstand, welchen sie ihrem Aufheben entgegensezt, gleich ist. Oeffnet
man alsdann in einer
anderen Wand des Behälters A ein Loch F (das jedoch nicht so groß seyn darf, daß alles Gas,
welches die Oeffnung E liefern könnte, durch dasselbe
ausströmen würde), so wird eine gewisse Menge Gas durch diese neue Oeffnung
austreten und die Wand C muß also herabsinken, weil sie
durch das Gas, dessen Volumen in dem Raume A abgenommen
hat, nicht mehr auf derselben Höhe erhalten wird; sie drükt nun auch das Ventil D nicht mehr gegen die Oeffnung E, und es wird daher neuerdings Gas in den Behälter A eintreten, bis die Wand C wieder so weit
hinaufgetrieben ist, daß sie das Ventil D gegen die
Oeffnung E andrüken kann. Da aber die Ausströmung durch
die Oeffnung F fortdauert, so wird die Wand neuerdings
herabsinken, um sich später wieder zu erheben und so periodisch die Oeffnung E öffnen und schließen. Das periodische Oeffnen und
Schließen dieser Oeffnung ist jedoch nur möglich, wenn das Ventil D hinreichend große Dimensionen hat; wenn sein
Durchmesser sehr klein ist, verschließt es die Oeffnung E nie gänzlich; seine Entfernung von dieser Oeffnung steht in umgekehrtem
Verhältniß mit dem Druk im Recipient B. Die Ausströmung
ist alsdann fortdauernd.
Man sieht, daß der Druk des Gases in dem Behälter A immer
unabhängig ist:
1) von dem Druk des Gases in dem Speisungsbehälter,
2) von dem Durchmesser des Ventils,
3) von den Dimensionen der Auslaßöffnung,
4) daß selbst in dem Falle, wo der Durchmesser des Ventils so groß wäre, daß er
periodische Pulsschläge veranlassen könnte, doch die Reibung des Gases in den
Röhren, welche es den Brennern zuführen, hinreichend ist, um diese periodische
Wiederkehr aufzuheben, so daß die Ausströmung an den Brenner in der That eine
continuirliche bleibt.
Aus allen diesen Betrachtungen geht hervor, daß man der Theorie um so näher kommen
wird, wenn der Apparat so eingerichtet ist, daß außer dem zu hebenden Gewicht alle
anderen Widerstände möglichst gering und unwandelbar sind.
Fig. 39 und
40 zeigen
zwei Apparate, welche nach dem beschriebenen Princip ausgeführt sind.
Die bewegliche Wand C besteht aus einer sehr weichen
Haut, welche man durchaus nicht spannen darf; sie ist zwischen zwei Metallscheiben
eingezwängt, welche einen Ring von dieser Haut bloß lassen, der gerade hinreicht,
damit sie ein sehr biegsames ringförmiges Scharnier bilden kann.
Im Centrum dieser Scheiben ist eine kleine Stange G
angebracht, welche mit
dem großen Arm des Hebels H verbunden ist, dessen
kleiner Arm die Bewegungen des Ventils D veranlaßt, so
daß, wenn die bewegliche Wand C sich senkt, das Ventil
sich von der Oeffnung E entfernt und sich derselben
nähert, wenn diese Wand in die Höhe geht.
In Fig. 39
dient das Gewicht I, welches man an einem beliebigen
Punkte des großen Hebelarms H anbringen kann, zum
Reguliren des Druks, unter welchem das Gas aus dem Regulator ausströmt, und es
bewirkt überdieß, daß der Hebel leichter in Bewegung kommt, als es durch das
Stängelchen G allein geschehen könnte.
In Fig. 40
gestattet die Feder J, den Regulator in alle möglichen
Lagen zu bringen; falls diese Lage eine solche wäre, daß das Gewicht der beweglichen
Wand C Null würde, oder daß es sogar den normalen
Functionen des Apparates entgegen wäre, so würde diese Feder J, indem sie der durch die Anhäufung des Gases im Raum A veranlaßten Bewegung der Wand ihren Widerstand
entgegensezt, zum Regulator des Druks in demselben Raum.
Man sieht, daß die elastische Kraft des Gases außer dem Widerstande des zu hebenden
Gewichts auch noch die Reibung des Hebels auf seiner Achse und des Ventils in seinen
Führungen zu überwinden hat; da diese Widerstände aber sehr schwach und so ziemlich
unwandelbar sind, so vergrößern sie denjenigen des Gewichts nur unbedeutend. Anders
verhält es sich aber mit dem Widerstande der Haut, deren Biegsamkeit mit dem Wechsel
der Temperatur oder Feuchtigkeit variirt. Um diesen Einfluß möglichst zu vermindern,
darf man auch die Haut nicht spannen, sondern muß sie möglichst loker lassen, damit
das Ventil die Oeffnung E absperrt und folglich die
Bewegung der Scheiben O aufhält, ehe leztere hoch genug
gekommen sind, um die Haut zu spannen.
Der Druk des Gases im Regulator und folglich seine
Ausströmungs-Geschwindigkeit an der Auslaßöffnung hängen also lediglich von
dem Gewicht der beweglichen Wand oder von dem Widerstande, welchen sie einer
Bewegung entgegensezt, ab. Je mehr man folglich dieses Gewicht oder diesen
Widerstand vergrößert, desto größer wird auch der Druk des Gases, seine
Ausströmungs-Geschwindigkeit und folglich die Menge, welche durch dieselbe
Oeffnung in einer gegebenen Zeit davon consumirt wird; die Gränze dieses Druks ist
bloß durch den Widerstand des Materials, woraus die Wände des Regulators verfertigt
sind, bedingt.
Wenn man diesen Apparat solid genug macht, so kann man ihn auch zwischen dem Kessel
und dem Cylinder einer Dampfmaschine anwenden, um in lezteren den Dampf unter einem
constanten Druk einströmen zu lassen. In allen Fällen, wo man Luft oder überhaupt eine Gasart
unter irgend einem bestimmten Druk anwenden will, kann man diesen Apparat benuzen,
um die Luft bei ihrem Einströmen in die verschiedenen Behälter auf einem constanten
Druk zu erhalten, sey es, um sie als Motor oder zu einem beliebigen Zwek zu benuzen.
Da der Apparat das Ausströmen des Gases unter jedwedem Druk, von dem stärksten bis
zum schwächsten, reguliren kann, so eignet er sich eben so gut für gewöhnliches wie
für comprimirtes Gas.
Eben so gut wie für Gasarten läßt sich der Apparat auch zum Reguliren des Auslaufens
von Flüssigkeiten benuzen, wie verschieden immer das Niveau im Speisungsreservoir
seyn mag. Er läßt sich endlich auch anwenden, um eine Flüssigkeit auf constantem
Niveau in einem Gefäße zu erhalten, welches durch ihn mit einem Speisungsreservoir
communicirt, worin das Niveau oder der Druk der Flüssigkeit veränderlich ist; in
diesem Falle hat man nur dafür zu sorgen, daß der Widerstand, welchen die bewegliche
Wand ihrer Bewegung entgegensezt, dem Gewicht der Flüssigkeitssäule, die man auf
constantem Niveau erhalten will, gleich gemacht wird.Die Société d'Encouragement hat
Hrn. Boquillon für die Erfindung dieses
Gasregulators eine Platinmedaille zuerkannt.