Titel: | Beschreibung der am Bord der Dampffregatten Gorgon und Cyclops befindlichen Maschinen. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. LX., S. 242 |
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LX.
Beschreibung der am Bord der Dampffregatten
Gorgon und Cyclops befindlichen Maschinen.
Aus dem Mechanics' Magazine, 1841, No.
911.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Maschinen der Dampffregatten Gorgon und Cyclops.
Die Dampfmaschinen, welche durch die HHrn. John und Samuel Seaward und Capel für die brittischen
Dampffregatten und mehrere andere große Dampfboote der Regierung gebaut wurden, sind
nach einem von dem seither in der Dampfschifffahrt angenommenen, wesentlich
abweichenden Princip construirt. Man hat sie
„Gorgon-Maschinen“ genannt, weil ein Paar derselben
zuerst an Bord der Dampffregatte dieses Namens versucht wurde.
Diese Maschinen sind nach dem sogenannten „direct wirkenden“
Princip gebaut, d.h. die Kraft wird von dem Kolben aus mittelst der Kolbenstange
direct auf die Kurbel übertragen, ohne jenen Zwischenmechanismus von seitlichen
Hebeln, Querstangen, gabelförmigen Stangen u.s.w., welche gewöhnlich beim Bau der
Marine-Dampfmaschinen in Anwendung kommen. Die Seitenansicht Fig. 39 und die
Endansicht Fig.
40 mag einen Begriff von der Einrichtung dieser Maschinen geben.
A ist der Cylinder; B die
Kolbenstange; C die Hauptwelle; D die Kurbel; E die Lenkstange, welche den
oberen Theil der Kolbenstange mit dem Kurbelzapfen verbindet.
Mit Hülfe einer eigenthümlichen Parallelbewegung ist das obere Ende der Kolbenstange
genöthigt, sich in vollkommen senkrechter Linie zu bewegen. Der Hebel F ist bei G mit dem obersten
Punkte der Kolbenstange verbunden, und oscillirt zugleich um das Lager H, welches auf der Schwingstange J ruht; er wird durch ein Paar Stangen K,
welche an dem einen Ende mit demselben in Verbindung stehen, an dem anderen Ende um
einen festen Punkt M sich drehen, zurükgehalten.
N ist die Luftpumpe, welche durch das an der
Verlängerung P des Hebels F
befestigte Stangenpaar O in Thätigkeit gesezt wird.
Man wird demnach bemerken, daß diese Maschinen dadurch sich auszeichnen, erstens, daß
die Hauptwelle senkrecht über dem Centrum der Cylinder sich befindet; zweitens, daß
die Kraft ohne Hülfe von Seiten- und Querstangen direct auf die Kurbel
übergetragen wird. Die
Welle ruht in starken Lagern, und diese werden durch schmiedeiserne, auf den
Cylindern stehende Säulen getragen, so daß die ganze Kraft der Maschinen zwischen
den Cylindern, den Lagern und den Säulen eingeschlossen ist, und auf keinen Theil
des Schiffs eine Seitenwirkung äußern kann.
Es wurden zwar auch vor den Gorgon-Maschinen schon manche Maschinen nach dem
Princip der „directen Wirkung“ gebaut, ihre Einrichtung weicht
jedoch durchgängig von den ersteren weit ab. Die Vortheile des gegenwärtigen Systems
sind sehr beachtenswerth; sie bestehen:
1) in einer großen Raumersparniß. Ein Paar
Gorgon-Maschinen nehmen nicht mehr als die Hälfte des Raumes ein, welchen ein
Paar Balancier-Maschinen der gewöhnlichen Construction erfordern;
2) in einer großen Ersparniß an Gewicht. Das Gewicht eines
Paares Gorgon-Maschinen beträgt um 25 Proc. weniger als das eines Paares
Balancier-Maschinen;
3) in einer größeren Sicherheit gegen Unfälle. Die
Einfachheit der Anordnung und die geringere Anzahl beweglicher Theile verringern
nothwendiger Weise die Möglichkeit eines Unfalles, so wie auch die Abnüzung;
4) in der größeren Sicherheit des Maschinenwärters, welcher die
Maschine in den Gang sezt und absperrt. Da auf der Seite weder Hebel noch
Balanciers in Bewegung sind, so kann der Arbeiter überall rings um die Maschinen mit
vollkommener Sicherheit geschäftig seyn, was bei Balancier-Maschinen ohne
Gefahr nicht thunlich ist;
5) in der beinahe gänzlichen Beseitigung des Erzitterns und der
Vibration, welche man gewöhnlich bei Dampfbooten fühlt. Die Hauptursache
der bei Dampfbooten beobachteten Vibration ist die pumpende Bewegung der Balanciers
oder Seitenhebel, welche einen bedeutenden Stoß veranlaßt und das ganze Schiff
erschüttert; dieß ist bei den Gorgon-Maschinen nicht der Fall;
6) in einer wirksameren und ökonomischeren Aufstellung der
bewegenden Kraft. Dieser Vortheil leitet sich aus dem Umstande her, daß
keine bedeutende materielle bewegte Masse vorhanden ist, daß manche
Verbindungsstangen und insbesondere manche Zapfenlager fehlen, welche bei
gewöhnlichen Maschinen einen bedeutenden Kraftverlust verursachen.
Die aufgezählten Vortheile werden jedem unparteiischen und competenten Richter bei
näherer Untersuchung einleuchten, und in Beziehung auf die große Wichtigkeit dieser
Vortheile selbst kann kein Zweifel obwalten, indem die an Bord des Gorgon, des
Cyclops und mehrerer anderen Schiffe angestellten Versuche im Laufe der lezten drei
Jahre zu einem sehr befriedigenden und entscheidenden Resultate geführt haben.