Titel: | Beschreibung der Fabrication der Stearinsäure-Kerzen; von Prof. Jähkel. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. LXXVI., S. 297 |
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LXXVI.
Beschreibung der Fabrication der
Stearinsäure-Kerzen; von Prof. Jähkel.Programm der Dresdener
technischen Bildungsanstalt (Dresden 1841). Des von dem
Hrn. Verfasser beschriebenen Verfahrens bedient man sich in den neuerrichteten
sächsischen Fabriken; man vergl. über denselben Gegenstand die Abhandlung von
Golfier-Besseyre im polyt. Journal Bd. LXXIII. S. 284. A. d. R.
Jaͤhkel, Beschreibung der Fabrication der
Stearinsaͤure-Kerzen.
Die Fabrication beginnt bekanntlich mit der Verseisung des Talgs. Zu diesem Ende
schmelze man den Talg mit der nöthigen Menge Wasser in einer für diesen Zwek
bestimmten hölzernen Kufe durch Dampfhize. Während hiebei die Temperatur langsam
steigt, hat man zunächst nur so viel Kalk in Form von Kalkmilch zuzusezen, bis der
freie Theil der Stearinsäure, den man außer jenem an Glycerin gebundenen im Talge
anzunehmen hat, gesättigt erscheint. Ein größerer Zusaz von Kalk wirkt zu Anfang der
Operation, vorzüglich bei schnell ansteigender Temperatur deßhalb nachtheilig, weil
er die Seifenbildung übereilt und dadurch Veranlassung gibt, daß ein Theil
unzersezten Talges, von der Kalkseife umhüllt, der Einwirkung des Kalkes sich
entzieht. Hierauf wird man unter fortwährendem Erhizen die noch übrige dazu
bestimmte Menge Kalk in gleicher Form, jedoch in abgetheilten Portionen, zusezen,
und beide Substanzen bei unausgesezter Einwirkung des Dampfes so lange miteinander
kochen lassen, bis die Seifenbildung vollkommen stattgefunden hat. Diesen Punkt, und
somit auch die Beendigung der ganzen Operation erkennt man an der fast plözlich
eintretenden Veränderung der Consistenz der Flüssigkeit, die sich in körnigen,
kurzbrüchigen und lokeren Massen zu sondern beginnt. Außerdem mag auch die
gewöhnliche Seifenprobe hier nicht vernachlässigt werden.
Die Dauer der ganzen Operation ist je nach der Menge der zu verseifenden Massen
verschieden, selten jedoch übersteigt sie 4 Stunden. Die zur Verseifung von 100
Kilogr. Talg nöthige Kalkmenge kann man der Sicherheit wegen zu 14 Kil.
annehmen.
Die Quantität der erhaltenen Kalkseife bleibt sich fast überall gleich, nicht aber
ihre Qualität. Die leztere hängt ab von der natürlichen Beschaffenheit des Talgs,
von seinem Reichthum an Stearin, überhaupt aber von dem Verhältniß des darin
enthaltenen Stearins, Margarins und Oleins. Nimmt man an, daß ordinärer Talg
durchschnittlich zur Hälfte aus Olein, zur andern Hälfte aus Stearin, mit nur wenig
Margarin bestehe, ferner daß 100 Theile Talg 12 Proc. ihres Gewichts durch das
ausgeschiedene Glycerin verlieren, so wird das aus 100 Theil. Talg erhaltene
Seifenquantum 88 Th. fettiger Säuren liefern müssen.
Die Dimensionen der Seifenkufen berechnen sich für ein tägliches Quantum von 2000
Kil. Talg zu 0,75 Meter Radius für die Bodenfläche und 1,1 M. Höhe.
Die Gestalt der Kufen ist cylindrisch, nach Unten nur wenig erweitert, um ein
bequemes Auswaschen zu gestatten. Das Dampfrohr, durch welches die zu verseifende
Masse zum Kochen gebracht und darin unterhalten wird, steigt bis zum Boden des
Gefäßes herab und verläuft kreisförmig auf demselben. Die Dampföffnungen sind sehr
eng, theils um sehr feinstrahlige Dampfsäulen zu bilden, theils auch um den Rüktritt
der Flüssigkeiten in das Dampfrohr nach Abschluß des Dampfhahnes zu verhindern.
Zur Erreichung einer möglichst vollkommenen Verbindung des Kalks mit den Fettsäuren
befindet sich in jeder Verseifungskufe ein Rechen, welcher, sobald der Talg
geschmolzen ist, in Bewegung gesezt werden muß. Derselbe besteht aus einer
verticalen eisernen Welle, die ihre Bewegung durch ein am obern Ende befindliches
konisches Zahnrad erhält. An derselben befinden sich vier sechszankige Arme, wovon
jeder rechtwinkelig, oder etwas nach Unten geneigt von der Welle ausgeht, während
sie alle in verschiedener Höhe befestigt sind. Die Neigung dieser Arme ist deßhalb
nothwendig, weil die Flüssigkeiten ohne dieselbe sich stets in derselben Ebene
drehen würden. Die Schneiden derselben sind von Eisen und durch Vorsteker befestigt.
Die Welle endigt unten, nicht wie gewöhnlich, in einem Zapfen, sondern in einer
Pfanne, damit die in der Flüssigkeit beständig umhergetriebenen Kalktheilchen sich
nicht zwischen die reibenden Flächen absezen können. Hiebe; ist es nöthig, das
Zapfenlager ganz unabhängig von der Welle herzustellen und durch untergelegte
Lederscheiben, bevor es noch auf dem Boden der Kufe durch Bolzen befestigt wird, zu
unterstüzen. Nächstdem ist es rathsam, neben dem untersten Arme des Rechens noch
eine Bürste anzubringen, welche die obere Fläche des Dampfrohrs fortwährend zu
bestreichen hat, damit jede Verstopfung desselben durch die in der Flüssigkeit
herumgetriebenen festen Theilchen Verhindert werde.
Die leicht zerreibliche Kalkseife wird anfänglich in einer mit hölzernen Walzen
versehenen Quetschmaschine zermalmt, damit sie von der zur Zersezung angewandten
Säure leichter und vollkommener angegriffen werde. Zur Zersezung der Seife, durch
die man die Entfernung des Kalkes beabsichtigt, wählt man vorzugsweise die
Schwefelsäure. Den Zersezungsproceß selbst führt man dergestalt, daß man die
erforderliche Menge Schwefelsäure von 66° B. mit ihrem zwanzigfachen Volumen
Wasser mischt und in der hölzernen Zersezungskufe bis zur Temperatur des
schmelzenden Talges durch Dampf erhizt. Hierauf wird die Seife zugesezt und das
Gemisch unter fortwährender Bewegung bei einer den obigen Hizgrad nicht sehr
übersteigenden Temperatur erhalten, bis aller Kalk mit Schwefelsäure verbunden und
als Gyps ausgeschieden worden ist. Die vom Kalk getrennten und frei gewordenen
Fettsäuren zeigen sich nun auf der Flüssigkeit schwimmend.
Die Beendigung der ganzen Operation, welche selten länger als 2 Stunden dauert,
erkennt man gewöhnlich an der minder trüben Beschaffenheit, der abnehmenden innern
Bewegung der Flüssigkeit, welche von dem Aufbrechen des Seifenkorns herrührt und aus
der sauren Reaction.
Die Menge concentrirter Schwefelsäure, welche zur Zersezung von 100 Th. Kalkseife
nöthig ist, ergibt sich leicht aus der Proportion: 356 : 613 = 9,7 : 16,8, wobei die
Kalkseife wasserfrei und mit 9,7 Proc. Kalk verbunden angenommen worden ist.
Nach der Größe des Volumens aller auf einmal zur Zersezung gelangenden Stoffe richtet
sich nun auch die Größe der Zersezungskufen, von denen ebenfalls zwei (für jede
Verseifungskufe eine) vorhanden seyn müssen. In Betracht, daß bei jedem
Zersezungsprocesse 500 Kil. Kalkseife auf einmal behandelt werden und mit verdünnter
Schwefelsäure in den oben angedeuteten Raum- und Gewichtsverhältnissen in
Berührung treten, ergibt sich, mit Einschluß des für das Steigen freizulassenden
Raumes, die Capacität dieser Kufen gleich groß mit der der Verseifungsgefäße.
Uebrigens hat man ihnen dieselbe Form zu geben und in der Mitte ihrer Hohe zwei oder
drei mit Hähnen versehene Oeffnungen anzubringen, durch welche die geschmolzenen oben
aufschwimmenden Fettsäuren abgelassen werden können. Man leitet dieselben in eine
etwas tiefer stehende Kufe (die Waschkufe), wo sie, je nachdem die Zersezung mehr
oder weniger vollkommen sich zeigt, entweder mit etwas verdünnter Schwefelsäure oder
sogleich mit reinem Wasser ausgewaschen werden. Auch diese Kufe, so wie die folgende
zur Wäsche mit reinem Wasser bestimmte, ist den vorhergehenden ähnlich und wird
gleich jeder der vorigen durch ihr besonderes Dampfrohr geheizt.
Sobald die Fettsäuren durch Wasser gereinigt worden sind, gießt man sie zum Erkalten
in besondere parallelopipedische Formen von starkem Weißblech. Die Dimensionen
dieser Formen sind: Höhe 0,25 M., Länge 0,50 M. und Breite 0,25 M.; ihr kubischer
Inhalt 31 Kubikdecimeter. Dieser durch das specifische Gewicht der Fettsäuren (0,9)
multiplicirt, gibt für das jedesmalige Ausgußquantum 28 Kil. Hieraus erhält man 16
geformte Fettsäure-Blöke nach jeder Operation. Da zwei Operationen täglich in
jeder der zwei Kufen vorgenommen werden, so ergibt sich die tägliche Production zu
16 × 4 = 64 Stük solcher geformter Blöke.
Die in jenen Formen erkaltete Fettsäure-Masse bedarf, um bequemer in die
Preßsäke gefüllt werden zu können, eine möglichst vollkommene Zertheilung. Eine
solche erreicht man durch eine besondere Schneidemaschine, deren Führung wenig Mühe
und Aufmerksamkeit erfordert. Ein über zwei hölzerne Walzen aufgespanntes endloses
Tuch führt die oben aufgelegten Blöke des Fettsäure-Gemisches bis an die
Messer, welche, zwei an der Zahl, an dem mit der Maschine verbundenen eisernen
Schwungrade befestigt sind. Die leztgedachte Einrichtung gleicht vollkommen den in
einigen Papierfabriken eingeführten Hader-Schneidmaschinen. Die Zeit, in
welcher diese Maschine das in einem Tage gegossene Quantum zerschneiden kann, ergibt
sich aus der Anzahl der gegossenen Blöke – 64, aus ihrer Länge = 0,50 M. und
aus der Stärke der in einer Secunde abgeschnittenen Scheiben
=
0,002.
0,50
–––––
= 250 Secunden für einen Blök.
0,002
64 × 250 = 16000 Secunden = 4 St. 26.
Min.
Die zerschnittene Masse wird hierauf in Preßtücher eingeschlagen, zur hydraulischen
Presse befördert, um den flüssig gebliebenen Theil der Oehlsäure zu entfernen.
Auf einer Weidenhorde breitet man zwei, je nach ihrer Größe auch drei mit dem
Fettsäuregemisch gefüllte Preßsäke dergestalt aus, daß sie die Oberfläche der
ersteren beinahe ganz bedeken, und legt über dieselben eine Tafel von starkem Blech.
Der lezteren folgt eine zweite Weidenhorde, dann zwei andere Säke u.s.f., bis die Presse gefüllt ist,
jederzeit mit diesen drei Sinken (Horden, Säken und Blechtafeln) regelmäßig
abwechselnd. Hierauf arbeitet man anfänglich langsam mit der großen Pumpe, um das
Volumen in etwas zu vermindern.
Nachdem der Preßcylinder auf diese Weise durch mehrmaliges Pumpen etwas hinauf
getrieben worden ist, öffnet man den Hahn, um die Preßplatte wiederum senken und
neue Preßsäke hinzufügen zu können. Ist endlich die Presse vollzählig eingesezt, so
beginnt das eigentliche Pressen, wobei es nothwendig ist, daß, während ein Mann
pumpt, ein anderer genau den Einsaz beobachte und beim geringsten Vorfalle das
Pumpen einstelle. Nicht selten kommt hiebei ein Zerreißen der Preßsäke vor, aus
denen die Masse gleich feinen Nudeln hervorquillt. Solche Oeffnungen verstopft man
leicht, während die Pumpe anhält, durch ihre eigne Masse. Das kalte Pressen darf
überhaupt, vorzüglich aber im Anfange nicht übereilt werden, weßhalb es gerathen
erscheint, im weitern Verlaufe des Pressens nur von 5 zu 5 Minuten einen oder
mehrere Kolbenstöße zu thun. Kann diese ganze Operation überhaupt auf mehr als 24
Stunden vertheilt werden, so ist sicher ein größerer Nuzen in qualitativer und
quantitativer Hinsicht zu erwarten. Zu schnelles Pressen nimmt eine zu große Menge
Stearinsäure mit sich fort, so daß man im Handel mitunter eine Oehlsäure findet,
welche noch 15 Proc. feste Stearinsäure einschließt.
Das kalte Pressen beendigt man, sobald das Maximum der Wirkung erreicht ist, d.h.
sobald 2 Mann nur mit Mühe noch die kleine Pumpe durch ihren längsten Hebel bewegen
können und das Abfließen der Oehlsäure aufhört. Jezt öffnet man den Hahn der Pumpe
und ladet die Presse aus. Alle Preßkuchen werden hierauf durch die oben beschriebene
Schneidemaschine von Neuem zerschnitten, die Preßtücher aber nach Entfernung der
Preßmasse der Reihe nach aufgeschichtet, um beim heißen Pressen gleichfalls
verwendet werden zu können.
Der auf der Preßplatte zu erzeugende Druk
ist
= 400000 Kil.
Durchmesser des Preßcylinders
= 0,3 M.
Durchmesser des kleinen Kolbens
= 0,02 M.
Druk, um durch den kleinen Kolben die
Wirkung von400000 Kil. hervorzubringen
= 1778 Kilogr.
Zur Bewegung der Presse bei mittlerer
Geschwindigkeit
= 1,01 Pferdekr.
Das heiße Pressen geschieht am bequemsten in horizontalen
hydraulischen Pressen, deren Preßtröge in ihrer Capacität genau mit der üblichen
Größe der Säke (0,50 M. Höhe und 0,30 M. Breite) übereinstimmen. Dabei verwendet
man nur wollene oder auch Haartücher. Neben der Presse befindet sich ein eiserner
Dampfkasten, welcher geräumig genug ist, um alle beim Pressen nöthigen Utensilien,
wie eiserne Platten und härene Preßtücher, fassen zu können. Diese Eisenplatten, so
wie die erwähnten Preßtücher besizen eine Stärke von circa 0,02 M.
Sobald dieselben durch Dampf hinlänglich erhizt worden sind, wird die Presse so
schnell wie möglich damit beschikt. Deßhalb müssen alle Preßsäke vorher schon
gefüllt, ihre Oeffnungen umgeschlagen und Alles zum Einlegen in den Preßtrog
vollkommen bereit seyn. Sodann zieht man ein Haartuch aus dem Dampfkasten, schlägt
den Sak hinein und stellt ihn in den Preßtrog zwischen zwei heiße Platten. Diesem
folgt ein zweiter Sak in ein zweites Haartuch eingeschlagen zwischen die lezte und
eine nachfolgende neue Platte gestellt u.s.f., bis die Presse gefüllt ist. Das
Pressen erfolgt nun so schnell wie möglich, weil es nicht rathsam ist, die
Stearinsäure länger als 10 Minuten diesem Druke auszusezen. Das Volumen dieser Säure
vermindert sich hiedurch immer noch bedeutend und der leichter schmelzende Theil
(meist Oehlsäure mit wenig Margarin- und Stearinsäure) läuft etwas gefärbt in
das Preßreservoir zugleich mit dem aus den Haartüchern ausgedrillten Wasser. Der
Rükstand in den Preßtüchern zeigt sich nun blendendweiß von Farbe und besizt
Perlmutterglanz.
Einige Fabrikanten wollen nun die bis dahin gereinigte Stearinsäure nochmals mit
verdünnter Schwefelsäure und Wasser auswaschen. Dieß scheint indessen, sobald die
Zersezung der Kalkseife vollkommen stattfand, unnüz zu seyn.
Als ein Datum zur Ermittelung des Zeitaufwandes beim heißen Pressen möge hier
angeführt werden: daß nach dem kalten Pressen circa 10
Proc. flüssiger (Oehl-) Säure in den Preßkuchen annoch zurükgehalten werden,
wonach also nur noch 10 + 45 = 55 Kil. von 100 ursprünglich angewandter Talgmasse
zur Verarbeitung übrig sind. Nimmt man täglich 2000 Kilogr. Talg in Arbeit, so
werden auch 2000/100 × 55 = 1100 Kilogr. Stearinsäure = 1222 Kubikdecimeter
in derselben Zeit durch die warme Presse gehen müssen.
Hieraus, so wie aus der Annahme, daß jedes Einsazquantum von Stearinsäure 0,02 M.
Dike habe, würde sich, mit Rüksicht auf die für die Eisenplatten und Haartücher
schon angegebene Stärke, die zum Pressen der gegebenen Stearinsäure erforderliche
Zeit leicht ermitteln lassen.
Durch eine solche Presse von einfacher
Wirkungsoll ein Druk ausgeübt werden von
= 150000 Kilogr.
Der Durchmesser des Preßcylinders
= 0,20 M.
Der Durchmesser der Pistons der
Pumpe
= 0,02 M.
Druk, um durch den kleinen Piston der Pumpe
dieWirkung von 150000 Kilogr. hervorzubringen
= 68 Kilogr.
Summe der anzuwendenden Kraft für beide
Pressen
= 1,04 Pferdekraft.
Der Hauptnuzen einer Presse mit einfachem Effect (deren man stets zwei in jeder
Fabrik haben sollte) zeigt sich vorzüglich dann, wenn die Arbeit nicht regelmäßig
fortläuft und daher Massen von ungleichem Volumen behandelt werden müssen, wobei
ihre Brauchbarkeit immer dieselbe bleibt. Dahingegen kann bei Pressen mit doppeltem
Effect die eine ohne die andere nicht in Thätigkeit gesezt werden, und man wird
überhaupt nur dann damit arbeiten können, wenn hinlängliches Material zur Füllung
beider Preßtröge vorhanden ist.
Durch die leztbeschriebene Behandlung hat nun endlich die Stearinsäure diejenige
Festigkeit erlangt, die sie fähig macht, allen Ansprüchen zu genügen. Sie wird nur
noch zu schmelzen und durchzuseihen seyn, um von allen mechanisch haftenden
Unreinigkeiten frei zu erscheinen. In einigen Fabriken verwendet man sie nur mit
einem Zusaz von 10 Proc. Wachs, wodurch der hohe Grad von Sprödigkeit, so wie das
weißflekige Ansehen auf der Oberfläche der krystallinisch erstarrten Massen
gemindert wird.
Ein solcher ist jedoch nicht nöthig, sobald man es versteht, den zum Gießen
geeigneten Temperaturgrad zu benuzen.
Zur Verhütung einer zu starken Verkohlung der Dochte der
Stearinkerzen möge man dieselben dreiflechtig fertigen und das Geflecht aus 80 Fäden
von Nr. 2 bestehen lassen. Dann dreht sich der Docht beim Brennen auf und krümmt
sich dergestalt nach Außen, daß seine Spize im heißesten Theile der Flamme, dem
äußersten Flammenmantel, verbrennen muß. Indessen wird hiedurch allein das
Verschwinden der kohligen Knöpfe noch nicht vollständig erreicht werden, indem die
nicht ganz vollkommen zu beseitigenden Kalktheilchen den Docht zu verstopfen
fortfahren und die capillarische Wirkung desselben verringern. Deßhalb taucht man
sie vor ihrer Verwendung in eine bei 15° R. gemachte concentrirte Lösung von
Boraxsäure. Diese Säure bildet mit dem Kalk, mit welchem sie zum Glase schmilzt,
kaum sichtbare kleine Perlchen, die am Ende des Dochtes glühen und glänzen,
neben denen jedoch die Capillarität ungehindert fortwirken kann.
Die Kerzenformen (gegossen aus einer Legirung von 1/3 Zinn
und 2/3 Blei) sind vor dem Eingusse der Stearinsäure bis zu einer Temperatur von circa 70° R. zu erwärmen. Da diese Erwärmung
gewöhnlich durch Wasserdämpfe geschieht, so ist zuvörderst darauf zu sehen, daß die
Dochte (denn mit diesen zugleich erwärmt man die Formen) auf keinerlei Weise mit der
Feuchtigkeit in Berührung kommen. Deßhalb hängt man diese Formen am zwekmäßigsten in
kupfernen, eigens dazu gefertigten doppelwändigen Kammern auf. Der innere Raum
dieser Kammern, welcher zur gleichmäßigen Verbreitung der Wärme mit zwei sich
kreuzenden hohlen Wänden durchschnitten wird, ist von der Größe, daß er wenigstens
40 Stük dieser Formen in verticaler Lage neben einander fassen kann. Die nach
einigen Minuten hinlänglich erwärmten Formen trägt man nun in die Nähe des
Schmelzkessels, um sie daselbst zu füllen. Die zum Füllen dienende Masse schöpfe man
nicht unmittelbar aus dem Schmelzkessel, sondern aus einem kleinen Gefäße, in
welchem sie schon bis zum Krystallisationspunkt abgekühlt ist. Die Krystallisation
der Stearinsäure abzuwarten, und die schon eingetretene vor dem Füllen der Formen
durch sorgsames Umrühren zu zerstören, ist deßhalb nothwendig, weil die
krystallisirte Säure den Kerzen ein unangenehmes geflektes Ansehen geben würde.
Nach dem Façonniren gibt man den Kerzen auch wohl eine gewisse Politur, indem
man sie mit einem wollenen, in Alkohol getauchten Tuche abreibt.
Noch erzielt man durch Bleichen der Kerzen eine auffallende Verbesserung ihrer
Qualität. Die abwechselnde Wirkung des Lichts und der Feuchtigkeit auf die an einem
passenden Orte aufgehangenen Kerzen ist hiezu hinlänglich.
Die beim Gießen und Façonniren abfallenden Bruchstüke werden gesammelt, unter
Zusaz von etwas Weinsteinsäure geschmolzen, durchgeseihet und zum Guß neuer Kerzen
verwendet.
Die durch das Pressen auf kaltem und heißem Wege abfließende Oehlsäure ist gewöhnlich
etwas gelbbraun gefärbt. Das Reservoir, dem sie, aus beiden Pressen kommend,
zufließt, befindet sich an einem kühlen Orte, damit die zugleich mit fortgerissenen
Antheile von Stearinsäure um so leichter herauskrystallisiren und fernerweit benuzt
werden können.
Die zulezt übrig bleibende Oehlsäure wird entweder ungereinigt für sich zur
Fabrication weicher, oder, je nach ihrem Gehalte an Stearinsäure, mit frischem Talg
versezt, zur Darstellung harter Seifen verwendet. Nach vorangegangener Reinigung zum Fetten der
Wolle (nach dem im polyt. Journal Bd. LXXVIII. S.
69 beschriebenen Verfahren) ganz vorzüglich geeignet, bleibt sie ein stets
gesuchter Handelsartikel.
Ueber die während der Fabrication verbrauchte Dampfmenge.
Von den zwei Verseifungskufen macht jede zwei Operationen täglich. Zu jeder
Operation sind erforderlich 1000 Kil. Talg, 2000 Kil. Wasser nebst 140 Kil. Kalk.
Hiezu nimmt jede Kufe für sich auf 500 Kil. Talg, 1000 Kil. Wasser und 70 Kil. Kalk.
Ferner ist angenommen, daß der Kochpunkt nur erst nach Verlauf einer Stunde
eintritt, und daß man niemals in beiden Kufen zugleich kocht, sondern die eine bis
zum Kochpunkte heranführt, während man in der anderen wirklich kocht. Die größte
hiezu erforderliche Dampfmenge wird demnach in der Summe beider Dampfmengen, nämlich
derjenigen, welche zur Erreichung des Kochpunktes, so wie der anderen, welche zur
Erhaltung desselben nöthig ist, bestehen.
Bei Berechnung der Wärmemengen für die zu erhizenden Substanzen wird zum Voraus
bemerkt, daß in 1000 Kil. Wasser auch diejenige Menge mit inbegriffen ist, die aus
der Verdichtung des Dampfes erzeugt wird.
Durch 1 Kil. Dampf werden 5,5 Kil. Wasser von 0° auf 100° erwärmt und 1
Kil. verdichtetes Wasser von 0° erzeugt.
Die specifische Wärme des Talgs ist = 85; er schmilzt bei 33°, folglich ist
(500 × 33 × 85)/100 = 14025 Wärmeeinheiten zum Schmelzen der 500 Kil.
Talg erforderlich.
Außerdem bedarf man für 500 Kil. Talg, wenn dessen Wärmecapacität zu 3/10 von der des
Wassers angenommen wird, 500 × 100 × 3/10 = 15000 Wärmeeinheiten.
Endlich werden 70 Kil. Kalk, dessen Wärmecapacität = 0,11 ist, 70 × 100
× 0,11 = 3333 Wärmeeinheiten bedürfen.
Demnach besteht der Gesammtbedarf in 14025 + 15000 + 3333 = 32358 für Kalk und
Talg.
Nennt man nun n die Anzahl der Kil. kalten Wassers, n' die Anzahl der Kil. Dampf und nimmt die Temperatur
der zu erwärmenden Masse zu 0° an, so hat man
(1000 – n') 100 + 32358 = 550
n'
n' = (100000 + 32358)/650 = 203,6 Kil. Dampf.
n = 1000 – 203,6 = 796,3 Kil. Wasser.
Die Menge Brennmaterials in Kil., die erforderlich ist, um k Kil. Wasserdampf hervorzubringen, ist
k = q (555 + t – t')/n,
worin t die sensible Temperatur
der Wasserdämpfe, t' die Temperatur des zur
Dampferzeugung verwendeten Wassers und n die
Wärmeeinheiten bezeichnet, die 1 Kil. des verwendeten Brennmaterials hervorbringt.
Für den vorliegenden Fall ist t = 100, t' = 0 zu sezen; es ist also
k = 650q/n
Soll die vorbemerkte Dampfmenge von 203,6 Kil. durch Steinkohlen bester Qualität, von
denen 1 Kil. 7050 Wärmeeinheiten gibt, erzeugt werden, dann sind zu verbrennen
k = (650 × 203,6)/(0,5 × 5050) = 37,5 Kil.
Steinkohle.
In den am besten eingerichteten Feuerherden kann man höchstens 0,5 der
Wärmeeinheiten, die das Brennmaterial gibt, nuzbar machen, so daß in der
vorstehenden Formel 0,5 × 7050 für 7050 = n
gesezt werden mußte.
Zur Hervorbringung von 1 Kil. Wasserdampf in einer Minute sind 2 Quadratmeter Fläche
des Dampfkessels, die mit dem Feuer und der erhizten Luft in Berührung kommen,
erforderlich; für die Beschaffung von 203,6 Kil. Dampf in 1 Stunde muß folglich die
Heizfläche des Kessels seyn
F = 203,6/60 × 2 = 6,78 Quadratmeter.
Die Dampfmenge anlangend, die erforderlich ist, die eine auf dem Kochpunkte
befindliche Verseifungskufe bei dieser Temperatur zu erhalten, während die zweite
zum Kochen gebracht wird, so ist bei den Voraussezungen der vorstehenden Rechnungen
hierauf eine besondere Rüksicht nicht zu nehmen; es wird nämlich noch so viel Dampf
erzeugt, als erforderlich ist, neben dem Kochen der einen Kufe die andere auf einer
Temperatur von 100° zu erhalten. Dasselbe Quantum von Dampf und
Brennmaterial, welches zur Erzeugung der Seife nöthig ist, wird auch
durchschnittlich zu ihrer Zersezung und ferneren Bearbeitung verbraucht.