Titel: | Capitain Carpenter's patentirter Treibapparat für Schiffe. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. V., S. 20 |
Download: | XML |
V.
Capitain Carpenter's patentirter Treibapparat für
Schiffe.
Aus dem Civil Engineers
and Architects' Journal. Mai 1841, S.
158.
Mit Abbildungen auf Tab. I.
Carpenter's Treibapparat für
Schiffe.
Die ersten Versuche mit dem in Rede stehenden Treibapparate
wurden an Bord des Aerolite, einem 69 Fuß langen und 9 Fuß
breiten Fahrzeuge, angestellt. Sie sollten nur darthun, in wie
weit der Apparat für Segelschiffe sich qualificirte, um diese
bei Windstillen vorwärts zu bringen, oder dem Wind und den
Segeln zu Hülfe zu kommen. Der kräftige Effect, welchen die nur
durch Hand in Notation gesezten Treiber „quarter propellers“
lieferten, bestätigte zur Genüge die Thatsache, daß sich jedes
Schiff, so groß es auch seyn möge, in einer der Richtungslinie
der Kraft entgegengesezten Richtung rascher oder langsamer
bewegen lasse, je nach der Größe der Triebkraft.
Die nächsten Versuche wurden mit dem Modell eines Dampfbootes
angestellt, welches gegenwärtig in der polytechnic Institution
ausgestellt ist. Dieses Modell ist für die Anbringung
verschiedener Kräfte am Treibapparat eingerichtet, und läßt eine
große Mannichfaltigkeit in den Formen desselben zu, weßwegen ich
Gelegenheit hatte, über die Vorzüge der Schraube,
Schraubenschnitte und Flächen eine comparative Ansicht mir zu
verschaffen, und den Einfallswinkel, die Schaufelformen und ihre
relativen, nach der anzubringenden Kraft sich richtenden
Verhältnisse zu prüfen. Obgleich die Schraube entschieden ein
kraftvolles Instrument im Wasser ist, so gebe ich
nichtsdestoweniger der Fläche und der in den beigefügten
Abbildungen (Fig.
22 und 23)
dargestellten Form den Vorzug, weil sie mit dem geringsten
Kraftaufwande die größte Geschwindigkeit hervorbringt,
insbesondere wenn die Schaufeln unter einen Winkel von 30 oder
35° zur Achse der Welle eingesezt sind. Ich erlaube mir
hier zu bemerken, daß, wenn je an diesen Theil meiner Erfindung
ein Verdienst sich knüpft, dieses in der aus sorgfältigen
Versuchen hervorgegangenen Entdekung besteht, daß eine mit den
Verhältnissen meines Treibapparates, so wie er Fig.
22 und 23
dargestellt ist, versehene Fläche, wenn sie unter dem obigen
Winkel eingesezt, im Wasser sich dreht, ein Schiff mit Hülfe
einer Locomotivkraft und des durch das Wasser dargebotenen
Widerstandes mit größerem Effect forttreibt, als irgend ein
anderes seither in der Schifffahrt angenommenes Instrument.
Diese Behauptung läßt sich durch mathematischen Beweis
bekräftigen.
Der folgende Versuch wurde mit einem 21 Fuß langen und 4 Fuß 8
Zoll breiten Boot angestellt. Es ist nöthig, hier zu bemerken,
daß nur ein einziger Treiber, welcher am Stern angebracht war,
angewendet wurde. Diesem Versuche lag die Absicht zu Grunde, die
Form des triangulären Treibers in Vergleich mit der Schraube und
andern Treibapparaten unter Annahme der gleichen Kraft, der
gleichen Lage und des gleichen Mechanismus, zu prüfen; es ist
indessen so schwierig, an allen Dingen das gleiche Verhältniß zu
beobachten, daß ich zweifle, ob die Versuche als entscheidend
betrachtet werden können. Ich sehe nicht ein, wie ein so großer
Unterschied, im Verhältniß von 3 bis 6, zwischen Rennie's Treibapparat, Smith's Schraube und meinem
triangulären Treiber stattfinden sollte, wie in Ihrem Journal
bemerkt wurde, wenn die Versuche unter vollkommen gleichen
Umständen angestellt werden könnten, was jedoch unmöglich ist.
Hrn. Rennie's Versuche wurden, wenn
ich nicht irre, an einem schwereren Boote, als dasjenige, dessen
ich mich bediente, angestellt; obgleich zwischen dem
Flächeninhalt des mittleren Durchschnitts kein großer
Unterschied obwalten mochte, so glaube ich, da immerhin in der
Stärke der Männer und andern Umständen ein Unterschied
stattfinden konnte, doch nicht, daß sich eine Vergleichung
anstellen ließe. Ich theile Ihnen daher nur die Thatsache mit,
daß das Boot mit demselben Treiber, welchen ich Ihnen zusende,
durch zwei an der Kurbel drehende Männer fortgetrieben wurde,
und zwar 88 Yards in 33 Secunden, und hie und da, bei gehörig
tactmäßiger Bewegung, in 30 Secunden, wie es schien,
zurüklegend. Der Treiber machte in dieser Zeit 119,5
Umdrehungen.
Ein im Gegenkiel (dead-wood)
der Yacht Archimedes angebrachter
Schraubentreiber hat, wie aus den öffentlichen Blättern
hervorgeht, mit dem gemeinen Schaufelrad gleiche Geschwindigkeit
geliefert. Dieser Treibapparat unterscheidet sich zwar der Form und Lage nach von meinem Treiber (quarter propeller), beruht aber auf demselben Princip.
Auch auf dem Ocean geht aus seiner Anwendung das Hauptfactum
hervor, welches das kleine Modell in der polytechnic Institution bei allen obwaltenden
nachtheiligen Nebenumständen bestätigt, nämlich Gleichförmigkeit der Geschwindigkeit.
Bei meinen an diesem Modelle angebrachten Treibern zeigte sich
ein directeres und treueres Festhalten an dem Vorbilde der
Natur, und in ihrer raschen rotirenden Thätigkeit im Wasser
unter der günstigsten Winkelstellung der Schaufeln vereinigt
sich die Kraft des Keils mit derjenigen der Schraube. Kein
Hinterwasser beunruhigt ihren stillen Gang. Eine
leichtkräuselnde Wellenbewegung, ähnlich den Wellenspuren,
welche ein nahe unter der Wasserfläche rasch dahin schwimmender
Fisch mit seinem Schwanze erregt, bezeichnet den Lauf jedes
Treibers. Die Treiber gehorchen dem Steuerruder und mit gleicher
Leichtigkeit läßt sich mit ihnen rükwärts steuern. Sollte sich
am Steuerruder ein Unfall ereignen, so läßt es sich durch
geeignete Abwechslung und Combination ihrer Thätigkeit
ersezen.