Titel: | Theoretische und auf Erfahrung gegründete Untersuchungen über die Reactionsräder; von Hrn. Combes. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. VII., S. 24 |
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VII.
Theoretische und auf
Erfahrung gegründete Untersuchungen über die Reactionsräder; von
Hrn. Combes.
Aus den Comptes
rendus, März 1841, No. 13.
Combes' Untersuchungen über die
Reactionsräder.
Der erste Theil dieser Abhandlung handelt von den Maschinen oder
Rädern, in welchen das Treibwasser circulirt, indem es sich
dabei von der verticalen Drehungsachse entfernt, und welche
keine Zuleitungsrohren haben, aber vorne mit beweglichen Röhren
versehen sind, in der Art, daß das Wasser in den
Eintrittsöffnungen dieser leztern mit einer absoluten, senkrecht
auf die Achse gerichteten Geschwindigkeit ankommt. Es sind Segner'sche Räder, die aus sehr
zahlreichen und kurzen aneinander gränzenden Röhren bestehen.
Meine Versuche habe ich dann auch auf Räder ausgedehnt, worin
das Wasser circulirt, indem es sich dabei der Achse nähert, und
welche mit Zuleitungsröhren versehen sind. Der lezte Theil der
Abhandlung endlich bezieht sich auf die Saugmaschinen, womit
Wasser oder Luft gehoben werden soll.
Von den Maschinen
ohne Zuleitungsröhren.
Euler gab in seiner ersten Abhandlung
über die Reactionsräder von Segner
(Abhandlungen der Berliner Akademie vom J. 1751) für die
Ausflußgeschwindigkeit des Wassers aus den beweglichen Röhren
dieser Räder die Gleichung
V = √(2gH + w²r₁²),
aus welcher er schloß, daß die absolute
Geschwindigkeit des die Maschine verlassenden Wassers nur dann
Null seyn könnte, wenn die Geschwindigkeit der Kreisbewegung
unendlich wäre.
Er nimmt an, daß der Druk des Wassers auf die Eintrittsöffnungen
der beweglichen Röhren vergrößert wird, wie wenn die flüssige
Masse, welche den Raum zwischen der Achse und diesen Oeffnungen
einnimmt, von der Kreisbewegung der Maschine selbst angeregt
wäre, und er folgert daraus, daß obige Gleichung in allen Fällen
angewendet werden kann, wie wenn die Röhren bis zur Achse
verlängert wären.
Aus den Gleichungen für die Bewegung von Flüssigkeiten, welche
ich bei einem ähnlichen System in meiner ersten Abhandlung über
den Ventilator mit CentrifugalkraftPolytechn. Journal Bd.
LXIX, S. 128. aufgestellt habe, folgt: daß wenn man die Reibung außer
Acht läßt, die von Euler gegebene
Formel wahr seyn wird, ohne daß es nöthig wäre, eine Vermehrung
des Drukes, der aus der Kreisbewegung der flüssigen Centralmasse
entstehen soll, anzunehmen, für den Fall, wo die Geschwindigkeit
des Wassers beim Eintritt in die beweglichen Röhren keine
Veränderung erleiden wird. In allen andern Fällen wird ein
Verlust an lebendiger Kraft bei diesem Durchgang eintreten, und
die Entfernung der Eintrittsöffnungen von der Achse, so wie die
anfängliche Neigung der Röhren gegen die Tangenten des
Kreisumfanges, welcher durch diese Oeffnungen beschrieben wird,
werden in die Gleichung eintreten, welche den Werth der
Ausflußgeschwindigkeit angibt.
Berüksichtigt man nun die Reibung des Wassers im Innern der
beweglichen Röhren und die Verminderung der Geschwindigkeit,
welche das Wasser beim Durchgang durch die Eintrittsöffnung,
welche diesen Röhren vorangeht, erleidet oder erleiden kann, so
ergibt sich:
1) wenn man die Achsen der beweglichen Röhren auf die Richtung
der Drehungsgeschwindigkeit, welche die Zutrittsöffnungen
annehmen, um einen Winkel neigt, der bestimmt ist durch die
Gleichung
cot α =
– r₀/r₁ × A/A₁,
worin A und A₁ die respectiven Flächen der Eintrittsöffnung
und der Ausströmungsöffnungen, r₀ und r₁ die
Entfernungen dieser Oeffnungen von der Drehungsachse sind, so
wird die doppelte Bedingung, daß der Eintritt des Wassers in die
beweglichen Röhren ohne Stoß, und der Austritt aus denselben
ohne absolute Geschwindigkeit stattfindet, für eine
Umlaufgeschwindigkeit, welche nicht unendlich ist, erfüllt
seyn;
2) daß diese Winkelgeschwindigkeit von der Reibung und von der
Verminderung der theoretischen Geschwindigkeit beim Durchgang
durch die Eintrittsöffnung abhängig ist;
3) daß für dieselbe Geschwindigkeit die ganze Arbeit des
Wassergefälles durch die Widerstände, welche aus der Reibung des
Wassers in der Maschine entstehen, aufgezehrt wird, so daß die
auf die Maschine übertragene Arbeit Null seyn wird.
Bei den Maschinen dieser Art, welche zum Heben von Wasser oder
zum Aufsaugen von Luft angewendet werden, ist es unmöglich, daß
die zwei Bedingungen des Eintritts ohne Stoß und des Austritts
ohne absolute Geschwindigkeit gleichzeitig erfüllt werden, weil
die Geschwindigkeitshöhe hier negativ wird, also auch der Werth
der Winkelgeschwindigkeit imaginär wird, für welchen diese Höhe
gleich wäre der durch die Reibung des Wassers im Innern der
Maschine verlornen Höhe.
Wenn man die Achsen der beweglichen Röhren dieser Maschinen auf
die Richtung der Umdrehungsgeschwindigkeit w
r₀ unter einem stumpfen
Winkel neigt, der aber kleiner ist als derjenige, welcher der
Bedingung entspricht,
cot. α =
– r₀/r₁ × A/A₁,
so wird, wenn das Rad sich mit einer
solchen Geschwindigkeit bewegt, daß das Treibwasser ohne Stoß in
die Röhren tritt, es dasselbe mit einer absoluten
Geschwindigkeit verlassen, welche nicht Null, aber so schwach
seyn kann, daß die zugehörige Höhe ein kleiner Bruch des ganzen
Gefälles ist. Beim Bauen oder wenigstens beim Entwerfen eines
ähnlichen Rades kann man die durch die Reibung des Wassers im
Innern der beweglichen Röhren verlorene Höhe annähernd schäzen,
welche Höhe ich dem Quadrat der relativen
Ausflußgeschwindigkeit, multiplicirt mit einem numerischen
Coefficienten, der nur von der Form der Röhre abhängt,
proportional annehme.
Berüksichtigt man dann, daß in dem Falle, wo das Wasser die
Geschwindigkeit beim Eintritt in die beweglichen Röhren ändert,
sich ein Verlust an Gefälle oder an lebendiger Kraft ergibt,
welche man nach dem Lehrsaz von Carnot berechnet, und beachtet in der Rechnung die
durch die Verminderung der Geschwindigkeit beim Durchgang durch
die Einströmungsöffnung verlorne Höhe, so kommt man auf eine
Endgleichung des zweiten Grades, welche das durch das Rad
aufgewendete Wasservolumen unter einem gegebenen Gefälle, als
Function der Winkelgeschwindigkeit, die es annimmt, gibt.
Für gewisse Fälle nimmt dieses Volumen sehr wenig mit der
Winkelgeschwindigkeit zu, weil zwischen der durch den Stoß beim
Eintritt in die beweglichen Röhren verlornen lebendigen Kraft
und den aus der Vergrößerung der Umdrehungsgeschwindigkeit
resultirenden Kräften eine Ausgleichung stattfindet.
Man kann auch die Höhe des verlorenen Gefälles den verschiedenen
Winkelgeschwindigkeiten entsprechend berechnen, welche verlorne
Höhe aus vier Größen besteht:
1) Aus der durch die Contraction beim Durchgang durch die
Einströmungsöffnung verlornen Höhe, welche dem Quadrate der
Geschwindigkeit der Flüssigkeit durch diese Oeffnung
proportional ist.
2) Aus der Höhe, welche dem Geschwindigkeitsverlust, der durch
den Stoß beim Eintritt in die beweglichen Röhren stattfindet,
entspricht.
3) Aus dem Verlust an Höhe durch die Reibung des Wassers in den
beweglichen Röhren, welcher dem Quadrat der relativen
Ausflußgeschwindigkeit proportional ist. Mit dem Verlust durch
Reibung fällt der durch die Contraction, welche bei den
Ausflußöffnungen statthaben kann, zusammen.
4) Aus der Höhe, die der absoluten Endgeschwindigkeit entspricht,
und welche dem Quadrate dieser Geschwindigkeit proportional
ist.
Man kann noch die Höhe hinzufügen, welche der Reibung des Wassers
an den Flächen des Rades entspricht, wenn es sich unter Wasser
dreht, welche nach der Methode berechnet werden kann, die Hr.
Poncelet in seiner Abhandlung
über Fourneyron's Turbinen befolgte;
sie ist dem Cubus der Umdrehungsgeschwindigkeit des Rades
proportional, und steht in umgekehrtem Verhältniß zu dem
Wasservolumen, welches das Rad vertreibt.
Man muß also untersuchen, welche Winkelgeschwindigkeit dem
größten Nuzeffect des zu entwerfenden Rades entspricht, und wird
darnach den Entwurf desselben modificiren, indem man die
anfängliche Neigung der Röhren, ihre Formen, oder die
Verhältnisse ihrer Oeffnungen verändert.
Meine Versuche hatten zum Zwek zu ermitteln, wie weit die
Erfahrung mit den theoretischen Resultaten übereinstimmt.
Ich habe zuerst zwei Modelle versucht, welche in der Größe,
Anzahl und der Form der beweglichen Röhren unter sich
verschieden waren, bei welchen aber die
anfänglichen Neigungen, das Flächenverhältniß der Ein-
und Ausströmungsöffnungen, und das Verhältniß; der an diesen
Flächen gezogenen Radien-Vectoren, identisch war. Für
jedes derselben bestimmte ich annähernd den numerischen
Coefficienten der Reibung in den beweglichen Röhren. Der
Rechnung nach müßte eines dieser Modelle vortheilhafter als das
andere seyn.
Die Erfahrung hat dieses Resultat auch bestätigt. Das Modell,
welches die geringere Anzahl beweglicher Röhren hatte, bei
welchem der annähernd geschäzte numerische Coefficient der
Reibung der größte gewesen seyn würde, hat als größten Nuzeffect
36 bis 37 Procent gegeben, während das andere nur 45 Proc.
gab.
Das Wasservolumen, welches von jedem dieser zwei Räder verbraucht
wurde, und zwar bei einer Winkelgeschwindigkeit, welche von 20
bis 57 Met. bei dem einen, und von 13 bis 50 Met. bei dem andern
variirte, stimmte bis auf 6/100 genau mit dem durch die Formel
berechneten überein; durch eine geringe Veränderung des
Reibungscoefficienten, welcher nur durch eine ungefähre
Annäherung bestimmt war, würden offenbar Resultate erlangt
worden seyn, die sich weit mehr dem wirklichen Wasseraufwande
genähert hätten. Die Formel ergab für das eine wie für das
andere Rad einen kleinern Aufwand, als der für die
Geschwindigkeiten gleich Null beobachtete war. Es ist klar, daß
in diesem Falle die allgemeinen Gleichungen nicht angewendet
werden können; die Röhren des Rades werden alsdann Röhren oder
Aufsäze, die schief auf den Wänden eines Reservoirs befestigt
sind.
Daß die Berechnung die auf das Rad übertragene Arbeit nicht mit
derselben Genauigkeit wie den Aufwand an Wasser gibt, läßt sich
leicht erklären, weil ein dem Reibungscoefficienten beigelegter
irriger Werth weit mehr Einfluß auf den berechneten Werth der
übertragenen Arbeit, als auf den berechneten Wasseraufwand hat,
und weil die Formel keinen Ausdruk für die durch die Reibung
zwischen den festen Theilen der Maschine aufgezehrte Arbeit
enthält.
Dessen ungeachtet war der Unterschied zwischen der berechneten
Arbeit und der durch Beobachtung, mit Hülfe des Prony'schen Zaums bestimmten,
gleichbedeutend mit dem Unterschied zwischen dem berechneten und
gemessenen Wasseraufwand. Das Resultat der Rechnung entfernte
sich weit mehr von dem beobachteten bei den Versuchen, wo die
relative Geschwindigkeit des eintretenden Wassers der Art war,
daß der Stoß des Wassers gegen die Scheidewände des Rades in
umgekehrter Richtung zur Bewegung des Rades gerichtet war, als
bei denjenigen, wo dieser Stoß in die Richtung dieser Bewegung
geleitet war; die Ursache davon ist leicht einzusehen. In Folge
der schiefen Richtung auf die Achse der Röhre, unter welcher sich
die flüssige Masse darbietet, müssen sich offenbar zwei Wirbel
bilden, einer außen ganz nahe an der Mündung der Röhre, und der
andere innen, welcher leztere sich bis auf eine ziemliche
Entfernung von der Einströmungsöffnung erstreken kann. Diese
Wirbel bilden sich auf den entgegengesezten Seitenwänden, je
nachdem der Stoß in der einen oder der andern Richtung erfolgt.
Der erste Wirbel erzeugt eine Wirkung ähnlich derjenigen, wenn
man die anfängliche Neigung der Achse der Röhre verändert, so
daß sie sich der Richtung der relativen Geschwindigkeit des
ankommenden Wassers nähern würde, wodurch sich in jedem Falle
der Verlust an lebendiger Kraft beim Eingang vermindert. Der
zweite Wirbel scheint in kurzen Röhren, wie die unserer Räder
sind, bedeutend auf die Richtung der relativen
Ausflußgeschwindigkeit der Flüssigkeit influenciren zu müssen,
welche in einem Falle, wenn nämlich der Stoß in der Richtung der
Bewegung erfolgt, sich der an den äußern Radumfang gezogenen
Tangente nähern, in dem andern Falle hingegen sich davon
entfernen würde.
Bei den Versuchen, von denen ich eben gesprochen habe, war das
Wasser durch nichts verhindert, durch die Reibung in die
drehende Bewegung der obern Fläche des Rades ein wenig
mitgerissen zu werden; ich habe zwei ebene, feste Diaphragmen
angebracht, welche dieser Bewegung vorbeugten. Sie schienen mir
einen schädlichen Einfluß auf die dem Rade mitgetheilte Wirkung
auszuüben.
Die Anwendung der Formeln zeigte mir an, daß ich die auf das Rad
übertragene nüzliche Arbeit vermehren würde, indem ich die Größe
der Ausströmungsöffnungen der beweglichen Röhren, während alles
Uebrige dasselbe bleibt, verminderte; ich habe diese Veränderung
gemacht, und der übertragene Nuzeffect stieg von 45 auf 50 Proc.
der aufgewendeten Arbeit. Bei dem so veränderten Modelle gab die
Formel den den verschiedenen Winkelgeschwindigkeiten
entsprechenden Wasseraufwand mit einer weit größeren Annäherung
als das erstemal, nämlich für alle Geschwindigkeiten, die weder
zu groß noch zu klein waren, denn für leztere ist sie
fehlerhaft.
Die Abweichung zwischen der berechneten und der durch den Zaum
gemessenen Arbeit war auch beträchtlich vermindert für
diejenigen Geschwindigkeiten, welche ein wenig unter derjenigen
waren, wobei die Richtung der relativen Geschwindigkeit des
einströmenden Wassers tangential auf die von den Seitenwänden
der Röhren gebildeten Schaufeln gerichtet ist.
Die Rechnung gab einen geringeren Effect als der beobachtete für
kleinere Geschwindigkeiten, und einen viel zu großen für größere
Geschwindigkeiten, wo das Wasser die Schaufeln bei seinem
Eintritt in die Röhren von Hinten traf.
Ich habe die Ausströmungs-Oeffnungen noch mehr
verkleinert; die mit diesem Modelle gemachten Versuche führten
auf eine Untersuchung, welche ich hier nicht vornehmen kann.
Von den Rädern,
welchen das Wasser durch Röhren zugeführt wird.
Ich komme nun auf die mit Röhren zum Zuleiten des Wassers
versehenen Räder.
Ich bemerke zuerst, daß man durch eine sehr einfache Gleichung
das Verhältniß ausdrüken kann, welches zwischen den Flächen der
Einströmungs- und Ausströmungs-Oeffnungen der
beweglichen Röhren, ferner zwischen den Entfernungen dieser
Oeffnungen von der Achse und zwischen den Neigungswinkeln der
Zuleitungs- und der beweglichen Röhren gegen die
Tangenten an den Kreisumfang, welcher durch die
Eintrittsöffnungen der beweglichen Röhren beschrieben wird,
bestehen muß, damit das Rad das Wasser ohne Stoß empfangen und
ohne absolute Geschwindigkeit verlassen kann.
Diese Relation ist:
cot β =
cot α + r₀/r₁ × A/A₁,
in welcher β der Neigungswinkel der Zuleitungsröhren, und
α die Neigung der
beweglichen Röhren gegen die zu der Fläche A (worauf die festen und beweglichen
Röhren endigen) tangirenden Ebenen ist.
Diese Relation sezt allein voraus, daß die Oeffnungen der festen
und der beweglichen Röhren dieselbe Weite in der auf die
Richtung der Umdrehungsgeschwindigkeit w
r₀ senkrechten Richtung
haben, und daß von beiden hinlänglich viele vorhanden sind,
damit man annehmen kann, daß die respectiven Oeffnungen, welche
in einer und derselben Fläche liegen, gegenseitig unter sich in
dem Verhältniß der Sinuse der Neigungswinkel β und α stehen, wie es Euler in seiner in den Denkschriften der Berliner
Akademie im Jahre 1754 erschienenen Abhandlung angenommen hat;
endlich daß alle diese Röhren ganz und gar gefüllt seyen. Diese
Relation ist nicht von den Gesezen der Mechanik abgeleitet, sie
ist folglich unabhängig von der Höhe des Gefälles und von dem
Werthe der Reibungscoefficienten. Es ist ein einfaches
geometrisches Verhältniß, und wenn ihm Genüge geleistet wird,
kann man versichert seyn, daß wenn das Wasser mit einer gewissen
Winkelgeschwindigkeit ohne Stoß in das Rad tritt,
es auch ohne absolute Geschwindigkeit dasselbe verlassen wird,
und umgekehrt.
Die Winkelgeschwindigkeit und der Wasseraufwand, unter welchen
der doppelten Bedingung Genüge geleistet wird, werden von der
Höhe des Gefälles und von den passiven Widerständen, die das
Wasser in der Maschine findet, abhängen. Diese
Winkelgeschwindigkeit könnte selbst imaginär werden, wann einer
der Winkel α oder β gewisse Gränzen
überschreitet, welche von dem Gefälle und von den Reibungen
abhängen; sie kann endlich verschieden von derjenigen seyn,
welche dem Maximum der auf das Rad übertragenen Arbeit
entspricht, und sie wird diese nothwendig übertreffen, wenn das
Volumen des aufgewendeten Wassers sich in demselben Sinne
verändert, wie die Umdrehungsgeschwindigkeit.
Bei wiederholt und sehr sorgfältig angestellten Versuchen mit
einem ähnlichen Rade, welches das Wasser innen aufnahm, um es
außen abzugeben, und wobei der oben gegebenen Gleichung sehr
nahe entsprochen war, fand ich, daß die Geschwindigkeit, welche
dem Maximum der übertragenen Arbeit entspricht, sich wirklich
sehr wenig von derjenigen entfernte, für welche die Summe der
durch den Stoß und die absolute Endgeschwindigkeit des Wassers
verlornen Höhen ein Minimum war. Die beweglichen Röhren dieses
Rades hatten überdieß eine geringe Länge und ziemlich großen
Querschnitt, so daß die Reibung des Wassers in ihrem Innern viel
geringer seyn mußte, als bei den Rädern ohne Zuleitungsröhren,
von denen ich zuerst gesprochen habe. Gleichwohl hat sich der
größte Nuzeffect nur in dem Verhältniß von 50 zu 55 in runder
Zahl vergrößert. Ich schloß daraus, daß das Uebermaaß der
Reibung bei den Rädern ohne Zuleitungsröhren zum Theil durch
eine andere Ursache des Widerstandes in den andern Rädern müsse
ausgeglichen werden, und ich zweifle nicht, daß man es einer
weit größern Verminderung der theoretischen Geschwindigkeit des
Wassers beim Durchgang durch die Zuleitungsröhren werde
zuschreiben müssen. Wenn diese theoretische Geschwindigkeit von
einem Coefficienten abhängt, der nicht viel über 0,80 oder 0,82
beträgt, so folgt daraus der wichtige Schluß, daß diese
Maschinen nur dann mit Vortheil arbeiten können, wenn die
Geschwindigkeit durch die Zuleitungs-Oeffnungen geringer
als die Geschwindigkeit ist, welche aus dem ganzen Gefälle
folgt, und daß folglich der Wasseraufwand weit geringer mit dem
Rade ist, als wenn es weggenommen wäre.
Diese Bemerkungen sind aber auf eine sehr bestimmte Art sowohl
durch meine frühem Versuche bestätigt, als auch durch
diejenigen, wovon ich noch zu berichten habe.
Bekanntlich hat der verstorbene Manoury d'Ectot kurz vor dem Jahre 1812 ein Rad construirt,
welches unter Wasser gehen sollte, aus ebenen verticalen
Schaufeln gebildet war, die zwischen zwei horizontalen Scheiben
angebracht waren und das Wasser von Innen empfing, um es nach
Außen auszugießen. Der Raum zwischen zwei aufeinanderfolgenden
Schaufeln hatte die Form divergirender Aufsäze, und da man im
Voraus nicht versichert seyn kann, daß diese Aufsäze das Wasser
als ganz und gar damit gefüllt ausgießen würden, so ist es wenig
wahrscheinlich, daß die auf die Hypothese der Stetigkeit der
Flüssigkeit gegründeten Berechnungen darauf angewendet werden
können. Aber wenn man das Treibwasser von Außen statt von Innen
eintreten läßt, so daß es sich bei seiner Circulation der Achse
nähert, so wird man convergirende Aufsäze haben, und die
Gleichungen für die Bewegung der Räder mit Röhren werden auf
dieses System anwendbar seyn, welches dann bloß ebene Schaufeln
enthält.
Ich habe ein Modell von einem ähnlichen Rade ausführen lassen,
welches 15 Centimeter im äußern Durchmesser hatte und mit 36
ebenen Schaufeln versehen war, die an dem äußern Umfang der
Scheibe anstoßend nur 7 Millimeter breit waren. Die Flächen der
Schaufeln schnitten den innern Umfang unter einem Winkel von
5°9'. Um das ganze Rad herum brachte ich 36 ebene
Leitschienen an, welche eine kreisrunde Reihe von
Ableitungsrohren bildeten, die um 10° auf die Tangente
geneigt waren; dieser Winkel von 10° war berechnet nach
der Formel
Cot β =
cot α × r₀/r₁ . A/A₁.
Das Modell, unter einem Gefäll von 0,35 Met. angebracht, gab mir,
indem es 2 1/2 Liter Wasser in der Secunde verbrauchte, als
größten Nuzeffect 50 Proc. der aufgewendeten Arbeit. Für die dem
Maximum des Nuzeffectes entsprechende Geschwindigkeit war die
doppelte Bedingung des Eintritts ohne Stoß und des Ausganges
ohne absolute Geschwindigkeit nahezu erfüllt. Als die 36 ebenen
Leitschienen durch 38 Leitschienen ersezt wurden, welche nach
einem Kreisbogen gekrümmt waren, der zu dem innern Umfang
tangirte und auf dem äußern ungefähr normal stand, und die
nöthigen Bedingungen, damit das Wasser ohne Stoß eintreten und
ohne Geschwindigkeit austreten konnte, ebenfalls erfüllt waren,
betrug das Maximum des Nuzeffectes nicht mehr als 43 Proc. Hier
war die Reibung des Wassers durch die beweglichen Röhren gewiß
viel geringer, als in dem ersten Fall; aber die Geschwindigkeit
des Wassers durch die Zuleitungsrohren war fast derjenigen
gleich, welche aus dem Gefälle folgt. Ein directer Versuch,
wobei man das Rad wegnahm und das Wasser frei durch
die Zuleitungsröhren ausströmen ließ, ergab als Werth des
Coefficienten für die Verminderung der theoretischen
Geschwindigkeit 0,826; diese Erfahrungen sind völlig
übereinstimmend mit meiner obigen Bemerkung über die Wichtigkeit
des Gefällverlustes in Folge der Contraction des Wassers bei
seinem Durchgang durch die Zuleitungsröhren.
Von den
Saugmaschinen.
Der beträchtliche Einfluß der Reibung und der Contraction in den
Röhrenmaschinen muß noch um vieles stärker in den Saugmaschinen,
z.B. den Ventilatoren, seyn, wenn der Unterschied zwischen dem
innern und äußern Druk etwas groß ist. In meiner Abhandlung über
die Ventilatoren, und selbst in meinem Traité de l'aérage habe ich diese
Ursache der passiven Widerstände nicht gehörig berüksichtigt.
Ich mußte folglich diese Arbeit noch einmal durchsehen, oder
lieber sie gänzlich umarbeiten. Ich habe bei dieser Gattung von
Maschinen die Erfahrung gemacht, daß es von Vortheil ist, die
Zuleitungsröhren wegzulassen und die Zahl der Flügel so viel als
möglich zu vermindern, was gerade das Umgekehrte von dem ist,
was bei den Treibrädern stattfindet, wo es vortheilhaft ist, sie
sehr zu vermehren. Ich gebe endlich in diesem lezten Theile der
Abhandlung die Theorie und die Regeln zur Construction der
Schraube zum Luftansaugen oder ausblasen, welche kürzlich durch
einen Mechaniker in Belgien, Hrn. Motte, zum Ventiliren der Bergwerksgänge angewendet
wurde, und die, wie ich glaube, schon vorher zum Ventiliren des
untern Raumes der Schiffe von Hrn. Sochet angewendet wurde.
Die Schraube, von welcher es sich hier handelt, arbeitet ganz
anders als die sinnreiche Maschine, welche den Namen ihres
Erfinders, Hrn. Cagniard-Latour, führt; sie ist der
Archimed'schen Schraube analog, wenn das Ende des Rohres ganz in
das Wasser eingetaucht seyn und sie sich um eine verticale Achse
drehen würde. Euler gab eine Theorie
der so wirkenden Schraube im Vten Band des Nouveaux Commentaires de
Pétersbourg. Jakob Bernoulli hat ebenfalls in den Memoiren der Akademie
von Petersburg im Jahre 1786 eine Abhandlung über die Maschine,
die er pitotienne nennt, und welche
auf eine ähnliche Art arbeitet, mitgetheilt.
Endlich hat sich Hr. Navier in den Notes sur l'Architecture hydraulique de
Bélidor damit beschäftigt.
Allgemeine Regeln
zur Construction.
Nachdem ich die Ursachen, welche bei den Rädern mit Röhren jeder
Art Einfluß auf den Effectverlust haben, angezeigt, und die theoretischen Grundsäze ihrer Herstellung gegeben habe, will
ich mit der Angabe eines allgemeinen Grundsazes endigen, der auf
alle diese Apparate anwendbar ist, und die praktische Regel für
ihre Construction bildet.
1) Ein Rad mit Röhren wird für alle Gefälle mit gleichem
Vortheile arbeiten, wenn man die Volume des aufgewendeten
Wassers proportional den Quadratwurzeln der Gefälle nimmt, und
die respectiven Winkelgeschwindigkeiten denselben Quadratwurzeln
proportional;
2) zwei ähnliche Räder, aber von verschiedenen Dimensionen, unter
dasselbe Gefälle gesezt, werden mit gleichem Vortheil arbeiten,
wenn die aufgewendeten Wassermengen proportional den Quadraten
ihrer Lineardimensionen, und die Winkelgeschwindigkeiten im
umgekehrten Verhältnisse eben dieser Dimensionen genommen
werden.
Diese Grundsäze bleiben für alle Reibungs- und
Contractions-Coefficienten gültig. Es ist dabei bloß
vorausgesezt, daß die aus diesen beiden Ursachen entstehenden
Widerstände den Quadraten der Geschwindigkeiten proportional
sind, was nahezu der Fall ist, wenn die Geschwindigkeiten etwas
groß sind.
Aus diesen Voraussezungen kann man folgern, daß wenn man einmal
ein Rad construirt hat, welches mit Vortheil unter einem
bekannten Gefälle und bei einem genau gemessenen Wasseraufwande
functionirt, dieses Rad als Muster für die Construction aller
andern wird dienen können.
Wenn man das Gefälle und die für das zu erbauende Rad
aufzuwendende Wassermenge kennt, so macht man es ähnlich dem
Musterrade; seine Lineardimensionen müssen aber zu den
Dimensionen des ersten Rades im geraden Verhältniß der
Quadratwurzeln der aufzuwendenden Wassermengen und im
umgekehrten Verhältnisse der vierten Wurzeln aus den Höhen des
Gefälles stehen; seine Winkelgeschwindigkeit muß zu der des
Musterrades im geraden Verhältniß der vierten Wurzeln aus den
Kubikzahlen der Höhen des Gefälles, und im umgekehrten
Verhältnisse der Quadratwurzeln aus den Wassermengen stehen.
Ich theile in der Abhandlung (woraus dieser Auszug entnommen ist)
auch die Berechnung und die Einrichtung eines Rades ohne
Zuleitungsröhren mit, welches entworfen ist, um einen Kubikmeter
Wasser bei einem Meter Gefälle zu verbrauchen. Die Einzelheiten
der mit dem Rade verbundenen und sich mit ihm drehenden Schüze,
wodurch man die Höhe des ganzen Rades dem nach der Jahreszeit
veränderlichen Wasservolumen anpassen kann, sind auf der
Zeichnung im zehnten Theile der wirklichen Größe ausgeführt.