Titel: | Ueber Calomelbereitung mittelst Wasserdampf; von Hrn. L. Juvenal Girault. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. LVII., S. 226 |
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LVII.
Ueber Calomelbereitung
mittelst Wasserdampf; von Hrn. L. Juvenal
Girault.
Aus dem Journal de
Pharmacie, Jun. 1841, S. 370.
Girault, über Calomelbereitung mittelst
Wasserdampf.
Der passendste Apparat zur Bereitung des Calomels mittelst
Wasserdämpfen ist derjenige in der Centralapotheke zu Paris; er
ist unbestritten der bequemste und einige Modificationen
abgerechnet, in allen französischen Fabriken eingeführt. Ich
werde hier seine Zusammensezung und seine Behandlung beschreiben
und hoffe nachweisen zu können, daß er zweier nicht
unbedeutender Verbesserungen fähig wäre.
Dieser Apparat besteht nämlich auf der einen Seite aus einer
irdenen, lutirten, kurzhalsigen Retorte, welche gehörig in einen
Reverberirofen eingesezt ist; auf der andern Seite aus einem
Dampfkessel oder der Blase einer Destillirgeräthschaft, welche
nach Belieben Wasserdampf liefert und zu diesem Zwek mit einem
Hahne versehen ist, durch welchen man ihn nach Bedarf auslassen
kann. Zwischen diesen beiden Geräthschaften befindet sich ein
ebenfalls irdener Ballon von 20 Liter Rauminhalt, dessen 50 bis
60 Centimeter (1 Fuß, 6 bis 10 Zoll) langer Hals in ein
ebenfalls irdenes Präcipitirgefäß reicht, und dessen Bauch, der
weiter ist als der Durchmesser dieses Präcipitirgefäßes, auf
dasselbe gesezt wird; der ganze sphärische Theil desselben
befindet sich also außerhalb des Gefäßes, und gestattet durch
zwei einander gegenüber gelegene Seitenöffnungen, auf der einen
Seite dem durch eine Leitung hergeführten Wasserdampf den
Eintritt, auf der andern aber dem durch den sehr kurzen Hals der
Retorte direct zugeführten Calomeldampf. Alle Vorbereitungen
müssen pünktlich gemacht werden und der Calomel wird von der
einen Seite in Dampfgestalt eintreten, das Wasser eben so ihm
gerade gegenüber. Die beiden Dämpfe mischen sich, wenn sie in
den Ballon gelangen; der Calomel verdichtet sich beim
Zusammentreffen mit dem Wasserdampf, weil er die gehörige Wärme
nicht mehr hat, um im luftförmigen Zustande bleiben zu können,
fällt dann in verdichtetem Zustande aus dem Wasserdunste in
Pulverform nieder und wird durch den Hals des Ballons bis auf
den Boden des Gefäßes geführt, dessen unterer Theil einige Zoll
hoch mit Wasser bedekt ist. Der Hals des Ballons taucht nur ein
paar Linien tief in dieses Wasser. Auf diese Weise wirkt dieser
höchst einfache Apparat; es sind aber bei dieser Operation
einige Nebenumstände zu berüksichtigen. Es wurde gesagt, daß der
Hals des Ballons ein paar Linien tief in das am Boden des
Gefäßes befindliche Wasser tauche; dieß geschieht, damit die
Dämpfe sich nicht außerhalb verbreiten können, ehe sie durch
eine Flüssigkeit streichen, welche ihre Verdichtung beendigt;
auch soll er nicht tiefer als ein paar Linien tauchen. Wenn die
Wasser- und die Calomeldämpfe sich in der Flüssigkeit
vollends verdichten, so wird diese durch den von den Dämpfen
abgetretenen Wärmestoff erhizt, wobei sie zu einer Temperatur
gelangt, bei welcher sich der Wasserdampf nicht mehr verdichtet;
dieser bleibt dann im Ballon in Dampfgestalt und sucht durch
Comprimirung der Flüssigkeit zu entweichen; ist nun die Schichte
der Flüssigkeit, welche er zurükzustoßen hat, zu stark, so kann
die Folge des Drukes die seyn, daß der Calomel durch die Poren
der Retorte schwizt; wenn aber die Flüssigkeit nur ein paar
Linien tief geht, so wird sie von dem Dampf von Augenblik zu
Augenblik zurükgestoßen, wobei ein kleines Geräusch stattfindet,
dessen Gleichförmigkeit und Regelmäßigkeit der beste Führer bei
der Operation ist. Ein anderer von der Vermehrung der
Flüssigkeit am Boden des Gefäßes und im Halse des Ballons
herrührender Uebelstand ist folgender. Die Zunahme der
Flüssigkeit ist proportional ihrer Temperatur, weil aus der
Verdichtung des Dampfes folgt, daß je mehr Flüssigkeit vorhanden
ist, desto mehr Dampf verdichtet, desto mehr also auch die
Temperatur erhöht worden seyn muß. Der auf den Rand des untern
Gefäßes nur aufgesezte Ballon kann jenes nicht ganz
verschließen, was übrigens auch nicht seyn dürfte, weil der
nicht condensirte Wasserdampf einen Ausgang haben muß. Da nun
die in dem Gefäße befindliche Flüssigkeit eine vom Siedepunkte
wenig entfernte Temperatur hat, so verdichtet sich beinahe aller
daselbst ankommende Wasserdampf nicht, tritt sogleich aus, nimmt
aber große Quantitäten Sublimat- und Calomeldampfs mit
sich, welche dann für die Operation verloren gehen und dem
Arbeiter sehr schädlich sind.
Um die von dem Druke herrührenden Uebelstände zu beseitigen,
brachte man unten am Gefäße, wo der Hals des Ballons eintaucht
und gerade in der Höhe, in welcher man die Flüssigkeit immer
haben will, eine Glasröhre an, welche mittelst eines
durchbohrten Korkstöpsels in das Gefäß gestekt ist, und die
Flüssigkeit, so oft sie über das anfängliche und gewünschte
Niveau steigt, ableitet, und in einen gefirnißten Zuber führt,
worin man sie wegen der Menge des darin enthaltenen
Queksilberchlorids (Sublimats) aufbewahrt. Dieser als Heber
dienende Indicator leistet offenbar gute Dienste; er verhindert
die Zunahme der Flüssigkeit. Verhindert er aber auch hei dem
bleibenden Theil der Flüssigkeit das Steigen der
Temperatur? Die nicht vollständig condensirten Dämpfe dringen
mit Calomel beladen hinaus und die so verloren gehenden
Quantitäten können, nach dem mittlern Ergebniß von acht bis neun
Operationen, bei einer Destillation von 5 bis 6 Kilogrammen 200
bis 300 Gramme betragen. Die Verschließung des Apparats ist, wie
man wohl einsehen wird, nicht thunlich; der innere Druk des
Dampfes würde das Ausfließen der Flüssigkeit durch den den
Dienst eines Hebers versehenden Indicator zur Folge haben und
die Calomeldämpfe in der sie zu liefern bestimmten Retorte
comprimiren und deren Zerspringen herbeiführen. Es muß daher ein
anderes Mittel gesucht werden. Könnte man nicht das untere
Gefäß, oder wenigstens den untern Theil desselben in einen Zuber
stellen, welcher zur Aufnahme von Wasser eingerichtet wäre und
als Refrigerator diente? Der gläserne Indicator müßte dann durch
die Wände des Refrigerators gehen und außen das Niveau der
Flüssigkeit und die Nothwendigkeit ihres Ausflusses anzeigen.
Auf diese Weise würde das Wasser des Gefäßes stets auf einer
Temperatur erhalten, welche die vollständige Verdichtung der
Dämpfe bewirken könnte und es gingen keine verflüchtigten
Queksilbersalze mehr verloren.
Nur noch ein Wort über die zwei Leitungen für die Dämpfe.
– Die den Wasserdampf zuführende Röhre dringt in den
Ballon durch eine Seitenöffnung, welche jener, die den
Calomeldampf zuführt, gerade gegenüber steht. Diese Anordnung
ist es unbezweifelt, welche oft das Zerspringen der Retorte
herbeiführt. Die den Wasserdampf zuführende Leitung ist manchmal
in ihrer Länge mit einem Hahn versehen, welcher das Andringen
des Dampfes, wenn der Kessel in einer gegebenen Zeit zu viel
liefern sollte, zu verhindern dient; manchmal auch hat die
Leitung, wo sie sich im Ballon endet, keine hinlänglich große
Mündung. In diesen beiden Fällen behält der Dampf, wenn er mit
Gewalt aus einer zu kleinen Mündung eintritt, statt sich
sogleich zu zertheilen, Kraft genug, um quer durch den Ballon
direct in den Hals der Retorte zu dringen, und macht, daß sie
zerspringt, wenn er nicht etwa den Calomel darin verdichtet,
welcher sie dann sogleich verstopft.
Man könnte sicherlich, ohne die Kosten zu erhöhen, entweder den
Wasserdampf von Oben in den Ballon leiten, oder wenigstens die
bisherige Leitung mit einer jener der Gießkannen ähnlichen
Brause endigen lassen. Der zertheilte Dampf hätte nicht die
nöthige Kraft, um als Strahl an die Retorte zu gelangen.