Titel: | Ueber eine neue, wenig kostspielige Construction der Grove'schen Säule. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. LXVII., S. 273 |
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LXVII.
Ueber eine neue, wenig
kostspielige Construction der Grove'schen
Säule.
Aus den Annalen der
Chemie und Pharmacie, Jun. 1841, S.
307.
Mit Abbildungen auf Tab. V.
Ueber eine neue Construction der Grove'schen
Säule.
Es ist bekannt, daß man sich zur Hervorbringung der größten
galvanischen Wirkungen nicht mehr so unbequemer, riesenmäßiger
und dabei so wenig beständiger Apparate zu bedienen braucht, wie
früher, sondern daß man in der neuesten Zeit gelernt hat, mit
kleinen und bequemen Apparaten dieselben Wirkungen zu erhalten.
Am meisten leistet in dieser Art eine Kette nach Angabe des Hrn.
Grove. Sie besteht aus kleinen
Zellen oder Cylindern von gebranntem, Flüssigkeiten einsaugendem
Pfeifenthon, die mit Salpetersäure gefüllt und in andere Gefäße
mit verdünnter Schwefelsäure gestellt werden. In die
Salpetersäure werden Platten oder Streifen von dünnem
Platinblech, in die umgebende verdünnte Schwefelsäure
amalgamirte Zinkplatten gestellt und mit starken Kupferdrähten
die nöthigen Verbindungen gemacht.Poggend. Annal. Bd. XLVIII.
S. 300 und Bd. XLIX. S. 511. Die Kostbarkeit der Platinplatten beschränkte bisher den
Gebrauch dieser sonst so äußerst kräftigen und bequemen Säulen.
Professor Poggendorff hat nun die
wichtige Entdekung gemacht, daß die Platinplatten mit fast
gleichem Erfolg durch Eisenplatten
ersezt werden können.
„Jezt beschäftigen mich,“ schreibt Prof.
Poggendorff vom 1. Mai d. J.
„die Ketten mit zwei Flüssigkeiten, die offenbar
die größte Aufmerksamkeit verdienen und noch so wenig
studirt sind. Ich habe gegen 50 solcher Ketten dargestellt
und gefunden, daß sie fast alle den unschäzbaren Vortheil
gewähren, einen constanten Strom zu geben, so daß man also
genaue Messungen machen kann..... Nur eines von praktischem
Nuzen will ich Dir mittheilen, daß man nämlich in der Grove'schen Säule das theure
Platin sehr wohl durch Eisen, Stahl oder Gußeisen ersezen
kann, sobald man statt der gewöhnlichen Salpetersäure concentrirte rauchende Säure
nimmt. Man kann diese rauchende Säure sogar mit Vortheil mit
1 bis 1 1/2 Theilen gewöhnlicher Salpetersäure verdünnen,
oder so weit, daß das Eisen noch nicht angegriffen wird.
Lezteres ist nothwendig, denn nimmt man die Säure zu dünn,
so wird das Eisen bekanntlich mit großer Heftigkeit
angegriffen. In der starken Säure bleibt das Eisen so blank
wie Platin. Hier die Elemente der besagten Ketten für
concentrirte rauchende Säure und Schwefelsäure
mit vier Theilen Wasser verdünnt. Das Zink war
amalgamirt.
Textabbildung Bd. 81, S. 274
Elektromotorische Kraft; Widerstand; Zink; Platin; Eisen;
Stahl; Gußeisen
„Vom Widerstand kommen Pier 4,36 (Zoll Argentandraht
von 1/6 Linie Durchmesser) auf den Schließungsdraht. Bei gleicher Plattengröße kann man
also 9/10 der Wirkung der Grove'schen Säule mit Eisen erlangen. Das fehlende
Zehntel ist leicht durch Vergrößerung der Platten zu
ersezen. Uebrigens ist der Strom eben so constant, wie bei
der Grove'schen
Säule.“
Indem wir, Prof. Weber und ich, diese
Versuche wiederholten, kamen wir auf die Idee, zu versuchen, ob
nicht auch dann ein starker Strom entsteht, wenn man in beide Flüssigkeiten Eisen tauchen
läßt, indem man die amalgamirte Zinkplatte in der Schwefelsäure
ebenfalls mit einer Eisenplatte vertauscht. Es war
wahrscheinlich, daß sich das Eisen in der concentrirten
Salpetersäure zu dem Eisen in der verdünnten Schwefelsäure wie
Platin zu Zink verhalten werde. Diese Vermuthung hat sich auf
eine überraschende Weise bestätigt; wir bekamen bloß mit Eisen
und seinen zwei Flüssigkeiten eine Kette von der kräftigsten
Wirkung, eine Erscheinung, die für die Theorie der Säule im
Allgemeinen und für die Erforschung der galvanischen Wirkungen
des Eisens insbesondere gewiß von großem Interesse ist. Es sind
zwar schon früher Ketten zusammengestellt worden, bei denen zwei
gleichartige Metalle mit zwei ungleichartigen Flüssigkeiten
combinirt werden (siehe Fechner im
Repertorium der Experimentalphysik S. 454); indessen scheint nur
die Existenz und Richtung des Stroms Interesse erregt zu haben;
die weitere Benuzung und Untersuchung aber durch die Schwäche
und Unbeständigkeit der Wirkung verhindert worden zu seyn. Eine
so starke und constante Wirkung, wie die hier in Rede stehende,
wodurch diese Art von Ketten wirklich brauchbar und nüzlich und
einer genauen Untersuchung fähig werden, ist neu und verdient
besonders beachtet und weiter verfolgt zu werden, wenn anders
nicht Prof. Poggendorff
seine viel umfassende Untersuchung bereits auch hierauf
erstrekt hat. Jeder ist nun in den Stand gesezt, sich mit der
größten Leichtigkeit eine galvanische Kette von großer Kraft und
constanter Wirkung herzustellen. Eine kleine Anzahl von
bogenförmigen Eisenblechstreifen und von Thongefäßen ist dazu
hinreichend; die starke Salpetersäure ist die einzige
bedeutendere Ausgabe, die in Betracht kommt.
Die nähere Einrichtung unseres Apparats war folgende:
Wir ließen starkes und blank gescheuertes Eisenblech in Gestalt
von Fig. a schneiden und dann die
beiden Platten zu Cylindern zusammenbiegen, so daß sie durch den
schmalen bogenförmig geformten Streifen verbunden blieben, wie
Fig. b, c zeigt. Die schmäleren
Cylinder c wurden in die
Salpetersäure der Thongefäße gestellt, die breiteren Cylinder
b aber tauchten in die verdünnte
Schwefelsäure und umgaben die Thongefäße, die in Bechergläsern
in dieser Säure standen. Die größeren Eisencylinder hatten
ungefähr nur drei Quadratzoll Oberfläche. Zwei solcher Paare
brachten einen dünnen Platindraht, 2 Zoll lang, zum Weißglühen
und bewirkten eine sehr lebhafte Zersezung des Wassers.
Die Entwikelung von Wasserstoffgas an der in der Schwefelsäure
stehenden Platte ist nur sehr schwach. Sie kann ganz vermieden
werden, wenn man verzinntes
Eisenblech (Weißblech) anwendet, bei welchem der Zinnüberzug
dieselbe Wirkung hervorbringt, wie die Amalgamation beim Zink,
ja es scheint vor diesem noch Vorzüge zu besizen. Apparate ganz
von Gußeisen werden wahrscheinlich die zwekmäßigsten seyn.
Unsere Thoncylinder waren von den vortrefflichen, die in Berlin
gemacht werden. Die Masse scheint verglühte Porzellanmasse zu
seyn. Uebrigens kann man vielleicht zur Noth auch hessische
Schmelztiegel anwenden.
W.