Titel: | Entfärbung und neue Anwendung des Palmöhls; von Hrn. Payen. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. LXXII., S. 302 |
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LXXII.
Entfärbung und neue Anwendung
des Palmöhls; von Hrn. Payen.
Aus den Annales de
Chimie et de Physique. Mai 1841, S.
53.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
Payen, Entfärbung und neue Anwendung des
Palmöhls.
Bekanntlich wird diese fette, butterartige, orangefarbige
Substanz, welche einen eigenthümlichen aromatischen Geruch
besizt, aus der Frucht eines in den afrikanischen Tropenländern
wachsenden Palmbaums, Elais
guiënensis (von ἐλαια, Oehlbaum),
gewonnen; durch die Versuche der HHrn. Pelouze, Boudet und Fremy
haben wir sie in chemischer Hinsicht kennen gelernt. Das Palmöhl
bildet an den afrikanischen Küsten einen bedeutenden
Handelsartikel. England allein erhielt davon im Jahre 1836
17,500,000 Kilogr. durch 87 Schiffe, welche je 200 Tonnen
geladen hatten, zugeführt; bisher wurde es vorzüglich zu Seife,
welcher es seine Farbe und seinen eigenthümlichen Geruch
mittheilt, verarbeitet.
Diese Seife ist durch ihre Eigenschaften von den weißen und
marmorirten Seifen, wie man sie in Frankreich gewohnt ist, so
verschieden, daß der Fabrication dieser gelben Seife in
Frankreich keine Ausdehnung gegeben werden konnte; im J. 1836
belief sich die Consumtion des Palmöhls nur auf 86,000 Kilogr.;
sie stieg zwar im Jahre 1838 auf 332,500 Kilogr.; ging aber 1839
wieder auf 193,700 Kilogr. zurük, was kaum ein halbes Procent
der in unsern Seifenfabriken verarbeiteten Fettstoffe ausmacht;
und dennoch ist das Palmöhl sehr leicht zur Bereitung guter
Seifen anwendbar, welche vielleicht nur zu hart dadurch
werden.
Ein neues Mittel, welches in England schon mit gutem Erfolg
angewandt wurde, macht mehrere Mängel des Palmöhls verschwinden;
und dasselbe wird dadurch neuer Anwendungen fähig. Ich verdanke
der Güte des Hrn. Spence, eines
ausgezeichneten englischen Fabrikanten, die ersten Hinweisungen
zu diesem Verfahren, und habe mich sogleich bemüht, durch
Versuche die Bedingungen des guten Erfolgs zu ermitteln. Es ist
mir also ein Leichtes, die Operation und den,
übrigens einfachen, Apparat so zu beschreiben, wie sie im Großen
auszuführen sind.
Man bringt in der freien Luft, in der Nähe eines Dampfkessels F, Fig.
43, mehrere große Behälter von dikem Holze A an, ähnlich den Bottichen der
Bierbrauer, welche sie zum Abkühlen der Bierwürze vor der
Gährung anwenden. Diese Bottiche ruhen auf Unterlagern und haben
ungefähr 30 Centimeter (11 franz. Zoll) Tiefe und eine der Menge
des zu entfärbenden Oehls entsprechende Weite. Eine
schlangenförmige Bleiröhre ist auf dem Boden dieses Reservoirs
angebracht, und steht an einem Ende mit dem Dampfkessel in
Verbindung, so daß man sie nach Belieben mit Dampf anfüllen
kann, während ihr anderes Ende C mit
dem Apparate communicirt, wodurch das verdichtete Wasser in den
Dampfkessel zurükgeleitet wird.
Man füllt diese Bottiche ungefähr 20 Centimeter (7 Zoll) hoch an,
läßt durch Oeffnen eines Hahns Dampf in die Bleiröhre treten und
bringt, während sich das Wasser in den Bottichen erwärmt,
Palmöhl in solcher Quantität hinein, daß es in geschmolzenem
Zustande eine 5 Centimeter (1 Zoll 10 Lin.) dike Lage bilden
kann. Die Temperatur wird so gleichmäßig als möglich auf
80° R. erhalten; diese Temperatur begünstigt die
Einwirkung der Luft und des Lichts; die Entfärbung des Oehls
geht rasch vor sich und ist in zehn bis fünfzehn Stunden
vollendet. Ein Mittel die Temperatur in den Bottichen gehörig zu
reguliren, wäre, in jedem derselben einen doppelten Eintritt des
Dampfes, so wie auch zwei Rükleitungen des Condensationswassers
anzubringen, so daß zwei Circulationen in entgegengesezter
Richtung stattfänden. Eine ziemlich eben so schnelle Einwirkung
bemerkte ich in Gefäßen, welche mit Scheibenglas bedekt waren,
welches jedoch dem Zutritt der freien Luft nicht hinderlich war;
es möchte daher von Nuzen seyn, einem Theile des Verlustes an
Wärme durch Bedeken der Bottiche mit beglasten Rahmen
vorzubeugen.
Es war mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen, daß unter unserm
weniger nebligen Himmel, als dem Londoner, das Licht schneller
einwirken müsse, und wirklich schien mir die zweitägige, allemal
zehn Stunden dauernde Erhizung auf 80° R. stets eben so
wirksam gewesen zu seyn, als die dreitägige in der englischen
Fabrik.
Das entfärbte Oehl behält eine
blaßgelbe Farbe, welche sich beim Erkalten und Erstarren der
Masse ins Graulichweiße umändert. Die so entfärbte Masse wird in
2 bis 3 Kilogr. schwere Stüke zerschnitten, welche man in
Leinenzeug einwikelt und auf die Tafel einer hydraulischen
Presse G in durch Zinkplatten von
einander getrennten Lagen bringt; man preßt anfangs gelinde bei
einer Temperatur von 10–12° R. und läßt dann
die Presse ihre stärkste Kraft erreichen. Man nimmt hierauf die
Tafel ab und bringt die Preßkuchen der festen Säure in eine auf
24° R. erwärmte Trokenstube, wo sie eine zweite, eben so
starke Pressung erfahren und ein dikeres Oehl ausfließen
lassen.
Diese Preßkuchen dienen zur Darstellung einer neuen Art Kerzen;
zu diesem Zwek läßt man sie im Wasser schmelzen, die schwebenden
Körper sich absezen, decantirt und gießt die mit 5 Proc. Wachs
versezte Flüssigkeit in Lichterformen, welche mit geflochtenen
Dochten, ähnlich jenen der Stearinkerzen, versehen sind. Die
durch das Pressen abgetrennten Oehle werden zur Bereitung einer
weißen marmorirten Seife, welche der zweiten Qualität der
Marseiller Seife ähnlich ist, verbraucht.
Ich glaubte, durch einige Ziffern Anhaltspunkte geben zu sollen,
was von den Resultaten dieses neuen Verfahrens zu halten
sey.
Von zwei Mustern des rohen Oehls, dessen Schmelzpunkt 21 bis
24° R. war, und welche ich nach dem Bleichen und
Festwerden einer allmählich zunehmenden starken Pressung
unterwarf, erhielt ich von 100 Gewichtstheilen 30 Theile einer
weißlichen festen Substanz, die etwas zähe, jedoch weniger als
das Wachs, und bei + 39,5° R. schmelzbar war.
Die öhlartige Substanz, welche unter der Presse bei + 12°
R. ausfloß, war flüssig, etwas gelblich, leicht verseifbar und
gab eine weißliche, sehr schwach aromatisch riechende Seife.
Dasselbe Verfahren gab mir bei mehreren anderen Oehlen weniger
befriedigende Resultate. Das Oehl der madia sativa wurde zwar seiner gelben Farbe beraubt,
bekam aber einen ziemlich starken ranzigen Geruch; es war nun
viel leichter zu verseifen und lieferte eine weiße harte Seife,
welche den von der Ranzigkeit des Oehls herrührenden Geruch noch
etwas beibehalten hatte.
Das Leinöhl wurde nur unvollkommen entfärbt.
Das Baumöhl wurde, indem es sich entfärbte, ziemlich stark
ranzig.
Die Entfärbung ging bei allen Versuchen um so langsamer vor sich,
je diker die Oehlschichte war; dieselben Oehle wurden, dem Licht
und einer Temperatur von 80° R. in verschlossenen
Glasgefäßen ausgesezt, nicht merklich entfärbt; das Baumöhl
wurde grün gefärbt.
Gemeiner Fischthran konnte sowohl an der Luft, als in
verschlossenen durchsichtigen Gefäßen durch dieses Mittel weder
von seiner Farbe, noch von seinem widrigen Geruch befreit
werden.