Titel: | Ueber den Bau und die Anwendung der Silos im nördlichen Frankreich; von Hrn. d'Arcet. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. LXXXIV., S. 337 |
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LXXXIV.
Ueber den Bau und die
Anwendung der Silos im nördlichen Frankreich; von Hrn. d'Arcet.
Aus dem Recueil de la
Société polytechnique. April 1841, S.
45.
Mit Abbildungen auf Tab. VI.
d'Arcet, über den Bau und die Anwendung der
Silos.
Hr. Ternaux, welcher sich um das Jahr 1820 mit der
Erbauung von Silos und der Aufbewahrung des Getreides sehr
thätig beschäftigte, zog mich oft wegen der Maßregeln zu Rathe,
um dieses treffliche Mittel, die Grundbesizer vor allen von der
Aufbewahrung des Getreides auf den Kornböden herrührenden
Uebelständen zu bewahren, unserem Klima anzueignen; ich stellte
damals, um Hrn. Ternaux behülflich zu seyn, eine Menge Versuche
an. Hier folgt nun das Ergebniß dieser Arbeit und die
Beschreibung der allen Anforderungen am besten entsprechenden
Verfahrungsweisen.
Ich suchte zuvörderst ein gutes Mittel zur Vernichtung des
Kornwurms, den ich bis in den Mittelpunkt der Getreidehaufen
verfolgte. Ich fand, daß er den meisten tödtlichen Agentien,
deren Wirkung man ihn aussezte, mächtig widersteht; in solchen
Fällen erstarrte er und schien todt, gewann aber schnell wieder
seine natürliche Kraft, wenn man ihn wieder der Luft und
namentlich dem Sonnenlichte aussezte;
auf diese Weise sah ich den Kornwurm der austroknenden
Einwirkung des Chlorcalciums widerstehen, in Flaschen fortleben,
durch welche man Ströme von Kohlensäure, Stikstoff, Wasserstoff,
und selbst mit Queksilberdampf stark beladener heißer Luft
treten ließ; jedoch fand ich, daß die schweflige Säure, sogar in
geringer Dosis, die Eigenschaft besizt, den Kornwurm schnell zu
tödten, und diese Thatsache benuzte ich, um darauf den Plan zum
Bau eines undurchdringlichen Silo's zu gründen, in welchem das
Getreide auf den gehörigen Grad getroknet, alle Kornwürmer,
welche mit dem Getreide hineingekommen seyn könnten, getödtet,
und dann das Getreide ohne Berührung mit der Luft aufbewahrt
werden sollte, indem der Silo vor seiner Verschließung mit einem
Gemisch von Stikstoff und Kohlensäure erfüllt würde.
Bau des Silo's. Ich schlug vor, den
Silo in einem vor der Einsikerung des Wassers gesicherten
Erdreiche zu erbauen; der Bau würde unter Benuzung der von der
hydraulischen Baukunst dargebotenen Hülfsmittel geführt und das
ganze Innere des Silo's mit kleinen gerauhten Bruchsteinen
bekleidet, welche vorher warm bis auf einen Centimeter (4 Par.
Linien) Dike an der sichtbaren Seite in die wasserabhaltende
MischungPolytechn. Journal Bd.
XX. S. 280. getaucht werden, die Hr. Thenard und ich mit so gutem
Erfolge zum Ueberziehen der Pantheonkuppel anwandten, auf welche
Hr. Gros
sein Bild malen mußte. Die Fugen dieser Bekleidung würden mit
dem Dihl'schen Kitt ausgefüllt,
welcher aus feingemahlenen Porzellankapselscherben, mit
Leinöhlfirniß angemacht, besteht, und das ganze Innere des
Silo's wäre auf diese Weise aller Feuchtigkeit vollkommen
unzugänglich. Den im Bau Vollendeten Silo müßte man einige Tage
offen stehen lassen, damit die Luft darin circuliren und der
wasserabhaltende Ueberzug seinen Geruch verlieren und so fest
wie möglich werden kann.Der wasserabhaltende Ueberzug, welcher vor 27 Jahren an
der großen Kuppel des Pantheons angewandt wurde, hat das
bewunderungswürdige Gemälde, welches ihre ganze Fläche
einnimmt, vollkommen gegen äußere Feuchtigkeit geschüzt.
Dieser Ueberzug wurde dargestellt durch
Zusammenschmelzen von 100 Theilen gelben Wachses und 300
Theilen (mit 30 Theilen Bleiglätte gekochten) Leinöhls.
Der 12 Millimeter tief in den Stein dringende Ueberzug
kam auf 4 Fr. per □
Meter zu stehen. Sollte man diesen Preis zu hoch finden,
so könnte man anstatt dieser Composition eine der
folgenden anwenden:2te Composition. 100 Theile Seife, Talg und Kalk in 400
Theilen Leinöhl aufgelöst, das zuvor mit 1/10 seines
Gewichts Bleiglätte gekocht wurde. Dieser Ueberzug käme
auf 2 Fr. 50 Cent. per
□ Meter zu stehen.3te Composition. 100 Th. Harz in 100 Th., mit 10 Th.
Bleiglätte gekochten Leinöhls aufgelöst. – Von
diesem Ueberzuge kostete der □ Meter 1 Fr. 50
Cent.4te Composition. 300 Th. Kalk- und Talgseife,
aufgelöst in 400 Th. Oehlsäure. Von diesem Ueberzuge
käme der □ Meter nur auf 2 Fr. 25 Cent, zu
stehen.5te Composition. Oehlsaurer Kalk, aus 100 Th. Oehlsäure
und 8 Th. Kalkhydrat bereitet. – Von diesem
Ueberzuge würde der □ Meter nur 1 Fr. 74 Cent.
kosten.6te Composition. Bei dieser müßte man anders zu Werke
gehen, als bei den obigen. Man würde den Stein mit
kalter oder warmer Oehlsäure bis zur gehörigen Dike
überziehen und nur die sichtbaren Poren des Steins mit
der beinahe kalt anzuwendenden Composition Nr. 1
verstopfen.Ich könnte noch viele andere gute Vorschriften
mittheilen, glaube aber, daß man sich bei so wichtigen
Dingen und bis die neuen Vorschriften mit der Zeit
bewährt gefunden worden sind, an die drei ersten halten
muß, deren Güte durch lange Erfahrung constatirt
ist.
Nachdem der Silo auf besagte Weise hergestellt wäre, dann würde 1
Decimeter (4 Zoll) über seinen unteren Theil ein kreisrunder
falscher Boden aus vollkommen trokenen, diken Brettern von
weichem Holz angebracht, welcher von (aus Baksteinen solid
erbauten) Pfeilern getragen wird und in seinem ganzen Umkreise
die aufsteigenden Wände berührt. Dieser falsche Boden bekäme in
seiner Mitte ein 6 Centimeter (2 Zoll) im Durchmesser weites
Loch; ferner müßte man den Boden mit ungleichen Löchern
durchbohren, welche auf acht gleichweit von einander entfernte
Radien kämen, und auf jedem Radius eine Reihe, von der Mitte
gegen den Umkreis zunehmender Löcher machen. Die Summe des
Flächenraumes dieser Reihen ungleicher Löcher dürfte höchstens 1
Quadratdecimeter ausmachen.
Anwendung dieses
Silo's. Um diesen Silo anzuwenden, würde man in
seinen Mittelpunkt ein Rohr von starkem Eisenblech und 6
Centimeter Durchmesser anbringen, welches mittelst eines Halses
auf das Mittelloch des falschen, hölzernen Bodens befestigt
wird, senkrecht die ganze Höhe des Silo's hinaufgeht, bis auf
einige Centimeter unterhalb des ersten Schlußdekels. Man würde
dann den Silo mit Getreide anfüllen, überall sorgfältig recht
trokene Strohmatten zwischen die Wände und das Getreide bringen,
und das Blechrohr stets ganz vertical in der Achse des Silo's
erhalten.
Gesezt nun, es sey der ungünstigste Fall vorhanden, d.h. man habe
zu feuchtes und vom Kornwurm schon angegriffenes Getreide
aufzubewahren, so würde ich diesem Uebelstande, wie folgt,
abhelfen.
Ich würde auf einem kleinen Karren einen Ventilirofen anbringen,
welcher nach Belieben warme Luft, schweflige Säure oder ein
Gemisch von Stikstoff und Kohlensäure ausgibt und mich des einen
Rades als Kurbel und als Windflügel bedienenDieser Ventilirapparat könnte, wenn er einmal angeschafft
ist, den Pächtern eines ganzen Bezirks Dienste leisten.
Sein Nuzen würde sich übrigens nicht auf den Gebrauch in
den Silos allein beschränken, sondern er könnte mit
vielem Vortheil auch zur Reinigung der Kloaken, zur
Wiederherstellung der verdorbenen Luft in Brunnen und
Kellern, zum Einblasen der schwefligen Säure in
inficirte Räume u. dergl. gebraucht werden. (Man
vergleiche hierüber S. 52 in diesem Bande des polytechn.
Journals. D. Red.); nachdem der Karren in die Nähe des Silo's gebracht
und mittelst eines gebogenen Rohres die Communication zwischen
dem Gebläse und dem Blechrohr in der Achse des Silo's
hergestellt ist, würde ich das Getreide im Silo selbst gehörig
auszutroknen anfangen, indem ich mechanisch eine ziemlich große
Menge erwärmter Luft hineinleitete, welche mittelst der
erwähnten ungleichen Löcher symmetrisch vertheilt würde. Nachdem
nun das Getreide auf einen ziemlichen Grad von Austroknung
gebracht wäre, was man daran erkennt, daß nicht viel
Feuchtigkeit mehr in dem aus dem Silo tretenden
Ventilationsstrome vorhanden ist, dann würde ich an die Stelle
des warmen Luftstromes einen Strom schwefliger Säure zur Tödtung
des Kornwurms treten lassen. Hierauf würde ich dann, ohne den
Apparat vom Plaze zu bringen, die im Silo befindliche schweflige
Säure mittelst eines Stromes von Stikgas und Kohlensäuregas
austreiben, welchen ich bis zur gänzlichen Entfernung jener
Säure fortdauern ließe. Hiemit wäre die Operation beendigt; der
Silo müßte dann sorgfältig verschlossen, die obere und
Schlußscheibe gut vermauert und dann mit einer ziemlich diken
Lage loser, stark zusammengedrükter Erde bedekt werden.
Alles hier Gesagte, so complicirt es auch scheinen mag, wäre
dennoch in der Ausführung sehr einfach; leider wurden meine
Schritte, um diese Getreide-Aufbewahrungsmethode im
Großen auszuführen, nicht gewürdigt, und ich konnte sie bisher
nur im Kleinen versuchen, wobei sie sich aber vollkommen
bewährte.
Ich hätte der Société
d'Agriculture diese unvollkommene und im Grunde nichts
Neues enthaltende Arbeit nicht vorgelegt, wenn mich die Hoffnung
nicht ermuthigt hätte, daß die Gesellschaft sich bei der
Regierung um Errichtung solcher Silos um so mehr verwenden
werde, als dieselbe mit der Befestigung der Hauptstadt sehr
verknüpft ist. Die Anlegung von Vorräthen an Mehl wäre
allerdings wünschenswerther, ist aber nicht ausführbar. Ferner
würden, da leere Räume nicht theurer
kommen, als volle, eine Menge Silos
in den Grundmauern der Befestigung beinahe kostenlos hergestellt
und theilweise noch an Private vermiethet werden können. (Der
Hr. Verf. führt diese Vorschläge weiter aus.) Vorzüglich würde
durch Erbauung der Silos die Getreideproduction und der Handel
damit im nördlichen Frankreich gut geregelt werden können.
Erklärung der
Abbildungen.
Fig. 38 verticaler Durchschnitt des Silo's nach der
Linie AB der Figuren
39 und 41.
Bei a, a sieht man den Durchschnitt
der Bausteine der Bekleidung, welche 12 Millimeter tief von der
wasserabhaltenden Composition durchdrungen sind. – b, b Pfeiler von Baksteinen, welche den falschen hölzernen Boden c stüzen. – c, c falscher Boden von Holz mit den
oben beschriebenen Löchern. – d,
d das Rohr von Eisenblech (s. oben), an dem falschen
Boden durch den Hals e befestigt.
Dieses Rohr besteht aus zwei Theilen, welche bei f nach Belieben in einander
geschoben werden können. Um den Silo leichter anfüllen zu
können, sezt man den oberen Theil des Rohrs nicht eher auf, als
wenn die Arbeiter aus dem Inneren des Silo's kommen und ihn nur
durch Einschütten des Getreides von außerhalb der Grube vollends
anfüllen. – g, compacte
steinerne Scheibe zur ersten Verschließung des Silo's. Wenn
dieser Stein an seine Stelle gesezt ist, so füllt man den
zwischen dem Rande desselben und der Wand des Silo's leer
bleibenden Raum mit Kleie aus und der steinerne Dekel wird dann
ringsum noch mit Gyps oder Mörtel verstrichen. – h, h Raum, in welchen ein leinener
Sak kommt, der zu drei Viertheilen mit sehr trokenem
Kohlenpulver angefüllt wird; diesen Sak legt man zusammengedrükt
auf den ersten Schließdekel. – i Scheibe von compactem Stein zur zweiten
Verschließung des Silo's. Der freie Raum um ihren Rand ist mit
Kleie auszufüllen, worauf man sie noch mit Gyps verstreicht, wie
g. – k lose Erde, stark zusammengedrükt.
Zur größeren Sicherheit wäre es gut, dieser Erdbedekung eine
konische Form zu geben und sie mit einer über die Oberfläche des
Silo's hinausgehenden Lage von Gyps oder Mörtel zu bedeken.
Fig. 39 Grundriß des Silobodens; die Buchstaben
bezeichnen dieselben Gegenstände wie in Fig.
38.
Fig. 40 Anpassung des Eisenblechrohrs d an den Mittelpunkt des falschen
Bodens c.
Fig. 41 Grundriß des falschen Bodens c. (Siehe oben die
Beschreibung.)
Der beschriebene Silo hätte 88 Quadratmeter innerer Oberfläche
und könnte 670 Hektoliter Getreide aufnehmen. Mit der theuersten
wasserabhaltenden Composition würde es 360 Fr. kosten, seine
ganze innere Oberfläche dem Wasser vollkommen unzugänglich zu
machen. Mit der Composition Nr. 3 käme es aber nur auf 132
Fr.
Ein hohler Kubus von 10 Meter Seite hat 600 Quadratmeter innerer
Oberfläche, 1000 Kubikmeter Rauminhalt, und kann 10,000
Hektoliter Getreide aufnehmen. Die Wände eines so großen Silo's
wasserdicht zu machen, würde mit der Composition Nr. 3 nur 900
Fr. kosten.
Es wurde vorgeschlagen, die Silos, um sie wasserdicht zu machen,
mit Blei zu belegen; außer den hiedurch sich viel höher
berechnenden Kosten würde man aber noch beständig befürchten
müssen, daß sich darin das der Gesundheit so
schädliche kohlensaure Blei bilden könnte.