Titel: | Bereitung des Kalotyppapiers und Gebrauch desselben; von H. F. Talbot Esq. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. XCI., S. 360 |
Download: | XML |
XCI.
Bereitung des Kalotyppapiers
und Gebrauch desselben; von H. F. Talbot
Esq.
Aus the Athenaeum
1841, No. 716.
Talbot's Bereitung des
Kalotyppapiers.
Bereitung des Papiers. – Man
nehme einen Bogen des besten Schreibpapiers von glatter
Oberfläche und dichter, gleichförmiger Textur, schneide das
Wasserzeichen, wenn ein solches vorhanden, hinweg, damit es das
Erscheinen des Bildes nicht beeinträchtige. Man löse ferner 100
Gran krystallisirtes salpetersaures Silber in 6 Unzen
destillirten Wassers auf, bestreiche das Papier mit dieser
Auflösung mittelst eines zarten Pinsels auf einer Seite und
mache ein Zeichen auf diese Seite, um sie wieder zu erkennen.
Nun trokne man das Papier vorsichtig an einem entfernten Feuer,
oder lasse es in einem dunkeln Zimmer freiwillig troknen. Wenn
es ganz oder doch beinahe troken ist, tauche man es in eine
Auflösung von 500 Gran Jodkalium in 7000 Gran Wassers und lasse
es 2 oder 3 Minuten darin, dann tauche man es in ein Gefäß mit
Wasser, trokne es etwas zwischen Löschpapier, und
dann vollends an einem Feuer, welchem es auch ohne Beschädigung
ziemlich nahe gebracht werden kann; auch kann man es freiwillig
troknen lassen. Alles dieß geschieht am besten Abends bei
Kerzenlicht. Das so präparirte Papier nennt der Verf. jodirtes Papier, weil es einen
gleichförmigen, blaßgelben Silberjodid-Ueberzug hat. Es
ist gegen das Licht sehr wenig empfindlich, soll aber doch bis
zu seinem Gebrauche in einem Portefeuille oder in einer
Schieblade aufbewahrt werden; so vor dem Lichte geschüzt kann
es, so lange man will, ohne zu verderben oder eine Veränderung
zu erleiden, erhalten werden. Der zweite Theil der Zubereitung
dieses Papiers wird am zwekmäßigsten bis kurze Zeit vor dem
Gebrauche desselben verschoben. Man verfährt dann wie folgt: 100
Gran krystallisirtes salpetersaures Silber löse man in 2 Unzen
destillirten Wassers auf, und seze dieser Auflösung ein
Sechstheil ihres Volumens starker Essigsäure zu; der Verf. nennt
diese Mischung A. Dann bereite man
eine gesättigte Auflösung von krystallisirter Gallussäure in
kaltem destillirtem Wasser, welche er B nennt. Soll nun ein Bogen Papier gebraucht werden,
so werden gleiche Volume der Flüssigkeiten A und B
gemischt; man mische aber nur wenig von denselben auf einmal,
weil sich die Mischung nicht lange hält, ohne zu verderben. Ich
nenne diese Mischung das Silbergallonitrat. Nun bestreiche man einen Bogen
jodirten Papiers mit dieser mittelst eines zarten Pinsels auf
der bezeichneten Seite. Auch dieß geschehe bei Kerzenlicht. Man
lasse das Papier eine halbe Minute liegen, dann tauche man es in
Wasser, trokne es etwas zwischen Löschpapier, und endlich
vorsichtig am Feuer, von welchem man es in bedeutender
Entfernung hält. Es ist dann fertig. In einer Presse kann man
dasselbe oft einen Monat oder noch länger aufbewahren. Doch ist
es besser, es nur wenige Stunden vor dem Gebrauche zu bereiten.
Wird es sogleich gebraucht, so kann die lezte Troknung erspart
und das Papier noch feucht angewandt werden. Statt der
Gallussäure für die Flüssigkeit B
kann auch mit Wasser verdünnte Gallustinctur genommen werden; doch glaubt der Verf.
nicht, daß das Resultat völlig eben so gut ausfällt.
Gebrauch dieses Papiers. – Die
Empfindlichkeit desselben übertrifft die jedes anderen bisher
beschriebenen um das Hundertfache oder mehr. Um den noch nicht
sichtbar gewordenen Eindruk des Lichts sichtbar zu machen, wird
das Papier noch einmal mit dem Silbergallonitrat bestrichen, worauf in einigen
Secunden diejenigen Theile des Papiers, welche den Lichteindruk
empfangen haben, zu dunkeln anfangen und dann ganz schwarz
werden, während die anderen Theile weiß bleiben. Sogar ein
schwächerer Eindruk kann durch wiederholtes Waschen mit
dieser Flüssigkeit und nachheriges Erwärmen zu Tage gefördert
werden. Ein stärkerer Eindruk hingegen bedarf nur des
Bestreichens, aber nicht des Erwärmens. Ein Beweis von der
Empfindlichkeit des Papiers ist die vom Verf. behauptete
Thatsache, daß das gewöhnliche, nicht durch eine Linse
concentrirte, Mondlicht darauf einwirke. Ein auf das Papier
gelegtes Blatt bildet sich dabei in 1/4 oder 1/2 Stunde ab. Bei
der Aufnahme von Bildern in der Camera
obscura ist bei einer Oeffnung der Objectivlinse von 1
Zoll, und einer Brennweite von 15 Zoll, im Sommer eine Minute reichlich genug, um ein
scharfes Bild von einem Gebäude u. dergl. zu geben. Wenn die
Oeffnung ein Drittheil der Brennweite beträgt und der Gegenstand
sehr weiß ist, wie z.B. eine Gypsbüste, so scheint ihm eine Secunde schon zu genügen. Wenn
das Bild die gehörige Schärfe und Deutlichkeit besizt, so muß
der Einwirkung durch Bestreichen mit der fixirenden Flüssigkeit
Einhalt gethan werden.
Fixirverfahren. – Behufs der
Fixirung muß es vorher mit Wasser bestrichen, dann zwischen
Löschpapier etwas getroknet, hierauf mit einer Auflösung von 100
Gran Bromkalium in 8 oder 10 Unzen Wasser bestrichen werden.
Nach 1 oder 2 Minuten wird es wieder in Wasser getaucht und
endlich getroknet. Das Bild ist dann stark fixirt mit dem großen
Vorzug, noch durchsichtig zu seyn und daher leicht copirt werden
zu können. Das Kalotypbild ist negativ, d.h. die natürlichen Lichter sind auf
demselben Schatten; die Copien aber sind positiv, indem hier die Lichter der Natur entsprechen.
Die Copien können in sehr kurzer Zeit auf Kalotyppapier gemacht
werden, wo dann die unsichtbare Einwirkung auf besagte Weise
sichtbar gemacht wird; jedoch zieht es der Verf. vor, hiezu das
ursprünglich im Jahre 1839 beschriebene photographische Papier
zu benuzen, welches durch Bestreichen von Schreibpapier zuerst
mit einer schwachen Kochsalzlösung und dann mit
Silbernitratlösung bereitet wird. Wenn es schon viel länger
dauert, bis die Copie sich bildet, so sind doch bei der fertigen
Copie die Töne harmonischer und dem Auge gefälliger. Man bedarf
je nach den Umständen 3 bis 30 Minuten Sonnenschein, um mit
diesem Papier eine gute Copie zu erhalten. Die Copie wird
gewaschen, getroknet und das Fixiren (welches einen Tag
verschoben werden kann) geschieht wie oben. Um die Copie zu
machen, legt man das Bild auf das photographische Papier, mit
einem Brett darunter und einer Glastafel darüber, und preßt die
Papiere mit Schrauben oder dergleichen stark zusammen. Nachdem
ein Kalotypbild einige Copien gegeben hat, wird es manchmal
schwächer und kann nicht mehr wohl copirt werden. Es kann aber
(wie oben schon gesagt) wieder belebt werden; man braucht es nur
bei Kerzenlicht wieder mit Silbergallonitrat zu bestreichen und
zu erwärmen.
Mehrere Beobachtungen, welche der Verf. am Schlusse anführt,
beweisen, daß das getroknete Papier dem feuchten in der
Empfindlichkeit gleichsteht, oder es noch übertrifft, mit dem
Unterschiede, daß es eine mehr befähigende als wirkliche
Einwirkung des Lichts erfährt, welche also durch einen ferneren
Proceß erst entwikelt werden muß.