Titel: | Joest's Patent-Treibapparat für Schiffe. |
Fundstelle: | Band 84, Jahrgang 1842, Nr. XVI., S. 92 |
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XVI.
Joest's Patent-Treibapparat fuͤr
Schiffe.
Aus dem Mechanics' Magazine. Nov. 1841, S.
386.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Joest's Patent-Treibapparat für Schiffe.
Vorliegende Verbesserungen schließen vier verschiedene Constructionen in sich, welche
den Patentträgern von den Erfindern M. A. W. Beyse und
Dr. O. Garthe in Köln
mitgetheilt wurden. In der Specification, wovon hier ein Auszug folgt, werden diese
Treibapparate bezeichnet: als „doppelter Fischschwanz“ (double Fish-tail),
„Röhrenschraube“ (Syphon-Screw) und „Schaufelrad mit doppelt
eingeschnittenen Schaufeln“; lezteres ist entweder vertical oder
horizontal.
Fig. 33 ist
der senkrechte Durchschnitt und Fig. 34 der Grundriß
eines Theiles eines Dampfbootes, an welchem alle diese vier Treibmethoden angebracht
sind.
Der doppelte aus Holz oder Metall herzustellende Fischschwanztreiber hat die Gestalt
eines hohlen Prisma's E, F,
an welchem die Flügel (fans or flags) H, G beweglich sind, die
vermittelst einer Kette unter sich in Verbindung stehen. Sie sind unter dem Stern
des Schiffs angeordnet und sizen an einer Achse N, O, welche oben und unten in starken, an den obern und
untern Sternpfosten festgeschraubten Lagern arbeitet. Eine an dem oberen Pfosten
angebrachte Stopfbüchse bewirkt einen wasserdichten Schluß. Sind die Treiber E und F rings um dieselbe
Achse angeordnet, so ist der obere an eine hohle, um die Achse N, O sich drehende Welle und
der untere an die leztere Achse selbst befestigt. Der obere Treibflügel F dreht sich in dem Gehäuse links und der untere E gleichzeitig rechts. Die Flügel H, H, G, G nehmen zur Vermeidung des Stauwassers abwechselnd die
Stellungen H′, H′, G′, G′ an. Die Bewegung der Treibflügel geschieht vermittelst der
Krummzapfen N, Z, N, P, welche durch die
Lenkstangen Q, Z, Q, P hin- und
hergeführt werden; leztere erhalten ihre Bewegung durch das in den Lagern T, T ruhende Schiebgestänge
V, Q und dieses wird
durch eine Kurbel W in Thätigkeit gesezt, welche nicht
an der Hauptwelle, sondern, um die erforderliche Geschwindigkeit hervorzubringen, an
einer zweiten mit der ersteren durch Räderwerk verbundenen Welle festsizt.
Soll das Gestänge V, Q mit
der Maschine unmittelbar in Verbindung gebracht werden, so muß man den
Dampfcylindern eine horizontale Lage geben, in welcher sie dem erwähnten
Treibapparate auf directem Wege die hin- und hergehende Bewegung ertheilen.
R, S sind Hebel, um das
Gestänge mit den Treibern in oder außer Eingriff zu bringen, wenn rükwärts gesteuert
werden soll; dieß kann durch den Steuermann vermittelst der Hebel 1, 2, 3, 4, 5, 6,
7 oder von der Maschinenkammer aus vermittelst einer zwekdienlichen mechanischen
Anordnung besorgt werden. Um den Treibflügeln zum Behuf des Rükwärtssteuerns die
entgegengesezte Stellung geben zu können, muß zwischen den beiden Sternpfosten ein
hinreichender Raum gelassen werden, um den Treibflügeln eine halbe Drehung um ihre
Achse N, O zu gestatten.
Die doppelten Fischschwanztreiber können zu beiden Seiten des Kiels, unter dem Stern,
dem Bug oder an irgend einer andern passenden Stelle des Schiffs angeordnet werden;
jeder der Treibapparate hat seine eigene Verbindungsstange und sein eigenes
Schiebgestänge; auch läßt sich das Schiff mit denselben, anstatt mit dem Steuerruder
steuern, indem man nach Maßgabe der Richtung, nach welcher das Schiff gewendet
werden soll, den einen oder den andern der Treibapparate einstellt. Man kann diese
Treibapparate einzeln oder zu zwei anwenden; ist das Wasser tief, so können sie zu
beiden Seiten des Kiels in verticaler Stellung auf ähnliche Weise wie das
gewöhnliche Schaufelrad angebracht werden, nur daß sie oscilliren, während das
Schaufelrad rotirt. Die Flügel H, G können mit Hülfe von Ketten oder an der Achse N, O befindlichen excentrischen Scheiben eine
Führung erhalten, welche ihnen stets die hinsichtlich ihrer Leistung
vortheilhafteste Stellung gibt.
Die „Röhrenschraube“ (Syphon screw)
verdankt ihren Namen dem Umstande, daß das Wasser ohne Contraction durch die
verschiedenen wirksamen Theile der Schraube seinen Weg nehmen muß. Sie besteht aus
einer Spindel A, Fig. 35 und 36, an welcher
die Arme D, D befestigt
sind, deren breite Seiten in der Richtung der Schraubenwindungen liegen. An diese
Arme ist ein hohler metallener Cylinder C, C geschraubt, an welchem die Schaufeln B, B, Theile einer
gewöhnlichen Schraube, befestigt sind. Man kann auch gerade Schaufeln an den hohlen
Cylinder befestigen und dieselben unter Winkeln von 25°, 50°,
60° oder 70° zu der Spindel A stellen. Der
Durchmesser des hohlen Cylinders muß im Verhältniß der Schraubenweite größer oder
kleiner seyn; er ist immer halb so lang als die Schraube. Die Schaufeln B können senkrecht zu der Achse A gestellt werden, oder man kann ihnen eine Neigung in der Richtung des
Steuerruders geben. Der Durchmesser der Schraube bestimmt die Anzahl der
Schaufeln.
In Flüssen, Canälen und andern minder tiefen Gewässern kann man sich zweier
Röhrenschrauben bedienen, zu beiden Seiten des Kiels einer, welche, wenn sie
unabhängig von einander, in Thätigkeit gesezt werden, zum Forttreiben und Steuern
des Schiffs zugleich anwendbar sind. Zum Behufe der Seeschifffahrt wird eine einzige
Röhrenschraube anempfohlen, welche so angeordnet ist, daß ihr oberer Theil 1 bis 2
Fuß unter der Wasserlinie liegt. Die Schraube darf 2 bis 4 Fuß lang, doch selbst bei
den größten Schiffen nicht größer als 4 Fuß seyn.
Die Schaufelräder mit doppelt eingeschnittenen Schaufeln sind Fig. 33 und 34 in
verticaler und horizontaler Lage dargestellt; das Eigenthümliche dieser Räder
besteht darin, daß die Schaufeln rings um den Kranz paarweise angeordnet und die
Schaufelflächen dergestalt ausgeschnitten sind, daß der in der einen Schaufel
ausgeschnittene Theil durch den Theil B in der zunächst
hinter ihr befindlichen Schaufel genau gedekt wird.
Die Einschnitte können rectangulär, spiz oder von irgend einer vortheilhaft sich
erweisenden Form seyn, wenn sie nur dem erwähnten Princip gemäß construirt sind, so
daß eine die andere dekt. Die Erfinder schlagen vor, diese Schaufeln weit kleiner
als die sonst gewöhnlichen zu machen, die Verminderung ihrer Oberfläche durch
Erhöhung der Geschwindigkeit auszugleichen und dieselben tiefer ins Wasser zu
tauchen; das Wasser, sagen sie, wird so rasch von den eingeschnittenen Schaufeln
abfließen, daß es nur geringen oder gar keinen Rükstau veranlaßt.
Um die erforderliche Geschwindigkeit zu erlangen, wird die Wasserradwelle nicht
direct durch die Maschine umgetrieben, sondern vermittelst endloser Riemen, welche
um eine an der Dampfmaschinenwelle befindliche Trommel und um kleine, an der
Schaufelradwelle befindliche Rollen geschlungen sind.
Die horizontalen Schaufelräder bestehen aus einer hohlen metallenen Trommel, an deren
cylindrischen Umfang die ausgeschnittenen Schaufeln C,
D geschraubt sind; die äußersten Enden der lezteren
sind durch einen eisernen Kranz miteinander verbunden. Die Achse L dieser wasserdichten Trommel besizt an ihrem oberen
Ende eine Kurbel P, die vermittelst einer Lenkstange von
der Dampfmaschine in Thätigkeit gesezt wird.
Diese Schaufelräder arbeiten in wasserdichten Kammern, welche in horizontaler Lage zu
beiden Seiten des Kiels an der breitesten Stelle des Schiffs angebracht, und nur an
den äußeren Seiten dem Wasser offen sind, wo die Räder etwas über sie hervorstehen.
Wenn nun diesen Rädern eine bedeutende Geschwindigkeit ertheilt wird, so wird das
Wasser verhindert in diese Kammer einzudringen und dadurch dem Uebelstande des
Rükstaues vorgebeugt. Der Durchmesser der horizontalen Schaufelräder wird durch die Breite des
Schiffs, über dessen Seiten sie nicht mehr als zwei Fuß hervorragen dürfen, in
gewisse Gränzen gewiesen.
Mit den beschriebenen Apparaten sollen demnächst an einem Dampfschiff von 32
Pferdekräften praktische Versuche angestellt werden.