Titel: | Ueber die Prüfung des käuflichen Indigo's; von Heinrich Schlumberger. |
Fundstelle: | Band 84, Jahrgang 1842, Nr. LXXIII., S. 370 |
Download: | XML |
LXXIII.
Ueber die Pruͤfung des kaͤuflichen
Indigo's; von Heinrich
Schlumberger.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, No. 73.
Schlumberger, über die Prüfung des käuflichen Indigo's.
Die im Handel vorkommenden Indigosorten sind in ihrem Färbevermögen so verschieden,
daß es sehr nöthig ist, sie auf ihren Farbstoffgehalt zu prüfen. Um so nöthiger ist
dieß, als die Waarenmäkler und Commissionäre, welche sich mit der Classificirung und
dem Verkauf der Indigos beschäftigen, nur unsichere und manchmal sehr trügerische
Mittel besizen, um die verschiedenen Qualitäten zu unterscheiden, indem sie sie nach
ihrem äußeren Ansehen, der Farbe, dem Anfühlen, dem Härte- und
Dichtigkeitsgrad beurtheilen. — So bieten die Indigosorten rüksichtlich ihres
wahren Werthes und Indigblaugehaltes Differenzen von 55 Proc. dar; nicht selten
findet man Indigosorten, die um 65 Proc. ärmer an Farbstoffgehalt sind als andere,
und Verschiedenheiten von 15 und 20 Proc. zwischen Indigos, welche von den Mäklern
als von gleicher Güte classificirt wurden, kommen oft vor.
Diese große Verschiedenheit in der Menge des blauen Farbstoffs findet ebenso bei
Indigos von gleicher wie von verschiedener Herkunft statt.
Für die Consumenten ist es daher von großer Wichtigkeit, den reellen Werth der
Indigos genau bestimmen zu können, sowohl um den vortheilhaftesten Ankaufspreis
einer so kostspieligen Substanz zu ermitteln, als der Genauigkeit und des Gelingens
der Färbeoperationen wegen.
Ich wende seit zehn Jahren ein sehr einfaches Verfahren mit Vortheil an, wodurch ich
den reellen Werth der Indigosorten sehr genau bestimme. Dieses Verfahren besteht
darin, den Indigo in
rauchender (Nordhäuser) Schwefelsäure aufzulösen und die mit vielem Wasser verdünnte
Auflösung dann mittelst Chlorkalks zu entfärben. Ungeachtet der verschiedenen
fremdartigen Substanzen, die im käuflichen Indigo enthalten sind, wirkt der
Chlorkalk bei der Entfärbung doch nur auf den blauen Farbstoff ein; denn mehrere
andere analytische Mittel haben mir bewiesen, wie ich unten zeigen werde, daß die
zur Entfärbung der Indigos nöthige Menge Chlorkalk genau mit deren Färbevermögen
übereinstimmt.
Vor Allem bereite ich mir zu diesem Behuf eine gewisse Quantität reinen Indigo's,
welcher mir dann bei allen Versuchen als Typus und Anhaltspunkt dient. Den Farbstoff
des reinen Indigo's = 100 annehmend, drüke ich den Werth der probirten Indigosorten
durch Zahlen aus, welche die Anzahl der darin enthaltenen Hunderttheile (Procente)
Indigotins (reinen blauen Farbstoffs) angeben.
Da der reine Indigo ziemlich leicht darzustellen ist, ziehe ich es vor, ihn zu jeder
Probe im Vergleiche mit den käuflichen Indigosorten anzuwenden, wodurch man der
Gehaltsbestimmung der Chlorkalklösung überhoben ist und überdieß der Versuch noch
genauer wird; die Ursachen, welche die Resultate modificiren können, sind demnach
immer in denselben Umständen zu suchen, sowohl hinsichtlich des Normalindigo's als
der zu untersuchenden Sorte.
Um reinen Indigo zu gewinnen, sammle ich den Schaum, welcher sich auf den Blauküpen,
worin der Indigo durch Kalk und Eisenvitriol desoxydirt ist, beständig bildet.Diese Blaukuͤpen werden in der Regel mit 1 Theil in Wasser zerriebenem
Indigo, 3 Th. Kalk und 3 Th. Eisenvitriol auf 5000 bis 6000 Th. Wasser
angesezt. Dieser Schaum wird mit einem Ueberschuß (mit Wasser)
verdünnter Salzsäure behandelt und der Rükstand dann gut ausgewaschen, bis alle
löslichen Substanzen daraus entfernt sind; hierauf wird der erhaltene Indigo
getroknet und in einem gut verkorkten Glase aufbewahrt, um die hygrometrischen
Veränderungen zu verhüten.
Hat man keine Indigoküpen zu seiner Disposition, so bereitet man eine Mischung von 3
Theilen gebranntem, aber vorher mit Wasser abgelöschtem Kalk, 3 Th. schwefelsaurem
Eisenoxydul (Eisenvitriol), 1 Th. mit Wasser gut abgeriebenem Indigo und 50 Th.
Wasser. Man rührt sie einige Stunden lang gut um und läßt sie dann absezen, um die
Flüssigkeit klar abgießen zu können; leztere wird dann mit einem Besen stark
umgerührt, um viel Luft mit ihr in Berührung zu bringen, bis aller Indigo oxydirt
und niedergeschlagen
ist. Der auf diese Art erhaltene Bodensaz wird zulezt mit Salzsäure behandelt,
gerade so wie der Schaum der Blauküpen.
Um eine Indigosorte zu probiren, wiegt man 1 Gramm des fein gepulverten und
zerriebenen Musters auf einer sehr empfindlichen Waage ab und bringt denselben in
ein Porzellanschälchen von beiläufig 8 Centimeter (3 Zoll) im Durchmesser. Nachdem
alle Indigoproben abgewogen sind, werden in jedes Schälchen mittelst eines für diese
Quantität abgeeichten Saugröhrchens 12 Gramme rauchende Schwefelsäure gegossen. Der
Indigo wird mit der Säure mittelst eines porzellanenen Pistills gut gemischt und
abgerieben, damit alle festen Theilchen mit der Flüssigkeit gehörig in Berührung
kommen. Man stellt dann die Schälchen vier Stunden lang auf einen auf 50 bis
60° C. (40–48° R.) erwärmten Ofen, oder, was noch besser ist,
man läßt sie 12 Stunden lang bedekt in einem auf 20 bis 25° C. (16 bis
20° R.) erwärmten Raum.
Unterdessen richtet man so viel Cylindergläser her, als schwefelsaure Lösungen
vorhanden sind, wovon jedes über einen Liter destillirtes Wasser faßt, und sezt dann
jeder Indigolösung ihr gleiches Volumen Wasser aus einem Literglase hinzu. Die
Flüssigkeit erhizt sich; man zerreibt abermals mit dem Porzellanpistill, worauf man
nach und nach noch so viel Wasser zusezt, bis die Schale angefüllt ist; dann
schüttet man das Ganze in das Cylindergefäß, wascht die Schale mit Wasser von
demselben Liter aus und entleert den Liter vollends in das Cylinderglas. Man
bereitet nun eine Chlorkalklösung von ungefähr 1° Baumé und Versieht sich mit
einem auf 3 oder 4 Milliliter graduirten Saugröhrchen.
Man mißt dann in einer, wie der Descroizilles'sche
Alkalimeter 100theilig graduirten Röhre die vorher wohl aufgerührte blaue
Flüssigkeit von schwefelsaurem Indigo ab und gießt dann einen Theil davon in eine
Schale aus, worin man ihn auf einmal unter Umrühren mit der in dem Saugröhrchen
enthaltenen Portion Chlorkalk vermischt.
Geht die Farbe der Flüssigkeit sogleich in Gelb über, so beweist dieß, daß ein
Ueberschuß von Chlorkalk vorhanden ist; in diesem Fall sezt man noch so lange
Indigolösung hinzu, bis eine grünliche Färbung eintritt.
Nachdem dieser Punkt erreicht ist, sieht man, wie viel Theile (Grade) schwefelsauren
Indigo man gebraucht hat und wiederholt dann den Versuch, bis man mit einer Mischung
von Chlorkalk und Indigolösung auf einmal den genauen Grad oder vielmehr die
vollkommene Entfärbung dieser lezteren erreicht hat, bei der kein Ueberschuß weder
von Chlorkalk noch von Indigolösung mehr vorhanden ist, wo sodann die Flüssigkeit
eine schwach olivengrüne Farbe hat.
Behält beim ersten Zusammenmischen die Flüssigkeit eine bläuliche Farbe, was ein
Zeichen von Indigo-Ueberschuß ist, so wird die Operation in der Art
wiederholt, daß man in die Schale eine kleinere Quantität Indigolösung schüttet, um
durch eine einzige Mischung die olivengrüne Färbung zu erreichen.
Man verfährt auf gleiche Weise mit der Lösung des reinen Indigo's und den Lösungen
der andern Indigoproben, und sezt dann folgende Proportion an, um den wirklichen
Grad des probirten Indigo's zu erfahren.
Der Farbstoffgehalt des Indigo's verhält sich umgekehrt wie die zum Entfärben
verbrauchte Menge blauer Lösung, so daß, wenn P die Zahl
der verbrauchten Grade von der Lösung des reinen Indigo's und C die Zahl der verbrauchten Grade von der Lösung des käuflichen Indigo's
bezeichnet,
man erhält 100 × P/C =
x = der Anzahl der wirklichen Grade des probirten
Indigo's, welche die in 100 Theilen desselben enthaltene Menge Farbstoff
ausdrükt.
Wenn man also findet, daß der reine Indigo z. B. 54 Theile seiner schwefelsauren
Lösung bedarf, um vom Chlorkalk entfärbt zu werden, eine der probirten Indigosorten
aber 64 Th. ihrer Lösung, so erhält man 100 × 54/64 = 84,5,
d. h. 100Th. dieses käuflichen Indigo's enthalten 84,5 reinen
Indigo.
Dividirt man den Einkaufspreis des Indigo's mit dem Grade seiner Reinheit, so erhält
man den Preis eines Grades Indigotin; so läßt sich also das Verhältniß der
verschiedenen probirten Indigosorten in Hinsicht auf ihren Preis und den Grad ihrer
Reinheit genau herstellen.
Kostet demnach ein Indigo von 73 Graden 28 Fr. per
Kilogr., so erhält man 28/73 = Fr. 0,38 Cent. für einen Grad Indigotin, während man
von einer anderen Sorte Indigo von 85 Graden, die 23 Fr. per Kilogr. kostet, 23/85 = Fr. 0,27 Cent. für einen Grad Indigotin
erhält, was im Preis einen Unterschied von 30 Proc. zu Gunsten des lezteren Indigos
ausmacht.
Der Genauigkeit der Resultate wegen müssen alle zu probirenden Indigomuster sich in
demselben hygrometrischen Zustande befinden, wie die Portion, deren Grad man
bestimmen will. Alle Muster sollen daher in Glasfläschchen verschlossen werden,
sobald sie aus den Kisten kommen, damit sie weder Feuchtigkeit anziehen noch
austroknen können, ehe sie gewogen werden.
Enthält eine Kiste Indigo von etwas verschiedenen Nüancen, so sucht man Stüke davon aus, von
welchen man Theile abtrennt und miteinander pulverisirt, um beim Versuche ein
mittleres Resultat zu erhalten. Sollte aber der Unterschied in der Farbe bei den
Indigostüken einer Kiste bedeutend seyn, so ist es besser, die verschiedenen Sorten
abgesondert zu prüfen.
Bisher wandte ich zu allen meinen Versuchen nur 12 Th. rauchende Schwefelsäure zum
Auflösen 1 Theils Indigo an. Vielleicht wäre es besser, noch mehr Säure, z. B. 15
Theile zu nehmen, um die Bildung der Schwefelpurpursäure oder des Phönicins gänzlich
und unter allen Umständen zu verhindern und allen Farbstoff in
Indigotinschwefelsäure umzuwandeln.
Das vollkommene Zerreiben des Indigo's mit der Schwefelsäure ist für die Operation
von sehr großer Wichtigkeit. Den schwefelsauren Indigo verdünne ich mit ziemlich
viel Wasser, so wie auch die Chlorkalklösung. Der Versuch ist dann nicht so vielen
Irrthümern unterworfen, als mit concentrirtern Lösungen. Ueberdieß kann man, wenn
die blaue Flüssigkeit sehr schwach ist, den Grad der Färbung, wobei man mit der
Operation einhalten muß, leichter erkennen.
Unreines oder kalkhaltiges Wasser soll bei den Versuchen nicht angewandt, sondern nur
destillirtes oder Regenwasser zum Verdünnen der blauen Lösung genommen werden.
Der genaue Grad der Entfärbung oder der Punkt, wo man mit der Operation einhalten
muß, ist um so leichter zu erkennen, je reiner der Indigo und je vollständiger er
aufgelöst ist. So kann beim gereinigten Indigo die mit Chlorkalklösung versezte
Flüssigkeit gelb werden, während man nur noch einen einzigen Grad der Indigolösung
hinzuzusezen braucht, um eine blaue Färbung als Zeichen von Indigo-Ueberschuß
zu erhalten; hienach wäre die Empfindlichkeit des Prüfungsmittels auf etwa ½
Grad oder ½ Proc. gebracht. Bei einigen schlechten Indigosorten aber ist der
gehörige Punkt zum Aufhören mit der Operation der Entfärbung schwerer zu treffen,
weil in diesem Falle die entfärbte Flüssigkeit manchmal eine olivengrüne Färbung
annimmt; man muß dann 2 bis 3 Grade Indigo hinzusezen, um von der gelben zur blauen
Färbung zu gelangen.
Ich zog die Festsezung einer bestimmten Quantität Chlorkalks und das Wechseln mit der
Lösung des schwefelsauren Indigo's dem Umgekehrten, nämlich der Festsezung der
leztern und dem Wechseln mit der bleichenden Flüssigkeit aus dem Grunde vor, weil
die Indigo-Flüssigkeit mit vielem Wasser verdünnt werden kann und
empfindlichere Grade für die Messung darbietet.
Hr. Chevreul hatte in seinen Leçons
de chimie appliquée à la teinture, Bd. II.
schon mehrere Methoden vorgeschlagen, um die Indigosorten zu prüfen. Eine bestand im Auflösen des
Indigo's in Schwefelsäure und Entfärben der blauen Lösung mittelst Chlorkalks; aber
Hr. Chevreul hatte geschlossen, daß dieses wenn gleich
schnell von Statten gehende Verfahren keine absoluten Resultate gebe und daß, um
sich über den Werth der Indigos mit Gewißheit auszusprechen, man einen Versuch durch
einen andern controliren müsse.
Ich mußte sonach, ehe ich das so eben beschriebene Verfahren, den Indigo zu prüfen,
annahm, mich von der Genauigkeit desselben auf verschiedenen Wegen zu überzeugen
suchen, erhielt aber, gegen meine Erwartung, die günstigsten Resultate. Ich
bereitete zu diesem Behufe blaue Küpen von gereinigtem, 100gradigem Indigo, von
Java-Indigo von 84,3 Graden nach der Chlorkalkprobe, und endlich von
Carakas-Indigo von 56 Graden. Einen Gramm von jedem dieser Indigos
desoxydirte und löste ich auf in 3 Grammen Eisenvitriol, 3 Grammen gebrannten Kalk
und 1000 Grammen Wasser. Beim Ausfärben kleiner Stükchen Baumwollenzeugs in diesen
Küpen erhielt ich Farben von sehr großer Verschiedenheit in ihrer Intensität, welche
mit den bei der Chlorkalkprobe erhaltenen Graden im Verhältniß zu stehen schien;
eben so erhielt ich beim Färben Farben, welche in der Intensität auf das Genaueste
übereinstimmten, wenn ich diese Blauküpen mit mehr oder weniger Wasser in dem
Verhältniß ihrer mittelst der Chlorkalkprobe gefundenen Grade der Reinheit oder
ihres Färbevermögens verdünnte. Die Küpe vom gereinigten Indigo enthielt auf diese
Weise 1756 Gramme Wasser, die vom Java-Indigo 1506 Gramme, und die vom
Carakas-Indigo war bei 1000 Grammen Wasser belassen worden, wodurch für die
Quantität des Wassers dasselbe Verhältniß hergestellt wurde, wie das der
Reinheitsgrade der Indigos, nämlich 100 : 84,3 : 56. Jede dieser Küpen enthielt
sonach 17,56 Gramme Wasser auf jeden Grad Indigotin.Um in diesen Kuͤpen allen Indigo gut zu desoxydiren, ruͤhrte
ich vorerst das Gemenge von Indigo, Eisenvitriol und Kalk mit
ungefaͤhr 30 Grammen lauwarmem Wasser an, ließ das Ganze 24 Stunden
lang maceriren und ruͤhrte oͤfters um; hierauf wurde dieser
desoxydirte Indigo zum uͤbrigen Wasser geschuͤttet; man ließ
nun das Ganze noch 24 Stunden lang stehen, um sodann die Stuͤkchen
Baumwollenzeug eine Minute lang darin auszufaͤrben. Die Kuͤpe
wurde zuerst wohl aufgeruͤhrt, um allen Bodensaz waͤhrend des
Eintauchens des Zeugs in Suspension zu erhalten. Nach dem Herausnehmen aus
der Kuͤpe ließ man den Zeug in Beruͤhrung mit der Luft, um den
Indigo zu oxydiren, wusch und passirte ihn durch mit Schwefelsaͤure
angesäuertes Wasser, wusch ihn neuerdings aus und troknete ihn. Die
gefaͤrbten Muster zeigten beim leztern Versuche nicht nur gar keinen
Unterschied in der Intensitaͤt der Farben, sondern es war auch kein
Unterschied in der Lebhaftigkeit der blauen Farbe zu erkennen, von welcher
der brei sehr verschiedenen Indigosorten sie auch erzeugt
war.
Beim Desoxydiren und Auflösen von einerseits 5 Grammen Java-Indigo von 84,3
Graden der Reinheit, und andererseits 5 Grammen Carakas-Indigo von 56 Graden, mittelst
reiner Aezkalilauge, Eisenvitriol und Wasser, dann Wiederoxydiren und Fällen der
hellen Flüssigkeiten mittelst eines Luftstroms, Behandeln der Niederschläge mit
verdünnter Salzsäure, endlich Waschen mit Wasser und Troknen — erhielt ich
aus dem Java-Indigo 3,50 Gramme und aus dem Carakas-Indigo 2,23 Gramme
Indigotin. Obgleich die eisenhaltigen Rükstände mit durch Aezkali alkalisirtem
Wasser wohl ausgewaschen worden waren, enthielten sie doch noch ziemlich viel
Indigo. Mit Salzsäure behandelt, gaben diese Rükstände den größten Theil ihres
Eisenoxyds ab und es blieben dann indigohaltige Bodensäze zurük, welche ich mittelst
Aezkali und Eisenvitriol neuerdings desoxydirte. Das aus diesen neuen Lösungen
gefällte und auf oben bei der ersten Fällung beschriebene Weise behandelte Indigotin
betrug vom Java-Indigo 0,44 Gramme und vom Carakas-Indigo 0,36 Gramme.
Die eisenhaltigen Rükstände dieser zweiten Desoxydation enthielten noch etwas
Indigotin, welches aber nicht mehr berüksichtigt wurde.
In beiden Operationen zusammengenommen erhielt ich aus dem Java-Indigo 3,94
Gramme Indigotin, was 78,6 Theilen Indigotin auf 100 Theile Indigo entspricht. Zieht
man den mit dem lezten Eisenrükstand in Verbindung gebliebenen blauen Farbstoff noch
in Rechnung, so wird man sich den 84,3 Graden der Reinheit, welche durch die
Chlorkalkprobe gefunden wurden, sehr nähern.
Ein ähnliches Resultat erhielt ich mit den 5 Grammen Carakas-Indigo von
56°, welche durch die beiden Desoxydationen 2,59 Gr. Indigotin lieferten, was
51,8 Theilen Indigotin auf 100 Theile Indigo entspricht. Auch diese Zahl nähert sich
ziemlich der mittelst Chlorkalk gefundenen, besonders wenn man das im Eisenrükstand
der zweiten Operation zurükgebliebene Indigotin in Rechnung zieht.
Endlich stellte ich noch einen Versuch an, welcher den schlagendsten und positivsten
Beweis für die Genauigkeit meiner Probirmethode lieferte. Ich nahm nämlich 5 Gramme
Java-Indigo von 84,3° nach der Chlorkalkprobe. Fein zerrieben wurde er
mit siedendem Wasser bis zur Erschöpfung von allen in dieser Flüssigkeit löslichen
Substanzen behandelt. Der unlösliche Rükstand wurde dann zu wiederholtenmalen mit
siedendem Alkohol behandelt, welcher zuerst eine dunkelpurpurrothe Farbe annahm; bei
der lezten Behandlung mit Alkohol löste dieser nichts mehr auf und blieb ungefärbt.
Der in Alkohol unlösliche Rükstand, mit verdünnter Salzsäure behandelt und dann
einer zweiten Behandlung mit kochendem Alkohol unterworfen und getroknet, gab mir
4,31 Gramme Indigotin, was 86,2 Theilen reinen Farbstoffs oder Indigotins auf 100
Theile Indigo entspricht. Diese Zahl nähert sich sehr den 84,3 Graden, welche ich anfangs durch die
Chlorkalkprobe gefunden hatte.
Diese verschiedenen Versuche können über die Genauigkeit, womit die Chlorkalkprobe
den Grad der Reinheit der Indigosorten oder die Menge des in 100 Theilen Indigo
enthaltenen reinen Farbstoffs angibt, nicht den mindesten Zweifel übrig lassen.
Um die Wichtigkeit des Probirens der im Handel vorkommenden Indigosorten noch besser
zu beweisen, theile ich in folgender Tabelle die Resultate mit, welche mir
verschiedene Indigosorten in neuester Zeit lieferten.
Textabbildung Bd. 084, S. 376
Benennung der
Indigosorten; preis eines Kilogramms zu Muͤlhausen im Mai 1841.;
Guͤtegrad oder Menged. in 100 Thln. enthalt. Indigotins.; Preis eins
Grades Indigotin.; Java-Indigo, schoͤn violett; sein violett; sein
violett; superfein violett; superfein violett; purpur; superfein violett;
schoͤn violett; purpur; superfein purpur; superfein violett; superfein
purpur; schoͤn blau; violettblau; violettartig blau; dunkel violettblau;
matt violettblau; schmarzblau; schoͤn blau; fein purpurviolett;
schwarzblau; aus einer und derselben nicht sortirten Kiste; aus einer und
derselben Kiste; Bengalischer Indigo, fein violett; fein violett; fein violett;
superfein violett; fein violett; fein violett; superfein violett; superfein
violett; fein violett; superfein purpur; fein rothviolett; schwach gefeuert
(sehr hart); violett; fein purpurviolett; Carakas-Indigo
Textabbildung Bd. 084, S. 377
Benennung der
Indigosorten.; Preis eines Kilogramms zu Muͤlhausen im Mai
1841.; Guͤtergrad oͤder Menged. in 100 Thln. enthalt. Indigotins.;
Preis eines Grades Indigotin. Carakas-Indigo; Guatimala-Indigo,
Flora; Kurpah-Indigo; blau violettartig blau; aus einer und derselben
Kiste; violettartig blau; dunkelblau; deßgl.; violettblau; dunkelviolettblau;
deßgl.; Madras-Indigo; Manilla-Indigo, blau; dunkelblau; aus einer
und derselben Kiste; ordinaͤrablau sehr dunkelblau; deßgl.;
Bombay-Indigo, hellblau; mattblau; flekig, sehr schmuzig schwarzbraun;
deßgl.; philippinen-Indigo; Indigo von Polygonum
tinctorium
Diese aus Polygonum tinctorium bereiteten Indigos
wurden der Société industrielle von Hrn. Spoerlin in Wien zugesandt.
Wenn wir in dieser Tabelle die Preise der Indigos mit dem Grade ihrer Reinheit
vergleichen, so finden wir außerordentliche Abweichungen. So kommt bei einer Sorte
der Grad Indigotin auf 44 Centimes im Kilogramm zu stehen, während er sich bei einer
andern Sorte von gleichem Grad nur auf 20 Centimes stellt, was einen Unterschied von
beiläufig 55 Procent zu Gunsten dieser leztern Sorte ausmacht, welche als
gleichergiebig an Farbstoff zu betrachten ist. Wir sehen daher, daß manchmal Indigos
von verschiedenen Nuancen gar keinen oder nur einen sehr unbedeutenden Unterschied
im Färbevermögen darbieten, während wieder andere, in ihren Nuancen gleiche Indigos
bei der Probe sich als sehr verschieden erweisen.
Untersucht man diese Probentabelle weiter, so findet man, daß man bis jezt noch gar
keinen Unterschied zwischen dem Färbevermögen der Java-Indigos und der
bengalischen Indigos aufstellen kann, indem man im Handel aus beiden Quellen bessere und
schlechtere Sorten, so wie auch zu mehr oder minder billigen Preisen erhält.
Die Carakas- und Kurpah-Indigos sind in der Regel etwas minder reich an
Farbstoff, als die aus Java und Bengalen; ihr niedrigerer Preis macht sie aber oft
vortheilhafter als leztere.
Auch sieht man, daß die besten und theuersten Indigos aus Java und Bengalen für den
Consumenten in der Regel weniger vortheilhaft sind als die geringern Sorten; daß
aber das Gegentheil bei den Carakas- und Kurpah-Indigos der Fall ist,
deren bessere oder theurere Sorten größern Vortheil gewähren als die geringern.
Die Indigos von Guatimala Flora, von Madras, den Philippinen, Manilla, Bombay, welche
ich probirte, sind in Bezug auf ihren Preis viel geringer und weniger vortheilhaft,
als die von Java, Bengalen, Carakas und Kurpah.
Schwefelsäure entwikelt bei den Manilla-Indigos Kohlensäure, weil sie
kohlensauren Kalk enthalten.
Es ist häusig der Fall, daß die in den Handel kommenden Java-Indigos nicht
sortirt sind, und daß eine und dieselbe Kiste, wie wir in obiger Tabelle sehen,
Indigosorten enthält, welche um 28 Proc. von einander differiren; derselbe
Uebelstand findet sich manchmal, jedoch in geringerm Grade, bei Indigos von Carakas,
Kurpah und andern Quellen. Die Consumenten sollten einen solchen Mißbrauch
abzustellen suchen und die Annahme aller nicht sortirten Indigos verweigern, weil
sie sowohl hinsichtlich der Kosten, als des Erfolgs beim Färben ihnen sehr
nachtheilig werden können.
Es gibt jedoch auch Fälle, wo derjenigen Indigosorte, welche hinsichtlich des
Färbevermögens und des Preises den größten Vortheil darbietet, nicht unbedingt der
Vorzug eingeräumt werden darf, indem man bei einigen Fabricationszweigen oder
Anwendungen dieses Farbstoffs mit einer gewissen Sorte Indigo bessere Resultate
erhält.
Die Indigos, welche wir aus verschiedenen Quellen beziehen, werden in der Regel auf
sehr verschiedene Weise bereitet; daraus folgt, daß die den blauen Farbstoff
verunreinigenden Stoffe ihrer Beschaffenheit und Menge nach sehr verschieden seyn
können. Diese fremdartigen Stoffe können daher einen mannichfaltigen Einfluß auf die
in Verbindung mit dem Indigo in den Färbereien anzuwendenden Substanzen üben, indem
sie z. B. die Desoxydation des blauen Farbstoffs schneller oder langsamer bewirken
helfen oder zur mehr oder minder leichten Auflösung desselben beitragen.