Titel: | Ueber Thonseife und ihre Anwendung; von Attcha. |
Fundstelle: | Band 84, Jahrgang 1842, Nr. XCV., S. 460 |
Download: | XML |
XCV.
Ueber Thonseife und ihre Anwendung; von Attcha.
Aus dem inneroͤsterreichischen Industrie- und
Gewerbeblatt, 1842, Nr. 10.
Ueber Thonseife und ihre Anwendung.
Wird eine gewöhnliche concentrirte Seifenlösung mit Oliven- oder einem anderen
Oehle versezt, durch Schütteln gut vereinigt und die milchige Mischung mit
Alaunwasser gefällt, so überzeugt man sich, daß das zugesezte Oehl auch von der
ausgeschiedenen Thonseife aufgenommen erscheint, und diese dadurch ein weicheres,
zusammenhängendes, frischem, aus süßer Milch coagulirtem Käse ähnliches mithin von einfacher Thonseife
schon verschiedenes Aeußere angenommen habe. Die hiedurch beanzeigte Verträglichkeit
mit Oehlen findet man nun vollends bestätigt, wenn solche, oder auch nur einfache,
ohne Oehlzuschlag gefällte Thonseife mit Oehlen unter Einfluß höherer Temperatur
digerirt wird. Man erhält solchergestalt Auflösungen, welche sowohl mit fetten als
ätherischen Oehlen in jedem Verhältnisse mischbar, und bei gehöriger Reinheit der
Materien klar und ohne Rükstand, mithin vollkommen sind. Sie besizen nach Verhältniß
ihrer Concentration mehr oder weniger Consistenz, von der Syrupsdike bis zur
völligen Steifheit. Da sie auch in lezterer Form noch hell, und zwar in
unveränderter Farbe und Durchsichtigkeit der verwendeten Oehle erscheinen, da ihnen
dabei ferner eine gewisse elastische Zähigkeit zukommt, so zeichnen sie sich
eigenthümlich vor allen anderen starren Oehlverbindungen aus, indem sie die Gestalt
förmlicher Gallerte besizen und dadurch zu ihrer Bezeichnung:
„Oehlgallerte“ Anlaß gegeben haben. Die Thonseife läßt sich
ferner mit Talg, Thran und anderen Fettarten, mit Spermacet, Wachs, Harzen, in
Mischung bringen, und theilt auch diesen Substanzen die bemerkte elastische
Zähigkeit mit, wogegen sie an Sprödigkeit verlieren.
Um die einfache Thonseife zu diesen Zweken zu bereiten, wird käufliche Talg-,
besser (venetianer oder marseiller) Oehlseife mit etwa 4 Gewichtstheilen heißen
Wassers gelöst, mit noch 10–12 Gewichtstheilen Wasser verdünnt, und so lange
schwache, mit etwa zwölffacher Wassermenge bereitete Alaunsolution unter kreisender
Bewegung der Seifenflüssigkeit zugesezt, als sich dadurch noch etwas abscheidet. Man
läßt sofort der ausgeschiedenen Thonseife einige Augenblike Zeit, sich gehörig an
der Oberfläche zu sammeln, seihet die Flüssigkeit mittelst aufgespannter Leinwand
oder Haarsieb davon ab, wässert den Rükstand zur Entfernung der anhängenden
Salzlauge einigemal aus, und troknet ihn freihängend in warmer Luft. Man nimmt
damit, noch ehe die lezten Antheile der Feuchtigkeit consumirt sind, die Auflösung
vor. — 1 Theil Thonseife wird mit 2 Th. eines dazu bestimmten Oehles in einem
Glasgefäße übergossen, im Sandbade oder sonst schiklicher Gelegenheit bei einer
Temperatur von + 70 bis 90° R. einige Zeit lang digerirt, mit hölzernen oder
gläsernen Stäbchen öfters gut durchgerührt, indem man die Mengung, besonders bei
hartnäkigen Thonseifen, auch wohl öfters wechselsweise erkalten und wieder erwärmen
läßt, bis endlich alle Spur ungelöster Theilchen verschwunden ist. Eine solche
allfällig noch mit gleicher Oehlmenge verdünnte Lösung erscheint im erkalteten
Zustande gänzlich geronnen, und in jener besonderen sulzigen Beschaffenheit, die den
Gallerten eigen ist und nur bei Copalpräparaten noch wahrgenommen werden kann,
durch weitere Verdünnungen aber in alle Grade der Flüssigkeit überzugehen fähig ist.
Um solche Producte rein und durchsichtig darzustellen, ist erforderlich, daß gute,
wo möglich frische Seifen zur Bereitung der Thonseife gewählt werden, die Auflösung
der ersteren in reinem Regen- oder destillirtem Wasser geschehe, daß sie
durch Sedementiren oder Filtriren geklärt, mit ebenfalls klarer Alaunlösung gefällt
werde, die producirte Thonseife alsbald nach der Fällung von der Flüssigkeit
getrennt, mit eben solchem reinen Wasser ausgespült, und nicht auf heißer Unterlage,
sondern frei stehend oder hängend in einem Siebe langsam, wie bereits erinnert,
nicht bis zur Consumtion der lezten Feuchtigkeit getroknet und, ohne sie lange
aufzubewahren, zur beabsichtigten Lösung verwendet werde; ingleichen daß die dazu
bestimmten Oehle von reiner und klarer Beschaffenheit seyen, und, will man Bräunung
verhindern, die Digestion nicht über die angegebenen Temperaturgrade übertrieben
werde.
Die Anwendung der Thonseife im frischen, noch etwas Feuchtigkeit enthaltenden
Zustande ist ein nothwendiges Bedingniß zur Erleichterung ihrer Auflösung; denn,
durch längeres Liegen einmal durchscheinend und compact geworden, löset sie sich nur
äußerst schwer oder gar nicht mehr auf, und in solcher Art mag sie allerdings zur
Angabe ihrer Unauflöslichkeit Anlaß gegeben haben. Mit Talg, Wachs, Spermacet
bewirkt man ihre Auflösung, wie oben durch Digestion, mit Harzen, durch
Zusammenschmelzen, wozu man die Thonseife allenfalls durch vorläufige Aufweichung
mit etwas Terpenthin vorbereiten kann. Durch die Vereinigung der Thonseife mit
Fett-,Wachs- und Harzmischungen lassen sich die verschiedenartigsten,
durch Zähigkeit, Elasticität und Undurchdringlichkeit für Wasser ausgezeichneten
Massen zu mannichfachen Zweken bereiten. Bemerkenswerth dürften diese Eigenschaften
in ärztlicher und pharmaceutischer Beziehung für Pflaster und andere Dek- und
Verbandmittel, für Bougien — wie die öhligen opodeldokähnlichen
Gallert- und dikflüssigen Präparate zu liniment- und salbartigen
Inunctionsmitteln seyn.
Bei der Wohlfeilheit und leichten Production ist die Thonseife selbst zu
thierärztlichem Gebrauche als unschädliches Verdikungsmittel, um z. B. pulverige
Substanzen in Oehlmischungen in gleichbleibender Mengung schwebend zu erhalten, nach
der Meinung des Verf. zwekdienlicher als Talg und andere verdikende Zusäze. Copal
und Bernstein lösen sich, mit Thonseife gemengt, durch Digestion in Oehlen auf; doch
Verdünnungen damit scheinen diese Auflösungen nicht sehr gern zu vertragen. Kampher
löst sich in solchen verdikten Oehlen wie in ihrem natürlichen Zustande auf.
Weil Kali- und Natroneisen, woraus man die Thonseife producirt, auch in
Weingeist löslich sind, und weil der leztere alles Oehlige und Harzige, was sich in
den Auflösungen befindet, in sich aufnimmt, so bietet sich dadurch Gelegenheit,
sowohl absichtlich beigemischte als zufällig in denselben enthaltene Materien daraus
abzuscheiden. Hierauf stüzte der Verf. seine Nebenabsicht, bei der
Thonseifenbereitung gleichzeitig Weingeist zu entfuseln, und verdankt neben diesem
praktischen Versuche die Ueberzeugung, daß die frische
Thonseife sich auch gegen Wasser und Weingeist nicht streng passiv verhalte. Es
wurde hiezu eine heiße Marseillerseifelösung mit 50 Proc. Weingeist gemischt, 24
Stunden in freie Sommertemperatur gestellt, darauf mit Alaun präcipitirt, die
Flüssigkeit abgeseihet, filtrirt, in die Vesike eingetragen und abgezogen. Sowohl
das erhaltene Präcipitat als auch der unerwartete Rükstand in der Vesike —
beide Thonseife — ließen ihren aufgenommenen Fuselöhlgehalt erkennen, wie sie
auch den Beweis der Auflöslichkeit in der wässerig-geistigen Flüssigkeit
darlegten. Der destillirte Weingeist war zwar noch nicht radical, doch bedeutend
gebessert.