Titel: | Großes eisernes Dampfboot mit Schrauben statt der Ruderräder. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. IV., S. 13 |
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IV.
Großes eisernes Dampfboot mit Schrauben statt der
Ruderraͤder.Der vorher citirten Abhandlung entnommen.A. d. R.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Eisernes Dampfboot mit Schrauben statt der
Ruderraͤder.
Das große eiserne Dampfboot, welches die Great Western
Steam-Ship-Company in Bristol bauen läßt, und das eben so wie der
viermastige Great-Western zur Fahrt zwischen Bristol und New-York
bestimmt ist, aber diese Streke in kürzerer Zeit zurüklegen soll, erregt mit Recht
in dem Beschauer Staunen und Bewunderung. Das Schiff ist größtentheils vollendet. Es
ist aus 5/8 zölligen Eisenblechen zusammengenietet, hat aus Ekschienen bestehende
Nippen und ist überdieß der Länge nach durch hochkantige Blechrippen von 1 bis 2 Fuß
Höhe gesteift. Leztere liegen, besonders am Vordertheile des Schiffes, ganz nahe
zusammen, damit etwaige Stöße demselben keinen Schaden verursachen können.
Die Länge dieses Dampfbootes ist
320
Fuß,
die Breite
50
–
der Tiefgang
16
–
Das Gewicht der Bleche und Rippen beträgt 800 Tonnen oder 16000 Cntr. Die Maschinen
zum Betriebe dieses Schiffes, welche in den der Gesellschaft zugehörigen Werkstätten
angefertigt und ihrer Vollendung nahe waren, haben vier Cylinder von 88 Zoll im
Durchmesser und entwikeln zusammen eine Kraft von 1000 Pferden. Die dazu gehingen
Kessel, welche an beiden Enden mit Feuerungen versehen sind, sollen per Minute 15 Kubikfuß Wasser verdampfen und dazu in der
Stunde 40 Cntr. Kohlen consumiren. Die Gesellschaft beabsichtigt bei diesem Boote,
statt der allgemein üblichen Schaufelräder, eine Schraube anzubringen. Sie hat zu
diesem Ende das bekannte Schraubendampfboot „Archimedes“
gemiethet, um durch Versuche mit mehreren Schrauben diejenige Form und Größe
derselben auszumitteln,
welche den größten Effect gewährt, und wodurch man in Bezug auf die vortheilhafteste
Form, Größe und Geschwindigkeit der Schraube für das in Rede stehende Boot die
richtigen Anhaltspunkte zu gewinnen hofft. Leider waren nur erst wenige Versuche
angestellt, so daß noch keine Resultate über diesen interessanten und wichtigen
Gegenstand vorlagen.
Die Construction dieser Vorrichtung am Archimedes ist im Allgemeinen und mit Bezug
auf die Skizze (Fig. 23) folgende:
Die größte Länge des Schiffes ist
125
Fuß
– größte Breite
22 1/2
–
Der Wasserzug hinten
10
–
–
– vorne
9
–
Die Trächtigkeit 240 Tonnen.
Die Form des Schiffes ist die eines schnell segelnden Cutters. Das Schiff hat 3 Fuß
vom Steuer entfernt und oberhalb des ununterbrochen durchgehenden Kiels einen
Ausschnitt von circa 8 Fuß Höhe und 7 bis 7 1/2 Fuß
Weite oder Länge. In diesem liegt ein mit dem Kiel und den Seitenwänden verbolzter
schmiedeiserner Rahm, welcher die Zapfenlager der horizontal liegenden
Schraubenspindel trägt, deren Dekel von Oben durch Stangen aufgesezt und befestigt
werden. Die Schraubenspindel, welche wasserdicht in das Schiff führt, geht unterhalb
der Cajüte durch und ist zur Erreichung der gehörigen Anzahl von Umdrehungen
mittelst eines doppelten Vorgeleges mit der Hauptbetriebswelle verbunden, woran
unmittelbar die Kolbenstangen der nach der Länge des Schiffes stehenden beiden
Dampfcylinder wirksam sind. Die Schraube, welche zur Zeit grade eingesezt war und
deren Spindel 5 1/2 Zoll stark ist, besteht aus zwei einzelnen Schraubengängen oder
an den Enden abgerundeten Flügeln von Eisenblech von 3 Fuß Radius, welche auf 4 Fuß
Länge um die halbe Peripherie der Spindel gewikelt sind, und macht in der Minute 120
bis 130 Umdrehungen.
Der Vortheil, den die Anbringung der Schrauben statt der Ruderräder gewährt, muß
außerordentlich seyn. Zunächst wird dadurch der Widerstand beseitigt, welcher durch
das von den Schaufeln bei ihrem Auftauchen emporgerissene Wasser entsteht. Ferner
fällt der Widerstand, den die Radkasten bei conträrem Winde verursachen, ganz fort.
Gehen die Wellen hoch und werden die Schwankungen bedeutender, so taucht abwechselnd
das eine Schaufelrad ganz ein, während das andere sich frei in der Luft dreht. Bei
dieser Lage der Räder ist dann der Widerstand oft so bedeutend, daß die Maschinen
ganz oder doch beinahe zum Stillstehen gebracht werden. Sobald dagegen das Schiff
sich wieder der horizontalen Lage nähert, nehmen die Maschinen in Folge des geringeren
Widerstandes und der vermehrten Dampfspannung eine beschleunigte Bewegung an, die
auf dieselbe Weise beim Eintauchen des andern Schaufelrades wieder plözlich
vernichtet wird. Wie gering unter diesen Umständen der Effect seyn muß, und wie sehr
die Maschinen selbst bei einem so unregelmäßigen Gange leiden, bedarf keiner
weiteren Auseinandersezung. Alle diese Uebelstände und noch viele andere, die hier
nicht aufgeführt sind, werden durch die Anbringung einer Schraube statt der
Schaufelräder beseitigt, und es ist daher zu wünschen, daß die Versuche der Great
Western Steam-Ship-Company mit Erfolg gekrönt werden.