Titel: | Verbesserungen an Locomotiven, Eisenbahnen und Eisenbahnwagen, worauf sich George Thornton, Civilingenieur zu Brighton in der Grafschaft Sussex, am 25. Dec. 1840 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. XLII., S. 173 |
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XLII.
Verbesserungen an Locomotiven, Eisenbahnen und
Eisenbahnwagen, worauf sich George
Thornton, Civilingenieur zu Brighton in der Grafschaft Sussex, am 25. Dec. 1840 ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Jun.
1842, S. 345.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Thornton's Verbesserungen an Locomotiven etc.
Meine Erfindung besteht erstens: in einer Abänderung der gegenwärtig üblichen
Spurweite der Eisenbahnen, die ich aus folgenden praktischen Beobachtungen ableite.
Die ursprüngliche Spurweite von 4' 8 1/2'' und die verbesserte von 5' haben sich beide in der Ausführung als zu schmal erwiesen, um eine geeignete und freie Anordnung des Mechanismus der
Locomotive zu gestatten; sie erzeugen bei großen Geschwindigkeiten ein unangenehmes
Hin- und Herschlenkern der Wagen und bei Krümmungen von kleinem Halbmesser
die Tendenz nach der Tangente abzufliegen. Auf der anderen Seite hat die Spurweite
von 7 Fuß ein zu großes Gewicht in der Construction der Locomotive und Bahnwagen und
somit auch verhältnißmäßig gesteigerte Kosten zur Folge. Diese Vermehrung des
Gewichts und der Spurweite zieht außerdem eine beträchtliche Kostenerhöhung im Baue
der Bahn und der Brüken nach sich. Es wäre demnach wünschenswerth, eine zwischen den
bestehenden liegende mittlere Spurweite einzuführen, und die einfache Spurweite von
6 Fuß ist es, welche sich für eine bequeme, mit keinem außerordentlichen
Kostenaufwand und Gewicht verbundene Anordnung des Mechanismus der Locomotive und
Wagen eignet.
Ich gehe nun zur Erläuterung des nächsten Haupttheils meiner Erfindung, nämlich der
Verbesserungen an Locomotiven, über. Hiebei bemerke ich, daß sich der Erfahrung
gemäß ein Raddurchmesser von 6 Fuß als nüzlich herausgestellt hat; es liegt darin
zugleich eine Uebereinstimmung mit der Spurweite von 6 Fuß. Auch mache ich den
Vorschlag, die Spurkränze der Locomotiv- und anderen Wagenräder weiter als
gewöhnlich hervorragen zu lassen, d.h. nicht weniger als 2 1/2 Zoll – eine
Anordnung, welche die Tendenz der Locomotive und Wagen von den Schienen abzulaufen
mindert.
Meine zweite Verbesserung in Bezug auf Locomotive besteht in einem mit der Dampfröhre
in Verbindung zu bringenden Regulator, welcher die Kraft der Maschine stets regulirt
und eine übermäßige Geschwindigkeit verhütet; derselbe ist von dem Locomotivführer
unabhängig. Er sperrt den Dampf beim Hinabfahren über schiefe Flächen, oder wenn
sich auf sonstige Weise die Geschwindigkeit zu sehr gesteigert hat, ab, gestattet
jedoch dem Locomotivführer bei schwerer Ladung jeden beliebigen Grad der Kraft in
Wirksamkeit treten zu lassen. Der in Rede stehende Apparat verhütet nur ein
Uebersteigen des Geschwindigkeitsgrades, für welchen der Regulator eingerichtet ist,
was gegenwärtig in der Willkür des Locomotivführers liegt.
Meine Erfindung mit Bezug auf Dampfwagen besteht drittens in einer selbstthätigen
Vorrichtung, welche das Wasser im Dampfkessel beständig auf gleicher Höhe
erhält.
Die vierte Verbesserung an Dampfwagen bildet die Methode, die Rauchkammer oder das
Rauchfangende der Maschine mit einer Schicht Wasser zu umgeben, welches direct aus
dem Tender herbeigepumpt und vermittelst eines Ventils an diesem Orte aufbewahrt wird. Von hier aus wird
das Wasser, nachdem es die sonst unbenuzt entweichende Wärme absorbirt hat, nach
Bedürfniß in den Kessel geleitet; es verhütet außerdem, daß sich die Platten der
Rauchkammer und des Rauchfanges, welche die Fugen der Dampfröhren und der
Dampfbüchse bedeken, auswärts biegen – ein bisheriger Uebelstand, dessen
Beseitigung sehr wünschenswerth war.
Meine fünfte Verbesserung an Dampfwagen bezieht sich auf eine mit den
Sicherheitsventilen des Dampfkessels in Verbindung stehende Röhre, welche den
überflüssigen Dampf in den Rauchfang leitet. Dadurch wird der Zug vermehrt und der
Dampf verhindert, dem Locomotivführer ins Gesicht zu fliegen und die Bahnlinie
seinen Bliken zu entziehen.
Meine sechste Verbesserung an Dampfwagen besteht in der Anwendung einer nach allen
Richtungen beweglichen (universal jointed) Röhre in
Verbindung mit dem Boden des Dampfkessels am Rauchfangende. Diese Röhre ist an einen
Ausblasehahn befestigt und dient zur Reinigung der Kesselröhren, indem man einen
Strom heißen Wassers oder Dampfes durch dieselben leitet. Auf diese Weise erreicht
man den vorliegenden Zwek weit schneller, als mit dem gegenwärtigen unvollkommenen
Verfahren, sich einer eisernen, an ihrem Ende mit Werg umwikelten Stange zu
bedienen.
Meine lezte auf Locomotive Bezug habende Verbesserung besteht in einem auf die Räder
wirkenden selbsttätigen Bremsapparate. Beim Zug der Maschine werden die Bremsbaken
vermittelst einer zwischen der Maschine und dem Tender befindlichen Vorrichtung
gehoben; wenn aber die Maschine aus unvorhergesehenen Ursachen zu ziehen aufhört, so
werden die Bremsbaken mit großer Gewalt gegen die Räder angedrükt, so daß sie den
Lauf der Maschine hemmen. Der Apparat läßt sich übrigens auch von dem
Locomotivführer handhaben.
Der dritte Haupttheil meiner Verbesserungen bezieht sich auf Eisenbahnwagen und
besteht in der Einführung selbstthätiger Bremsvorrichtungen, welche durch ein
Zugtau, das mit der Locomotive in Verbindung steht und durch dieselbe angezogen
wird, von den Rädern entfernt werden. Wenn das Zugtau aus irgend einer
unvorhergesehenen Ursache schlaff wird, so kommen die Bremsbaken in Wirksamkeit und
hemmen den Lauf der Wagen, bevor die Gefahr eintritt. Mit Hülfe des Zugtaues geht
die Locomotive dem Train in einem beträchtlichen Abstande voraus, so daß, wenn eine
Collision stattfinden, die Locomotive von den Schienen ablaufen oder bei Nacht den
Damm hinabstürzen sollte, das Tau augenbliklich schlaff wird. In Folge dieses Schlaffwerdens
senken sich die Bremsbaken sogleich mit geeigneter Kraft auf die Wagenräder herab
und hemmen dieselben, noch ehe der Train in den Bereich der Gefahr kommt. Die Länge
des zwischen Locomotive und Train befindlichen Zugtaues beseitigt alle Lebensgefahr
und schüzt das Eigenthum gegen eine etwaige Explosion, auch verhütet sie die
Entzündung der Frachten durch die aus dem Rauchfang sprühenden Funken. An einer der
Tenderachsen befindet sich eine Trommel zur Aufnahme des Zugtaues. Mit Hülfe dieser
Vorkehrung kann man dem Tau eine den Bahncurven angemessene Länge geben; hier zeigt
sich das Zugtau besonders zwekmäßig, indem es stets den Train von der tangentialen
Richtung ablenkt, beseitigt es die Gefahr desselben bei hohen Geschwindigkeiten aus
den Schienen zu weichen. Durch Aufwikeln auf die erwähnte Trommel läßt sich das Tau
so verkürzen, wie es die Zwischen- oder Endstationen erfordern. Hiebet ist zu
bemerken, daß diese Verlängerung oder Verkürzung des Zugtaues bewerkstelligt werden
kann, ohne den Lauf des Wagenzugs zu unterbrechen. Um meine Verbesserungen näher zu
erläutern, gehe ich nun zur Beschreibung der beigefügten Abbildungen über.
Fig. 16
stellt den oben auf dem Dampfkessel angebrachten Geschwindigkeitsregulator im
Durchschnitt dar. Der Apparat ist in einer Kuppel eingeschlossen und nach Wegnahme
der Kranzschrauben B zugänglich. C eine am oberen Theile des Dampfkessels befindliche Stopfbüchse, durch
die eine senkrechte Welle D geht. Diese Welle steht mit
dem in der Dampfröhre F befindlichen Drosselventil in
Verbindung. Je nachdem die Stange D in Folge des
Auseinanderfliegens oder Zusammenfallens der Schwungkugeln steigt oder sinkt,
schließt oder öffnet sich das Drosselventil E, und
regulirt dadurch den Dampfzutritt in die Cylinder und mit diesem die Geschwindigkeit
der Locomotive. Die Achse D wird von einer der Radachsen
aus Vermittelst Räderwerk in Bewegung gesezt.
Die Figuren 17
und 18
liefern einen Quer- und Längendurchschnitt eines Wasserregulators. Dieser
besteht aus einem an einer verticalen Spindel B
befestigten kupfernen Schwimmer A. Die Spindel gleitet
in einer an der Deke des Dampfkessels angebrachten Stopfbüchse C; indem sie sich mit dem Niveau des Wassers hebt und
senkt, wirkt sie vermittelst des Hebels E und der Stange
F auf ein Ventil D, Fig. 18, und
erhält dadurch das Wasser in dem Kessel auf constantem Niveau.
Fig. 19
stellt einen Durchschnitt durch die Maschine mit einer das Rauchfangende des
Dampfkessels umgebenden Hülfscisterne A, A dar. Die um
die Rauchkammer angeordnete Wasserschichte kann, wenn man es wünschenswerth
finden sollte, bis auf irgend eine beliebige Höhe um den Rauchfang gelegt werden.
B ist der Hahn und C die
oben erwähnte, zum Reinigen der Röhren dienliche Röhre. Mit der Locomotive und dem
Tender stehen die selbstthätigen Bremsvorrichtungen D in
Verbindung, welche auf ähnliche Weise wie die unten zu beschreibenden Wagenbremsen
in Wirksamkeit kommen, jedoch auch mit Hülfe des Hebels E nach Belieben von dem Ingenieur gehandhabt werden können.
Fig. 20 ist
der Grundriß und
Fig. 21 der
Aufriß eines Wagenzugs mit dem Bremsapparat K, K.
Fig. 22
liefert einen Längendurchschnitt und
Fig. 23 einen
Querschnitt der Wagen, wobei K die Zugstange ist, welche
unter jedem Wagen sich hinzieht und an beiden Enden mit einem Buffer und einer
Verbindungskette L versehen ist. An dieser gegen eine
wurmförmige Feder R drillenden Zugstange befinden sich
zwei Keile M, M, über denen die mit dem Bremsapparate
O, O, P, P in Verbindung stehende Rolle V angeordnet ist. Wenn die Locomotive sich zu bewegen
anfängt, so wird die Stange K vorwärts gezogen, die
Rolle steigt in ihrer Führung S in die Höhe und mit ihr
entfernen sich im ganzen Wagenzuge sämmtliche Bremsklöze von den Rädern, so daß der
Zug ungehindert in Bewegung kommt. Hält die Maschine an, so bringt die Elasticität
der Feder R die Zugstange wieder in ihre frühere Lage
zurük, und die Bremsbaken sinken auf die Peripherien der Räder hinab. Die Bremsbaken
sind hinreichend belastet, um den Train je nach der Länge des Zugtaues innerhalb
einer beliebigen Streke zum Stehen zu bringen.
Die Figuren 24
und 25
stellen in größerem Maaßstabe eine Seitenansicht und einen Grundriß der
Kuppelungsmethode der Wagen dar. A, A sind die
Bufferstangen, C, C die Verbindungskette, D das bewegliche Befestigungsstük.
Die Figuren 26
und 27
stellen eine an der Achse der Hinteren Tenderräder befindliche Trommel dar. An diese
Trommel ist ein Zugtau B befestigt, das nöthigenfalls
mit Hülfe der Kuppelung C in Wirksamkeit gebracht werden
kann. Der Zwek dieses Apparates ist bereits oben angegeben worden.
Meine Patentansprüche beziehen sich 1) auf eine Art mittlerer Spurweite etwa von 6
Fuß, welche die oben erwähnten Vortheile gewährt; 2) auf die sieben oben näher
angeführten Verbesserungen an Locomotiven; 3) auf einen selbstthätigen Bremsenzug,
welcher sich beim Anziehen des Zugtaues von den Wagenrädern entfernt und mit
hemmender Kraft gleichzeitig auf alle Räder des Trains sich legt, wenn das Tau
schlaff wird und zu wirken aufhört.