Titel: | Bericht des Hrn. Heinrich Schlumberger, über ein von Hrn. Camille Köchlin angegebenes Verfahren, den Farbstoff aus dem Krapp zu extrahiren. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. L., S. 205 |
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L.
Bericht des Hrn. Heinrich Schlumberger, uͤber ein von
Hrn. Camille
Koͤchlin angegebenes Verfahren, den Farbstoff aus dem Krapp zu
extrahiren.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, 1842, No. 74.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Schlumberger, uͤber Koͤchlin's Verfahren den
Farbstoff aus dem Krapp zu extrahiren.
Wir verdanken Hrn. C. Köchlin ein Verfahren, den Farbstoff
des Krapps auszuziehen, welches er schon im Jahr 1837 aufgefunden haben will, aber
jezt erst mittheilte. Die Industriegesellschaft übergab seine Abhandlung dem
Ausschuß für Chemie, welcher mich mit deren Prüfung, mit der Bestätigung der
Versuche und Berichterstattung beauftragte.
Das Verfahren des Hrn. Köchlin besteht darin, einen
Dampfstrom durch Krapp streichen zu lassen, welcher in einer, mittelst eines
Oehlbades auf 400° F. (203° C. oder 164° R.) erhizten Röhre
eingeschlossen ist. Der Dampf, sagt der Verf., zieht den Farbstoff mit sich, welcher
sich dann in dem der Vorrichtung angepaßten Recipienten verdichtet.
Hr. Köchlin hat mit diesem neuen Verfahren nur wenige
Versuche angestellt und äußert sich weder über den Zustand der Reinheit des bei
dieser Sublimation erhaltenen Farbstoffs, noch sagt er wie viel man davon erhält. Er
glaubt, daß der Wasserdampf bei diesem Verfahren nur mechanisch wirke und daß
demselben andere Vehikel durch irgend ein Ansaug- oder
Einblasungs-Verfahren substituirt werden könnten. Auch scheint ihm dieses
Verfahren auf andere Färbematerialien anwendbar zu seyn, wenn man dieselben bis auf
den Verflüchtigungspunkt ihres Farbstoffs erhizt.
Die Mittheilung des Hrn. K. ist nur die Skizze eines neuen
Extractions-Verfahrens, welches schöne Resultate zu geben verspricht und alle Beachtung
verdient. Ich stellte daher eine Reihe von Versuchen an:
1) um zu sehen, ob sich das Verfahren, wie es Hr. K. beschrieb, bestätigt, und um
mich zu überzeugen, ob es das beste zum Sublimiren des Krapppigments ist;
2) um die Menge des Sublimats oder Farbstoffs, welche erhalten werden kann, zu
bestimmen und folglich das Verfahren aus dem ökonomischen Gesichtspunkte beurtheilen
zu können;
3) um den Grad der Reinheit des Products und seine Anwendbarkeit zum Färben
auszumitteln;
4) um die Wirkung des Wasserdampfes zu untersuchen; ferner ob derselbe durch andere
Flüssigkeiten ersezt werden könne;
5) um derselben Behandlung auch andere Farbstoffe als den Krapp zu unterziehen.
Ich stellte alle meine Versuche mit beiläufig 1 Zoll weiten Glasröhren an, welche
ich, wie Hr. K. umbog, um dann den zu behandelnden Krapp hineinzubringen.Man siehe die Abbildung des Apparats Fig. 55. An das eine Ende der Röhre paßte ich eine Retorte mit Wasser, welches ich
mit einer Weingeistlampe erhizte; das andere Ende der Röhre verband ich mit einem
tubulirten Ballon, welchen ich beständig mit einem Strome kalten Wassers abkühlte.
Die gebogene Röhre sezte ich in einen kleinen mit Oehl gefüllten Kessel, in welchen
ich ein bis auf 300° C. graduirtes Thermometer stekte. Der das Oehlbad enthaltendeeuthaltende Kessel wurde auf ein Kohlenfeuer gesezt und mittelst eines zwischen dem
Kessel und dem Feuer befindlichen Registers regulirte ich die Temperatur des
Oehlbades nach Belieben. Sobald lezteres auf 100° C. erhizt war, begann ich
Wasserdampf zu entwikeln und paßte den Condensationsballon erst dann an, als ich
wahrnahm, daß der Wasserdampf eine Einwirkung auf den Krapp äußerte, indem er
flüchtige Bestandtheile desselben mit fortriß.
Die bei verschiedenen Temperaturgraden erhaltenen Destillationsproducte sammelte ich
besonders auf, um sie alle prüfen zu können.
Bei der Behandlung von 25 Grammen gepulverten Avignon-Krapps beobachtete ich
die Verflüchtigung und Verdichtung orangegelber Floken, als das Oehlbad auf
200° C. erhizt war. Als ich die Temperatur noch steigerte, trat eine
merklichere Entwikelung gefärbter Floken ein und ich sah nun, daß dieses Product im
Verhältniß mit der Temperatur zunehme, welche ich bis auf 280° C. erhöhte.
Nach zweistündigem Verbleiben des Krapps in dieser Temperatur erhielt man gegen das Ende der Operation
nur mehr einige Spuren dieser färbenden Floken.
Als das Bad 225° hatte, entwikelte sich beständig ein graues,
undurchsichtiges, schweres, entzündliches Gas, welches gegen das Ende der Operation
abnahm.
Durch die Vereinigung der im Ballon verdichteten Flüssigkeiten und der den Wänden der
Rohre anhängenden Floken erhielt ich 0,08 Gramme einer teigigen, fett anzufühlenden,
dunkelbraunen Masse.
Derselben Behandlung unterzog ich das jezt im Handel vorkommende Garancin (ein mit
Schwefelsäure gereinigter Krapp, welcher beim Färben viermal so stark ausgibt als
der gewöhnliche), erhielt aber kein befriedigendes Resultat. Der Wasserdampf riß
immer Garancinpulver mit fort, welches sich dem Destillationsproducte beimengte.
Einen dritten Versuch stellte ich mit Avignon-Krapp an, welchen ich vorher
einige Tage lang mit Wasser gähren lassen, dann in kaltem Wasser gewaschen und
getroknet hatte. Ich nahm 25 Gramme dieses gegohrenen Krapps, welche aus 58 Grammen
gewöhnlichen Krapps gewonnen worden waren, in Arbeit. Wie ich schon beim ersten
Versuche mit Krapppulver beobachtet hatte, fand auch hier nur eine sehr schwache
Sublimation von Farbstoff bei 200° C. statt. Bei 250° war die
Entwikelung sichtbarer, am besten aber ging die Operation bei 280° von
statten. Ich unterhielt diese Temperatur zwei Stunden lang, nach deren Verlauf ich
nur mehr einige Spuren flokigen Farbstoffs erhielt. Durch das Vereinigen aller
verdichteten Flüssigkeiten und der den Wänden der Röhre anhängenden Theile,
Filtriren, Waschen und Troknen erhielt ich eine teigige, röthlichbraune, fett
anzufühlende und 0,39 Gramme wiegende Substanz, was 1,56 Grammen Extract aus 100
Gramme gegohrnen Krapps, oder 0,67 Grammen auf 100 Gramme gewöhnlichen Krapps
ausmacht. Vergleicht man dieses Resultat mit dem von der ersten Operation, welche
mit gewöhnlichem Krapppulver angestellt wurde, und nur 0,32 Gramme Extract auf 100
Gramme Krapp lieferte, so ergibt sich, daß der gegohrene Krapp mehr als noch einmal
so viel sublimirtes Extract gab.
Die im Ballon verdichteten Flüssigkeiten, welche das neue färbende Product in
Suspension enthalten, sind zimmetfarben, haben einen stark empyreumatischen Geruch
und röthen das blaue Lakmuspapier und zwar sowohl, wenn diese Flüssigkeiten vom
gewöhnlichen Krapp, als wenn sie von gegohrenem und gewaschenem Krapp herrühren.
Die von dem Versuche mit 25 Grammen gegohrenen Krapps herrührenden Flüssigkeiten
wurden filritt und mit kohlensaurem Natron neutralisirt, um sie dann im Wasserbad bis zur Trokne
abzudampfen. Ich erhielt auf diese Weise 1,22 Gramme einer schwärzlichbraunen Masse
von sehr bitterm Geschmak, welche die Feuchtigkeit der Luft stark anzog und auf
Zusaz concentrirter Schwefelsäure einen schwach sauren Dampf von sich gab, dessen
Geruch an Essigsäure erinnerte. Ammoniak färbt sich davon dunkelbraun, ohne die
geringste Spur rothen Farbstoffs zu verrachen.
Der Rükstand des Krapps in der Röhre nach der Behandlung mit Wasserdampf bei
280° C. ist von schwärzlichbrauner, kohliger Farbe. Färbt man mit solchem
Rükstand von 25 Grammen gegohrenen Krapps gebeizten Zeug, so erhält man Nuancen,
welche den von 1,50 Grammen gewöhnlichen Krapps hervorgebrachten ganz
entsprechen.
Wir haben nun noch die sublimirten, oder vom Wasserdampf in Floken mitgerissenen
Farbstoffe zu untersuchen und zwar sowohl das vom gewöhnlichen Krapp als das vom
gegohrenen erhaltene Product. Diese beiden Auszüge sind von salbenartiger Consistenz
und ziehen sich erwärmt wie die Fette in das Papier. Kaltes Wasser ist ohne alle
Einwirkung darauf; siedendes Wasser nimmt, ohne sie zu schmelzen, eine schwache
Zimmetfarbe durch dieselben an, welche durch Ammoniak geröthet wird. Alkohol löst
sie schon in der Kälte, vorzüglich gut aber in der Wärme auf. Diese alkoholische
Lösung des Extracts von gegohrenem Krapp ist von orangegelber Farbe, während die des
gewöhnlichen Krapps bräunlichgelb gefärbt ist. Lezteres Extract färbt die
concentrirte Schwefelsäure schmuzigroth, welche Farbe nach 12 Stunden ins
Schwärzlichbraune übergeht; das Ammoniak färbt sich mit demselben Extract
röthlichbraun.
Das aus dem gegohrenen Krapp erhaltene Extract hingegen färbt die concentrirte
Schwefelsäure reiner roth als das vorhergehende, aber nach 12 Stunden wird sie
röthlichbraun. Ammoniak färbt sich bräunlichroth dadurch.
Bekanntlich färbt der reine Farbstoff des Krapps die concentrirte Schwefelsäure schön
und rein roth und durch längeres stehen wird die Farbe nicht braun; Ammoniak löst
diesen Stoff auf, indem es sich schön und lebhaft Purpur färbt. Sublimirt man reine
Krapp-Extracte über der Weingeistlampe in einer mit Papier bedekten
Porzellanschale, so erhält man röthliche Dämpfe, welche sich an den Wänden der
Schale und an dem sie bedekenden Papier verdichten. Ein Tropfen Ammoniak bringt mit
diesen sublimirten Theilchen eine schöne, sehr intensive Farbe hervor.
Demselben Versuch unterzog ich das (nach Köchlin's Methode
gewonnene) Extract von gegohrenem Krapp und erhielt einen Sublimat von orangegelber Farbe (statt
des rothen im vorhergehenden Versuch), welche von Ammoniak in etwas mattes Purpur
umgewandelt wurde. Das aus dem gewöhnlichen Krapp (nach Köchlin's Methode) erhaltene Extract gab bei dieser Behandlung ein noch
unreineres Product als das vorhergehende, indem es einen sehr hell orangegelben
Sublimat lieferte.
Nach diesen Versuchen ist anzunehmen, daß die beiden so eben untersuchten Extracte
dem Farbstoffe fremdartige Substanzen enthalten und zwar in ziemlich bedeutender
Menge; ferner daß das Extract aus dem gewöhnlichen Krapp minder rein ist als das von
gegohrenem.
Um den Grad der Reinheit des mittelst Wasserdampf sublimirten Products noch genauer
zu bestimmen, färbte ich mit Thonerde- und Eisenoxydbeize bedrukten
Baumwollenzeug mit dem Extract aus dem gegohrenen Krapp, das, wie gesagt, von beiden
Producten das reinere ist.
Ich löste 1,20 Gramme Extract in etwas siedendem Alkohol auf und goß die Lösung in
ein halbes Liter destillirten Wassers, um auf gewöhnliche Weise einen Quadratfuß
Zeug darin zu färben. Ich erhielt sehr solide Farben, welche den Aviviroperationen
vollkommen widerstanden und dadurch ungemein lebhaft wurden.
Die Intensität der erhaltenen Farben war derjenigen gleich, welche mit 20 Grammen
guten Krapps erreicht wurde, daher das neue Extract ein siebenzehnmal stärkeres
Färbevermögen als der gewöhnliche Krapp hat. Da aber auf andere Weise bereitete
Krappextracte ein sechzigmal oder noch stärkeres Färbevermögen besizen als der
Krapp, so ergibt sich, daß das fragliche Extract aus dem gegohrenen Krapp noch sehr
unrein ist und wenigstens 70 Procent fremdartige Stoffe enthält.
Ich ließ mich nicht darauf ein, die Natur dieser fremdartigen, flüchtigen Substanzen,
welche den Farbstoff in so großer Menge begleiten, genauer zu studiren; jedenfalls
sind sie fetter oder harziger Natur. Wir wissen schon lange, daß der gewöhnliche
Krapp ebenfalls eine fette, harzige und flüchtige Substanz enthält. Es könnte
übrigens auch seyn, daß diese fremdartigen Substanzen, wenigstens zum Theil,
brandige Producte wären, welche von der Zersezung des Krapps oder von der Wirkung
des Wasserdampfs auf den erhizten Krapp herrühren.
Es ist nun noch die Quantität der nach dem Köchlin'schen
Verfahren aus dem Krapp gewonnenen färbenden Substanz zu betrachten, um dasselbe
auch aus dem ökonomischen Gesichtspunkt würdigen zu können. Ich fand, daß die klare,
bei der Destillation erhaltene Flüssigkeit keine Spur einer färbenden Substanz
enthielt und daß der verkohlte salzige Rükstand beim Färben nur mehr eine äußerst
kleine Menge Farbstoffs
verrieth; es ist also bloß in dem flokigen Product der Farbstoff zu suchen, welchen
das Verfahren liefert. Ich hatte aus 25 Grammen gegohrnen Krapps, welche aus 58
Grammen gewöhnlichen Krapps gewonnen worden waren, 0,39 Gramme dieses Extracts
erhalten; was 0,67 Gramme Extract auf 100 Gr. Krapp ausmacht. Nimmt man nun diese
0,67 Gr. Extract zum Färben, so erhält man eine Intensität gleich der mit 11 Grammen
gewöhnlichen Krapps; bekanntlich tritt aber bei unserm gewöhnlichen Färbeverfahren
der Krapp an den gebeizten Zeug nur beiläufig 25 Proc. seines Farbstoffs ab, während
beim Färben mit den Krappextracten aller Farbstoff fixirt wird; daraus folgt, daß
die 11 Gramme Krapp, welche wir so eben mit unserm Extract verglichen, an den
gebeizten Zeug beim Färben nur die in 3 Grammen Krapp wirklich enthaltene Quantität
Farbstoff abtreten. Also gäben 100 Gramme durch dieses neue Verfahren erschöpften
Krapps 0,67 Gr. Extract, welche die in 3 Gr. Krapp befindliche Menge Farbstoff
enthalten, wonach sich für diese Extractionsweise ein Verlust von 97 Proc. Farbstoff
herausstellt, welcher Verlust vorzüglich der zu großen Hize zuzuschreiben ist,
welche die Verflüchtigung des Pigments erfordert.
Dieses Verfahren, so wie wir es bisher ausführten, ist demnach für die Ausziehung des
Farbstoffs aus dem Krapp nicht wohl anwendbar, indem es nur sehr wenig Farbstoff und
noch dazu in sehr unreinem Zustande liefert, den größten Theil des Pigments aber
zerstört. Hiemit soll jedoch nicht gesagt seyn, daß das Verfahren nicht sehr
bedeutender Verbesserung fähig sey und in Zukunft nicht vortheilhafte und nüzliche
Anwendungen finden könne. Man sollte den Krapp oder von ihm herrührende Producte in
die gehörigen Umstände versezen, um eine leichtere Entwikelung des Farbstoffs bei
einer Temperatur zu bewirken, welche zu seiner Zersezung nicht beiträgt.
Es ist nicht unwichtig zu wissen, ob bei dem Köchlin'schen
Verfahren der Wasserdampf nur mechanisch wirkt, indem er die flüchtigen Theile der
Substanz mit fortreißt, oder ob er auch zugleich als Auflösungsmittel der
Pigment-Dämpfe dient und zu ihrer Abscheidung beiträgt. Ich stellte deßhalb
einen neuen, dem vorigen ähnlichen Versuch an, wobei ich aber den Wasserdampf durch
Alkoholdampf ersezte. Ich nahm zu diesem Versuch 25 Gram. gegohrnen, gewaschenen und
getrokneten Krapp und ließ den Alkoholdampf hindurchstreichen, sobald das Oehlbad
auf 80° C. erhizt war. Bei 225° war der condensirte Alkohol schwach
gelb gefärbt; bei 250° wurde er intensiver gelb. Ich steigerte die Hize des
Oehlbades bis auf 275° und unterhielt diese Temperatur 2 1/2 Stunden lang
oder bis die Färbung des condensirten Alkohols wieder schwächer wurde. Beim Abdampfen aller alkoholischen
Flüssigkeiten zur Trokne erhielt ich 2,50 Gramme Extract von
gelblich-dunkelbrauner Farbe. Concentrirte Schwefelsäure theilte diesem
Extract eine röthlich-dunkelbraune Farbe mit, welche sich nach einiger Zeit
ins Graulichbraune umänderte. Ammoniak wird ebenfalls matt röthlichbraun davon
gefärbt, statt der schönen Purpurfarbe, welche die gereinigten Krappextracte
hervorbringen. Mittelst der Weingeistlampe in einem Porcellanschälchen sublimirt,
liefert dieses Extract einen gelblichen Dunst, welcher sich an den Wänden des
Schälchens zu einer orangegelben Substanz verdichtet. Ein Tropfen Ammoniak färbt
diese sublimirten Theile matt hellroth.
Ich löste 2,30 Gramme dieses Extracts in etwas siedendem Alkohol auf und goß die
Auflösung in ein Viertelliter destillirten Wassers, um ein Stükchen mit
Thonerde- und Eisenoxyd-Beize bedrukten Baumwollenzeugs darin zu
färben. Hiebei erhielt ich eine Intensität der Farben, welche jener mit 3 Grammen
gewöhnlichen Krapps gleichkam, wonach dieses Extract also ein etwas größeres
Färbevermögen besizt als der Krapp.
Diese 2,30 Gramme Extract wurden von 23 Gram. gegohrenen Krapps erhalten, welche 50
Gram. gewöhnlichen Krapps entsprechen und das Färbevermögen dieses Extracts
entspricht, wie wir so eben sahen, 3 Gram. Krapp. Die Behandlung des Krapps mit
Alkoholdämpfen liefert also ein noch unreineres und überdieß weniger Extract als der
Wasserdampf.
Ich beobachtete noch eine sehr sonderbare Eigenschaft bei diesem alkoholischen
Extract; dasselbe liefert nämlich beim Färben eine gelblichrothe Farbe mit den
Thonerdebeizen, während die Eisenoxydbeizen keine Spur Farbstoff anziehen. Die rothe
Farbe widersteht den Aviviroperationen sehr gut. Ich kann über diese
Eigenthümlichkeit des Extracts, sich mit den Eisenoxydbeizen nicht zu verbinden,
nichts weiteres sagen; es wäre sicherlich interessant, diese Substanz weiter zu
studiren, um zu erfahren, ob der Farbstoff sich darin in einem modificirten Zustande
befindet, oder, was wahrscheinlicher ist, ob unter der großen Menge fremdartiger
Stoffe, welche sie enthält, eine ist, welche die Eigenschaft besizt, die Verbindung
des Pigments mit dem Eisenoxyd zu verhindern, weil sie eine größere Verwandtschaft
zu demselben besizt.
Nach diesen Versuchen wollte ich auch die Wirkung eines Luftstroms im Vergleich mit
dem Wasser- und Alkoholdampf kennen lernen. Wie bei den vorigen Versuchen
nahm ich 25 Gram. gegohrenen, gewaschenen und getrokneten Krapps. Als das Oehlbad
auf 100° C. erhizt war, ließ ich mittelst eines Blasebalgs durch den in der
Glasröhre eingeschlossenen Krapp einen Luftstrom streichen. Bei 200° entwikelte sich
ein Gas, welches schwerer als Luft, undurchsichtig und entzündlich war. Bei
250° hingen sich an die Röhre unterhalb des Oehlbads einige Tropfen einer
öhligen Substanz von bräunlich-orangegelber Farbe an. Hierauf bildete sich in
dem Verdichtungsballon eine sehr dünne Schicht einer gelblichen Substanz; aber weder
Ammoniak, noch concentrirte Schwefelsäure zeigten in diesem öhligen Product die
geringste Spur eines rothen Farbstoffs an.
Erhizt man das Oehlbad bis auf 270°, so sieht man den in der Röhre
eingeschlossenen Krapp wie ein Pyrophor Feuer fangen und der Luftstrom reißt Funken
aus der Röhre mit sich fort.
Da der so eben erwähnte Versuch keine Spur eines flüchtigen Farbstoffs lieferte und
der Alkoholdampf ganz andere Resultate als der Wasserdampf gab, so glaube ich, daß
lezterer bei diesem Verfahren nicht bloß mechanisch wirkt, indem er die durch die
Wärme verflüchtigten Substanzen mit fortführt, sondern daß er auch zur Abscheidung
und sogar zur Bildung einiger jener flüchtigen Producte beiträgt, die ich bei meinen
Versuchen sammelte.
Wir haben nun noch den Erfolg dieses Verfahrens bei andern Farbmaterialien zu
untersuchen. Ich sezte zu diesem Behufe 20 Gr. faseriges Campecheholz in einer
Glasröhre einem Strom Wasserdampf aus. Bei 210° bildete sich ein Gas, welches
schwerer als die Luft und undurchsichtig war, aber keinen flüchtigen Farbstoff
enthielt. Ich fügte nun den Verdichtungsballon an, trieb die Temperatur des Oehlbads
bis auf 275° und unterhielt sie drei Viertelstunden lang so hoch.
Die während dieser Operation verdichtete Flüssigkeit war hell, beinahe weiß, ins
Gelbliche ziehend, stark brenzlich riechend, von saurem Geschmak und enthielt einige
weiße Flitterchen suspendirt, welche sich schwierig absezten. Blaues Lakmuspapier
wurde stark davon geröthet; Ammoniak in Ueberschuß zugesezt, macht diese Flüssigkeit
etwas dunkler oder schwach goldgelb, die schwebenden Flitterchen aber bleiben
weiß.
An den Wänden der Röhre oberhalb des Oehlbads sezten sich, während die Temperatur
250° betrug, einige Tropfen einer orangebraunen, öhligen Substanz ab, welche
aber ihre Farbe weder durch concentrirte Schwefelsäure, noch durch Ammoniak
veränderten.
Nach dieser Operation findet man den Rükstand des Campecheholzes schwärzlichgrau,
verkohlt und beim Färben gibt er an gebeizten Zeug kaum zwei Procent des im
gewöhnlichen Holze enthaltenen Farbstoffs ab.
Diesem Versuche zufolge verflüchtigt sich aus dem Campecheholz also kein Farbstoff, vielmehr
wird derselbe durch die Einwirkung der Hize und des Wasserdampfs größtentheils
zerstört.
Als ich 14 Gramme in Fasern zertheiltes Limaholz demselben Versuche unterwarf,
erhielt ich beinahe dieselben Resultate wie mit dem Campecheholz. Das verdichtete
Wasser, sehr schwach gelblichgrau, schillerte etwas, röthete das blaue Lakmuspapier
und wurde durch überschüssiges Ammoniak hell gelblichbraun. Alaun und Zinnchlorid
brachten keine Farbenveränderung hervor. Das dieser Operation unterworfen gewesene
Limaholz gab beim Färben eines Stükchens gebeizten Baumwollenzeugs nur 4 bis 5 Proc.
vom Farbstoff des gewöhnlichen Limaholzes ab.
Derselben Behandlung unterzog ich 55 Gramme ganzer Cochenille. Bei 138° fand
Entwikelung eines Gases statt, welches schwerer als die Luft, von weißer Farbe und
widerlichem ammoniakalischem Geruch war. Ich erhizte nach und nach bis auf
275° und unterhielt diesen Grad eine halbe Stunde lang. Die Gasentwikelung
nahm gegen das Ende der Operation ab. Das Product der Verdichtung war eine schwach
orangebraune, schmuzige, schillernde, widerlich riechende, das gelbe Curcumapapier
röthende Flüssigkeit, welche keine Spur eines rothen Farbstoffs verrieth, weder
durch Zinnchlorid noch durch Alaun. Die in der Röhre zurükbleibende Cochenille gab
beim Färben eines Stükchens gebeizten Baumwollenzeugs nur 5 Proc. vom Farbstoff der
gewöhnlichen Cochenille ab.
Obwohl diese drei Farbmaterialien nur negative Resultate gaben, stellte ich doch noch
einen Versuch mit Alkannawurzel an, bei welcher ich so glüklich war, wieder eine
Verflüchtigung oder Sublimation des Farbstoffs zu beobachten. Ich nahm 24 Gramme der
Wurzel und schnitt sie in kleine Stüke, um sie in die gebogene Röhre zu bringen.
Nachdem diese in das Oehlbad getaucht und ein Strom Wasserdampf hindurchgelassen
worden war, bemerkte ich bei 200° einen röthlichen Dampf, welcher sich in
kleinen Krystallen an den Wänden des über das Oehlbad herausgehenden Theiles der
Röhre anlegte. Ich erhizte nach und nach bis auf 212°, bei welcher Temperatur
der größte Theil des der Röhre anhängenden krystallinischen Sublimats verschwand und
sich in dem (durch kaltes Wasser abgekühlten) Ballon Verdichtete. Ich verminderte
nun sogleich die Temperatur des Oehlbads auf 200° und unterhielt diese
Temperatur eine halbe Stunde lang. Die im Ballon condensirten Flüssigkeiten sammelte
ich in einem besondern Gefäße und erhizte dann das Oehlbad auf 275°, um es
eine halbe Stunde auf dieser Temperatur zu erhalten. Es erzeugten sich neuerdings
röthliche Tropfen, welche den Wänden der Röhre anhingen. Wasser, concentrirte
Schwefelsäure und Ammoniak hatten auf diese öhlige Substanz nicht die geringste
Wirkung. Siedender Alkohol löst sie ganz auf und nimmt Weinhefenfarbe an. Beim
Erhizen sublimirt sie größtentheils und hinterläßt einen kleinen kohligen
Rükstand.
Die durch Destillation bei 200° erhaltenen Flüssigkeiten und die bei
275° gewonnenen zeigten verschiedene Eigenschaften, welche ich von jeden
besonders angebe.
Destillationsproduct bei 200° C.
Destillationsproduct bei 275° C.
Weiße helle Flüssigkeit, welche eine rothe
unlösliche Substanz schwebend enthält, die ich abfiltrirte. Die filtrirte
Flüssigkeit hat einen sauren Geschmak und empyreumatischen Geruch, sie
röthet das blaue Lakmuspapier. Etwas Ammoniak färbt sie schwach
grünlichgelb. Der auf dem Filter zurükbleibende, mit kaltem Wasser wohl
ausgewaschene und getroknete unlösliche Theil wiegt 0,03 Gramme; er ist
bräunlichroth von Farbe und zieht sich, erwärmt, in das Papier wie Fett. Das
Wasser hat auch kochend Concentrirte Schwefelsäure wird schwach
bräunlichroth gefärbt.Alkohol löst sie leicht auf und wird rothbraun,
etwas ins Orangegelbe ziehend gefärbt; diese Lösung, der freiwilligen
Verdunstung überlassen, liefert einen Rükstand, an dessen Rand sich eine
Krystallisation in Nadeln zeigt.Eine alkalische Lösung, auf mit
Thonerde gebeizten Baumwollzeug gedrukt, dann getroknet und durch warmes
Kreidewasser gezogen, bringt auf dem Zeug eine röthlich graue Farbe
hervor.
Sehr helle, gelblichgraue Flüssigkeit, eine
röthlichbraune Substanz schwebend enthaltend, die ich abfiltrirte. Die
filtrirte Flüssigkeit schmekt sauer und riecht empyreumatisch, röthet das
blaue Lakmuspapier. Ammoniak in Ueberschuß zugesezt, macht die ursprüngliche
Farbe etwas dunkler.Der auf dem Filter befindliche, mit kaltem Wasser
wohl ausgewaschene und getroknete Theil wiegt 0,08 Gramme. Er ist
dunkelbraun und dringt erwärmt wie Fett in das Papier, keine Einwirkung auf
diese Substanz.Siedendes Wasser ist ohne Einwirkung auf diese Substanz.
Concentrirte Schwefelsäure wird davon braun gefärbt.Alkohol löst sie
leicht auf und färbt sich schmuzig-gelblichbraun. Diese Lösung
liefert bei freiwilligen Verdunstung nichts Krystallinisches.Eine
alkoholische Lösung, auf mit Thonerde gebeizten Baumwollzeug gedrukt, dann
getroknet und durch warmes Kreidewasser gezogen, bringt auf diesem Zeug eine
gelbliche Weinhefenfarbe hervor.
Verfährt man eben so mit einem alkoholischen Aufguß von Alkannawurzeln, der immer von
schön violetter Farbe ist, so erhält man auf einem mit Thonerde gebeizten Zeug eine
sehr lebhafte violette Farbe.
Die Alkannawurzeln, welche der Einwirkung der Hize und des Wasserdampfes ausgesezt
waren, sind verkohlt und enthalten keine Spur von Farbstoff mehr. Macerirt man sie
eine Zeit lang mit Alkohol, so erhält dieser eine gelblichgraue Farbe.
Wir folgern aus diesen Versuchen, daß der Farbstoff der Alkanna sublimirbar ist, und
obwohl wir ihn nur in kleiner Menge und in unreinem Zustande erhielten, so ist doch
zu hoffen, daß es gelingen werde, ihn in reinem Zustande sublimirt darzustellen. Wir
sahen, daß eine zu starke Hize der Reinheit des Farbstoffs schadete; man muß daher
den niedrigsten Temperaturgrad und die geeignetsten Umstände für die Sublimation
dieses Farbstoffs bestimmen.
Endlich machte ich noch einen lezten Versuch mit Kreuzbeeren, welche kein minder
günstiges Resultat gaben als die Alkannawurzel. Ich brachte 30 Gramme davon in die
gebogene Röhre und ließ Wasserdampf hindurchströmen. Erst bei 250° entwikelte
sich ein graulichweißer undurchsichtiger Dampf. Ich erhizte fort bis auf
275°, welche Temperatur ich eine halbe Stunde unterhielt. Es hing sich an die
Wände des heißesten, über dem Oehlbad befindlichen Theiles der Röhre eine Substanz
in Form öhliger Tropfen von orangegelber Farbe an und am minder heißen Ende der
Röhre verdichtete sich eine gelbe Substanz in sehr deutlichen Krystallen. Das
flüssige Product im Recipienten hatte eine gelblichgraue Farbe und hielt gelbe
Flitterchen in Suspension, welche durch den Zutritt der Luft sich ins Bräunlichgelbe
verdunkelten. Gegen das Ende der Operation war das Product dem am Anfange ähnlich,
mit Ausnahme der gelben Theilchen. Ich vereinigte alle Flüssigkeiten, um durch das
Filtrum alle unlöslichen Theile davon zu trennen. Die filtrirte Flüssigkeit ist von
sehr heller gelblichgrauer Farbe, saurem und bitterm Geschmak, riecht stark nach dem
Absud von Kreuzbeeren, etwas empyreumatisch, röthet das blaue Lakmuspapier und wird
durch Ammoniak etwas dunkler. Der auf dem Filter befindliche unlösliche Theil wog,
mit kaltem Wasser wohl ausgewaschen und getroknet, 0,12 Gramme. Er ist von
röthlichbrauner Farbe, zieht sich warm in das Papier und macht es fettig. Kaltes und
siedendes Wasser haben keine Einwirkung darauf. Heiße Alaunauflösung färbt sich
dadurch augenbliklich gelb. Concentrirte Schwefelsäure löst dieses Extract auf und
wird etwas bräunlich dunkelgelb gefärbt. Ammoniak färbt sich dadurch hellgelb.
Erhizt man dieses Extract über der Weingeistlampe in einer mit Papier bedekten
Porcellanschale, so sublimirt es größtentheils unter Entwiklung schwach gelb
gefärbter Dämpfe, welche sich mit schwefelgelber Farbe an den weniger heißen Wänden
der Schale verdichten.
0,10 Gramme dieses Extracts lösten sich in siedendem Alkohol vollkommen auf und
färbten ihn schön röthlichbraun. In ein Viertelliter Wasser gegossen brachte diese
Lösung einen gelblichgrauen, flokigen Niederschlag hervor; ich färbte darin auf
gewöhnliche Weise einen Baumwollzeug von 1/2 Fuß im Quadrat, welcher mit
Thonerde- und Eisenoxyd-Beizen bedrukt war und erhielt eine ziemlich schwache Farbe,
welche jener von 0,15 Grammen gewöhnlicher Kreuzbeeren kaum gleich kam; überdieß
waren die von diesem Sublimat mit Thonerde- und Eisenoxyd-Basis
erhaltenen Farben weniger lebhaft und rein, als die direct mit Kreuzbeeren
gefärbten.
Das sublimirte Extract ist daher sehr unrein und sein Färbevermögen kaum um ein
Drittheil größer als das der Beeren. Die gelbe krystallinische Substanz an den
Wänden der Röhre ist hingegen viel reiner. Ich konnte nur sehr wenig davon sammeln.
Kaltes und kochendes Wasser haben auf diese Substanz gar keine Einwirkung. In
kochendem Alkohol ist sie kaum löslich. Er färbt sich orangegelb; beim Erkalten
desselben sondern sich rein gelbe Floken ab. Schwefelsäure löst sie auf und färbt
sich schwefelgelb.
Mit den in der Röhre nach der Einwirkung der Hize und des Wasserdampfs
zurükgebliebenen Kreuzbeeren wurden Stükchen Baumwollzeugs gefärbt. Ich erhielt
Farben, deren Intensität kaum jener von 8 Proc. desselben Gewichts gewöhnlicher
Kreuzbeeren gleich kam.
Nach diesen Versuchen können wir annehmen, daß der Farbstoff Kreuzbeeren flüchtig und
krystallisirbar ist; daß aber das Extractionsverfahren, wie wir den Versuch damit
anstellten, noch sehr unvollkommen ist, indem es den größten Theil des gelben
Farbstoffs zerstört und den anderen in noch sehr unreinem Zustande liefert.
Faßt man die in diesem Berichte niedergelegten Versuche und Beobachtungen zusammen,
so ergibt sich:
1) daß das von Hrn. Köchlin vorgeschlagene Verfahren den
Farbstoff des Krapps nicht in reinem Zustande liefert; daß außerdem sehr viel von
demselben verloren geht und der größte Theil der näheren Bestandtheile des Krapps
bei dieser Operation zersezt wird;
2) daß der Wasserdampf bei diesem Verfahren nicht nur mechanisch wirkt, indem er die
sublimirten Theile mit fortreißt, sondern auch als Mittel zur Abtrennung der
flüchtigen Theile dient und, bei der Temperatur wenigstens, wobei wir arbeiteten,
zur Bildung neuer flüchtiger Producte beiträgt, welche im Krapp nicht existiren;
3) daß Alkoholdampf und die atmosphärische Luft ganz andere Wirkungen als der
Wasserdampf hervorbringen;
4) daß dieses Verfahren mit dem Campecheholz, dem Limaholz und der Cochenille keinen
Farbstoff liefert; diese Pigmente scheinen nicht flüchtig zu seyn und zersezen sich
bei dieser Operation in großer Menge;
5) daß die Kreuzbeeren und die Alkannawurzel nach diesem Verfahren eine sehr kleine
Menge flüchtigen und krystallisirbaren Farbstoffs liefern, die aber noch in unreinem
Zustande erhalten wurden.
Ungeachtet der unreinen Producte, welche wir bei unseren Versuchen immer erhielten
und des großen Verlustes an Farbstoff dabei, verdient das Köchlin'sche Verfahren dennoch unsere ganze Aufmerksamkeit; wir zweifeln
nicht, daß man bei geeigneter Anwendung desselben noch zu guten Resultaten gelangen
wird. Wir wissen z.B., daß der Farbstoff des Krapps sich schon bei 100° C.
verflüchtigt, wenn man ihn unter gewissen Umständen mit Säuren mengt, welche zu
seiner Absonderung beitragen. Es ist daher wahrscheinlich, daß durch Zusezen
gewisser saurer Substanzen der Farbstoff des Krapps bei niederer Temperatur
vollständig verflüchtigt werden kann.