Titel: | Ueber das Bude-Licht; von Dr. Andr. Ure. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXIX., S. 283 |
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LXIX.
Ueber das Bude-Licht; von Dr. Andr. Ure.
Aus dem London Journal of arts. Mai 1842, S.
292.
Ure, uͤber das Bude-Licht.
Aus dem Berichte eines Comité's des engl. Unterhauses ist ersichtlich, daß
dieses Licht nach Bude in Cornwall, dem Wohnort des
Erfinders, Hrn. Gurney, so benannt wird, und daß dieser
Name ihm gegeben wurde, um es vom Licht des glühenden Kalks zu unterscheiden, welches er in seinem
Werke über Chemie, 1823, zuerst beschrieb.
Das Bude-Licht bestand ursprünglich aus einer Argand'schen Oehlflamme, über
deren innere Oberfläche ein Sauerstoffstrom sich ergoß, welcher eine sehr lebhafte
Beleuchtung hervorbrachte. Doch fand man, nachdem das Unterhaus eine Zeit lang damit
beleuchtet worden war, daß so mit Lebensluft gespeiste Oehllampen kostspielig und
schwer zu reguliren sind. – Hr. Gurney versuchte
hierauf die Beleuchtung mit naphthalisirtem Steinkohlengas in Argand'schen Brennern,
welchen ebenfalls Sauerstoff zugeführt wurde; obwohl dieß ein hinreichend starkes
Licht gab, so fand er doch für den Fortgebrauch desselben ein großes Hinderniß im
Absaz flüssiger Naphtha (Steinöhls) in den Vertheilungsröhren. Er erdachte nun ein
Verfahren, um aus gewöhnlichem Steinkohlengas, welches er in einem einfachen Apparat
von seiner eigenen Erfindung reinigt und mit Oxygen aus der Atmosphäre verbrennt,
ein Licht zu erzeugen, welches jedem Zwek innerer und äußerer Beleuchtung angemessen
ist und jezt im Unterhause mit bestem Erfolg und mit nur 12 Schilling Kosten per Nacht angewandt wird, während die kurz vorher
angewandte Beleuchtung mit Kerzen jede Nacht 6 Pfd. St. und 11 Sch. kostete (man
vergl. die Patentbeschreibung im polyt. Journal Bd. LXXXIV. S. 269.)
Dieses neue Bude-Licht besizt folgende Vorzüge vor allen anderen bisher
bekannten Arten künstlicher Beleuchtung:
1) gibt es so viel Licht wie die besten Argand'schen Gasflammen bei dem halben
Gasverbrauch. Eine gewöhnliche Argand'sche Gasflamme gab ein Licht wie 10 (zu
solchen Versuchen früher schon von mir angewandte) Normalkerzen (3 auf das Pfund)
und ein Bude-Brenner, Nr. 10 genannt, gab ein Licht = 94,7 Kerzen; also hat
die Bude-Flamme beinahe eine 10mal so starke Leuchtkraft wie die Argand'sche
Gasflamme, während sie, wie mittelst eines genauen Gasmessers gefunden wurde, nur
4,4 mal so viel Gas verzehrt als leztere, woraus erhellt, daß die Kosten des
Bude-Lichts mehr als die Hälfte geringer sind; und dieses Ersparniß nimmt mit
der Größe des Lichts noch zu. – Die Quelle dieser außerordentlichen
Verschiedenheit findet man durch Vergleichung der beiden Flammen; die Basis der
Argand'schen Gasflamme nämlich ist 14/16 Zoll hoch blau; das Gas verbrennt in diesem
Raume mit intensiver Hize, aber mit keinem oder nur sehr wenig Licht; dagegen ist
die Basis der Bude-Flamme 3/16 Zoll vom Metall entfernt schon blendend weiß;
es gehen also 11/16 eines Zolls von der Argand'schen Flamme lästige Hize, aber kein
Licht gebend, verloren.
2) Aus den eben erwähnten Erscheinungen, so wie auch aus dem Umstande, daß die
Bude-Flamme im Vergleich mit der Argand'schen Gasflamme doppelt so viel Licht
bei gleichem Gasvolumen von sich gibt, geht hervor, daß erstere unter gleichen
Umständen höchstens nur halb so viel Wärme entwikeln kann, als leztere.
3) Das Bude-Licht vereinfacht die Apparate zur künstlichen Beleuchtung sehr,
weil es in einer Flamme so viel Licht concentrirt, als ein Luster (midday Lustre) in einem großen Zimmer verbreitet;
dasselbe kann durch Schirme von beliebigen Farben gemildert und durch Spiegel in
allen Richtungen reflectirt werden.
4) Aus dieser Eigenschaft geht auch sein Werth als Ventilator hervor, weil die Röhre,
welche das verbrannte Gas hinwegleitet, auch zum Abziehen der Ausdünstungen eines
überfüllten Zimmers dient.
Durch diese Thatsachen bin ich überzeugt, daß Gurney's
neues Bude-Licht eine sehr verdienstvolle Erfindung ist; auch treffen
dasselbe nicht die Vorwürfe, welche gegen das wasserstoffreiche Gas der Londoner
Gasgesellschaften für den Gebrauch in Wohnhäusern geltend gemacht wurden, namentlich
daß die Hize desselben zu groß sey im Verhältniß zu seinem Licht – ein
Uebelstand, der bei den kohlenstoffreichern Gasen zu Edinburgh und Glasgow nicht
stattfindet.
Daß dieselbe Menge Steinkohlengas nach Gurney's Verfahren
doppelt so stark beleuchten soll, möchte vielen eine paradoxe, wenn nicht gar zu
bezweifelnde, Behauptung scheinen. Ich bin aber vollkommen davon überzeugt und
glaube die Thatsache folgendermaßen erklären zu können. Das Licht ist in der Regel
der Intensität des Glühens proportional, was die Wirkung der
Oxyhydrogengas-Flamme auf ein Stükchen Kalk oder Thon beweist. Nach demselben
Gesez bringen die Flammen zweier Kerzen, wenn sie in genaue Berührung gebracht
werden, ein zusammengeseztes Licht hervor, welches bedeutend stärker ist als die
Summe der beiden einzelnen. Nun liefert aber Gurney's
Brenner eine so zusammengesezte Flamme. Er besteht nämlich aus zwei oder mehr
concentrischen Löcherkreisen und folglich aus zwei oder mehreren concentrischen
Flammencylindern, welche wechselseitig ihre Temperaturen erhöhen, gerade wie in Fresnel's polycyklischen Argand'schen Oehllampen, deren
man sich in den französischen Leuchtthürmen bedient.
Außer der vermehrten Intensität des Glühens muß auch noch die besondere Art, wie das
Kohlenwasserstoffgas verbrannt wird, es mag aus Steinkohlen in Retorten oder aus
Oehl in den Lampen erzeugt seyn, in Betracht gezogen werden. Das lebhafte Weiß
seiner Flamme rührt von der Absonderung seines Kohlenstoffs in festen Theilchen und
von dem darauffolgenden Glühen derselben her. Reines Wasserstoffgas gibt beim
Verbrennen nur ein sehr schwaches Licht; und wenn mit dem Steinkohlengas so viel Luft gemischt wird,
als erforderlich ist, um allen Kohlenstoff desselben zugleich mit dem Wasserstoff zu
verbrennen, so verbrennt es immer mit einer matten blauen Flamme. Nun kann an der
Basis einer gewöhnlichen Argand'schen Flamme ein Ueberschuß von kaltem
atmosphärischem Sauerstoff auf das Steinkohlengas, nämlich in den leeren Räumen
zwischen den kleinen Löchern des Brenners wirken, wodurch die Temperatur sehr
herabgestimmt wird, während der Kohlenstoff im gasförmigen Zustande verzehrt wird,
aus welchen beiden Ursachen das Licht beinahe Null ist. Erst wenn das Gasgemisch
einen stetigen heißen Cylinder bildet, ohne dazwischentretende Luftströme, liefert
es ein weißes Licht durch die glühenden Kohlenstofftheilchen, welche sich im Innern
der Flamme niederschlagen. In Gurney's concentrischen
Reihen ist der nachtheilige Luftüberschuß verhütet und es kann nur so viel Luft mit
dem Gase in Berührung kommen, als erforderlich ist, um den Kohlenstoff desselben,
sogar am Ursprung der Flamme, gehörig abzuscheiden und ins Glühen zu bringen.
– Diesen beiden vereinigten Ursachen verdankt die neue Bude-Flamme
ihre große Leuchtkraft. Die Wirkung des überschüssigen Sauerstoffs läßt sich am
schönsten dadurch nachweisen, daß man einen Strom desselben in das Innere einer
Argand'schen Gasflamme leitet, wodurch das Licht beinahe vernichtet, die Hize
hingegen bedeutend erhöht wird.