Titel: | Die Galvanographie. Von Fr. v. Kobell. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXXXII., S. 342 |
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LXXXII.
Die Galvanographie. Von Fr. v. Kobell.
Aus dem Kunst- u. Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins
fuͤr Bayern, 1842, Heft 8 und 9.
v. Kobell, uͤber die Galvanographie.
Ich habe vor zwei Jahren die ersten Versuche bekannt gemacht, wie mit galvanischem
Kupfer Zeichnungen und in Tuschmanier gemalte Bilder so überzogen werden können, daß
dadurch Kupferplatten entstehen, welche das Bild wie geäzt aufnehmen und abgedrukt
werden können. Das Gelingen einer solchen Anwendung ließ sich nach dem über die
Galvanoplastik Bekannten nicht voraussehen, denn als Bindemittel irgend einer
brauchbaren Farbe ist leine leitende Substanz bekannt und wenn auch auf eine
leitende Grundlage aufgetragen, so konnte das Ueberwachsen des Kupfers theils
unvollkommen geschehen, theils die Farbfläche nicht genau copirend stattfinden, wie
denn auch glatte mit Firniß gemalte Flächen nicht vollkommen getreu copirt werden.
Ich überzeugte mich aber durch fortgesezte Experimente, daß mit gewissen Cautelen
beides erlangt werden könne und gebe hier eine Skizze von dem, was ich über diesen
Gegenstand in meiner jüngst erschienenen Schrift (die Galvanographie, München, bei
Cotta) ausführlich behandelt habe.
Ein Tuschbild oder eine Zeichnung, welche galvanographisch vervielfältigt werden
soll, ist mit einer enkaustischen Farbe, deren Bindemittel eine Auflösung von Wachs
und etwas Damarharz in Terpenthinöhl, auf eine polirte silberplattirte Kupferplatte
in der Art zu malen, daß die blanken Stellen des Metalls die höchsten Lichter
darstellen, die dikern Farblagen aber die dunklern Stellen. Die Farbe, welche mit
einer Auflösung von rohem Wachs in Terpenthinöhl behandelt wird, darf nur so viel
Bindemittel haben, daß sie nach dem Troknen matt
erscheint, aber doch fest an dem Silber haftet.Hr. Kern, Farbenfabrikant in München, bereitet
dergleichen Farben in Blasen gefaßt, und verkauft sie unter dem Namen
galvanographische Farben. Sollen an dem Bilde sehr tiefe Schatten vorkommen, so werden die
betreffenden Stellen zulezt mit Oehlfarbe übergangen und feines Graphitpulver darauf
geschüttet, welches beim Abklopfen der Platte nur an diesen Stellen hängen bleibt
und sie sammtartig aussehend macht. Die Platte mit dem fertigen Bilde wird nun auf
eine etwas größere, am Rande mit Wachs isolirte Kupferplatte gelegt, an welcher ein
Streifen fortsezt, der dazu dient, dieselbe mit der Zinkplatte zu verbinden, welche
das zweite zur galvanischen Kette nothwendige Element bildet. Diese Zinkplatte
befindet sich in einem mit Pergament überspannten Tamburin, welches auf Füßen von
1–1 1/2 Zoll Höhe ruht, und über das Bild und die unterliegende Kupferplatte
gestellt wird. Die Verbindung selbst wird Vermittelt durch eine Bleiplatte, an
welche ein Streifen von 5 Zoll Länge und 1 Zoll Breite angeschnitten ist.
Diese legt man auf die Zinkplatte und verbindet den Streifen mittelst einer
Klammerschraube mit dem Streifen des Kupferbleches, worauf die gemalte Platte liegt.
Dieses Plattensystem kommt in ein Gefäß von getheertem Holz, besser von Glas oder
Steingut, welches mit einer Auflösung von 1 Vol. Thl. Kupfervitriol in Wasser und 1
Vol. Thl. Kupfervitriol in Glaubersalzlösung gefüllt ist, und zwar in der Höhe, daß
das Pergament der Trommel etwas unter das Niveau der Vitriollösung zu stehen kommt.
In die Trommel selbst auf die Zinkplatte wird einige Linien über diese Wasser
gegossen, welchem man etwas Schwefelsäure zusezt. Es ist gut, die Zinkplatte am
besten von gewalztem Zink) von dem Pergament einige Linien entfernt zu halten, was
durch geeignete Träger von Kupferdraht, an den Wänden der Trommel angebracht, oder
durch Glasstäbe geschehen kann, welche man unter die Zinkplatte legt. Das
galvanische Kupfer legt sich, indem der Kupfervitriol zersezt wird, auf die blanken
Stellen der bemalten Platte zuerst an, aber allmählich lagern sich auch kleine
Wärzchen von Kupfer auf die Farbe selbst, Verwachsen nach und nach und bedeken
endlich als ein Blech das ganze Bild.
In Zeit von 3–4 Tagen ist bei kleineren Platten, in Zeit von 6–8 Tagen
bei größern (ungefähr von der Größe eines Quartblattes) die Kupferlage so dik, daß
die Platte abgenommen werden kann. Dabei ist darauf zu achten, daß die Platte kein
brüchiges Kupfer bekommt, welches man leicht an seiner matten braunrothen Farbe
erkennt. Entsteht ein solches, so ist der Fehler entweder an der Trommel, nämlich,
daß diese Löcher bekommen hat, oder es ist die Kupferauflösung nicht hinlänglich
gesättigt oder die Zinkplatte zu lange in Anwendung, ohne gepuzt worden zu seyn.
Eine Trommel, welche leer in Kupfervitriolauflösung eingesenkt, in wenigen Minuten
diese Auflösung durchläßt, ist nicht brauchbar, und um die übrigen Fehlerquellen zu
vermeiden, hat man die Kupferlösung alle zwei Tage mit einer frischen zu wechseln,
indem man in der gebrauchten wieder Kupfervitriol auflöst, ferner die Zinkplatte
alle 12–24 Stunden und die Trommel zu reinigen und mit frischem Wasser und
Schwefelsäure zu füllen; auch die Bleiplatte und die Verbindungsstreifen blank zu
erhalten.
Wenn die Platte dik genug ist, so feilt man die darauf entstandenen Knöpfchen mit einer breiten
Feile eben, spannt sie dann zwischen zwei Brettchen in einen Schraubstok und feilt
mit einer etwas groben Feile die Ränder rings herum ab. Mit einiger Aufmerksamkeit
erkennt man leicht die Stellen, wo die Platte des Bildes anfängt und trennt nun von
dieser die galvanische durch Einschieben einer Hornspatel, anfangs an den Eken und
dann an den Seiten. Die galvanische Platte wird nun durch Aether mit Baumwolle von
den anhängenden Farbtheilen gereinigt, der Spiegel mit weichem Leber und
ungelöschtem Kalk gepuzt und sie ist nun zum Druk fertig.
Das Druken geschieht auf einer Kupferdruker-Presse und die Behandlung ist wie
die der Platten in Aqua-tinta-Manier. Die
Abdrüke gleichen vollkommen getuschten Bildern.
Je nach der Art der Malerei halten die Platten 300–600 Abdrüke, wenn sie beim
Druken gehörig behandelt werden, es ist indessen leicht, von einer Platte in der Art
noch viel mehr Abdrüke zu erhalten, daß man sie galvanisch copirt. Dieses Copiren
macht auch alle Correctionen leicht möglich, welche man allenfalls haben wollte. Man
läßt dazu auf die Bildseite ein galvanisches Kupferblech anwachsen, welches in
2–3 Tagen abgenommen werden kann, und es ist begreiflich, daß man an dem so
erhaltenen Relief das Originalbild im strengsten Sinne des Wortes in Kupfer wieder erhält. An diesem Relief ist nun theils
durch Uebermalen, theils durch Wegnehmen mittelst des Schabers und Polirstahls nach
Belieben zu verändern und zu verbessern, was man für nothwendig hält. Wenn man dann
über das Relief eine zweite galvanische Platte bildet, so enthält diese natürlich
die vorgenommenen Correctionen und Veränderungen. Es ist aber ein solches Copiren
nicht rathsam, ohne mit dem Original gewisse Vorbereitungen vorzunehmen, welche ein
Zusammenwachsen der beiden Kupferplatten verhindern, welche öfters stattfindet, wenn
der galvanische Strom nicht die gehörige Stärke beim Anschießen der ersten
Kupferschichte besizt. Nach meinen Versuchen ist ein unendlich dünnes Versilbern der
Originalplatte ein vollkommenes Sicherungsmittel gegen das Verwachsen, vorausgesezt,
daß das copirende Blech nicht zu dünn und nicht von so brüchigem Kupfer ist, daß es
dadurch unmöglich wird, es gehörig abzunehmen.
Zum Versilbern gebrauche ich eine Auflösung von Chlorsilber in Kochsalzauflösung,
welche man leicht erhält, wenn man eine etwas verdünnte Auflösung von Silbersalpeter
in gesättigte Kochsalzauflösung unter fleißigem Umrühren bis zur Bildung eines nicht
weiter auflöslichen Niederschlags von Chlorsilber eintröpfelt. Leztern Niederschlag
läßt man sich absezen und gebraucht die klare Flüssigkeit. Die Platte, welche
versilbert werden soll, wird mit Leder und ungelöschtem Kalk gepuzt, auch mit Lauge,
Salzsäure etc., und dann in die Flüssigkeit gelegt. In Zeit von 5–15 Minuten
ist sie vollkommen versilbert. Man nimmt sie dann heraus, troknet sie ab und reibt
sie leicht mit Leder. Diese Versilberung verändert durchaus nichts an der Zeichnung
der Platte, denn sie besteht nicht in einem Ueberzuge, sondern nur in einem
Austausch des Kupfers der Oberfläche gegen Silber, indem ersteres in die Auflösung
übergeht, während sich lezteres an dessen Stelle niederschlägt. Man bildet dann auf
der versilberten Platte das Blech, welches das Relief gibt, versilbert dieses in
gleicher Weise und bildet weiter die zweite Platte.
Um dabei das Kupfer möglichst schön zu erhalten, ist es gut, vor dem Einlegen den
Apparat einige Stunden in Gang zu sezen, dann die Platte einzulegen, und anfangs in
das Wasser, welches das Zink bedekt, so viel Schwefelsäure zu gießen, daß ein
leichtes Brausen überall auf der Zinkplatte wahrzunehmen ist.
Ich habe nach dieser Methode Hrn. Minsinger, Lithographen
und Kupferdruker in München, Anleitung zum Copiren gravirter und geäzter
Kupferplatten gegeben, und es hat derselbe bereits eine ziemliche Anzahl solcher
Platten mit größter Vollkommenheit copirt, ohne dabei den mindesten Anstand zu
finden.
Um aus dem Niederschlage von Chlorsilber, welcher bei Bereitung der
Versilberungsflüssigkeit entsteht, das Silber wieder zu gewinnen, hat man diesen
Niederschlag auf einem Filtrum zu sammeln, dann in ein Glas oder in eine
Porcellanschale zu bringen, einige Stüke Zink dazu zu legen und Wasser darauf zu
gießen. In Zeit von 24 Stunden ist das Chlorsilber reducirt, man gießt dann die
Flüssigkeit ab, nimmt das Zink heraus und übergießt den metallischen Rükstand mit
verdünnter Salzsäure, wovon noch Zink extrahirt wird. Nachdem man dann das Silber
mit Wasser einigemal ausgewaschen hat, kann man es neuerdings in Salpetersäure
auflösen, um es weiter zum Versilbern zu gebrauchen.
Statt einer silberplattirten Platte kann man sich zur Anfertigung eines
galvanographischen Bildes auch einer in der angegebenen Art Versilberten
Kupferplatte bedienen oder einer solchen mit Platin überzogenen Platte, welche man
erhält, indem man einer concentrirten Kochsalzauflösung so viel Platinauflösung
zusezt, daß sie eine bloß weingelbe Farbe annimmt und die Kupferplatte dann
2–3 Stunden lang in dieser Flüssigkeit liegen läßt. Hiezu ist vorzüglich
galvanisches Kupfer tauglich. Es wird indessen bei einer silberplattirten Platte
durch die Anwendung nichts verdorben und ist eine solche leicht wieder aufzupoliren,
wenn man mit Aether die Farbtheile abgewaschen hat, und wenn nicht allenfalls mit
einem Stahlstift oder dergleichen Lichter in dem Bilde ausgekrazt wurden, welches wohl mit
einem Holzstifte geschehen kann.
Daß die Kosten für die Bildung galvanographischer Platten nicht bedeutend sind,
ergibt sich aus der Berechnung, daß das Pfund gewalztes Zinkblech in München 24 kr.
kostet, das Pfund Kupfervitriol nach dem Preise auf hiesiger Münze (per Centner 25 fl.) 15 kr. Zur Erzeugung von 1 Pfd.
galvanischem Kupfer werben 4 Pfd. Kupfervitriol zersezt und ungefähr 34 1/2 Loth
Zink in Zinkvitriol verwandelt, welchen man durch Abdampfen in Krystallen erhält und
wieder verwerthen kann.
Was die Vortheile betrifft, welche die Galvanographie für
die Kunst in der Vervielfältigung ihrer Schöpfungen gewahrt, so stellen sie sich
schon gegenwärtig als wesentlich genug heraus, um diese Methode der Beachtung der
Künstler zu empfehlen. Alle Vervielfältigungsmethoden nämlich, welche man zur Zeit
kennt, bestehen in dem Wiedergeben eines Bildes in Strich- oder
Punktirmanier. Von dieser Art ist der Kupfer- und Stahlstich, die Radirkunst,
die Schabkunst und die Lithographie. Eine Behandlung mit dem Pinsel, ein Malen im
eigentlichen Sinne lassen diese Methoden nicht zu. Die galvanographische gewährt
aber eine solche mit aller Freiheit, welche man wünschen kann, und es erfordert die
Erwerbung der nothwendigen Fertigkeit nur wenige mit Aufmerksamkeit angestellte
Proben. Da die meisten, den Pinsel führenden Maler weder Lithographen noch
Kupferstecher sind, so konnten ihre Malwerke bisher nur durch Andere vervielfältigt
werden, die Galvanographie gibt Jedem die Mittel, sein Originalwerk selbst zu
vervielfältigen. Bedenkt man noch, daß alle bekannten Methoden der
Kupferstecherkunst beihelfend mit der Galvanographie vereinigt werden können, so
dürsten damit wohl Kunstwerke zu Stande gebracht werden, wie sie auf keine andere
Weise bisher geliefert wurden. In dieser Beziehung will ich nur auf das Radiren hier
aufmerksam machen, womit an einer galvanographischen Platte kleine Einzelnheiten mit
besonderem Vortheil verbessert werden können, vorzüglich in den Schattenpartien,
indem man die Kupferplatte mit einem durchsichtigen Dekfirniß überzieht und die
betreffenden Stellen radirt und äzt. Auch kann man, um vollkommen scharfe Conturen,
wie sie mit dem Pinsel nicht so leicht gemacht werden können, zu erhalten, die
Zeichnung eines Bildes in Umrissen radiren, von der radirten Platte dann auf
galvanischem Wege ein Relief nehmen und dieses weiter tuschen. Die darüber gebildete
Platte gibt natürlich das getuschte Bild mit den radirten Conturen, welches
besonders bei architektonischen Gegenständen sehr vortheilhaft angewendet wird. In
dieser Weise könnten viele bestehende Kupferplatten mit Zeichnungen in Umrissen zu
getuschten Bildern verwendet werden.
In meiner oben erwähnten Schrift finden sich die Abdrüke von acht galvanographischen
Platten, auf welche ich als die Belege der praktischen Ausführung dieser Methode
hier verweisen muß.