Titel: | Im Großen angestellte Versuche, welche beweisen, daß die Drähte der galvanischen Telegraphen nicht gegen die Feuchtigkeit isolirt zu werden brauchen. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. LXXXIII., S. 347 |
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LXXXIII.
Im Großen angestellte Versuche, welche beweisen,
daß die Draͤhte der galvanischen Telegraphen nicht gegen die Feuchtigkeit isolirt
zu werden brauchen.
Aus dem Mechanics' Magazine, Jun. 1842, S.
469.
Ueber galvanische Telegraphen.
Wir hatten den 3. Junius das Vergnügen einigen Versuchen beizuwohnen, welche von den
HHrn. Wright und Bain, bekannt
durch ihre elektromagnetischen Uhren, am Serpentinstuffe angestellt wurden. Es war
bisher eine allgemein vorherrschende Ansicht, daß ein elektrischer Strom durch
Drähte auf keine beträchtliche Entfernung hin fortgepflanzt werden könne, wenn diese
nicht durch Röhren oder eine sonstige Hülle vor Nässe oder Feuchtigkeit geschüzt
wären, indem leztere, wie man annahm, den Strom unterbrechen oder aufheben können.
Diese Ansicht war so tief gewurzelt, daß sowohl diejenigen, welche sich mit der
Anwendung der Elektricität auf die Telegraphie beschäftigten, z.B. die glüklichsten
Experimentatoren in diesem Fache, Cook und Wheatstone,
als auch diejenigen, welche dieselbe benüzen wollten, in den bedeutenden Kosten
einer solchen Röhrenleitung, die sich auf 250 bis 300 Pfd. Sterl. belaufen mochten,
die Hauptschwierigkeit sahen. Die HHrn. Wright und Bain, welche ihre Aufmerksamkeit neuerdings der
elektro-telegraphischen Frage zuwendeten, begannen auf ächt wissenschaftliche
Weise zu untersuchen, ob die Annahme der nichtleitenden oder zerstreuenden
Eigenschaft des Wassers und der Feuchtigkeit überhaupt gegründet sey. Die Resultate
ihrer Untersuchung lassen keinen Zweifel mehr, daß jene Annahme durchaus falsch ist.
Als das Eisenbahnensystem noch in seiner Kindheit lag, dachte kein Mensch an die
Möglichkeit, daß glatte Räder je auf glatten Schienen rollen könnten, und keinem
Menschen fiel es ein, einen Versuch hierüber anzustellen; eben so hielt es in
Betreff der Elektrographie Jedermann für absolut nothwendig, die Drähte gegen den
Contact mit der Feuchtigkeit zu schüzen; es wurden zu dem Ende manche scharfsinnige
Vorkehrungen erdacht, wogegen die Ersten, welche ohne dergleichen Schuzvorkehrungen
experimentirten, zu ihrer angenehmen Ueberraschung fanden, daß nichts weniger
nothwendig ist.
Die Thatsache, daß Wasser in seinem natürlichen Zustande die Fähigkeit, den
elektrischen Strom fortzuleiten, in hohem Grade besizt (eben so gut als in
gesäuertem Zustande, wie man es bei Volta'schen Batterien anwendet), wurde zuerst
durch einige Versuche constatirt, welche die HHrn. Wright
und Bain im polytechnischen Institute zu London
anstellten. Da sie jedoch den Beweis nach einem größeren Maaßstabe, als dieses
Institut es zuließ, zu führen wünschten, so erwirkten sie sich von dem Herzoge von
Sussex, dem Vorsteher des Hyde Park, die Erlaubniß, auf dem Serpentinflusse ihre
Versuche anzustellen, die wir nun in Kürze mittheilen wollen.
1) Es wurde zuerst von einer kleinen Grove'schen Batterie ein elektrischer Strom quer
über den Fluß von Ufer zu Ufer durch zwei Kupferdrähte geleitet, welche ganz nakt
und unbeschüzt ins Wasser getaucht waren. Der Erfolg der Operation war
vollkommen.
2) Ein einzelner Draht wurde darauf längs des einen Ufers von der Brüke an bis nahe
an das Südwestende hin in einer Streke von ungefähr einer halben Meile gelegt, und
beide Enden desselben in das Wasser getaucht. Man nahm an, daß der fehlende Theil
der galvanischen Kette durch das Wasser ergänzt werde, d.h. man ging von der
Vermuthung aus, das Wasser, welches bisher als ein indifferenter Leiter betrachtet
wurde, werde ungeachtet seines ungeheuren Volumens die Stelle eines zweiten Drahtes
vertreten. So gewagt auch diese Hypothese war, so hatten wir doch das Vergnügen,
diese Vermuthung durch den Erfolg vollkommen gerechtfertigt zu sehen. Wenn ein
elektrischer Strom so kleine Wasserbehälter durchläuft, wie man es bei galvanischen
Batterien zu sehen gewohnt ist, so ist dieß eine ganz begreifliche Sache; allein daß
sich das Product eines einzigen Taschenapparates durch einen 1/2 (engl.) Meile
langen 1/4 Meile breiten und viele Millionen Gallonen fassenden Behälter
fortpflanzt, dieß übersteigt, wir gestehen es, alle Vorstellung.
3) Ein einzelner Draht wurde endlich mit dem einen Ende in den Fluß und mit dem
andern in eine ungefähr 300 Yards von demselben entfernte Quelle gelegt. Diese Kette
durchlief der elektrische Strom mit derselben Leichtigkeit und demselben Erfolg wie
bei den andern Experimenten. Hier bildeten der Draht das Wasser und die Erde die
galvanische Kette.
Welches nun die Gränzen dieses Leitungsvermögens des Wassers sind, oder ob es
überhaupt hier Gränzen gibt, bleibt noch zu ermitteln übrig. Alles was die HHrn. Wright und Bain zur Zeit aus
ihren Experimenten deduciren, bezieht sich auf die wichtige Thatsache, daß die
Drähte der Elektro-Telegraphen nicht, wie man sich einbildete, gegen die
Feuchtigkeit isolirt zu werden brauchen, und daß die Kosten für das Einschließen
der Drähte in Röhren ihrer allgemeinen Einführung von nun an kein Hinderniß mehr
darbietet.