Titel: | Die geneigten Ebenen des Morris-Canals in New-Jersey, in den Vereinigten Staaten. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. CI., S. 416 |
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CI.
Die geneigten Ebenen des Morris-Canals in
New-Jersey, in den Vereinigten Staaten.
Aus dem Civil Engineer and Architects' Journal. April
1842, S. 105.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Ueber die geneigten Ebenen des Morris-Canals.
Dieser Canal zieht sich durch den größten Theil der Grafschaft Morris und verbindet
die zwei wichtigen Flüsse, den Delaware und Hudson. Er dient hauptsächlich zum
Transport der Anthracitkohle, welche in den pennsylvanischen Bergen in
New-York und andern Staaten reichlich vorkommt. Der Canal wurde im Jahr 1825
begonnen und im Jahre 1836 vollendet und eröffnet. Er hat eine Länge von 101 (engl.)
Meilen und übersteigt eine Höhe, deren höchster Punkt 914 Fuß über dem Hudson und
760 Fuß über dem Delaware liegt. Zur Wältigung dieser großen Steigung würden
wenigstens 200 Schleußen nöthig gewesen seyn – eine Anzahl, welche im Verkehr
großen Zeitverlust veranlaßt haben würde. Es erschien daher rathsam, um die Boote
über die steileren Anhöhen zu schaffen, zu einer anderen Methode seine Zuflucht zu
nehmen. Man führte daher geneigte Ebenen mit einer durchschnittlichen Steigung von 1 in 11 ein, auf welche
man Schienenwege legte, um die Boote auf Blokwagen von dem unteren auf das obere
Niveau zu schaffen.
Um von der Größe des Werks einen Begriff zu geben, theilen wir einige Details seiner
Construction mit. Auf der Hudsonseite befinden sich 18 Schleusten mit einer
Totalsteigung von 166 Fuß; auf der Delawareseite 7 mit einer Steigung von 9 Fuß. Die
Schleußen sind gemauert, 78 Fuß lang und 9 Fuß breit. Außerdem sind 23 geneigte
Ebenen vorhanden, 12 an der Hudsonseite mit einer Gesammtsteigung von 748 Fuß, und
11 an der Delawareseite mit einer Steigung von 691 Fuß, ferner 4 Fluthschleußen an
der Einmündung des Canals in die beiden Flüsse, 5 Dämme, 12 Aquaducte und 200
Brüken, von denen eine steinerne mit einem Bogen von 80 Fuß Spannung über den
„Passaik“, eine andere 236 Fuß lange hölzerne Brüke über
den Pompton gebaut ist. Der Canal ist oben 32, am Grunde 20 Fuß breit und 4 Fuß
tief. Die Arbeiten wurden unter der Leitung des Capitäns Beach begonnen und nachher durch Major Douglaß,
früher Professor an der Militärakademie zu West-Point, fortgesezt, welcher
die geneigten Ebenen baute. Eine der lezteren ist 54 Fuß hoch und kostete 17000
Dollars, was im Durchschnitt 315 Dollars auf den Fuß Höhe
ausmacht. Wir gehen nun zur Beschreibung der geneigten Ebenen und des damit in
Verbindung stehenden Mechanismus über.
Auf der Höhe der geneigten Ebene sind zwei steinerne Schleußenkammern Fig. 11, 12 und 13 vorgerichtet, welche
zur Aufnahme der hinabzulassenden oder heraufzuziehenden Boote bestimmt sind. Das
obere Ende der Kammern ist durch die Schleußenthore O
von dem Canal T getrennt, das untere Ende derselben
durch die Thore O' geschlossen. Die oberen Thore werden
mit Hülfe eines kleinen Wasserrades S' geöffnet und
geschlossen, dessen Achsenverlängerung unter dem Boden der Kammer hinweg nach der
Abtheilung N hingeht und daselbst zwei konische Räder
e, f, jedes von 12 Zoll Durchmesser (Fig. 21) in
Umdrehung sezt. Diese Räder, welche mit Hülfe eines Hebels nach der einen oder der
andern Richtung in Umdrehung gesezt werden können, greifen rechtwinkelig in ein
anderes an der Achse h befindliches konisches Rad g. Am andern Ende der Achse h sizt ein konisches Rad i, das die beiden
konischen Räder k, l nach beiden Richtungen umdreht. An
den Achsen l' dieser beiden Räder befinden sich kleine
Getriebe m, welche in die an den Schleußenthoren
befestigten Zahnstangen n greifen und dadurch je nach
Bedürfniß das Thor aufziehen oder niederlassen. Die an dem andern Ende der Kammer
befindlichen Thore O', Fig. 19 und 20 öffnen sich
um ein horizontales
Scharnier. Sind sie offen, so liegen sie flach auf dem Boden, sind sie geschlossen,
so lehnen sie sich gegen die geneigten Aufhälter o. Um
nun die Kammer zu füllen, werden die oberen Thüren niedergelassen; das Wasser dringt
in die Kammer und hebt die unteren Thüren; in Folge des Steigens des Wassers
schließen sich die leztern. Wird die Schleuße wieder entleert, so senken sich mit
dem Wasser auch wieder die Thüren O' auf den Boden
herab.
Die Entleerung der Kammern wird auf folgende Weise bewerkstelligt. An der Rükseite
der oberen Schleußenthore befinden sich die Achsen k'
und l', an welche eine Kette p befestigt ist. Das andere Ende dieser Kette ist an ein bewegliches, 10
Zoll hohes Brett q festgemacht, und lezteres steht mit
einer Stange r in Verbindung, die an eine horizontale
Schleußenthür s befestigt ist. Diese Schleußenthür
befindet sich am Boden der Kammer und bedekt den Ausflußcanal P. Wenn nun das obere Schleußenthor O
aufgezogen wird, so ist das weitere Einfließen des Wassers aus dem oberen Niveau
abgesperrt, zu gleicher Zeit aber windet sich die Kette p um die Achse l', folglich wird das Brett q und die Schleußenthüre s
vorwärts gezogen und eine Communication nach dem darunter befindlichen Canal P'' geöffnet, wodurch sich die Kammer entleert. Wird das
obere Thor O niedergelassen, so fließt das Wasser über
dasselbe hinweg, stoßt durch seinen Druk das Brett p und
mit demselben die horizontale Schleuße s vorwärts und
schließt die Ausflußöffnung; zugleich schließen sich auch die unteren
Schleußenthore.
Der Mechanismus zur Bewegung der Boote befindet sich unter der Kammer und wird durch
ein oberschlächtiges Wasserrad S, Fig. 11, 12 und 13 in Thätigkeit gesezt.
Das Wasserrad hält 26 Fuß im Durchmesser, 8 Fuß in der Breite, und ist aus Holz
construirt; sein Wellbaum besteht aus Gußeisen. An diesem Wellbaum sizt ein 5 Fuß im
Durchmesser haltendes gußeisernes Stirnrad d, welches in
ein anderes Stirnrad d' von 4 Fuß Durchmesser greift. An
der Achse dieses lezteren Rades befinden sich zwei 5 Fuß im Durchmesser haltende
konische Räder E, E, welche Fig. 16 in größerem
Maaßstabe dargestellt sind. Mit Hülfe einer Hebeleinrichtung lassen sich diese Räder
nach der einen oder der andern Richtung in Umdrehung sezen, je nachdem es nöthig
ist, das horizontale konische Rad o umzudrehen. Lezteres
hat 7 Fuß Durchmesser; auf demselben ist eine 9 Fuß im Durchmesser haltende Rolle
a befestigt, um die sich die zum Aufziehen und
Niederlassen der Blokwagen dienliche Kette schlingt.
Auf der geneigten Ebene X, X' sind zwei Schienenpaare x, x' gelegt, auf denen die Blokwagen laufen, und in der
Mitte jedes Schienenweges befindet sich ein Paar Leitungsrollen, worauf die Kette d zu liegen kommt.
Zur Beförderung der Boote sind zwei Blokwagen in Thätigkeit, wovon einer Fig. 14 im
Grundriß und Fig.
15 im Aufriß dargestellt ist. Das Gestell dieser Wagen besteht aus vier
Längenbalken m'' mit fünfzehn Querstüken. Auf jeder
Seite befinden sich drei verticale Träger n'', welche
oben durch die Streben n und unten durch Schrauben und
eiserne Streben einen festen Stand erhalten. Die Wagen ruhen auf vier dicht neben
einander angeordneten Räderpaaren r' und haben in der
Mitte eine Achse, um welche sie sich drehen können. An dem Ende des Blokwagens
befindet sich ein horizontales Rad a, um welches die
Kette d sich schlingt. Wenn nun ein Boot von einem
Niveau auf das andere gebracht werden soll, so befindet sich in der Regel ein
Blokwagen auf dem Gipfel der geneigten Ebene in einer der Kammern und ein anderer am
Fuße derselben im unteren Canalniveau; beide stehen im Wasser, so daß die Boote
darüber schwimmen und mittelst einer Kette an dieselben befestigt werden können. Das
Boot wird mit Hülfe einer starken Kette d, Fig. 11, 12 u. 13, in die
Höhe gezogen. Diese Kette ist mit dem einen Ende bei b,
mit dem anderen bei a an eine auf dem Boden der Kammer
befestigte Schwelle fest gemacht. Von b aus läuft die
Kette die eine Seite X der geneigten Ebene zwischen den
Schienen hinab, umschlingt die an dem Ende des Blokwagens befestigte Rolle a' und kehrt wieder zwischen denselben Schienen nach der
Kammer zurük. Hier tritt die Kette bei b unter den
Boden, umschlingt die horizontale Rolle a, kommt wieder
bei c zum Vorschein, und läuft den andern Schienenweg
X' hinab; unten umschlingt sie die Rolle a' des Blokwagens, kehrt wieder zurük und endigt sich
bei c', wo sie an die Schwelle befestigt ist. Während
sich also die Kette auf der Seite des hinabsteigenden Blokwagens verlängert,
verkürzt sie sich auf der Seite des hinaufsteigenden. In Folge dieser Anordnung
balanciren sich die Wagen beinahe gegenseitig, und die Arbeit des Wasserrades
besteht einzig darin, die Reibung und den kleinen Unterschied im Gewichte der
auf- und abwärtsgehenden Wagen zu überwältigen. An die Seite eines jeden
Blokwagens ist außerdem nvch eine Hülfskette befestigt, welche in der Mitte der
Eisenbahn über Leitungsrollen hinabläuft und um eine am Fuße der geneigten Ebene
befindliche Rolle geschlagen ist. Diese Kette hat den Zwek, die heraufgeförderten
Blokwagen bis an das Ende der Kammer zu ziehen, indem dieselben durch den
Förderungsapparat nur gerade bis auf den Gipfel der geneigten Ebene heraufgewunden
werden können.
Fig. 22 zeigt
den Hebel und Bremsapparat, um die Geschwindigkeit des Wasserrades zu reguliren.
Die Boote wiegen 7 bis 8 Tonnen und führen eine Ladung von 20 bis 30 Tonnen. Zum
Uebersteigen der längsten geneigten Ebene, welche bei einer Länge von 1100 Fuß 100
Fuß hoch sich erhebt, sind, den Aufenthalt mitgerechnet, 15 Minuten bestimmt. Die
anderen minder langen Flächen werden in verhältnißmäßig kürzerer Zeit zurükgelegt.
Man rechnet im Allgemeinen, daß in einer Stunde sechs Boote über eine geneigte Ebene
gefördert werden. Den Mechanismus kann eine einzige Person handhaben, wobei der
Bootsmann nichts zu thun hat, als das Boot an den Blokwagen zu. befestigen.