Titel: | Beschreibung der bei GrisoleS (Dept. Tarn-et. Garonne) von Wassermörtel erbauten Brüke; von Hrn. Lebrun, Architekt. |
Fundstelle: | Band 85, Jahrgang 1842, Nr. CVI., S. 434 |
Download: | XML |
CVI.
Beschreibung der bei GrisoleS (Dept. Tarn-et. Garonne) von Wassermoͤrtel
erbauten Bruͤke; von Hrn. Lebrun, Architekt.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. Jul. 1842, S. 286.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Lebrun, uͤber die bei Grisoles von Wassermoͤrtel
erbaute Bruͤke.
Als Bewohner einer Gegend, wo die Quader- und Bruchsteine selten sind und hoch
im Preise stehen und man sich nur des Mauerwerks von Ziegelsteinen bedient, kam der
Verfasser auf den Gedanken, diese Art zu mauern durch den von den Römern mit so
großem Vortheil angewandten Wassermörtel zu ersezen.
Er legte hierauf im Jahre 1839 dem Minister der öffentlichen Arbeiten den Plan zu einer ganz
aus Wassermörtel zu erbauenden Brüke vor, welche er auf dem Seitencanal der Garonne,
über welchen sich mehrere königliche und Departementalstraßen ziehen, aufzuführen
sich erbot. Dieses Anerbieten wurde unter gewissen Bedingungen angenommen, und Hr.
Lebrun begann seine Arbeiten im Jun. 1840.
1. Wahl und Zurichtung des Materials. Der Kalk war
hydraulischer, mit Steinkohlen gebrannter. Der Sand war frei von allen erdigen
Theilchen, feinkörnig und ziemlich gleichartig. Der Kies von Hühnereiergröße, kam
aus der Garonne. Der Kalk wurde wechselweise in zwei aneinanderstoßenden Kalkbetten
gelöscht. Zu diesem Behufe goß man zuerst in das eine Bett eine der Quantität des zu
löschenden Kalks angemessene Quantität Wasser. Man brachte so viel gebrannten Kalk
hinein, daß das Wasser ihn noch bedekte; ließ dann den Kalk sich von selbst löschen,
ohne zu rühren, und stach nur von Zeit zu Zeit mit einem Stok hinein, um das Wasser
in jene Theile des Bettes zu leiten, wo der Kalk troken zerfiel. Nachdem das Gähren
aufgehört hatte, wurde der Kalk mit einer eisernen Krüke in allen Richtungen
gerührt, um die Masse recht zu mengen und gleichförmig zu machen. Dann ließ man ihn
stehen, um ihn erst zwölf Stunden nach dem Löschen zu gebrauchen.
Das vom Verfasser beobachtete Verhältniß für den Wassermörtel zum Bau von Mauern oder
Gewölben ist: 1 Theil Kalkbrei, 1 1/2 Th. Sand und 2 1/2 Th. Kies oder
Kieselsteine.
Um den Mörtel zu bereiten, würde auf eine mit Steinen belegte Fläche ein Maaßtheil
gelöschter Kalk gelegt, welcher nach starkem Klopfen mit gußeisernen Stampfen sich
erweicht und dabei einen Theil des aufgenommenen Wassers von sich gibt; hierauf
brachte man nebenhin anderthalb Maaßtheile Sand, welchen man nach und nach mit dem
Kalk mengte, was immer mittelst der Stampfen und unter Umrühren des Ganzen mit Krüke
und Schaufel geschieht, damit alle Sandtheilchen wohl einverleibt werden, jedoch in
der Art, daß dem Mörtel kein Wasser zugesezt wird; nur im Fall der Sand zu troken
wäre, würde er ein paar Augenblike vorher mit Wasser besprengt.
Sobald der Mörtel hinreichend bearbeitet war, sezte man ihm 2 1/2 Maaßtheile Kies
hinzu. Das Ganze wurde nun lange und stark durcheinander geknetet und gestampft, bis
jeder Theil des Kieses hinlänglich mit Mörtel umhüllt war; dann wurde der
Wassermörtel in Haufen gelegt, um die Anwendung desselben abzuwarten. Man hatte Acht
darauf, nur so viel zu verfertigen, als in einem Tage verarbeitet werden konnte,
indem er sonst seine Cohäsion verloren hätte.
2. Bau der Widerlagen. Am 15. Jun. 1840 war der Grund der beiden
Widerlagen gegraben und man begann, den Wassermörtel mit der Vorsicht zu legen, daß,
so oft eine Schicht fertig war, sie sogleich mit befeuchteten Strohmatten überdekt
wurde, damit sie durch die Einwirkung der Sonne nicht zu schnell austroknen konnte.
Hiedurch verband sich die neue Schicht inniger mit der unteren. Man fuhr so fort,
mit bloßem Wassermörtel die Winkel (Rippen) des Gewölbes und die Begleitungsmauern
bis zur bestimmten Höhe aufzumauern. Die äußeren und über den Boden steigenden Wände
der Widerlagen und Mauern wurden mit stark befestigten Brettern bekleidet, gegen
welche der Wassermörtel sich lehnte. Diese Bretter kamen zwei bis drei Tage darauf
wieder hinweg, wo dann die Wassermörtelwände in bestem Zustande offen stehen
blieben. In der Höhe des Anlaufs des Gewölbes wurden fünf Schichten Ziegelsteine in
der bleirechten Richtung der Widerlagen gelegt, um den Bögen als Unterlage zu
dienen.
3. Bau der Bögen. Fünfzehn Tage nach dem Legen des lezten
Wassermörtels wurde der Bau des Bogens begonnen, welcher aus mehreren Schichten nach
der Krümmung des Intrado's (der innern Bogenrundung) des Gewölbes flach übereinander
gelegten Ziegelsteinen bestand, die mit Gyps und Cement oder hydraulischem Mörtel
gemauert und bei den Anläufen durch ein vorstehendes Mauerwerk oder ein zu diesem
Zwek bestimmtes Zimmerwerk unterstüzt wurden. Der Bogen wurde aus vier Schichten
Ziegelsteinen gebildet, wovon die drei unteren mit Gyps, die obere aber mit Cement
gelegt wurden, um den Gyps vor der Feuchtigkeit des Wassermörtels zu schüzen. Die
obersten Ziegelsteine des Bogens wurden mit einer Lage Thon-Mörtel überdekt,
um das Intrados des Gewölbes zu modelliren und zu verhindern, daß der Wassermörtel
mit den Ziegelsteinen zusammenbakte.
Nachdem der Bogen am 17. Aug. vollendet war, wurde drei Tage darauf das Mauerwerk der
beiden Köpfe oder Einfassungen des Gewölbes in Ziegelsteinen aufgeführt, welches am
26. Aug. vollendet wurde.
4. Bau des Gewölbes. Sogleich nach dem Bau der beiden
Köpfe wurde an der allgemeinen massiven Grundmauer des Gewölbes von Wassermörtel
gebaut. Hiemit war man am 5. Sept. fertig, mit Ausnahme der Ausfüllung der Rippen,
welche auf beiden Seiten am 11. Sept. vollendet war. Der Wassermörtel des Gewölbes
war eben so zusammengesezt wie der der Widerlagen und ebenso behandelt; jedoch
wurden demselben 0,06 Kubikmeter Cement auf jeden Kubikmeter des Mörtels zugesezt,
um das Erhärten des Mörtels des Gewölbkörpers zu befördern. Dieser Bau geschah ohne
Befolgung einer
bestimmten Ordnung und der Wassermörtel wurde auf den Bogen geworfen und gehäuft bis
zu einer Dike von 0,60 Meter, was die erste allgemeine Schicht in der Entwikelung
des Gewölbes bildete. Nach Vollendung dieser ersten Schicht wurde die zweite
gebildet, um die Dike von 0,90 Meter beim Schlusse des Gewölbes unter Bildung einer
schnurebenen Linie über den Rippen und Widerlagen zu erreichen. Ein Ueberschutt von
hydraulischem Kalk wurde nun noch über das ganze Gewölbe ausgebreitet und sogleich
mit einer Schicht stark gestampften Thones überzogen.
5. Wegnehmen der Bögen. Nachdem Alles bis zum 25. Jan.
1841 in diesem Zustande belassen worden war, schritt man zum Wegnehmen der Bögen des
Gewölbes. Am 28. Jan. wurde der Bogen von Ziegelsteinen hinweggenommen und das
Intrados des Gewölbes kam in allen seinen Theilen im besten Zusammenhang zum
Vorschein. Nach drei Monaten wurde nicht die geringste Bewegung im Mauerwerk
wahrgenommen und die Brüke seitdem dem Verkehr geöffnet, ohne daß die geringste,
ihre Dauerhaftigkeit in Zweifel zu sezen fähige Beschädigung daran vorgekommen wäre.
Diese Brüke hat eine Oeffnung von 12 Meter zwischen den flachen Wänden der
Widerlagen; die Mitte befindet sich in der Achse des Canals; man sieht auf derselben
zwei Leinpfade. Die Breite derselben ist 6 Meter zwischen den Köpfen und das Gewölbe
besteht aus dem Segment eines Kreisbogens von 12 Meter Sehnenlänge und 1,60 Meter
Pfeilhöhe.
Die ganze Grundmauer der Widerlagen ist von Wassermörtel, mit Ausnahme der vier
Winkel an der Seite der Pfade, welche von Quadersteinen sind, die wegen der Reibung
der Ziehtaue an den Kanten abgerundet wurden. Das Gewölbe ist ebenfalls von
Wassermörtel, selbst die Verkleidung der Giebelfelder und am Intrados, mit Ausnahme
der Kanten oder Einfassungen der Köpfe, welche von Ziegelsteinen gemauert sind.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1 Aufriß
der Brüke.
Fig. 2
Längendurchschnitt.
Fig. 3
Querdurchschnitt.
Fig. 4
Grundplan.
Fig. 5
Grundriß des oberen Theils der Brüke und ihrer Zugänge.
Fig. 6 Detail
der Construction des Bogens von Ziegelsteinen. Dieselben Buchstaben bedeuten in
allen Figuren dieselben Gegenstände.
a der Canal, b Widerlage von
Wassermörtel, c Grundmauer des Gewölbes, ebenfalls von
Wassermörtel, d, d Leinpfade, e Winkel der Brüke neben dem Leinpfade von Quaderstüken, f Kanten oder Einfassungen der Köpfe des Gewölbes, von
Ziegelsteinen gemauert; g Bogen von Ziegelsteinen, h oberer Theil der Brüke.