Titel: | Anwendung des Anthracits in Rußland zur Bearbeitung des Eisens und zum Heizen der Dampfkessel; von Hrn. Ivanitzki. |
Fundstelle: | Band 86, Jahrgang 1842, Nr. LVIII., S. 292 |
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LVIII.
Anwendung des Anthracits in Rußland zur
Bearbeitung des Eisens und zum Heizen der Dampfkessel; von Hrn. Ivanitzki.
Aus dem Moniteur industriel, 1842, No.
650.
Ivanitzki, über Anwendung des Anthracits zur Bearbeitung des
Eisens.
Der Chef des Generalstabs des russischen Bergwerks-Ingenieurs-Corps
veranlaßte, daß mit dem Anthracit von Gruchevka, welcher 30 Werste von
Novotscherkask, am Ufer des Flusses Gruchevka (Landstrich der donischen Kosaken)
gegraben wird, in der Schmelzhütte zu Lugane Untersuchungen angestellt wurden. Es
wurden daher Versuche mit demselben zum Heizen der Dampfmaschinen, zum Schmieden des
Eisens und zum Umschmelzen des Roheisens in Kupolöfen gemacht.
Dieser leztere Versuch entsprach der Erwartung der Commission vollkommen. Der roh
angewandte Anthracit gab Resultate, welche mit Steinkohlen nie erreicht wurden. Das
schmelzende Roheisen war sehr flüssig und nach dem Erkalten zeigte es sich compact
und zart.
Der Anthracit von Popovskoi, dessen Lager hier nicht beschrieben werden soll, ist
schwarz, von fettem, nur wenig metallischem Glanz, hat ein compactes, in Masse
schieferiges Gefüge. Der Bruch kleiner Stüke ist muschlig; er wird von Quarz gerizt
und rizt den Kalkspath. Sein Staub ist schwarz; senkrecht auf seine Schichten
gespalten, wird er in parallelopipedische Stüke getheilt; an manchen Orten jedoch
zeigt dieser Anthracit auch körnige Structur. Man findet auch faserigen Anthracit
zwischen den Schichten zerstreut, doch nur in kleiner Menge. An der Luft ausgesezten
Stellen nimmt er Regenbogenfarben an. In der Hize verknistert er und zertheilt sich,
ehe er noch ins Rothglühen kommt, in kleine Schüppchen. Rothglühend verbrennt er
langsam ohne Flamme und beinahe ohne Geruch; nur in großer Quantität verbrannt,
entwikelt er einen Schwefelgeruch. Man erhält 1 Proc. rother Asche.
Bei einem Luftstrom (Wind) von 0,094 Meter Druk erreicht dieser Anthracit eine Hize,
in welcher ihm keine Kohle des Landes gleichkommt. Stüke, welche eine partielle
Verbrennung erlitten, zeigen sich innerlich wenig verändert.
Aller bisher ausgebeutete Anthracit wurde in Hütten und Privatwohnungen
verbraucht.
Anwendung zum Hausgebrauch. Er brennt schwer an; wenn
aber einmal ein Haufen in Gluth ist, brennt er mit sehr schwach bläulicher, jener
der Holzkohle ähnlicher Flamme; er verbrennt langsam, gibt aber sehr starke Hize.
Die sich seiner bedienenden Arbeiter zünden ihn in ihren Hütten ganz einfach auf dem
Boden an oder richten ihn im pyramidalen Haufen auf, ohne irgend eine Art Ofen. In
den Städten Rostoff und Novotscherkask bedient man sich desselben mit Vortheil in
den Küchen und namentlich in der Brauerei dieser leztern Stadt. Die Einwohner von
Popovskoi heizen ihre Wohnungen damit in gewöhnlichen Oefen ohne Rost.
Heizung der Dampfmaschinen. Der Anthracit aus dem Thale
Gruchevka wurde zum Gebrauch für Dampfmaschinen versucht; folgendes sind die
Resultate mehrerer Proben.
Die angewandten Roste waren zwei parallele, jeder mit 25 Stangen versehen, die 0,019
Meter auseinander standen und sich 0,610 Meter unter dem Boden des Kessels
befanden.
Am 31. Julius begann man um 2 1/2 Uhr Morgens Anthracit auf die Roste zu werfen und
ihn mit Spänen und 8,86 Kilogram. Steinkohle von Lissitschia-Balka
anzuzünden. Er entzündete sich leicht, und um 5 1/2 Uhr Morgens hatte der Dampf den
gewöhnlichen Druk, d.h. 6° am Manometer. Die Maschine arbeitete
ununterbrochen, bis die
Arbeit in der Werkstätte aufhörte, nämlich um 7 1/2 Uhr Abends. Der von Stunde zu
Stunde aufgelegte Anthracit verbrannte regelmäßig; man sah vom Roste weder Asche
noch Eisenschuppen fallen. Aus dem Kamin entwikelte sich kein sichtbarer Rauch und
die Arbeit war weit leichter, als mit obengenannter Steinkohle, weil er nicht, wie
diese, beständig auf dem Roste geschürt zu werden braucht. Während dieser
18stündigen Arbeit belief sich der Verbrauch an Anthracit auf 1309 Kilogr., während
derselbe Dampfkessel in eben so viel Zeit 1964 Kilogr. obiger Steinkohle bedarf.
Dabei ist noch zu bemerken, daß dieser Versuch an einem Montag, nachdem der Kessel
Sonntags geruht hatte, angestellt wurde und Herd und Kessel völlig erkaltet waren,
so daß man mehr Brennmaterials bedurfte, um den Dampfkessel wieder in Thätigkeit zu
versezen, als an jedem andern Tag der Woche.
Am 1. August 4 Uhr Morgens wurde der Feuerraum, eben so hergerichtet, mit Anthracit
beschikt und dieser mit Spänen, und nur 32 1/4 Kilogr. der Steinkohle von dem
erwähnten Lager angezündet. Die Spannung des Dampfes erreichte 6 1/2°. Die
Maschine wurde um 5 1/4 Uhr in Thätigkeit gesezt und that nicht weniger gute Dienste
als am 31. Julius. Man endigte den Versuch kurz vor Mittag. In diesem halben Tag
Arbeit wurden 491 Kilogr. Anthracit verbrannt, was für den Tag 982 Kilogr. oder die
Hälfte des Bedarfs an gewöhnlicher Steinkohle ausmacht. Es muß bemerkt werden, daß
man am 1. August etwas weniger Anthracit brauchte, weil man den Kessel nach einer
Unterbrechung von nicht mehr als 8 Stunden schon wieder zu heizen begann. In der
Bewegung der Maschine fand nicht die geringste Unregelmäßigkeit statt; alle halbe
Stunden wurde frischer Anthracit nachgegeben; die. Temperatur ging bis zur weißen
Schweißhize.
Diese Versuche berechtigen zu der Hoffnung, daß der Anthracit, richtig angewandt, auf
Dampfschiffen bessere Dienste thun werde, als die gewöhnliche Steinkohle.
Anwendung zum Schmieden des Eisens. Der Anthracit von
Gruchevka wird mit gutem Erfolg zum Schmieden des Eisens in den Hütten zu
Novotscherkask, Rostoff und einigen andern Orten der Umgegend angewandt. In der
Eisenschmelze zu Lugane angestellte Versuche haben dargethan, daß der Anthracit sich
für die Schmieden eignet, obwohl er geringer ist als die Bakkohle von Upenston und
Nikitovka. Der Anthracit bedarf in den Essen hinreichend starken Wind und muß in
großen Quantitäten aufgeschüttet werden. In kleinen Quantitäten gibt er keine starke
Hize, weil die auf der Oberfläche des Haufens schnell erlöschenden Stükchen die verbrennende Masse,
welche der Arbeiter während der Erhizung des Werkstükes oft umrührt, erkältet.
Anwendung in den Kupolöfen. Ein Theil des Anthracits
wurde zum Umgießen des Roheisens im Kupolofen verwendet. Der Erfolg dieses Versuches
übertraf alle Erwartung. Bisher wurden alle gasgebenden Steinkohlen der Gegend nach
ihrer Verkohlung ohne allen Erfolg im Kupolofen probirt; die so erhaltenen Kohks
veränderten die Beschaffenheit des grauen sibirischen Roheisens derart, daß es zu
weißem, strahligem, sehr hartem Roheisen wurde, welches zu nichts anderm mehr
tauglich war, als um Ballast für die Schiffe zu machen. Aus diesem Grunde wurde der
Kupolofen bisher zu nichts anderm, als zur Verfertigung von Ballast aus den Abfällen
des Roheisens gebraucht.
Am 20. November wurde der Kupolofen mit Anthracit geheizt. Anfangs und ehe Alles in
Gluth war, entwikelte sich wenig Wärme im Feuerraum; bald wurde die Hize aber so
intensiv, wie sie mit dem Kohks von Lissitschia-Balka noch nie erhalten
worden war. Der Druk des Windes war 0,068 Meter. Die stärkste Roheisenbeschikung,
welche auf eine Anthracitbeschikung von 24,55 Kilogr. gemacht werden konnte, war 230
Kilogr. Zuerst brachte man sibirisches graues Roheisen in Gänsen ein; bis nämlich
das Roheisen so weit geschmolzen war, daß, um Kanonenkugeln zu gießen, man in die
Löffel, mit welchen man das geschmolzene Metall schöpfte, Stüke kalten Roheisens
werfen und einige Augenblike warten mußte, bis die Erkaltung geschehen war.
Die gegossenen Gegenstände waren von besonderer Reinheit und Zartheit in ihren
feinsten Theilen. Der Bruch dieses Roheisens bei großen Gegenständen war glänzend,
von körniger Textur und grauer Farbe. Als wir diesen so ausgezeichneten Erfolg
wahrnahmen, sezten wir unsere Versuche fort und legten graues Roheisen und Abfälle
von strahligem weißem Roheisen untereinander in den Ofen; das Resultat war eben so
gut. Als wir hierauf nur Abfälle einlegten, erhielten wir auch graues blätteriges
Gußeisen. Diese Entdekung verspricht beinahe mit Gewißheit sehr gute Erfolge bei
Anwendung des Anthracits in Hohöfen.