Titel: | Vorrichtung zum Tödten der Puppen in den Seidencocons; von T. Mögling. |
Fundstelle: | Band 86, Jahrgang 1842, Nr. LXXXIX., S. 392 |
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LXXXIX.
Vorrichtung zum Toͤdten der Puppen in den
Seidencocons; von T.
Moͤgling.
Mögling's Vorrichtung zum Tödten der Puppen in den
Seidencocons.
Das Tödten der Puppen in den Cocons oder, wie man gewöhnlich sagt, das Tödten der
Cocons ist eine sehr wichtige Operation der Seidenzucht. Die Cocons enthalten
nämlich die Puppen, aus denen sich die Schmetterlinge entwikeln. Diese durchbrechen
den Cocon und kommen ans Tageslicht. Alle die Cocons, aus denen die Schmetterlinge
herausgekommen sind, sind zum Abhaspeln nicht mehr tauglich. Der Schmetterling gibt nämlich, ehe er den
Cocon durchbricht, eine Feuchtigkeit von sich, vermittelst welcher er den Cocon an
der Stelle, an welcher er durchbrechen will, aufweicht. Ist dieß geschehen, so stoßt
er mit dem Kopfe, dagegen, drängt die Fäden aus einander und kommt heraus. Bei
diesem Processe werden die Fäden stark verwirrt. Wenn man aber auch ein Mittel
fände, die Fäden wieder in Ordnung zu bringen, so ginge das Abhaspeln solcher Cocons
doch nicht. Jeder Cocon nämlich, der eine Oeffnung hat, durch welche auch nur ein
wenig Wasser eindringen kann, ist für die Abhaspelung verloren. Durch das Eindringen
des Wassers wird der Cocon zu schwer, so daß der feine Faden dessen Gewicht nicht
mehr tragen kann und deßhalb unaufhörlich bricht.
Die Cocons, welche abgehaspelt werden sollen, müssen entweder sogleich, ehe die
Entwikelung der Schmetterlinge vor sich geht, was 2–3 Wochen nach der
Verwandlung der Raupe in die Puppe der Fall ist, abgehaspelt werden, oder man muß
die Entwikelung der Schmetterlinge auf irgend eine Art verhindern. Es ist dieß auf
zweierlei Art möglich. Entweder müssen die Cocons an einen Ort gebracht werden, an
welchem die Temperatur ungefähr auf 0° R. steht, oder sie müssen getödtet
werden. Da aber nicht überall Eiskeller zu Gebote stehen, die Luft in denselben auch
immer feucht ist, was bei einem längeren Aufbewahren der Cocons der Seide schädlich
wäre, so werden die Cocons gewöhnlich getödtet. Das Tödten der Cocons wurde früher
auf verschiedene Art vorgenommen, bald durch Einbringen derselben in einen heißen
Bakofen, bald vermittelst Dampf, bald vermittelst verschiedener Gasarten, durch
welche die Lebensfähigkeit der Puppe vernichtet wurde.
Das Tödten im Bakofen war das beliebteste, aber auch das gefährlichste Mittel, denn
es läßt sich dabei nie genau der nöthige Temperaturgrad herstellen. War der Bakofen
zu heiß, so waren die Cocons dem Verbrennen ausgesezt, so daß die Seide dann beim
Haspeln sehr oft brach; war aber die Temperatur nicht hoch genug, so wurden die
Cocons nicht vollständig getödtet, es kamen dann immer bald mehr bald weniger
Schmetterlinge später zum Vorschein, wodurch man wieder in Schaden kam. Das zweite
Mittel, das Tödten mittelst Dampfes, hatte wieder manche Nachtheile. Dem Verbrennen
war die Seide dabei allerdings nicht ausgesezt, dagegen zerplazten eine Menge Puppen
in den Cocons und verunreinigten dadurch das Innere derselben. Beim Abhaspeln war
die Seide in Folge davon glanzlos, verlor an Nerv und wurde dadurch werthloser,
außerdem daß sie an den verunreinigten Stellen gerne brach.
Das Tödten vermittelst Anwendung von Gasarten, wozu man vorzüglich Schwefeldämpfe,
Chlorgas etc. nahm, zeigte sich immer unsicher. Die Puppen, welche gegen verdorbene
Luft viel weniger empfindlich sind, als die Raupen, da sie sehr wenig Luft zu ihrem
Lebensunterhalt brauchen, ertrugen oft ein sehr langes Verweilen in jenen Gasarten
und wurden bloß betäubt. Kamen die Cocons nachher wieder an die frische Luft, so
erholten sich die Puppen von ihrer Betäubung und es erfolgte oft noch die
Entwikelung, wenn auch nur von unvollkommenen Schmetterlingen, wodurch wieder
derselbe Schaden entstand.
Diese Uebelstände veranlaßten schon lange alle rationellen Seidenzüchter, darauf zu
denken, ein Mittel zu finden, wodurch die Cocons sicher und ohne alle Nachtheile für
die Seide getödtet werden können. Im J. 1841 suchte ich die in Rottenburg (Württemberg) erzeugten Cocons vermittelst heißer Luftströmungen auszutroknen und somit zu tödten.
Es gelang mir dieß vollkommen (polyt. Journ. Bd.
LXXXI. S. 318). Ich brachte nämlich die zum Abhaspeln bestimmten Cocons in
das in der Seidenrauperei zu Rottenburg befindliche Brutzimmer, welches vermittelst
Luftheizung erwärmt wird. In der Deke des Zimmers ließ ich in jedem Ek eine, also im
Ganzen vier blecherne Luftabzugsröhren anbringen und steigerte die Temperatur bis
auf 45° R., während durch die Abzugsröhren die Luft fortwährend aus dem
Zimmer abzog. Durch ein an der Heizkammer angebrachtes Windrad wurde der Luftzug
noch mehr gesteigert. Nach Verlauf von zwei Stunden waren die Cocons vollkommen
ausgetroknet und die Seide hatte nicht die mindeste nachtheilige Veränderung
erlitten. Beim Abhaspeln glaube ich bemerkt zu haben, daß die Seide viel besser
ablause, als dieß bei Cocons, die entweder gar nicht oder auf eine der vorher
beschriebenen Arten getödtet wurden, der Fall war. Es ist somit ein Mittel gefunden,
die Cocons auf eine Art zu tödten, bei welcher man seines Erfolges ganz sicher ist
und bei welcher man für die Seide gar nichts zu befürchten hat. Die Cocons, welche
ich im Laufe vergangenen Sommers in Hohenheim producirte,
brachte ich lebend oder, so zu sagen, im grünen Zustande in die Abhaspelungsanstalt
nach Rottenburg und tödtete sie daselbst auf die eben beschriebene Art, nur daß ich
das Windrad nicht mehr treiben ließ, weil die warme Luft von selbst aufsteigt und
beim langsamen Aufsteigen mehr Feuchtigkeit aus den Cocons abführt. Ich war mit dem
Erfolge ganz wohl zufrieden.
In allen größeren, nach den neuesten Systemen eingerichteten Seidenraupereien
befinden sich eigene, vermittelst Luftheizung heizbare Brutzimmer, so daß die
Ausführung dieser Methode daselbst ganz leicht ist. Da aber noch zu wenige derartige
Seidenraupereien in unserem Lande bestehen und die meisten Seidenzüchter von Rottenburg zu entfernt
wohnen, als daß sie ihre Cocons lebend hinschiken und daselbst erst tödten lassen
könnten, so will ich hier den Seidenzüchtern, welche im Falle sind, ihre Cocons vor
der Versendung in die Abhaspelungsanstalt tödten zu müssen, folgenden Apparat zum
Tödten der Cocons, der je nach Bedürfniß größer oder kleiner gemacht werden kann,
angeben.
Der Apparat besteht aus einem je nach Bedürfniß größeren oder kleineren Kanonenofen,
über den, wie bei jeder anderen Luftheizung, von Baksteinen ein Mantel gebaut ist,
so daß sich zwischen Ofen und Mantel eine Heizkammer bildet. Diese Heizkammer hat
unten am Boden eine Oeffnung zum Einströmen der kalten Luft und ist durch ein
Gewölbe von Baksteinen gedekt, welches in der Mitte eine Oeffnung hat, durch welche
die warme Luft in einen darüber befindlichen hölzernen Kasten einströmt, der zur
Aufnahme der zu tödtenden Cocons bestimmt ist. Um das Ausströmen der warmen Luft aus
der Heizkammer in den Coconskasten während der Zeit zu verhindern, in welcher die
getödteten Cocons herausgenommen und durch frische ersezt werden, ist dazwischen ein
Schieber angebracht, welcher wohl am besten von Blech gemacht wird und die Luft
vollkommen abschließt. Der Kasten hat einen siebförmigen Boden, welcher das
Hinunterfallen von Cocons in die Heizkammer verhindern soll, und der Dekel des
Kastens hat in seinen Eken Abzugsröhren, durch welche die warme Luft, nachdem sie
die Cocons durchzogen hat, entweicht. Endlich ist auch am Kasten ein kleines, gut
verkittetes Fenster angebracht, hinter welchem ein Thermometer hängt, so daß man von
Außen immer die Temperatur im Kasten beobachten kann. Die Cocons werden in Lagen von
2'' Höhe in den Kasten gebracht; immer zwischen zwei Lagen von Cocons muß ein leerer
Raum von 3'' Höhe seyn. Um dieß zu bewerkstelligen, nimmt man am besten Rahmen, die
gerade in den Kasten einpassen und mit Nezen überzogen sind, deren Maschen die Weite
von ungefähr 1/2 Quadratzoll haben. Auf diese Rahmen werden dann die Cocons
gelegt.
Ein Apparat, in welchem immer 100 Pfd. Cocons auf einmal getödtet werden sollen, muß
folgende Größe haben. Ein Kanonenofen von 2 1/2 Höhe und 1 3/4 Dike soll von einer
Heizkammer umgeben werden, welche im Lichten 3' breit und 4' hoch ist. Auf dieser
Heizkammer soll der hölzerne Kasten sizen, der eine Höhe von 4' erhalten, dessen
Grundfläche sich aber nach der der Heizkammer richten muß.
Um die Cocons zu tödten, wird der Ofen stark geheizt, der untere Schieber an der
Oeffnung zum Einströmen der kalten Luft geöffnet, dagegen der obere Schieber
geschlossen, hierauf der Kasten mit Cocons angefüllt und der Dekel desselben
aufgesezt. So wie man glaubt, daß die Temperatur in der Heizkammer den nöthigen Grad
erreicht habe, wird der obere Schieber geöffnet. Durch das Fenster am Kasten bemerkt
man nun bald, ob die Temperatur den gehörigen Grad erreicht hat. Ist die Temperatur
zu nieder, so muß nachgeschürt werden, ist sie aber zu hoch, so wird das Nachschüren
unterlassen. Ist die Luft mit einem Wärmegrad von 45° R. zwei Stunden lang
durch den Kasten geströmt, so sind die Cocons getödtet, was man daran erkennt, daß
man in dem Kasten kein Geräusch mehr hört.
Dieser Apparat ist sehr einfach, wenig kostspielig und erfüllt seinen Zwek vollkommen
und ist, wo die jährliche Production von Cocons das Quantum von 100 Pfd. übersteigt,
sehr zu empfehlen. (Riecke's Wochenblatt 1842, Nr. 47.)