Titel: | Mallet's hydrostatische Drehscheibe. |
Fundstelle: | Band 86, Jahrgang 1842, Nr. XCI., S. 401 |
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XCI.
Mallet's hydrostatische
Drehscheibe.
Aus dem Mechanics' Magazine. Aug. 1842, S.
162.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Mallet's hydrostatische Drehscheibe.
Die bei Drehscheiben der gegenwärtig üblichen Construction vorkommenden Uebelstände
entstehen hauptsächlich aus dem Druk, welcher die Lagerringe früher oder später aus
der horizontalen Lage bringt, wodurch bei einer Umdrehung ein Theil des ganzen
Gewichtes mit gehoben werden muß; ferner aus der Biegung der oberen und unteren
Lagerringe, wodurch bei jeder Aenderung in der Lage der Belastung eine Verdrehung
der übrigen Theile veranlaßt wird; endlich aus der Friction an den Tragrollen und
ihren Achsen, und aus der Friction an dem Centralzapfen, die in Folge der obigen
Mängel einen enormen Grad erreicht. Wo im ersten Falle die Theile mit der gehörigen
Stärke ausgerüstet sind, und es an Mitteln nicht fehlt, dieselben nachher zu
reguliren, mögen die Drehscheiben nach dem gewöhnlichen System construirt werden,
wie solche z.B. auf der London-Birmingham- und
Great-Western-Eisenbahn eingeführt sind, die bei einer sehr schweren
Belastung leicht beweglich sind. So lassen sich einige in den Werken, mit denen ich
in Verbindung stehe, construirte und für die
Dublin-Kingstown-Eisenbahn bestimmte Drehscheiben von 14' Durchmesser
ganz leicht und schnell durch einen einzigen Mann drehen, und zwar mit einer
Belastung von ungefähr 12 Tonnen. Um indessen diese Vollkommenheit zu erlangen, ist
ein schwerer Guß und ein kostspieliges Fundament unumgänglich nothwendig. In der
neueren Zeit schien es mir wünschenswerth, die Construction der Drehscheibe wo
möglich dahin zu modificiren, daß sich alle Theile leicht adjustiren lassen, daß die
Friction auf ein Minimum reducirt werde, die Stöße sich auf das Fundament und
Mauerwerk unter der Scheibe vertheilen, alle Theile zum Behuf der Reparatur und
Adjustirung leicht zugänglich seyen, endlich, daß die Bewegung mittelst eines
Räderwerks, welches durch einen in einiger Entfernung von der Scheibe aufgestellten
Mann in Thätigkeit zu sezen wäre, der Drehscheibe mitgetheilt werde.
Diesen Anforderungen glaube ich durch die Construction einer Drehscheibe, wovon Fig. 35 einen
senkrechten Durchschnitt liefert, und der ich den Namen „hydrostatische
Drehscheibe“ gebe, genügt zu haben.
Die Platform der Drehscheibe hat ganz die gewöhnliche Einrichtung; sie besteht aus
vier oder mehreren sich durchkreuzenden Rippen b in der
Mitte 12 Zoll tief, die am Umfange durch einen Ring mit einander verbunden, übrigens
aus einem Stük gegossen sind. Auf den Nippen liegen die sich kreuzenden Bahnschienen
a, und die Zwischenräume sind mit Bohlen bekleidet
oder mit einem gußeisernen Gitterwerk ausgefüllt. Der mittlere Theil der Rippen ist
vermittelst Bolzen an die hervorspringenden Flantschen der senkrechten Säule oder
des großen Zapfens c befestigt, auf und mit welchem das
Ganze sich dreht. Die Länge dieses Zapfens ist ungefähr gleich der Hälfte des
Durchmessers der Scheibe; sein unterer Theil, so wie auch ein breiter Hals d dicht unter der Platform ist genau cylindrisch
abgedreht, im Uebrigen ist er konisch gestaltet.
Dieser Centralzapfen ist hohl gegossen, und dürfte für eine Drehscheibe von 12 Fuß
Durchmesser und für schwere Maschinen am Halse ungefähr 2 Fuß und an dem unteren
Ende ungefähr 10 bis 12 Zoll im Durchmesser halten. In gleicher Höhe und
concentrisch mit dem Halse des Zapfens ist ein gußeiserner abgedrehter Ring e angeordnet, dessen innerer Durchmesser um ein
Beträchtliches größer ist, als der äußere Durchmesser des Zapfens. Dieser Ring wird
durch 12 diagonale Streben h und 4 an die äußere Seite
desselben festgeschraubte senkrechte Bolzen k an seiner
Stelle erhalten und gegen jede seitliche Bewegung geschüzt. Die Streben h stüzen sich mit ihren unteren Enden gegen einen
concentrischen gußeisernen Ring l, welcher in die
Seitenmauern s der Drehscheibengrube eingemauert und in
seinem Durchschnitt so gestaltet ist, daß, wenn er in die Steinschichte, die ihn
tragen soll, eingesezt und die nächst folgende Schicht darüber gelegt wird, er
diesen ganzen Theil des Mauerwerks zu einer einzigen Masse verbindet.
Der untere Theil des Hauptzapfens bildet, wie oben bemerkt, einen genau abgedrehten
Cylinder, ähnlich dem Kolben einer hydraulischen Presse, welcher in einen starken
ausgebohrten, einige Zoll langen Cylinder m, m, m
taucht. Dieser unten geschlossene Cylinder ist mit einer doppelten Liederung n, n nach Bramah's System
versehen, wodurch selbst unter bedeutendem Druk ein wasserdichter Schluß erzielt
wird. Von der Seite her tritt in den Cylinder eine dünne, durch eine Schraube
verschließbare Röhre o, durch welche das Innere des
Cylinders mit Wasser gefüllt werden kann. Der Boden der Drehscheibenkammer ist in
Form einer umgekehrten Kuppel ausgemauert, und der hydraulische Cylinder ist an
einen gußeisernen Ring
geschraubt, welcher den Mittelpunkt dieser umgekehrten Kuppel bildet. Angenommen
nun, die Platform der Drehscheibe befinde sich in horizontaler Lage, so bildet
dieser Hauptzapfen in der That eine verticale Achse, um die sich die Scheibe drehen
läßt.
Es ist klar, daß jedes auf der Platform lastende Gewicht, dessen Schwerpunkt direct
über der Achse der Platform sich befindet, nur einen senkrechten Druk an dem unteren
Ende des Zapfens hervorbringen wird; eben so klar ist es aber auch, daß, wenn der
Schwerpunkt auf einer Seite sich befindet, wie dieß im Augenblik des Ueberganges
einer Locomotive auf die Scheibe der Fall ist, eine horizontale oder beinahe
horizontale Kraft auf den Zapfen wirken und ihn um seinen untersten Punkt zu drehen
oder abzubrechen streben wird. Dieser Kraft entgegenzuwirken ist der Zwek des oberen
Tragringes o. In dem ringförmigen Raume zwischen diesem und dem Halse des
Centralzapfens ist ein kreisrundes schmiedeisernes Gestell f, Fig.
36, eingesezt, welches aus zwei Ringen besteht, zwischen denen sechs genau
abgedrehte horizontale Rollen um schmiedeiserne Zapfen beweglich sind. Dieses
ringförmige Gestell mit seinen Rollen ruht auf vier kleinen Walzen, deren Lager von
dem Tragring e nach Innen sich erstreken.
Wenn nun die Platform in die horizontale Lage gebracht, der hohle Cylinder mit Wasser
gefüllt worden ist, und alle übrigen Theile in ihrer richtigen Lage sich befinden,
so ist einleuchtend, daß das System eine Last zu tragen im Stande seyn wird, wie
dieselbe auch auf der Platform angeordnet seyn mag, und daß die leztere mit ihrer
Last rotiren kann; und der ganze Widerstand beschränkt sich auf die rollende Reibung
des Rollengestells und auf die Friction der Lederliederung des hydraulischen
Cylinders. Der Seitendruk, wenn überhaupt ein solcher vorhanden ist, wird von den
Rollen und der Stopfbüchse aufgefangen; der senkrechte Druk lastet auf der in dem
Cylinder enthaltenen Flüssigkeit.
Der Reibungswiderstand zwischen der lezteren und dem Zapfen ist so gering, daß er
praktisch als nicht vorhanden angenommen werden darf, so daß sich der Widerstand nur
auf die Rollen und die Stopfbüchse beschränkt und sich demnach weit geringer als bei
Drehscheiden mit verticalen Rollen herausstellt; denn wenn die Locomotive auf der
Drehscheibe sich befindet, so daß ihr Schwerpunkt in lothrechter oder beinahe
lothrechter Richtung über dem Drehungszapfen liegt, so ist bei erfolgender Drehung
beinahe alle Reibung von den Rollen und der Stopfbüchse entfernt. Angenommen ferner,
die bewegende Kraft wirke auf jeden Fall am Umfang der Drehscheibe, so ist der
Reibungswiderstand der Rollen unter gleichem Druk den Halbmessern der
Rollengestelle proportional. Nun ist aber bei der neuen Scheibe der Durchmesser des
Rollengestelles nur ungefähr der dritte Theil des Durchmessers der Scheibe, während
bei der gewöhnlichen Anordnung das Rollengestell beinahe den vollen Durchmesser der
Scheibe besizt, woraus sich die Verminderung des Reibungswiderstandes abnehmen
läßt.
Es wird also an Kraft gespart, indem nicht nur ein geringer Widerstand in Bewegung zu
sezen, sondern dieser Widerstand auch durch einen kleineren Raum zu bewegen ist. Es
wird daher leicht, vermittelst eines im Durchschnitt Fig. 35 dargestellten
Räderwerks p, P die Bewegung von einiger Entfernung aus
auf die Scheibe zu übertragen, und zwar durch einen einzigen Mann, welcher ein
kleines Handrad, das an einer verticalen Welle befestigt ist, dreht. Außer der
Kraftersparniß hat eine solche Anordnung für wichtige und frequente Stationen noch
den besonderen Vortheil, daß alle Drehscheiben durch einen einzigen Mann von einer Stelle aus gehandhabt werden können.
Das Mauerwerk dieser Drehscheibe ist nicht kostspieliger, auch das Gewicht des Gusses
ist nicht größer, als bei der gewöhnlichen Drehscheibe. Nur zwei Theile bedürfen in
Folge des Gebrauchs der Adjustirung, nämlich der äußere Tragkranz e, e und die Stopfbüchse des Zapfenlagers. Wegen der
beinahe absoluten Zuverlässigkeit der Bramah'schen
Liederung, welche sich bei jeder hydraulischen Presse unter einem 10- bis
20mal größeren Druk erprobt, ist an ein Entweichen des Wassers aus dem unteren
Cylinder kaum zu denken; sollte dieses aber je der Fall seyn, so kann der Cylinder
leicht mit Hülfe einer kleinen Handpumpe, welche man an die oben erwähnte
verschließbare Röhrenmündung ansezt, wieder gefüllt werden. Dieß gibt zugleich ein
Mittel an die Hand, die Drehscheibe ins richtige Niveau zu stellen.
Fig. 36
stellt den Grundriß des ringförmigen Gestells mit den sechs Rollen nach einem
größeren Maaßstabe dar. Der unterste flache schmiedeiserne Ring ist an seiner
unteren Seite ganz eben; die Zapfen der Rollen sind eingesenkt, damit sich das ganze
Gestell frei auf den vier oben erwähnten Unterlagsrollen bewegen könne.