Titel: | Ueber die Fabrication moussirender Rheinweine. Von Georg Dael, Sohn, Weinhändler in Mainz. |
Fundstelle: | Band 87, Jahrgang 1843, Nr. LIX., S. 219 |
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LIX.
Ueber die Fabrication moussirender Rheinweine.
Von Georg Dael, Sohn, Weinhändler in Mainz.Der Hr. Verfasser trug diese schäzbare Abhandlung in einer Versammlung der
Localsection des hessischen Gewerbvereins in Mainz vor, sie erschien dann in den
Verhandlungen des erwähnten Vereins (1stes und 2tes Quartalheft 1842, S. 21),
woraus wir sie entnehmen. A. d. R.
Dael, uͤber die Fabrication moussirender
Rheinweine.
Indem ich hiemit das bei der Fabrication moussirender Rheinweine zu beobachtende
Verfahren in allen seinen Einzelnheiten darlege, und genau und vollständig
mittheile, muß ich vor Allem einige wesentliche Irrthümer und Vorurtheile, in
welchen ein großer Theil des Publicums hinsichtlich der wahren Beschaffenheit
moussirender Weine, sowohl der aus Frankreich als der aus Deutschlandstammenden, zur
Zeit noch befangen ist, bekämpfen, und so viel es mir nur immer möglich ist zu
entkräften suchen.
Viele haben den Glauben, daß der Wein in der Champagne gleich von der Kelter weg ohne
weiteres in Flaschen gefüllt und ohne sonstige Procedur als fertiger Champagner
versendet würde; daß somit der aus der Champagne erhaltene moussirende Wein ein
natürliches Product wäre, während unsere moussirenden Rheinweine nur durch die Kunst
hervorgebracht seyen.
Zu beweisen indeß, daß kein Wein in der Welt, er heiße nun Champagner, Rheinwein oder
wie er wolle, die Eigenschaft des Schäumens oder Moussirens für die Dauer behält,
wenn solche nicht durch Kunst erhalten bliebe, ist einestheils meine Aufgabe, die
ich zu lösen mich bestreben werde.
Es sind kaum hundert Jahre her, als man in der Champagne, ohne Zweifel durch einen
Zufall geleitet, zuerst auf die Entdekung kam, einen schäumenden Wein zu bereiten.
– Nach und nach verbreitete sich die Liebhaberei an solch schäumenden Weinen
über den ganzen Landstrich, die Champagne genannt, so wie die Kunst ihn zu bereiten,
ohne daß jedoch diese bis zum heutigen Tage noch allgemein dort verbreitet wäre oder
angewandt würde, daß sonst gar kein anderer, d.h. nicht moussirender Wein dort
wüchse, wie gar Viele glauben.
Es gibt in der Champagne viele Weinberge, wie z.B. die Montagne fine bei Villedommage, Killy etc. etc., die nur nicht schäumende
oder non mousseaux Weine liefern, weil solche in ihrem
naturgemäßen Zustande zu schwer, gehaltvoll und zu vorzüglich in Rüksicht der
Qualität sind, als daß man bei ihnen gerne die Kunst, sie moussirend zu machen,
anwendet.
Die Weine der Champagne, welche gewöhnlich moussirend gemacht und ins Ausland
expedirt werden, haben weder Geist noch Gewürz, und die schnell vorüberziehende
Berauschung des Champagners beweist schon hinlänglich, daß solche mehr von der
betäubenden Wirkung des kohlensauren Gases als vom Alkohol oder Weingeiste
herrührt.
Der rohe naturgemäße Champagnerwein hat also weder Geist noch Kraft, daher die
Franzosen genöthigt sind, durch die Kunst theilweise zu ersezen, was ihren Weinen
mangelt, indem sie dem Weine Esprit de vin, Spiritus
vini, oder zu deutsch, französischen Weingeist beimischen.
Der Boden der Champagne besteht fast ganz aus Kalk, Kiesel und Thon, und da, wo der
Kalk wenig Beimengung von Kiesel und Thon hat, ist der Boden höchst mager und
unfruchtbar, was an der kümmerlichen Vegetation überhaupt schon zu erkennen ist. Die
Deke des Bodens oder der Baugrund besteht größtentheils aus grauem, öfter auch
röthlichem Thon, und das Unterlager dieses Baugrundes ist fast immer kohlensaurer
Kalk oder Kreide.
Daß bei solch schlechtem, dürrem und felsigem Boden die darauf wachsenden Weine nur
gering an Qualität seyn können, bedarf keiner weiteren Erörterung, besonders da die
in der Champagne meistentheils gebaut werdende Traubensorte (außer dem rothen
Clärner) unser Kleinberger ist, der bei uns nur in den geringsten Weinbergslagen
früher angepflanzt wurde und jezt allmählich durch die Oestreicher, Traminer und
Ruländer verdrängt wird.
Es war deßhalb nur die Eigenschaft des Moussirens, verbunden mit dem flüchtig und
angenehm Begeisternden, welche den Ruf der Champagnerweine begründete, und sie zu einem
Lieblingsgetränke der meisten cultivirten Länder machte.
Mit Glük wurden später in der Bourgogne aus den Côte
d'or. Weinen schäumende Weine fabricirt; – kein Wunder also, wenn
man endlich in Deutschland auf den Gedanken kam, das schäumende Prikeln an unseren
deutschen Weinen nachahmen zu wollen, da unsere Rheinweine, vermöge des vorzüglichen
Bodens, auf welchem sie wachsen, und vermöge ihres inneren, kräftigen, geistigen
Gehaltes mit dem schönsten Aroma verbunden, die erste Stufe aller Weine der Welt
einnehmen.
Es war daher nur Sache, zu beweisen, daß auch deutsches Product die Eigenschaft in
sich trägt, Lust, Auge, Nase und Zunge zu befriedigen, und daß die Verschwendung
schweren Geldes für die gehaltlosen französischen Champagnerweine füglich
unterbleiben, und das Geld, was auf solche Wese ins Ausland wandert, in Deutschland
verbleiben könnte.
Die deutsche Industrie blieb auch in der Lösung dieser Frage nicht zurük, obwohl
Ignoranten, sogenannte Vielwisser, Quaksalber und wie das Heer der Obscuranten nur
heißen mag, die als Hemmschuh allem Voranschreitenden sich entgegenstellen, auf das
Urtheil des Publicums über diesen neuen vaterländischen Industriezweig nachtheilig
einwirkten. Jeder Apotheker und Chemiker glaubte das sogenannte Geheimniß der
Fabrication moussirender Weine zu kennen, viele versuchten ihre vermeinte
Fabrication selbst, und schrieben Recepte und Anweisungen in die Welt, weßhalb denn
natürlich durch so viel unberufene Richter das Urtheil des Publicums über die
moussirenden Rheinweine, welches durch das Vorurtheil ohnehin schon genug befangen
war, es noch mehr werden mußte, und mein Streben geht daher dahin, zu beweisen, daß
die Fabrication schäumender Weine, ob sie nun die Namen Champagner oder Rheinweine
haben – denn das Verfahren bleibt sich ganz gleich – kein Geheimniß,
sondern nur eine Kunst ist, die sich Jedermann zu eigen machen kann.
Allen Weinen überhaupt fehlt im rohen naturgemäßen Zustande die Eigenschaft des
Moussirens, welche dem Weine jedoch gegeben werden kann, indem man das kohlensaure
Gas, welches sich bei der zweiten Währung, die man den Wein nach der ersten
gewöhnlichen bestehen läßt, entwikelt, gewaltsam zurükhält.
Auf welche Art dieses bewirkt wird, ist also das ganze sogenannte Geheimniß, welches
ich zu offenbaren hätte. Da ich die Leser jedoch mit dem ganzen Verfahren, welches
bei unseren moussirenden Rheinweinen angewandt wird, bekannt machen will, so fange
ich ganz von vorn
an, nämlich mit den rohen, naturgemäß vergohrenen Weinen, die moussirend gemacht
werden sollen.
Man wählt ganz junge Weine im Alter von ein bis zwei Jahren, die rein gegohren, ganz
reinschmekend, flüchtig und lieblich von Geschmak sind. – Aeltere oder
abgelagerte Weine haben den zur Bildung der Kohlensäure nöthigen Kleber und
Gerbestoff schon größtentheils ausgeschieden und die Verwandlung des Zukerstoffs in
Alkohol ist bereits darin vor sich gegangen.
Geringe, ordinäre Weine sind durchaus nicht tauglich, moussirend gemacht zu werden,
indem der Bodengeschmak oder Bökser, womit die meisten derselben behaftet sind,
durch die zweite Gährung, in welche der Wein zur Bildung der Kohlensäure versezt
wird, nicht bloß zu sehr im Weine hervortritt, sondern auch der ohnehin nöthige
Zusaz von Zuker in derartigen Weinen zu bedeutend seyn müßte, so daß alle
Qualitäten, welche man von unseren Weinen mit Recht fordert, zu sehr benachtheiligt
würden.
Deßgleichen ist es unzwekmäßig, schwere Weine zur Fabrication nehmen zu wollen; denn
je schwerer und geistiger die Weine sind, desto weniger sind sie in Gährung zu
bringen und desto kürzere Zeit behalten sie die Mousse oder das kohlensaure Gas.
Deßhalb, wie gesagt, hat man hauptsächlich auf gute Mittelweine zu sehen, die
lieblich, süß, ganz rein von Geschmak, flüchtig und leicht, jedoch auch nicht zu
mager sind.
Ist unter diesen Berüksichtigungen auf dem Weinlager eine Partie Weine von etlichen
Stüken mit aller Sorgfalt ausgewählt, so wird die ganze Partie, ein Stük wie das
andere, ganz gleich mit einander verstochen (was der Franzose die Coupage nennt),
damit man eine und dieselbe Qualität für die zum Fabriciren bestimmte Sorte
erhalte.
Gerne nimmt man dazu auch ein oder mehrere Stüke rothen, im Herbst jedoch
weißgekelterten Wein, da solcher feiner und dünnflüssiger als der aus weißen Trauben
gewonnene, und überdieß weniger zum zu starken Moussiren geneigt ist. Auch haben die
weißen Weine weniger Gerbestoff als die rothen, und der in ersteren enthaltene
Kleber ist zu fest mit dem Weinstein verbunden, als daß er leicht ohne den Zusaz der
lezteren aufzulösen wäre. – Weiße Weine würden deßhalb ohne Zusaz von rothen,
wenn sie auch Anfangs ganz klar in den Flaschen waren, bald trüb und wolkig werden,
eben durch diese nicht leicht zu entfernenden Hefentheile.
Nachdem nun die Manipulation des Verstiches mit aller Vorsicht vor sich gegangen ist,
wird jedes Stükfaß mit Hausenblase ganz auf dieselbe Art, wie die Weine unserer
Gegend überhaupt, geschönt, bis sie ganz flakerhell sind.
Schon das Verstechen der Weine bewirkt, daß dieselben sich leichter schönen lassen,
jedoch darf man dabei keine Mühe scheuen, einen ganz durchaus hellen Wein zu
erhalten, der ein Haupterforderniß der Fabrication ist. Man gibt daher lieber einem
Stük, welches durch die erste Schönung noch nicht ganz klar geworden, eine zweite,
und fährt damit fort bis zur völligen Klarheit.
Zum Schönen des Weines gehört eine möglichst kalte Temperatur, daher es von der
größten Wichtigkeit ist, gute Keller zu haben, besonders da die Zeit der Fabrication
moussirender Weine in die Monate April, Mai und Junius fällt.
Sollte deßhalb die Temperatur außerhalb der Keller zu warm seyn, so bedekt man die
geschönten Fässer mit nassen Tüchern, damit die in die Keller dringende äußere Wärme
keinen Einfluß auf die Weine habe, denn je kälter die zu klärende Masse ist, desto
ruhiger ist sie (da durch die Wärme immer eine Bewegung im Weine verursacht wird),
und desto leichter hellt sie sich auf.
Die Weine werden durch die Schönung nicht allein ganz klar, sondern man entfernt
durch sie auch alle in dem Weine sich befindenden Hefentheile, die später auf das
Klarbleiben und die Haltbarkeit desselben nachtheilige Wirkung haben könnten.
Sind nun nach Verlauf von drei oder vier Wochen die Weine ganz hell, so werden
dieselben sowohl in Frankreich als in Deutschland in kleinere Fässer ganz rein
abgestochen.
Nachdem etliche derselben gefüllt sind, bringt man sie aus dem Keller in ein eigens
dazu erbautes Lagerhaus, welches der Sonne sehr ausgesezt, ganz nieder und mit einem
Schieferdache gedekt ist, welches die Sonnenstrahlen so viel wie möglich auffängt
und die dadurch entstehende Wärme dem inneren Räume mittheilt.
Die Fässer werden in dem Lagerhause auf gute Unterlager gebracht, wie in dem Keller,
und das erstere alsdann an allen Oeffnungen, Fenstern und Thüren gut verschlossen,
damit jezt der Gährungsproceß mit dem Weine vorgenommen werden könne.
Man beginnt zu diesem Ende den Wein aus den kleinen Fässern auf Flaschen zu ziehen,
oder die sogenannte Tirage.
Die Flaschen, welche man dazu nimmt, müssen ganz neu von der Hütte gekommen seyn, da
das Reinigen der alten Bouteillen zu
mühsam und bei aller Sorgfalt es doch ungewiß ist, daß die angetroknete, im Bauche
der Flasche festsizende Unreinigkeit sich ganz losgelöset habe.
Unmittelbar vor der Füllung fügt man jeder einzelnen Flasche eine kleine Quantität
von aufgelöstem Candiszuker, oder wie solcher im technischen Ausdruke heißt, Liqueur bei, damit durch
eben diesen der Gährungsproceß im Weine bewirkt werde.
Bevor ich weiter gehe, muß ich jedoch erklären, auf welche Art der eben besagte
Liqueur angefertigt wird.
Eine Quantität des allerfeinsten, ganz rein geläuterten weißen Candiszukers wird mit
gutem weißem Weine in einem eigens dazu bestimmten Liqueurfasse angerührt und in
solchem einige Tage nach einander tüchtig herumgerüttelt, bis der Zuker ganz flüssig
geworden ist. – Ist dieß endlich geschehen, so schönt man die flüssige Masse
leicht mit Hausenblase, sticht den jezt fertigen Liqueur auf ein anderes Faß ganz
rein ab und bewahrt ihn zum jeweiligen Gebrauch im Keller auf.
Die erste Anwendung des Liqueurs findet also statt, sobald der Wein in Flaschen
gefüllt ist und im Lagerhause in Fermentation gebracht werden soll, zu welchem Ende
eine kleine Dosis zur Erzeugung des Moussirens in die einzelnen Flaschen gefüllt
wird.
Diese Dosis richtet sich nach der Süße des Weines, die derselbe im rohen naturgemäßen
Zustande besizt, indem bei aller Klarheit manche Weine noch eine Mostsüße behalten,
welche andere wenige Monate nach dem Herbste bereits verloren haben.
Es ist jedoch unumgänglich nöthig, daß die fragliche Dosis Liqueur jeder Flasche
besonders zugemessen werde, damit man versichert seyn kann, daß jede die gehörige
Quantität erhalten habe.
Sind die Flaschen gefüllt, so werden dieselben alsobald durch einen anderen Arbeiter
verkorkt, indem die Stopfen vorher in einem konisch zulaufenden eisernen Köcher
gepreßt, und dann mit einem hölzernen Schlegel ein Drittheil in den Hals der Flasche
eingeschlagen werden, so daß zwei Drittheile des Pfropfens auf der Mündung der
Flasche verbleiben. – Der Stopfen wird sodann mit Bindfaden kreuzweise
gebunden (fiçellirt) und über diesem Kreuz mit
einem vorher geglühten Eisendraht zugedreht.
Ein Atelier oder die nöthige Mannschaft zum Abziehen des Weins und der damit
verbundenen Arbeiten besteht aus fünf Männern, welche des Tages 16- bis 1800
Bouteillen abfüllen, verbinden und verdrahten können.
Sobald diese Manipulation beendigt ist, werden die Flaschen im Lagerhause stoßweise,
eine auf die andere mittelst dünner eichener Schindeln aufgesezt. Diese Schindeln
werden auf den beiden äußeren Seiten des Flaschenstoßes durch dikere, senkrecht
stehende festgehalten, indem die dünneren, horizontal liegenden durch Einschnitte
daran befestigt sind. – Man sezt auf diese Weise Stöße von 20 bis 50 Fuß
Länge und 4 bis 5 Fuß Höhe, gleich einem Stoß Scheitholz in die Mitte des Kellers, ohne
sonstige Vorrichtung, indem man die untersten Flaschen auf die bloße Erde legt und
alsdann mit Sezen fortfährt. Die Stöße sizen so fest, als wenn sie mit eisernen
Klammern zusammengehalten wären, und doch kann man fast jede Bouteille aus dem Stoße
herausnehmen und wieder an ihren Plaz steken, ohne daß sich eine der anderen
Bouteillen bewegt.
Die Gährung entwikelt sich nun bald, erstens durch den Zusaz von Liqueur und zweitens
durch die Wärme von 16 bis 18° R., in welcher die Flaschen im Lagerhause
während des Gährungsprocesses sich befinden müssen. Man hat zu diesem Endzwek einen
Ofen im Lagerhause, damit, wenn die äußere Temperatur dem Inneren des Hauses die
besagte Wärme nicht mittheilen würde, solche durch Heizung bis auf 16 und 18°
R. gesteigert werden kann. Ein Thermometer ist daher ganz unentbehrlich und muß fast
immer während der ganzen Gährungsperiode zu Rathe gezogen werden. Die Temperatur
bedingt nämlich die Menge des im Weine sich erzeugenden Ferments, und je leichter
und magerer überhaupt die Weine sind, desto eher sind sie in Gährung zu bringen, da
der Alkohol, welcher der Gährung hinderlich ist, in geringer Quantität sich darin
vorfindet.
Es ist wohl möglich, daß die leichten Weine der Champagne gar keiner oder nur einer
seltenen Beimischung eines Gährstoffes bedürfen, um dennoch eine vollkommene Mousse
zu erhalten, da bei dem schnellen Pressen derselben, ohne daß die Schale der Trauben
zerquetscht wird, oder daß viel fremder Gährstoff bei der höchst reinlichen
Behandlung der Trauben sich zugesellt hätte, der reine Wein in noch ziemlich
mostartigem Zustande erhalten bleibt, wozu noch die Entschleimungsmethode viel
beitragen möchte, welche in der Champagne längst als Regel gilt, während sie bei uns
nur aus ersten Versuchen vor Kurzem bekannt geworden ist. Ob man am Rheine nach
vielen Versuchen und vieler Sorgfalt dahin kommen werde, ist noch problematisch, um
so mehr, da unsere leichten Weine um so schneller durchgähren, und dem wahren
Liqueurweine nach nur die durch Auslese gewonnenen Weine lange die originelle Süße
behalten, dabei aber so trübe und dik bleiben, daß es nicht gerathen erscheint, sich
derselben zur Tirage zu bedienen.
Die aufgesezten Flaschen bleiben nun so lange ruhig im Lagerhause sizen, bis durch
die fortwährend in den Bouteillen sich steigernde Gährung einige derselben springen.
Man überzeugt sich jedoch gerne im Voraus, ob der Wein eine gute Mousse bekommt,
indem man eine oder mehrere Flaschen auf verschiedenen Seiten des Stoßes aus
demselben herauszieht, sie aber in ihrer horizontalen Lage und seitherigen Richtung
beläßt. Man bemerkt alsdann auf dem unteren Theile der Flasche eine Ablagerung (dépôt), welche sich mehr oder weniger verbreitet oder
verzweigt. Es lagert sich nämlich im Bauche der Flasche der Kleber sammt der
Hausenblase und dem Weinsteine ab, und bildet darin ein Oval, welches sich nach
einigen Tagen in strahlenförmigen Streifen nach der Mitte der Flasche hinzieht, was
man das Spinnen des Weines nennt. Diese Strahlenbildung ist der nothwendige Beweis
von der entwikelten Bildung des kohlensauren Gases, indem da, wo sie fehlt, oder wo
sie nur in geringem Maaße erscheint, kein oder doch nur geringes Moussiren zu
erwarten steht.
Hat man nun durch die Strahlenbildung und das vorerwähnte Springen der Flaschen die
Ueberzeugung erlangt, daß die Währung auf dem gewünschten Grade ist, so bringt man
sämmtliche Flaschen aus der warmen Temperatur plözlich in die kalte, indem man
dieselben von ihrem seitherigen Lager so leise als möglich aufhebt und in den Keller
transportirt. Eine äußerst sorgfältige Behandlung ist durchaus nöthig bei dieser
Localveränderung der Flaschen, damit der Niederschlag, der sich seit der Abfüllung
darin gebildet hat, nicht gerüttelt werde. Man hat daher zum Transport der Flaschen
in den Keller eigens dazu angefertigte Körbchen, worin je vier Bouteillen horizontal
neben einander liegen und so langsamen Schrittes in den Keller getragen werden,
damit jegliche rüttelnde Bewegung so viel als möglich vermieden werde.
Im Keller werden sie sogleich wieder in Stößen wie früher im Lagerhause aufgesezt,
und bleiben alsdann wenigstens 2, jedoch besser noch 3 bis 4 Monate ganz ruhig in
solcher Weise sizen. In dieser Zeit dauert die Währung in den Flaschen noch fort,
bis sie sich nach und nach gänzlich beruhigt; es geschieht jedoch, wenn eben diese
Gährung auf ihrem höchsten Punkte ist, daß bei vielen Flaschen der leere Raum,
welcher bei der Füllung in denselben gelassen wurde, durch kohlensaures Gas mit Wein
ausgefüllt wird. – Das Gas kann alsdann durch den verschließenden Stopfen
nicht entweichen, und die stärkste Bouteille muß springen.
Gewöhnlich beträgt dieses Springen, welches der Franzose la
casse nennt, 5 bis 8 Proc.; es steigt jedoch auch manchmal auf 30 bis 40
Proc., und oft sogar springt ein Stoß fast ganz, während der andere ruhig bleibt,
obschon beide von einem Weine sind und neben einander in demselben Keller sich
befinden. – Indeß rührt dieß gewöhnlich daher, daß beide nicht aus einem und
demselben Fasse abgezogen wurden und eine Bouteille oft mehr Gährungsstoff oder
Liqueurzusaz erhalten hat, als die andere. Ein einziger Luftzug, der auf einen Stoß
fällt, erregt den Bruch oft unglaublich schnell, jedoch hat man im Allgemeinen lieber, wenn der
Bruch stärker ist, als wenn der Wein unthätig bleibt und die Flaschen deßhalb nicht
springen, weil man im lezteren Falle sicherlich eine schlechte Mousse zu erwarten
haben würde.
Uebersteigt das Springen nicht 8 bis 10 Proc., so läßt man der Sache ihren Lauf. Wird
dieß Verhältniß indeß überschritten, und es steht zu befürchten, daß der Stoß durch
die vielen Lüken zusammenstürzen könnte, so müssen die ganzen Flaschen aus demselben
mit Vermeidung aller rüttelnden Bewegung aufgehoben und aufs Neue aufgesezt werden.
Bevor dieß leztere jedoch geschieht, stellt man die Flaschen aufrecht hin auf den
Boden des Kellers, damit die allzuheftige Fermentation sich einigermaßen mäßige,
oder man bringt sie in eine kältere Temperatur.
Sollte jedoch dieß Leztere dem Springen noch nicht Einhalt thun, so sticht man mit
einer vierschneidigen Schusterahle in den Stopfen, damit bei dem Stechen durch die
gemachte kleine Oeffnung, welche sich jedoch augenbliklich wieder schließt, etwas
Gas entweichen könne. Das lezte Verfahren müssen alle Fabrikanten nur im äußersten
Nothfalle anwenden, indem dadurch nicht nur eine Verschiedenheit in der Qualität des
Weines unter den Flaschen selbst, sondern auch ein sehr verminderter Grad von Mousse
bewirkt wird.
Mit dem Eintritt der kälteren Jahreszeit hört das Springen der Flaschen auf und der
Wein beruhigt sich allmählich. Die Stöße werden nun umgesezt, alle zerbrochenen
Flaschen auf die Seite geschafft, und die zum Theil ausgelaufenen (couleuses) ebenfalls entfernt. Durch schlechte Stopfen,
welche harte Adern haben und somit die Bouteille nicht gut verschließen, weil sie an
manchen Stellen zu hart sind, um sich in dem Flaschenhalse gehörig ausdehnen zu
können, entsteht das theilweise Auslaufen der Flaschen. Jedoch sind unregelmäßig
geformte oder ekige Mündungen der Flaschen, so wie schlechtes Verbinden der Stopfen
auch öfter daran Schuld.
Die frisch aufgesezten Flaschen läßt man noch einige Zeit ausruhen und bereitet sie
nach und nach zum Degorgement oder zur Reinigung vor. Durch die Währung und
Ablagerung des Weines hat sich nämlich in allen Flaschen ein schleimiger oder auch
ein festerer Niederschlag gebildet, welcher förmliche durch die Währung
ausgeschiedene Hefe oder oxydirter Kleber ist, der natürlich zur völligen Klärung
des Weines aus den Flaschen herausgeschafft werden muß. Zu diesem Ende stekt man die
Flaschen, mit dem Halse nach Unten, in schiefer Richtung auf die dazu bestimmten,
mit fünf Reihen Löchern versehenen Tafeln, welche aus starken und langen Dielen
angefertigt sind und wovon jede auf drei Böken ruht. Die darin befindlichen Löcher sind absichtlich
schief eingeschnitten, damit die Flaschen durch sie in ihrer sich neigenden Stellung
erhalten werden.
Man bezwekt durch dieses sogenannte Aufsteken der Flaschen, daß der erwähnte, darin
sich befindende Niederschlag sich nach und nach ablöst und in den Hals der Flasche
bis auf den Stopfen sich heruntersenkt. Damit jedoch dieser Zwek um so besser
erreicht werde, muß jede Flasche täglich und ganz gleichmäßig während 10 bis 14
Tagen, je nachdem die Hefe früher oder später sich senkt, in einer längeren
zitternden Bewegung gerüttelt werden, wodurch der Niederschlag sich eher und besser
loslöst und schneller niedersinkt. Es werden immer 3000 Bouteillen auf einmal auf
diese Art behandelt, die täglich auf die angegebene Weise während 14 Tagen und
manchmal sogar länger leicht gerüttelt werden.
Hauptsache ist es, daß die Flaschen ganz gleichmäßig, eine wie die andere gerüttelt
werden; denn geschieht dieß nicht und es bleibt nur etwas Hefe in der Flasche sizen,
so wird der Wein nie hell bleiben und demnach zum Versandt gänzlich unbrauchbar
seyn. Hat sich der Niederschlag indessen nach und nach ganz auf den Stopfen
niedergesenkt und ist man von der sonstigen Klarheit des Weines vollkommen
überzeugt, was vermittelst eines Lichts, an welches man die Flasche, jedoch ohne sie
zu rütteln, hält, ersichtlich ist, so bereitet man sich vor, die auf dem Stopfen
sizende Hefe aus der Flasche mittelst des Aussprizens oder Degorgements zu
entfernen.
Das sogenannte Operiren oder die Beifüllung von Liqueur in die degorgirten Flaschen
ist mit der eben besagten Manipulation verbunden. Durch die zweite Gährung nämlich
hat der Wein viel von seiner originellen Süße verloren; da derselbe jedoch auch im
natürlichen Zustande nicht so viel Süße haben würde (was besonders bei den
geringeren Champagnerweinen der Fall ist), als man im Allgemeinen von den
moussirenden Weinen verlangt, so muß der erforderliche Zukerstoff durch den
mehrerwähnten Liqueur dem Weine beigefügt werden. Man probirt daher, ehe man zum
Operiren schreitet, den Wein mittelst verschiedener Mischungen von Liqueur und sucht
darunter die beste Mischung heraus, nach welcher alsdann die ganze Partie behandelt
wird. – Mißkennen wir nicht den kleinen Zusaz von Süße, denn in dem Weine muß
dieselbe ohnedem schon in kleiner Quantität enthalten seyn, welche Quantität durch
den Liqueurzusaz nur gesteigert wird, um den Sinnengenuß der Consumenten zu erhöhen,
indem der Weinstein, der Kleber und der Gerbestoff, welche dem Wein einen herben
Geschmak mittheilen, durch die Bildung der Kohlensäure und den Zusaz von Liqueur
daraus entfernt werden.
Die Franzosen fügen bei Gelegenheit der Operation außer dem Liqueur ihren Weinen, die
sehr schwach sind, noch Weingeist bei, etwa 3 Proc. und vielleicht noch mehr; jedoch
sind wir dieser Mühe enthoben, da der einzige Fehler unserer moussirenden Weine
darin besteht, daß sie von Natur aus zu stark gegen die Champagnerweine sind, denen
durch Weingeist erst die nöthige Kraft und Consistenz gegeben werden muß. Dagegen
haben wir auch um so viel bessere Weine hinsichtlich der Qualität sowohl, als
hinsichtlich der Feinheit und des Bouquets, welches in den Champagnerweinen durch
den Weingeist gänzlich zerstört wird.
Die Arbeiter versammeln sich bei dem Degorgement wie früher bei dem Einfüllen der
Flaschen. Der oberste davon beginnt die Arbeit, indem er die Flaschen eine nach der
anderen aus der Tafel, auf der sie aufgestekt sind, mit der linken Hand herauszieht,
aber genau darauf achtet, daß sie keine andere als die vorherige Richtung und Lage
erhalten. Vor sich hat er einen eigens dazu angefertigten Ständer, auf dessen oberem
Boden eine halbrunde Wand sich befindet, welche zur Ableitung des durch das Oeffnen
der Flaschen dawidersprizenden Weines dient. In der Mitte des oberen Bodens dieses
Ständers ist ein Loch, durch welches der von erwähnter Wand auf den Boden fließende
Wein in den Ständer läuft.
Der Arbeiter, in gebükter Stellung vor dem Ständer stehend, öffnet mit einem am
unteren äußeren Ende schneidenden gekrümmten Haken, Crochet genannt, Draht und
Bindfaden, Pakt damit den Stopfen zwischen der Flaschenmündung, und sobald er spürt,
daß er herausgetrieben wird, richtet er die Bouteille ganz langsam allmählich in die
Höhe, und läßt in gleichem Momente den Stopfen wider die oben besagte Wand springen,
wodurch ein starker Knall verursacht wird, da der Wein schon moussirt. –
Sobald nun der Stopfen, an welchem der Bodensaz hing, losgesprungen ist, tritt eine
Masse Schaum hervor, erzeugt durch die aufsteigende gepreßte Kohlensäure, welcher
allen im Halse der Flasche noch hängenden Niederschlag mit sich fortreißt, und der
Arbeiter entfernt noch außerdem sorgfältig mittelst des Fingers alle Unreinigkeit,
welche sich zwischen dem Stopfen und der Flaschenmündung gebildet hat. Er bedekt
hierauf die Mündung der Flasche mit dem Daumen, nimmt einen alten Stopfen aus einem
neben ihm stehenden Korbe, dessen Wahl er schon im Gefühle des Daumens hat, und
stopft die Flasche damit zu. Diese Arbeit erfordert, gleich wie das Rütteln der
Bouteillen, sehr viel Gewandtheit, und von der richtigen Behandlung hängt gar oft
die Klarheit des Weines ab.
Derjenige, welcher das Degorgement besorgt, gibt die Flasche, nachdem sie zugestopft ist,
einem anderen, welcher sie wieder entkorkt und mittelst eines gewöhnlichen Trichters
und eines Blechgefäßes, welches das nöthig erachtete Quantum Liqueur mißt, den
lezteren in die Flasche füllt. Man hat zu diesem Endzwek verschiedene der erwähnten
Blechmäßchen, größere und kleinere, je nachdem man sie bedarf.
Ist der Liqueur eingefüllt, so stekt der Arbeiter den dritten Finger in die Mündung
der Flasche, damit der moussirende Wein übersteige und bringt die Bouteille unter
die Auffüllmaschine (die sogenannte Canelle). Dieselbe besteht nämlich aus einem
Krahnen, der auf beiden Seiten des Lilienkochers in eine mit einem Kork überlegte,
durchbohrte Spize ausgeht, welche leztere bestimmt ist, in die aufzufüllende Flasche
gefielt zu werden. – Eine andere, ebenfalls mit Kork oder Leinwand überzogene
Spize oben auf dem Lilienköcher des Krahnens mündet in ein blechernes Röhrchen aus,
welches die Länge einer Flasche hat und an dessen Ende ein Saugloch befindlich ist.
Man stekt dieses Röhrchen in eine volle Flasche, aus welcher aufgefüllt werden soll,
dreht die Flasche um, so daß der Hals derselben auf der oberen Spize sizt, und stekt
sie mit dem Boden in eine lederne Kapsel, welche mittelst zweier ledernen Riemen an
den unten am Krahnen befindlichen beiden Haken befestigt wird. Der Arbeiter hängt
hierauf die mit dem Krahnen versehene Flasche mittelst der erwähnten Kapsel an eine
eiserne bewegliche Stange, welche an dem Pflok, vor dem der Arbeiter sizt, befestigt
ist, so daß die Bouteille gerade vor ihm hängt. Das Röhrchen, welches in der vollen
Flasche aufrecht steht, mündet sich mit dem Saugloch in dem oberen luftleeren Räume
der Bouteille aus, welchen sie nach und nach mit Luft anfüllt.
Die Krahnenlilie hat zwei Mündungen, wovon die eine den Wein aus der oberen Flasche
in die untere zu füllende abläßt, die andere aber mit der Luftröhre in Verbindung
steht, welche die Luft aus der unteren Flasche in die obere durch die Flüssigkeit
hindurch führt.
Die aufzufüllende Flasche wird schnell in die untere Spize des Krahnens gedrükt, so
daß sie luftdicht verschlossen ist, der Krahnen hierauf geöffnet, und so füllt sich
die untere Flasche, während die darin enthaltene Luft in den luftleeren Raum der
oberen Flasche mittelst der Luftröhre steigt. Ist die Flasche voll, so wird der Hahn
zugedreht, sie selbst weggenommen und verstopft, aber gleich wieder eine andere
anzufüllende in die mehr erwähnte Krahnenspize gestekt, bis die obere Flasche leer
ist und durch eine andere ersezt werden muß. Die aufgefüllten Flaschen werden
hierauf mit neuen Stopfen versehen, mit Bindfaden verbunden und verdrahtet.
Ehe man den eben beschriebenen Lufttrichter kannte, war das Auffüllen nicht allein
sehr beschwerlich und zeitraubend, sondern auch außerordentlich kostspielig, sowohl
durch den Zeitverlust, als durch das Ueberlaufen des Weines, welches indeß gänzlich
vermieden wird, indem mittelst des Lufttrichters kein einziger Tropfen Wein verloren
gehen kann. Die aufsteigende Mousse des Weines ließ das Auffüllen der Flaschen aus
freier Hand so zu sagen nicht zu, da zu viel Zeit damit verloren wurde und der
Verlust an Wein durch das beständige Ueberlaufen des Schaumes zu bedeutend war.
Die Flaschen werden nach dieser Manipulation wieder im Keller aufgesezt und bleiben
einige Zeit ganz ruhig sizen. Vierzehn Tage darauf stekt man sie nochmals auf die
früher beschriebenen Tafeln mit dem Halse schief nach Unten, damit der neuerdings
gebildete Niederschlag durch wiederholtes Rütteln auf den Pfropfen niedersinke.
Hat dieses nun stattgefunden, und der Kellermeister ist überzeugt, daß der Wein ganz
fiakerhell ist, so werden die Flaschen nochmals degorgirt und wieder aufgefüllt,
jedoch dießmal ohne Liqueur. Die Stopfen, welche man zum Verkorken nimmt, sind diker
wie die früheren und die Firma ist darauf eingebrannt; die Flaschen werden damit
gestopft und alsdann wieder verbunden und verdrahtet. Bei dem lezten Verstopfen
gebraucht man die feinsten Stopfen aus Catalonien, die fast 1 Zoll dik im
Durchmesser und ungefähr 2 Zoll hoch sind. Sie werden mittelst einer Stopfmaschine,
welche die diksten Stopfen so zusammenpreßt, daß sie in die kleinsten Oeffnungen
gehen, in die Flaschen eingebracht. Man stekt nämlich die Stopfen in einen konisch
zulaufenden stählernen Köcher, welcher in zwei Hälften getheilt ist und auf-
und zugeschoben werden kann. – Ein Hebel von Eisen mit Einschnitten steht in
Verbindung mit zwei Kammrädern, die in die Einschnitte eingreifen, und wird mittelst
eines Schwungrades auf- und niedergedrükt. Am unteren Ende dieses Hebels
befindet sich ein konisch zulaufender Keil, der, wenn der Hebel niedergedrükt wird,
in den Köcher geht und den Stopfen durch denselben in die Flasche preßt.
Die Stopfmaschine steht auf einem gewöhnlichen Pflok und auf diesem lezteren ist ein
Brett mittelst einer Feder befestigt, gerade unter dem Stopfenköcher. – Auf
dieses und zwar elastische Brett sezt man die Flasche und bringt deren Mündung
gerade unter den Köcher. Man dreht in dem nämlichen Momente das Schwungrad, welches
den Hebel in Bewegung sezt, einmal herum, der Keil geht dadurch in den Köcher und
treibt den Stopfen zu einem Drittheil in die Flaschenmündung. Der zusammengepreßte
Pfropfen dehnt
sich in der Flasche wieder aus und schließt sie hermetisch. Derselbe Hebel drükt, so wie die Flasche
gepfropft ist, durch eine oben an demselben sich befindende Stellschraube auf einen
Waagebalken, der an seinem anderen Ende eine Stange in die Höhe zieht, welche mit
einer anderen horizontal liegenden und an der einen Hälfte des Köchers befestigten
in Verbindung steht. Diese leztere Stange wird durch die erstere mittelst einer
Feder angezogen und öffnet zu gleicher Zeit den Stopfenköcher. Man zieht hierauf das
früher erwähnte Brett, auf welchem die Flasche steht, durch einen Fußtritt, der mit
demselben in Verbindung steht, nieder, befreit somit die Flasche, und kann solche
ohne Hinderniß wegnehmen und durch eine andere ersezen.
Bevor man sich der Stopfmaschine bediente, wurden alle Flaschen aus freier Hand
gestopft, so wie dieses jezt noch bei der Füllung und dem Degorgement der Flaschen
geschieht. Man hatte aber auch deßwegen eine bedeutende Anzahl von Couleuses oder
Flaschen, die so schlecht gestopft waren, daß sie ausliefen oder die Mousse
verloren, ein Verlust, der früher außerordentlich bedeutend war, und welcher nun
durch die Maschine größtentheils vermieden wird, wenn die Stopfen, was durchaus
nöthig ist, aus dem feinsten Korkholze geschnitten sind.
Sind nun die Flaschen wieder verbunden und verdrahtet, so werden dieselben wie früher
stoßweise auf einander gesezt und zur Expedition bereit gehalten. Vor deren
Versendung sieht man jedoch die Flaschen noch einmal sorgfältig nach, damit nicht
eine darunter sich vorfindet, worin auch nur die geringste Unreinigkeit (ordure) sizen geblieben wäre.
Bei der Verpakung werden die Flaschen alsdann mit Etiquetten versehen und die Stopfen
mit Staniol überdekt.
Somit hätte ich nun das ganze Verfahren der Fabrication moussirender Rheinweine und
besonders dasjenige, welches in unserer dahier bestehenden Fabrik angewendet wird,
getreu dargestellt. Wer meine Abhandlung gelesen hat und früher mit Irrthümern über
die Fabrication unserer Weine befangen war, wird, so hoffe ich, eingestehen müssen,
daß er Unrecht hatte und daß die Fabrication nicht allein sehr mühevoll, sondern
auch sehr kostspielig ist. Bedenkt man, welche Aufmerksamkeit die Behandlung der
Weine erfordert, durch wie viele Hände jede einzelne Flasche bis zu deren Vollendung
wandern muß, welche große Verluste dabei stattfinden, die in der Regel 15 und 20,
aber öfter auch 30 bis 40 Proc. betragen, so wird man mir zugestehen, daß der dafür
zu lösende Preis sauer verdient ist.