Titel: | Ueber schmiedeiserne Achsen; von Hrn. Edwards. |
Fundstelle: | Band 87, Jahrgang 1843, Nr. CX., S. 431 |
Download: | XML |
CX.
Ueber schmiedeiserne Achsen; von Hrn. Edwards.
Aus dem Civil Engineer and Architects' Journal. Febr.
1845, S. 48.
Mit einer Abbildung auf Tab. IX.
Edwards, uͤber schmiedeiserne Achsen.
Es ist wirklich merkwürdig, wie langsam oft wohl erwiesene, durch die tägliche
Erfahrung bestätigte Thatsachen zur allgemeinen Kenntniß kommen; ein auffallendes
Beispiel dieser Art liefert die Anwendung des Schmiedeisens. Jeder Fabrikbesizer wurde
durch die Erfahrung schon mehr oder weniger darauf aufmerksam gemacht, daß das
Schmiedeisen bei seinen verschiedenen Anwendungen gerne spröde wird. Eiserne
Spindeln, Kolbenstangen, Roststangen, Hebestangen, Meißel und viele andere
Gegenstände verlieren, nachdem sie eine gewisse Zeit lang gebraucht wurden, ihre
faserige Textur. Es wurde freilich von vielen Personen geradezu angenommen, daß das
dazu verwendete Eisen schon ursprünglich von schlechter Beschaffenheit war, was denn
bei Entdekung dieses Umstandes nichts anderes zur Folge hatte, als daß das
gebrochene Stük durch ein anderes ersezt wurde; in vielen Fällen aber hat sich diese
Erscheinung schon klar herausgestellt, wurde genau untersucht und Jahre lang
beobachtet, ohne jedoch allgemein als feststehende Thatsache bekannt zu werden,
welche die Behauptung rechtfertigt, daß das zu gewissen Zweken verwendete Stabeisen
nur eine im Voraus bestimmbare Arbeit oder Leistung mit Sicherheit verrichten kann,
nach welcher es dann wieder geschmiedet werden muß.
In vielen oder den meisten Fällen ist das Brechen der Wagenachsen keine gefährliche
Sache; in anderen aber, wie z.B. auf Eisenbahnen, wo von der Stärke einer Achse
Hunderte von Menschenleben abhängen, ist die größte Vorsicht nöthig, um Unglüksfälle
zu verhüten, und ich möchte, was Eisenbahnachsen betrifft, als Vorsichtsmaaßregel
vorschlagen, die Streke zu bestimmen, welche sie durchlaufen dürfen, ehe man sie als
dienstuntauglich beseitigt, was dann aber geschehen muß, wenn sie auch scheinbar
noch von guter Beschaffenheit sind. So gut können die Achsen jezt schon gemacht
werden, daß wenn die geeignete Qualität Eisen dazu verwendet, jede aus der
Werkstätte kommende Achse gehörig geprüft und der von ihr zu verrichtende Dienst
beschränkt wird, ein Achsenbruch zuverlässig ein sehr unwahrscheinliches Ereigniß
wird.
Als ich vor Kurzem in Paris war, sprach ich über diesen Gegenstand mit Hrn. Arnoux, dem Vorstand der bedeutenden, zu den Messagerien
Laffite und Caillard
gehörenden Anstalten; derselbe zeigte mir eine Anzahl Achsen, welche er, nachdem sie
den ihnen zugemessenen Dienst verrichtet hatten, abbrechen ließ; sie brachen alle
auf einmal und spröde ab und der Bruch zeigte durchaus das Fortschreiten des
verdorbenen Zustandes. Er beginnt nämlich am untern Ek oder Winkel der Achse auf der
Seite des Zugs, welches bei feststehenden Achsen unstreitig der angestrengteste
Punkt ist, und bei jenen Achsen, welche unter ihrer Last brachen, ging der Sprung in
einigen Fällen beinahe durch die ganze Achse, ehe sie brach. Ich will versuchen,
sein gewöhnliches Aussehen durch eine Profilzeichnung Fig. 39
zu erläutern, worin der
Pfeil die Richtung, in welcher sich der Wagen bewegt, anzeigt.
Das Brechen beginnt jedesmal am Ek a und scheint in
zonenförmigen Zwischenräumen, wie die Linien in der Zeichnung andeuten,
fortzuschreiten, wobei die erste bei a vollkommen
schwarz wird, die anderen aber, je mehr sie sich von diesem Punkt entfernen, desto
heller werden. Gegen das Ek a zu, wo sich die beiden
Bruchseiten mehr berühren, ist die Bruchfläche grobkörnig und von grobem
krystallinischem Gefüge, welches aber abnimmt, je mehr der Bruch dem Ek b sich nähert, an welchem das Metall etwas von seiner
faserigen Textur beibehält, weil es daselbst weniger angestrengt wird.
Hr. Arnoux sagte mir, daß er in Folge dieser Wirkung,
welche er lange Zeit aufmerksam beobachtete, endlich einsah, daß eine Achse mit
Sicherheit nur 30,000 franz. oder 75,000 engl. Meilen durchlaufen könne; hat sie
diese Meilenzahl durchlaufen, so nimmt er sie jedesmal weg, bringt sie zwischen zwei
neue Eisenstangen und schweißt sie damit zu einer neuen Achse zusammen. Hat der
Wagen gewöhnlich über eine gepflasterte Straße zu fahren, wie dieß häufig der Fall
ist, so laßt er die Achse keinen so großen Weg machen und eine gewisse Abnüzung
ihrer Spindel oder ihres Zapfens bestimmt dann, wenn die Achse bei Seite gethan
wird, und zwar nicht sowohl in Folge dieser Abnüzung der Spindel selbst, sondern
weil die Erfahrung gelehrt hat, daß es dann rathsam ist, die Achsen zu erneuern, um
ihr Brechen zu vermeiden.
Von welch großem Nuzen aber ist es, wenn solche persönliche Erfahrungen und daraus
abgeleitete Verfahrungsweisen bekannt gemacht werden, damit andere Ingenieurs nicht
ebenfalls durch unglükliche Erfahrungen erst zu ihrer Kenntniß zu gelangen
brauchen!
Sind obige Angaben richtig, dann wird sich's zuerst wohl fragen, welche Streke man
Eisenbahnachsen verschiedener Art dürfe fahren lassen; bis zur Lösung dieser Frage
dürfte es vorerst räthlich seyn, eine Streke anzunehmen, welche die vollkommene
Sicherheit gewiß nicht überschreitet, und diese so lange beizubehalten, bis die
größte Entfernung, die mit Sicherheit gefahren werden kann, durch eine Reihe wohl
geleiteter Versuche ermittelt seyn wird.
Einer großen Hize ausgesezt, ist das Eisen demselben Verderbniß unterworfen. Ich
untersuchte in derselben Anstalt einige Stangen, welche aus dem Ofen kamen, worin
die Nabenringe erhizt werden; der dem Feuer unmittelbar ausgesezte Theil der Stange
hatte dasselbe krystallinische Aussehen wie die gebrochenen Achsen, welches gegen
das außerhalb des Feuers gelegene Ende allmählich abnahm, das Ende der Stange aber,
welches ganz außer dem Feuer war, hatte das Aussehen guten, zähen Eisens. Der Theil, welcher
durch die directe Hize am meisten gelitten hatte, wurde doppelt zusammengelegt und
geschweißt, und erhielt dadurch seine faserige Textur wieder, wo er dann kalt das
Biegen eben so gut aushielt wie ein Eisen, welches nicht im Feuer war.Wir verweisen auf das von Nasmyth ausgemittelte,
im polyt. Journal Bd. LXXXVI. S. 188
beschriebene Verfahren, dem Stabeisen beim Schmieden die Zähigkeit zu
erhalten. A. d. R.