Titel: | Der Cymagraph, zum Copiren von Simswerken; von R. Willis, Professor an der Universität zu Cambridge. |
Fundstelle: | Band 87, Jahrgang 1843, Nr. CXVI., S. 455 |
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CXVI.
Der Cymagraph, zum
Copiren von Simswerken; von R.
Willis, Professor an der Universitaͤt zu Cambridge.
Aus dem Civil Engineer and Architects' Journal. Jul. 1842,
S. 219.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Willi's Cymagraph zum Copiren von Simswerken.
Der Zwek des vorliegenden Instrumentes ist, genaue Zeichnungen der Profile
bestehender Simse zu erlangen. Die Wichtigkeit dieses Verfahrens ist bekannt; jedoch
schienen mir die seither befolgten Methoden noch Verbesserungen zuzulassen. Das
älteste und gebräuchlichste Verfahren besteht darin, daß man eine genügende Anzahl
von Ordinaten und ihre Abstände mißt und auf diese Weise die Formen des Simses vermittelst Punkten
aufträgt. Vor einigen Jahren legte ich dem Institut englischer Architekten ein
Instrument unter dem Namen „Cymagraph“ vor, welches aus wenig
mehr als dem Stifte des unten zu beschreibenden Instrumentes bestand. Da ich jedoch
fand, daß dasselbe mit der nöthigen Präcision zu schwer zu behandeln war, so stellte
ich eine vollständigere und bequemere Maschine her, deren Abbildung hier folgt.
In entfaltetem Zustande ist das Instrument 11 1/2 Zoll lang, 5 1/4 Zoll breit und 1
1/2 Zoll dik.
Fig. 26
stellt dasselbe im Zustande der Thätigkeit im Grundriß dar, und zwar an eine
gothische Rippe gelegt, deren Form copirt werden soll.
Fig. 27 ist
eine Seitenansicht des Instrumentes;
Fig. 28 ein
Grundriß von der unteren Seite, worin der Cymagraph von dem Brette getrennt und der
Bequemlichkeit des Transportes wegen zusammengelegt dargestellt ist.
Der Haupttheil der Maschine ist der Stift A, B, C, wovon
der Theil A, B gerade und der Theil B, C krumm ist. A, B ruht in
einem Gestell, welches bei A mit einer Schraubenspize
und bei B mit einem Halse versehen ist, so daß sich der
Stift drehen läßt. Der krumme, beinahe halbkreisförmige Theil B, C endigt sich bei C in eine Spize, welche
genau in der Umdrehungsachse des Stiftes liegen muß, so daß während der Umdrehung
des lezteren diese Spize in Beziehung auf die Achse und ihr Lager unbeweglich
bleibt.
Ein geränderter Knopf D, entweder aus hartem Holz oder
aus Messing, sizt fest an dem Stifte und dient dazu, denselben längs der Oberfläche
der zu copirenden Form zu führen und zugleich nöthigen Falles um seine Achse zu
drehen. An dem Lager des Stiftes ist auch ein Bleistifthälter E befestigt.
Wenn nun das Lager oder der Schlitten mit seinem Stifte parallel mit sich selbst über
die Fläche eines Zeichnenbrettes hinbewegt wird, so beschreibt begreiflicherweise
jeder gegebene Punkt des Stiftlagers genau denselben Weg, wie die Spize des Stiftes,
und da der Zeichenstift mit dem Wagen fest verbunden ist, so gilt dieses auch in
Bezug auf ihn. Wird also die tracirende Spize C quer
über eine Reihe plastischer Formen hinwegbewegt und zugleich stets mit der
Oberfläche derselben in Berührung erhalten, so beschreibt gleichzeitig der
Zeichenstift auf dem Papier genau die Form des Durchschnitts des Simses in derselben
Große wie das Original.
Da jedoch die Flächen dieser Simse in verschiedenen Richtungen rechts und links
einwärts gebogen sind, so muß die tracirende Spize des Stiftes im Stande seyn,
diesen Aenderungen in der Richtung zu folgen. Dieser Zwek wird durch seine gekrümmte Gestalt in
Verbindung mit der Drehungsfähigkeit um seine Achse erreicht. Denn durch geschikte
Drehung desselben schmiegt sich die Spize den Einbiegungen und verschiedenen Graden
der Neigung an, welche eine plastische Fläche nach beiden Seiten darbietet, und da
die Drehung, wie oben gezeigt wurde, die Lage der Tracirspize hinsichtlich des
Schlittens nicht ändert, so muß auch der Zeichenstift ein getreues Abbild des
Formprofils geben.
So liegt z.B. die Tracirspize auf der rechten Seite der Rippe bei C auf einer Erhöhung, dagegen auf der anderen Seite
derselben bei X in einer Vertiefung; der Stift mußte
also im lezteren Falle gedreht werden, damit seine Spize in die Vertiefung
eindringen konnte. Soll er aber von X nach Y gelangen, so muß er allmählich in die punktirte Lage
gedreht werden, um dem Vorsprunge Z auszuweichen.
Ich bemerkte oben, daß das Lager des Stiftes sich stets mit sich selbst parallel
bewegen müsse, und gehe nun zur Beschreibung der Mittel über, wodurch dieser Zwek
erreicht wird.
Die Basis der Maschine bildet ein 11 1/2 Zoll langes, 10 1/2 Zoll breites und 3/4
Zoll dikes Zeichnenbrett F, G aus Mahagony, welches sich
des bequemeren Transportes wegen in der Mitte wie ein Buch zusammenlegen läßt.
Während des Gebrauchs wird das Brett durch einen an der unteren Fläche angebrachten
Stab R offen erhalten. Der Schlitten wird durch eine
Parallelbewegung geleitet, welche in gewisser Hinsicht einem doppelten
Parallellineal gleicht, nur daß das Verhältniß der mit einander verbundenen Arme, um
das Instrument den verschiedenen Umständen seiner Anwendung anzupassen, ein anderes
ist.
Eine Platte H ist vermittelst einer mit einem Knopf
versehenen Schraube K an das Brett befestigt. Unter der
Schraube K bei L befindet
sich eine geränderte Schraubenmutter. Da K nur in eine
in der Platte H befindliche Kerbe tritt, so reicht eine
einfache Umdrehung dieser Mutter L von der Rechten zur
Linken hin, die Platte sammt dem Instrument loszumachen oder zu befestigen, wobei
der an das Brett geschraubte Metallstreifen die Platte in der geeigneten Lage
erhält.
Zwei gleich lange Arme sind mit den Enden von H und mit
einem Arme P, der mit H
gleiche Länge hat, beweglich verbunden. Dieser Anordnung zufolge bleibt P in allen Lagen zu H
parallel. Zwei andere auch gleich lange Arme Q, Q stehen
an ihrem einen Ende mit dem Arme P, am anderen Ende mit
dem Träger des Stiftes oder dem Schlitten in artikulirender Verbindung, so daß der
leztere in allen
Lagen zu P und mithin auch zu H parallel bleibt. Diese Anordnung sezt den Schlitten in den Stand, sich
frei und stetig von einer Seite des Brettes zur anderen über die ganze Papierfläche
hinweg, und zwar stets der Platte H parallel zu bewegen.
Das Papier T, S, worauf das Gesims copirt werden soll,
wird vermittelst eines Paares sich federnder Klammern V,
W an das Brett befestigt. Die Klammer W
befindet sich in der Nähe der Papiereke um das Umschlagen derselben in Folge der
Bewegungen des Arms N des Instrumentes zu verhüten.
Es ist absolut nothwendig, daß das Brett des Instrumentes während der Procedur in
derselben Lage gegen den zu copirenden Gegenstand fest stehen bleibt. Dazu dienen
die beiden Hälter ac, bd, welche an die untere Seite des Brettes mit Hülfe von Daumenschrauben
e, f befestigt sind. In Fig. 26 sind diese Hälter
in Wirksamkeit, dagegen befinden sie sich in Fig. 28 in einer solchen
Lage, wie es das Zusammenlegen des Instrumentes erfordert. Nachdem man diese
Schrauben loker gemacht hat, kann man die Hälter herausziehen und rechts oder links
wenden, so daß sie irgend einen passenden Vorsprung des Simswerks berühren und,
nachdem man sie festgestellt hat, das Instrument so lange in unveränderter Lage
erhalten, als es gegen das Sims gedrükt wird.
Diese Adjustirung der Hälter muß immer bewerkstelligt werden, ehe man von irgend
einem Gegenstande das Profil nimmt; man ergreift dann das Instrument bei O mit der linken Hand, und drükt es fest gegen das
Simswerk. Der Knopf D wird mit der rechten Hand
gehandhabt, welche hinreicht, die Tracirspize sowohl zu führen und zu drehen, als
auch den Bleistift mit dem Papier in Berührung zu erhalten, und ihn nöthigen Falles
auch über das Papier zu erheben, was die Elasticität des Parallelsystems wohl
gestattet.
Fig. 29 ist
ein Durchschnitt des Brettrandes bei W, um die Gestalt
der sich federnden Klammern zu zeigen, die das Papier festhalten. Diese Klammern,
welche auch bei hk, hk, Fig. 28, sichtbar sind,
werden an die untere Seite des Brettes in Vertiefungen geschraubt und durch einen
Druk bei K vom Papier losgemacht. Nachdem die Platte H mit dem Parallelsystem und dem Schlitten von dem Brett
losgemacht worden ist, können diese Theile in eine zu diesem Zwek in der unteren
Fläche gearbeitete Vertiefung l, m gelegt werden; man
dreht alsdann den Stab in die durch Punktirungen angedeutete Lage, legt das Brett
zusammen und schließt es mit einem an der Vorderseite befindlichen Haken. Die
Vertiefung bei n nimmt den Tracirstift auf und in die
bei s, s, s befindlichen Vertiefungen kommen die
geränderten Schrauben e, f, L zu liegen.
Wenn eine Reihe von Simsformen zu copiren ist, welche die Gränzen des Papiers
überschreiten, so müssen sie, wie Fig. 30 zeigt, stükweise
aufgetragen werden. Diese Figur zeigt, wie man die ganze Rippe Fig. 26, für welche die
Papierlänge nicht ausreicht, darstellen kann. In diesem und ähnlichen Fällen ist es
besser, das Instrument der Reihe nach an die rechte und linke Seite der Rippe
anzulegen. In der ersten Operation nimmt man das Simswerk von o bis p, Fig. 26, in der folgenden
Operation von q bis v auf.
Man muß dabei darauf achten, bei den successiven Zeichnungen immer einen
übergreifenden Theil der Gesimsformen noch aufzunehmen, z.B. das Stük von q bis p, indem es keine
Schwierigkeit hat, die einzelnen Theile beim Austragen auf ein größeres Blatt in ein
zusammenhängendes Stük zu vereinigen.
Man kann sich für den vorliegenden Zwek eines Bleistiftes und gewöhnlichen Papiers
bedienen; da jedoch die Bleistiftspize leicht abbricht und Umständlichkeiten
verursacht, so finde ich es weit bequemer, wenn man sich des z.B. von Hrn. Harwood in London zubereiteten metallischen Papiers
bedient, welches anstatt des Bleistiftes nur eine Messing- oder andere
Metallspize erfordert. Außer diesem Vortheil ist auch die Zeichnung
unzerstörbar.
Die zwei wesentlichen Punkte, wovon die Genauigkeit des Instrumentes abhängt,
sind:
1) daß beide Schienenpaare NN, QQ, welche die Parallelbewegung bilden, genau den
gleichen Abstand zwischen ihren Scharnierlöchern besizen. Dieser Zwek läßt sich
leicht erreichen, wenn man die lezteren alle nach einer vorher angefertigten
Musterschiene abgesondert bohrt. Eben so müssen die Löcher in den Platten H, P und in dem Schlitten beziehungsweise gleiche
Abstände haben.
2) Daß die Spize des Tracirstiftes in der Rotationsachse liegt. Auch dieses läßt sich
leicht bewerkstelligen, und man kann sich in jedem Augenblik leicht davon
überzeugen, indem man den Stift in seinem Lager einem festen Punkte gegenüber
umdreht.
Das Parallelsystem kann aus dünnen, an einander genieteten Stabeisenschienen oder
noch besser aus Stahlschienen verfertigt werden. Die Scharniere des Brettes müssen
so angeordnet seyn, daß wenn es zusammengelegt ist, zwischen seinen inneren Flächen
Raum für die Hälter ac, bd und den Stab R
bleibt; alle diese Theile müssen in gleicher Dike aus Stabeisen oder Messing
verfertigt seyn.
Die Länge, welche ich den Parallelschienen gebe, reicht gerade hin, um die Bewegung
des Bleistiftes über das ganze Brett zu gestatten. Die Gränzen der Bewegung nach der
rechten Seite sind dadurch gegeben, daß die Schienen Q,
Q mit einander in Berührung kommen und somit die weitere Bewegung nach dieser Richtung
hindern; eben so sezt das Zusammenstoßen der Schienen N,
N jeder weiteren Bewegung nach der linken Seite hin Schranken. Bei einem
größeren Instrumente müssen dieselben Verhältnisse zwischen den Schienen und dem
Brette beobachtet werden.