Titel: | Ueber Galvanographie; von F. v. Kobell. |
Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. LV., S. 221 |
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LV.
Ueber Galvanographie; von F. v. Kobell.
Gel. Anz. der königl. bayer.
Akademie der Wissenschaften, 2. März 1843.
v. Kobell, über Galvanographie.
Ich habe im vorigen Sommer Sr. Majestät dem Könige von Dänemark, als einem erhabenen
Beförderer der Wissenschaft, meine Schrift „die
Galvanographie“ in geziemender Ehrfurcht zugesandt, und Se.
Maj. haben geruht, mir dagegen galvanische Proben von Hrn. Hoffmann in Kopenhagen zustellen zu lasse, welche ich hiemit der königl.
Akademie vorzulegen die Ehre habe. Diese Proben sind theils kalligraphischer Art,
theils Imitationen von Radirungen und Graphirungen, und geben einen Beweis, daß, wie
solches nicht zu bezweifeln war, auch sehr feine Strichzeichnungen auf
galvanographischem Wege ausgeführt werden können. Es ist zwar nicht zu läugnen, daß
eine Strichzeichnung leichter und schneller radirt und geäzt, als galvanographisch
zum Druk hergestellt werden kann, indessen bietet das galvanographische Verfahren
doch in Beziehung auf Freiheit und Weichheit der Behandlung mancherlei Vortheile
dar; der Kupferstich dagegen mit der ihm eigenthümlichen Schärfe wird
galvanographisch immer nur annähernd zu erreichen seyn. Am schwierigsten sind
kräftige Schattenpartien hervorzubringen, wozu übrigens das Einstauben solcher
Stellen mit irgend einem Pulver (semen Lycopodii,
Graphitpulver etc.) angewandt werden kann, wie ich solches bereits mehrfach gezeigt
habe.
Die vorliegenden Proben sind von einem sehr geschikten Zeichner, Namens Kyhn, gefertigt, und Hr. Hoffmann hat dazu in einer kleinen Schrift ein Gemisch von Leinöhlfirniß und
Mennig als Tinte empfohlen. Es ist aber weniger diese Tinte, als eine feine Feder
und einige technische Fertigkeit, welche man dazu nothwendig hat, und fast jede
Oehlfarbe, namentlich Eisenroth, Mineralschwarz etc. läßt sich, mit Terpenthinöhl,
Mohnöhl etc. gehörig verdünnt, mit einer weichen lithographischen Feder eben so gut
auftragen, wie denn auch eine Auflösung von Wachs in Copaivabalsam, mit irgend einer
Farbe gemischt, hiezu dienen kann. (Es werden galvanographische Abdrüke einer nach
lezterer Art angefertigten Zeichnung von Hrn. Rottmann
jun. vorgezeigt.)
Außerdem enthält obige Schrift, was die Manipulation des Galvanographirens, die
Platten, auf welche man malt oder zeichnet, Apparat, Schließung etc. betrifft,
wesentlich nichts anderes, als was ich schon im Jahre 1840 publicirt habe, oder was
schon vorher aus der Galvanoplastik bekannt war. Ich würde diese Schrift daher nicht
anzuführen haben, wäre mir nicht auf Befehl des Königs mit obigen Blättern ebenfalls
ein Exemplar zugeschikt worden. Es ist übrigens dem Vorhergehenden nur noch
beizufügen, daß Hr. Hoffmann darin meiner früheren
Arbeiten mit keinem Worte erwähnt, und ebenfalls, daß er zu glauben scheint, als
hätte sich die Galvanographie mit der Galvanoplastik des Prof. Jacobi gleichsam schon von selbst verstanden.
Was das Leztere betrifft, so macht Prof. Jacobi in einem
Bericht über die Galvanographie an die Petersburger AkademiePolyt. Journal Bd. LXXXVI S. 360. die Bemerkung, daß das physikalische Phänomen, daß auch nichtleitende
Flächen sich allmählich und in vollkommenster Regelmäßigkeit mit Kupfer bedeken,
nicht so leicht erklärt werden könne, als es wohl den Anschein haben möchte, und daß
dabei an ein allmähliches Ueberwachsen der nichtleitenden Reliefpartien von Unten
herauf keineswegs zu denken sey, und ich habe bei mehreren Gelegenheiten darauf
aufmerksam gemacht, daß größere glatte Flächen, von Firniß z.B., wenn sie mit
galvanischem Kupfer überwachsen, nicht genau copirt
werden, sondern daß die Flächen dazu eine gewisse Rauhheit haben müssen, eine
Erscheinung, welche in der Jacobi'schen Galvanoplastik
gar nicht vorkommt, da leitende Flächen immer genau copirt werden, sie mögen
aussehen, wie sie wollen. Wenn sich also die Galvanographie mit der früher bekannten
Galvanoplastik schon von selbst verstünde, so lägen die erwähnten Fragen gewiß nicht
unerledigt vor und Prof. Jacobi würde sie natürlich ohne
Schwierigkeit beantwortet haben.
Es wird Niemand die anzuwendenden Farben und Firnisse zu den Leitern zählen, obwohl
sie nicht absolute Isolatoren sind, aber auch mit Rüksicht auf ein geringes
Leitungsvermögen erklärt sich die Erscheinung nicht zureichend, denn eine
Firniß- oder Wachsschicht auf Metall überwächst ganz anders als eine leitende
Substanz. Es legen sich einzelne Producte von Kupfer darauf ganz unregelmäßig und
ungleichzeitig an, und, wie gesagt, copiren sie die Flächen nicht genau, wenn sie
glatt sind, was bei Strichen freilich ohne merklichen Einfluß auf den Abdruk ist.
Diese Bedingung rauher Flächen deutet darauf hin, daß hier beim Belegen und Copiren
auch Krystallisationserscheinungen mit im Spiele seyen, und wer dergleichen Proben
gemacht hat, dem kann es nicht entgehen, wie eine rauhe Fläche weit schneller
überwächst als eine glatte – eine Anomalie, welche durch andere als bloß
galvanische Einflüsse ihre Erklärung finden muß.
Es sey damit keineswegs gesagt, als wäre ich ohne die Galvanoplastik des Prof. Jacobi zur Galvanographie gelangt; daß aber diese aus
jener nicht unmittelbar vorherzusagen war, daß sie nicht eine bloße Variation ist,
wie z.B. in Beziehung auf galvanographische Zeichnung das Material einer rothen oder
einer schwarzen Farbe, eines Gänsekiels oder einer Rabenfeder, sondern daß neue
Erfahrungen dazu kommen mußten, um ihre Möglichkeit überhaupt darzuthun, dieß wird
Jeder zugestehen, welcher Einsicht in die Vorgänge hat und sie unbefangen zu
beurtheilen im Stande ist. Farblagen für tiefe Schatten kann man in einer gewissen
Art, aber nur sehr unvollkommen leitend machen und wird sich dieses Vortheils, wo es
seyn kann, bedienen; zarte Töne können aber ohne Nachtheil für ein Bild nicht so
behandelt werden, und daß sie gleichwohl überwachsen, darin beruhen eben die Anfänge
der Galvanographie, und darin liegt noch fortwährend ihre Bedingung.