Titel: | Chuard's Gasoskop oder Instrument zur Verhütung von Gasexplosionen; ein der franz. Akademie der Wissenschaften von Arago, Dumas und Regnault erstatteter Bericht. |
Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. LXXXVII., S. 342 |
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LXXXVII.
Chuard's Gasoskop oder
Instrument zur Verhuͤtung von Gasexplosionen; ein der franz. Akademie
der Wissenschaften von Arago, Dumas und Regnault erstatteter Bericht.Wir haben im polyt. Journal Bd. LXXXIII S.
163 schon eine vorläufige Anzeige und Bd. LXXXV S. 158 eine minder
ausführliche Beschreibung dieses Instruments mitgetheilt. A. d. R.
Aus den Comptes rendus, April 1843, Nr.
17.
Chuard's Gasoskop oder Instrument zur Verhütung von
Gasexplosionen.
Wir wurden von der Akademie beauftragt, über diesen Apparat Bericht zu erstatten,
welcher zum Zwek hat, in Zimmern und Steinkohlengruben die Gasexplosionen zu
verhüten.
Dieser vom Erfinder Gasoskop benannte Apparat ist eine Art
Gasaräometer, welcher die in der Dichtigkeit der Luft, inmitten welcher er sich
befindet, eintretenden sehr kleinen Veränderungen anzeigt.
Er besteht aus einer an der Schmelzlampe geblasenen, großen Kugel von sehr dünnem
Glase, welche der Erfinder die Luftkugel nennt. Diese
schwimmt in der Luft, deren Dichtigkeitsveränderungen sie anzeigen soll.
Diese Luftkugel ist unten mit einem sehr dünnen Metallstabe versehen, welcher sie mit
einer zweiten, hermetisch verschlossenen Kugel, dem Schwimmer, verbindet. Die zweite Kugel schwimmt im Wasser eines
Reservoirs. Um den ganzen Apparat in einer bleibenden verticalen Stellung zu
erhalten, wurde unterhalb des Schwimmers eine als Ballast dienende Bleimasse
angebracht.
Die Luftkugel hat auf ihrer unteren Seite ein sehr kleines Loch, durch welches die
innere Luft sich mit der äußeren Luft beständig ins Gleichgewicht der Spannung sezen
kann; jedoch ist diese Oeffnung zu klein, um eine schnelle Vermischung der inneren
und äußeren Gase zuzulassen.
Denken wir uns das Gasoskop in der Nähe des Plafonds eines Zimmers, in welchem
Leuchtgas auskommt, und sezen wir den Fall, daß das Wasser, worin bei Schwimmer
schwimmt, immer gleiche Temperatur behalte. Das gekohlte Gas wird wegen seines
geringen specifischen Gewichts sich in den oberen Raum des Zimmers begeben, wo der
Apparat sich befindet, und die Dichtigkeit der Luft merklich vermindern; die
Luftkugel, welche in der Luft bei deren früheren Dichtigkeit sich in Gleichgewicht
befand, wird also in der verdorbenen, minder dichten Luft sich senken. Ihre
absteigende Bewegung wird um so merklicher seyn, je größer die Luftkugel und je kleiner der Durchmesser des
sie mit dem Schwimmer verbindenden Stäbchens ist.
Um die absteigende Bewegung der Luftkugel wahrnehmbar zu machen, befestigt Hr. Chuard auf dem Stäbchen eine kleine Stahlscheibe und legt
auf den Dekel des das Wasser des Schwimmers enthaltenden Reservoirs und unmittelbar
um das Loch herum, durch welches das Stäbchen geht, einen Hufeisenmagnet. Dieser
Magnet sucht die über dem Stäbchen angebrachte Scheibe anzuziehen und folglich den
ganzen Apparat herunterzuziehen. Während der Gleichgewichtsstellung der Luftkugel
befindet sich die Eisenscheibe außer der Wirkungssphäre des Magnets; wenn aber diese
Kugel in Folge der Vermischung des Leuchtgases mit der äußeren Luft zu sinken
anfängt, so tritt die Scheibe bald in die Wirkungssphäre des Magnets, ihre
absteigende Bewegung wird beschleunigt und sie fixirt sich auf dem Magnet. In
geringer Entfernung vom Magnet trifft die absteigende Scheibe einen Hebel, welchen
sie zum Drehen bringt; dieser Hebel gibt dann das der Gefahr vorbeugende
Allarmzeichen.
Der so eben beschriebene Apparat wäre ausreichend, wenn, wie wir annahmen, die
Temperatur sich immer gleich bliebe; anders aber verhält es sich, wenn sie sich
merklich verändert. Wenn sich nämlich die Temperatur erhöht, so nimmt das Wasser,
worin sich der Schwimmer befindet, an Dichtigkeit ab; zwar vergrößert sich auch das
Volum des Schwimmers durch die Ausdehnung, allein diese Volumzunahme reicht nicht
hin, um die Verminderung der Dichtigkeit des Wassers auszugleichen, so daß der
Apparat sinken muß, obgleich die Luft ihre normale Zusammensezung beibehielt.
Hr. Chuard schlug mehrere Methoden vor, um diesem
Uebelstände zu begegnen; wir wollen hier nur zwei davon anführen, welche uns die
zwekmäßigsten zu seyn scheinen.
Das erste Verfahren besteht darin, zwei möglichst ähnliche, gehörig regulirte
Apparate anzuwenden, ihre Schwimmer in denselben mit Wasser gefüllten Kasten zu
tauchen und die beiden als Ballast dienenden Bleilinsen an den beiden Enden eines in
Wasser getauchten, sehr beweglichen Waagebalkens zu befestigen. Die Luftkugel des
einen Apparats befindet sich in der freien Luft unter einer Gloke, welche mit der
äußeren Luft durch eine ausgezogene Röhre communicirt, was hinreicht, um das
Gleichgewicht des Druks zu erhalten, aber nicht um eine Vermischung der inneren und
äußeren Gase zuzulassen. Auf diese Weise bleiben die beiden Apparate natürlich im
Gleichgewicht bei allen Temperaturveränderungen des in der Kufe enthaltenen
Wassers.
Vermindert sich die Dichtigkeit der Luft im Zimmer durch das plözliche Eintreten einer
gewissen Menge Leuchtgases, so wird nur die in der freien Luft schwimmende Kugel
sich abwärts begeben, muß aber dabei der Kugel unter der Gloke eine aufsteigende
Bewegung mittheilen.
Der so construirte Apparat hat den Fehler, sehr complicirt zu seyn und muß mit der
größten Genauigkeit ausgeführt werden, um die gehörige Empfindlichkeit zu
besizen.
Das zweite Verfahren des Hrn. Chuard, welchem er auch den
Vorzug gibt, ist einfacher und leichter auszuführen. Es besteht darin, den
Unterschied in der Ausdehnung des Wassers und des Schwimmens dadurch auszugleichen,
daß man in das System des Schwimmers ein gewisses Volum eines anderen Körpers
eingehen läßt, welcher leichter als Wasser ist und sich stärker als dieses ausdehnt.
Er wählte hiezu das Mohnöhl. Unterhalb der Schwimmkugel befestigt er eine kleine
umgestürzte Glaskugel mit offenem Halse. Diese mit Flüssigkeit angefüllte Kugel
communicirt folglich unten frei mit dem Wasser des Reservoirs. Der Ballast wird dann
unter dieser Compensationskugel angebracht. Man bringt nämlich in dieselbe eine
gewisse Quantität Oehl, das wegen seiner geringen Dichtigkeit sich nach Oben begibt.
Es muß so viel Oehl angewandt werden, daß, wenn die Temperatur des Reservoirs auch
einen ziemlich hohen Grad erreicht, 15 bis 20° C. z.B., der Schwimmapparat
nichtsdestoweniger sein Gleichgewicht behält.
Steigt die Temperatur, so wird der Schwimmapparat vermöge der größeren Ausdehnung des
Wassers zu sinken beginnen. Ist derselbe aber mit seiner Compensationskugel
versehen, so bringt die Ausdehnung des Oehls den Apparat aus zwei Ursachen zum
Steigen, 1) weil es sich stärker ausdehnt als das Wasser, und folglich seine
Dichtigkeit schneller abnimmt, als die des lezteren; 2) weil das Oehl, indem es sich
ausdehnt, einen Theil des Wassers, d.h. der schwerern, in der Compensationskugel
eingeschlossenen Flüssigkeit auszutreten veranlaßt. Auf diese Weise vermindert sich
das relative specifische Gewicht der Compensationskugel mit dem Steigen der
Temperatur, während jenes der anderen Theile des Apparats sich erhöht. Die
Ausgleichung zwischen diesen beiden Wirkungen wird erreicht durch die gehörige Wahl
des Volums der Compensationskugel und der Menge des hineingebrachten Oehls. Es ist
übrigens begreiflich, daß diese Compensation niemals ganz genau seyn kann, und um so
schwieriger herzustellen ist, je empfindlicher man den Apparat machen will.
Das so modificirte Gasoskop erfüllt seinen Zwek ganz gut, wenn man ihm nicht das
Anzeigen von weniger als 1/20 Kohlenwasserstoffgas zumuthet, welche Quantität noch
weit entfernt ist von jener, wobei eine Gefahr der Explosion stattfindet, was
beiläufig bei 1/15 der Fall ist. Soll der Apparat aber kleinere Quantitäten
anzeigen, wie 1/150 oder 1/200, so reicht dieses Ausgleichungsmittel nicht aus,
besonders wenn die Temperatur des Wassers im Reservoir sich schnell verändert. In
diesem Fall bleibt das Oehl der Compensationskugel in der Temperatur immer etwas
zurük gegen das äußere Wasser, was hinreicht, um die Ausgleichung zu
beeinträchtigen. Für diesen Fall gibt Hr. Chuard seinem
Apparat noch einen Zusaz, durch welchen derselbe aber sehr complicirt, namentlich
aber so subtil und zerbrechlich wird, daß sich nicht wohl eine häufige Anwendung
desselben erwarten läßt.
Dieser Zusaz besteht in einem an dem verticalen Stäbchen, welches die Luftkugel mit
dem Schwimmer verbindet, angebrachten horizontalen Metallstäbchen. Dasselbe ist am
anderen Ende mit einem kleinen leichten Glasschälchen versehen und wird in seiner
verticalen Bewegung durch eine aus zwei Metalldrähten gebildete Coulisse geleitet;
diese im größten Theil ihrer Ausdehnung geradlinige und verticale Coulisse biegt
sich oben um; die Luftkugel wird in ihrer aufwärts gehenden Bewegung durch dieselbe
aufgehalten und das Schälchen von der verticalen Linie abgelenkt, welche es beim
Absteigen wieder verfolgt. In dieser Stellung befindet sich das Schälchen
unmittelbar unter einer ausgezogenen Röhre, aus welcher von Zeit zu Zeit ein aus
einem oberen Reservoir kommendes Tröpfchen Wasser herabfällt. Das Schälchen fängt
sohin in dieser Stellung den Tropfen auf, nimmt an Gewicht zu und bringt daher den
Schwimmapparat ein wenig zum Sinken, so daß das horizontale Stäbchen nun an einem
Punkte des verticalen Theils der Coulisse stehen bleibt. Das Schälchen nimmt dann
die Wassertropfen nicht mehr auf; im Gegentheil, das darin enthaltene Wasser
verdunstet; der Apparat wird folglich leichter und kommt also nach einiger Zeit
wieder in aufsteigende Bewegung, in deren Folge das Schälchen neuerdings wieder in
die Lage kommt, in welcher es den Wassertropfen aufnimmt, durch welchen es wieder in
den verticalen Theil der Coulisse herabsteigt, was die normale
Gleichgewichtsstellung ist.
Die Commission stellte mit dem so von Hrn. Chuard
modificirten Apparat einige Versuche an, um die Angaben des Erfinders zu bestätigen.
Der Apparat wurde in einen hölzernen Kasten gebracht, dessen eine Wand aus einer
Glasscheibe bestand. Die Capacität dieses Kastens betrug, nach Abzug des vom
Apparate selbst eingenommenen Raumes, 165 Liter. Die Temperatur der Luft im Kasten
war am Anfange des Experiments 10° C. und sie wurde langsam bis auf 25°
gesteigert. Der Apparat senkte sich nicht merklich; zwischen diesen
Temperaturgränzen war also das Gasoskop hinreichend compensirt.
Bei einem anderen Versuche ließ man, während der Apparat im Gleichgewichte war, durch
ein unten am Kasten angebrachtes Ventil 1 1/2 Liter Leuchtgas eintreten. Der Apparat
sank sogleich und die Eisenscheibe hing sich an den Magnet; das Gasoskop that in
diesem Falte für 1/100 Gas seinen Dienst.
In einem dritten Versuche sank der Apparat bei einem noch geringeren, 1/150 nicht
übersteigenden Gasantheil.
Hr. Chuard empfiehlt seinen Apparat, um Explosionen in mit
Gas beleuchteten Gebäuden zu verhüten. Derselbe würde dann an der Deke des Zimmers
befestigt und zwar in Metallgaze oder einem Käsig von Metallgeflecht eingeschlossen,
um ihn gegen jede Beschädigung zu schüzen.
Ihre Commissäre getrauen sich über den Erfolg, welchen Chuard's Apparat bei der Anwendung zu erwarten hat, nicht auszusprechen;
sie befürchten, daß seine große Zerbrechlichkeit und subtile Construction dabei
große Hindernisse bilden.
Dieselben Einwürfe lassen sich mit noch mehr Grund gegen die Anwendung des Apparats
in den Steinkohlengruben behufs der Vermeidung von Explosionen durch Schwaben
machen. In diesen Gruben nämlich häuft das brennbare Gas sich vorzüglich in den
oberen Theilen des Baues, an den höchsten Theilen der Bruchwände an; nun rüken diese
aber beständig vorwärts, je mehr der Bergmann Steinkohle abschlägt. Man bedürfte
daher erstens in einer Grube so vieler Apparate, als Bruchwände da sind und dann
müßten diese Apparate in dem Maaße, als die Arbeit vorrükt, beständig weiter
geschafft werden. Berüksichtigt man aber einerseits die Zerbrechlichkeit des
Apparats und andererseits die Unregelmäßigkeit der Aushöhlungen, so wird man
einsehen, daß diese Weiterschaffung unpraktisch ist.
Indessen glauben wir, daß Hrn. Chuard's Apparat in einigen
Fällen, z.B. in Kohlengruben, welche stark mit Gas erfüllt sind, nüzlich werden
könnte, indem man die Lüftung der Grube durch ihn ermitteln könnte und er zum
Reguliren derselben Anleitung geben würde. Man müßte in diesem Fälle dem Apparat
eine bleibende Stelle in einem Theile der Gänge oder der Höhlungen geben, an deren
Ueberwachung gelegen ist, um jeden Augenblik durch ihn zu erfahren, wie viel Gas der
Luft beigemischt ist. Da in den Gruben die Temperatur nur wenig und in der Regel
langsam wechselt, so könnte man den Apparat von dem größten Theile der ihn übermäßig
complicirenden
Zusaztheile frei halten. Auch könnte man nach Hrn. Chuard's Vorschlag das verticale Cylinderstäbchen, welches die Luftkugel
mit dem Schwimmer in Verbindung sezt, durch ein flaches Stäbchen ersezen, worauf
Abtheilungen verzeichnet sind; der Apparat würde dann als Aräometer mit
veränderlichem Volum functioniren und könnte, wenn die Gradeintheilung desselben
richtig gemacht wurde, jeden Augenblik mit hinlänglicher Genauigkeit die
Zusammensezung der Luft angeben.
Ihre Commissäre beantragen in Anbetracht der Bemühungen des Hrn. Chuard um die Lösung einer die Menschheit in so hohem
Grade interessirenden Frage, daß die Akademie dem Verfasser ihren Dank votire.