Titel: | Neue Universalkuppelung, von Dr. Adolph Poppe jun. |
Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. CIV., S. 426 |
Download: | XML |
CIV.
Neue Universalkuppelung, von Dr. Adolph Poppe
jun.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Poppe's Universalkuppelung.
Um zwei rotirende Wellen, die nicht in einer geraden Linie liegen, zu verbinden,
bedient man sich, wenn die Abweichung aus der geraden Linie 40° nicht
übersteigt, häufig einer sinnreichen, unter dem Namen Universalgelenk bekannten
Vorrichtung, deren Erfindung dem Engländer Hook
zugeschrieben wird. Jede der zu verbindenden Wellen endigt sich nämlich in eine
halbkreisförmige Gabel, und zwischen beiden Gabeln ist ein Kreuz oder ein Ring mit
vier Zapfen dergestalt angeordnet, daß je zwei diagonal einander gegenüberstehende
Zapfen in einer Gabel gelagert sind, wodurch an der Vereinigungsstelle beider Wellen
ein nach allen Seiten bewegliches Gelenk entsteht. Betrachtet man die durch das
Universalgelenk übertragene Bewegung näher, so bemerkt man, daß, wenn die eine Welle
mit gleichförmiger Geschwindigkeit rotirt, die Geschwindigkeit der anderen
veränderlich ist, und zwar um so auffallender, um einen je größeren Winkel beide
gekuppelte Wellen aus der geraden Linie abweichen; ferner, daß mit dieser Bewegung
auch noch eine Längenverschiebung der einen Welle verbunden ist, welche nur dadurch
vermieden werden kann, daß man den vier Zapfen in den Gabeln eine verschiebbare
Lagerung gibt. Diese an dem Apparate haftenden Mängel nebst dem Umstande, daß derselbe nicht geeignet
ist, einer großen Spannung zu widerstehen, treten seiner allgemeineren Anwendung
hemmend entgegen.
Die Aufgabe, zwei Wellen, deren Rotationsebenen einen Winkel von 0 bis 90°
einschließen, auf die einfachste Weise so mit einander zu verbinden, daß die oben
erwähnten Nachtheile wegfallen, habe ich durch folgende Anordnung gelöst. Fig. 39 zeigt
das Princip derselben in einem einfachen Umrisse. Jede der Wellen A und B lasse ich an der
Kuppelungsstelle in einen starken kreisrunden Ring oder auch einen halben Ring a,a, b,b sich endigen, und diese beiden Ringe verbinde
ich durch einen dritten, frei zwischen ihnen spielenden Ring c, c. Wird nun die eine Welle A in Umdrehung
gesezt, so dreht sich durch Vermittelung des Ringes c, c
auch die andere Welle B ohne allen Zwang und mit
unveränderter Geschwindigkeit. Der Kuppelring c, c
rotirt während dieser Bewegung frei um die imaginäre Achse xy, welche mit den Verlängerungen der Wellen A und B gleiche Winkel
bildet, und – eine kleine hin und her wechselnde Seitenbewegung ausgenommen
– unverändert bleibt. Diese einfache Anordnung bildet eine
Universalkuppelung, deren Leistungen, so weit ich bis jezt durch Versuche im Kleinen
zu beurtheilen im Stande bin, in mancher Hinsicht sehr befriedigend sind. Unter
ihren Vortheilen hebe ich folgende hervor:
1) Sie ist einfach, läßt sich mit geringen Kosten herstellen und nach erfolgter
Abnüzung leicht ersezen.
2) Man kann derselben leicht die nöthige Stärke geben, um einer großen Spannung zu
widerstehen.
3) Die Uebertragung der rotirenden Bewegung ist sanft und findet ohne Zwang und ohne
Längenverschiebung unter jeder Winkelstellung beider Wellen bis zu 90°
statt.
4) Eine ungleichförmige Uebertragung der Bewegung ist selbst bei einer Winkelstellung
beider Wellen von 90° dem Auge nicht bemerkbar.
Für Wellen, die in gerader Linie liegen, bildet dieser Apparat eine solide und dabei
nachgiebige Längenverbindung, welche mit der bekannten Klauenkuppelung in gewisser
Hinsicht Aehnlichkeit, jedoch den Vortheil vor derselben voraus hat, daß sie nicht
besonders justirt zu werden braucht, indem die vier Angriffspunkte der festen Ringe
wegen der Beweglichkeit des mittleren Ringes sich immer von selbst fest anlegen und
in beständiger Berührung mit dem lezteren bleiben, wenn auch die Achsen aus ihrer
Linie weichen sollten.
Die Skizze Fig.
40 stellt eine Construction im Grundrisse dar, wie sie für gute
Maschinenanlagen sich eignen dürfte, um die Kuppelung auf eine bequeme und solide
Weise zusammensezen und aus einander nehmen zu können. Beide in den Lagern a, a laufende Wellen A und
B endigen sich in Querstüke b, b, mit denen die aus einem abgedrehten Cylinder in Hufeisen-
oder Halbkreisform umgebogenen Halbringe c auf eine
solide Weise in Verbindung gesezt werden. Beide Schenkel der hufeisenförmigen Stüke
oder Halbringe c treten nämlich durch Löcher, die in den
Querstüken b, b angebracht sind, und endigen sich hinter
den lezteren in starke Schrauben. Mit Hülfe der Muttern d werden nun die Halbringe angezogen, bis sie mit ihren starken Flanschen
e fest auf der Fläche der Querstüke c, c aufsizen. Was die Größe und das
Dimensionenverhältniß der Ringe betrifft, so läßt sich hierüber vor der Hand noch
keine bestimmte Regel aufstellen; es sind dieses Punkte, welche ich dem Gutdünken
der Techniker bei der Ausführung dieser Kuppelung überlassen muß. Es ist indessen
vortheilhaft, den beweglichen Mittelring etwas größer oder mindestens eben so groß,
in keinem Fall aber kleiner als beide festen Halbringe zu machen und den Ringen
durch Näherung beider Wellenenden eine solche Lage zu geben, daß die beiden
Angriffspunkte eines jeden festen Ringes möglichst weit aus einander fallen, um den
Druk von der Achse möglichst zu entfernen.'
Nicht in allen Fällen ist meine Universalkuppelung mit gleichem Vortheile anwendbar.
Bei Maschinen, die oft eingestellt werden müssen, oder die Bewegung von der einen
Richtung nach der anderen häufig wechseln, tritt ein Nachtheil ins Spiel, welcher
auch an der gewöhnlichen Klauenkuppelung haftet. Dieser Nachtheil besteht in dem
Stoße, welcher mit dem Beginn oder mit dem Wechsel der Bewegung verbunden ist. Es
lassen sich zwar Vorkehrungen treffen, um diesem Uebelstande abzuhelfen, allein der
Apparat verliert dadurch an Einfachheit.
Aus der Eigenschaft, die Bewegung unter jedem Winkel gleichförmig zu übertragen,
könnte man schließen, daß der Apparat für alle diejenigen Fälle, wo die Transmission
einer Bewegung ohne Geschwindigkeitsveränderung vor sich gehen soll, die Winkelräder
erseze. So lange die Abweichung beider zu verbindenden Wellen aus der geraden Linie
45° nicht übersteigt, dürfte dieses wirklich der Fall seyn. Daß aber bei
einer Winkelstellung von 90° der Apparat auch für schwere Maschinen
zugänglich sey, ist wegen der unter diesen Umständen erhöhten Friction der Ringe und
des erhöhten Seitendruks gegen die Achsenlager nicht anzunehmen. Dagegen steht bei
sehr vielen leichten Maschinen und Instrumenten, wo es weniger auf die Quantität der
Bewegung als auf die Art ihrer Uebertragung ankommt, einer vortheilhaften Anwendung
der Kuppelung in dem so eben bezeichneten Sinne kein wesentliches Hinderniß im
Wege.