Titel: Sich selbst controlirende Uhr, welche augenbliklich anzeigt, wenn die durch Reibung etc. verursachte Unregelmäßigkeit im Gang auch nur den tausendsten Theil einer Secunde ausmacht und welche ein mehr als hundertfach größeres Hinderniß überwindet, ehe sie stehen bleibt, als andere Uhren. Erfunden von Matth. Hipp, Groß- und Kleinuhrmacher in Reutlingen (Württemberg).
Fundstelle: Band 88, Jahrgang 1843, Nr. CVIII., S. 441
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CVIII. Sich selbst controlirende Uhr, welche augenbliklich anzeigt, wenn die durch Reibung etc. verursachte Unregelmaͤßigkeit im Gang auch nur den tausendsten Theil einer Secunde ausmacht und welche ein mehr als hundertfach groͤßeres Hinderniß uͤberwindet, ehe sie stehen bleibt, als andere Uhren. Erfunden von Matth. Hipp, Groß- und Kleinuhrmacher in Reutlingen (Wuͤrttemberg). Beschluß von S. 264 in diesem Bande (zweites Maiheft) des polyt. Journals. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Hipp's sich selbst controlirende Uhr. III. Abschnitt. Beschreibung des sich selbst controlirenden Chronometers. Es ist bekannt, daß, um eine gute Uhr zu construiren, man hauptsächlich dahin seine Aufmerksamkeit zu wenden hat, die Mittel aufzufinden, durch welche man die den Isochronismus störenden Ursachen entdeken kann; da bei einem vorkommenden Fehler erst dann abzuhelfen ist, wenn man weiß, wo er liegt. Diese den Isochronismus störenden Ursachen sind so vielerlei und so mannichfaltige, daß es immer die schwierigste Aufgabe bleiben wird, sie zu entdeken. Der oben gedachte Chronometer soll nun hauptsächlich dazu dienen, nicht allein an und für sich selbst die Zeit sehr genau zu messen, sondern auch die allerunbedeutendsten Einflüsse von Außen, welche irgend den Gang stören könnten, mit einer Genauigkeit selbst anzuzeigen, welche weit über der Genauigkeit unserer genauesten Beobachtungsweisen liegt. Ich enthalte mich der Beschreibung der gewöhnlichen Chronometer und nehme des Vergleichs wegen als bekannt an, nicht nur die Genauigkeit ihres Ganges, sondern auch die ungeheuren Schwierigkeiten, welche sich demjenigen zeigen, der sich vornimmt, einen möglichst genau gehenden Chronometer zu verfertigen. Den Plan des Bewegungsprincips meines sich selbst controlirenden Chronometers stellt Fig. 35 in willkürlichem Maaßstabe dar; C ist die Welle des Schwungrades oder des Balanciers und könnte nach unserem Princip eben sowohl die Aufhängung eines Pendels seyn; durch eine zwekmäßig angebrachte Spiralfeder wird der Balancier ebenso zum Oscilliren gebracht wie ein gut aufgehängtes Pendel durch seine Schwere. Hat man die vorangegangene Erklärung der Art und Weise, wie das Auslösen und die Impulsion bei meinen Pendeluhren stattfindet, genau gelesen, so wird man dieses Bewegungsprincip sogleich verstehen. Bei A ist der Schlüssel oder die Auslösung, dessen Zapfen wie alle übrigen, die im Dienste des Echappements sind, in Rubin laufen, und welcher vermittelst einer schwachen Spiralfeder in einer Richtung gehalten wird, die auf das Mittel des Balanciers zugeht, ebenso wie bei der vorangegangenen Beschreibung der Pendeluhren der Schlüssel (oder die Auslösung) vermöge seiner Schwere eine gewisse Richtung beibehält, aus der er jedoch durch den geringsten Widerstand gebracht werden kann. Die Scheiben würde somit ohne alle Berührung mit dem Schüssel schwingen können, wenn nicht die Erhöhung bei 8 in Berührung mit demselben käme, und zwar dadurch, daß der Schlüssel durch das Hin- und Herschwingen bald von der einen, bald von der anderen Seite aus seiner Richtung gebracht wird. In der Zeichnung ist er im Augenblik seiner Function dargestellt; der Balancier C, F ist durch die Wirkung des Spirals im Begriff umzukehren, nach der Richtung des Pfeils zu schwingen, und muß daher das Stük A, B, D, welches bei B seinen Umdrehungspunkt hat, auswärts schieben; man erinnere sich dabei, was ich bei dieser Auslösungsmethode bei meinen Pendeluhren gesagt habe. Durch diese Bewegung des Auslösestükes A, B, D wird das Stük E, G, D, welches in E seine Achse hat, frei, und zwar dadurch, daß sich der Haken D, in welchem es durch einen Stift gehalten wurde, hebt; durch eine Spiralfeder, welche der Verständlichkeit wegen hier nicht gezeichnet ist, erhält das Stük G, E, D ein Bestreben nach der Richtung des Pfeils E zu gehen, dieses Stük wird somit augenbliklich in Bewegung kommen, sobald der Haken D in Folge der Auslösung bei A gehoben wird; daß das Stük A, B, D vermittelst einer Feder in richtiger Lage gehalten und im Gleichgewicht seyn muß, versteht sich von selbst. Von großer Wichtigkeit ist, daß die Spiralfeder bei E beliebig mehr oder weniger gespannt werden kann; und dieses kann auf ganz einfache Weise geschehen vermittelst einer Correction, welche bei O Fig. 37 auf dem Zifferblatte sichtbar ist, wodurch man es in feiner Gewalt hat, zu jeder Zeit die Spiralfeder mehr oder weniger zu spannen. Das Stük E, G, D wird nun bei seinem Vorwärtsbewegen mit dem Finger F, C des Balanciers in Berührung kommen, und dadurch demselben eine Impulsion mittheilen; sobald dieß nun geschehen, muß das Impulsionsstük wieder in seine vorige Lage gebracht werden; dieß geschieht nun folgendermaßen. Das Rad Z ist durch die Hauptfeder des Impulsionswerks in Bewegung gesezt; auf derselben Achse sizt das Rad W, welches in das Getriebe V eingreift, auf dessen Achse wiederum eine Art Windflügel befestigt ist, welcher durch den Einfall J, U in seiner Bewegung zurükgehalten ist; sobald nun das Impulsionsstük seine Verrichtung beendigt hat, wird sein Theil G den Stiften H des Einfalls J, U berühren und denselben in die Höhe heben; die unmittelbare Folge davon wird seyn, daß sich die Flügel drehen und das Rad W mit Z vorwärts bewegt wird, wodurch das Impulsionsstük mit dem Theile T, welches in die Zähne des Rades auf eine passende Weise eingreift, wieder aufgezogen und in seine ursprüngliche Lage gebracht wird, bereit, nach Erforderniß eine neue Impulsion zu geben, d.h. dann, wenn die kurz zuvor mitgetheilte Kraft consumirt ist, worauf, wenn der Balancier wieder auf denselben Schwingungsgrad kommt, wie im Augenblik der ersten Impulsion, wieder eine neue Impulsion erfolgt: dadurch wird eine stets vollkommen gleich starke Impulsion erzielt, die im geringsten nicht vom Räderwerk oder von der Ungleichheit des Federzuges abhängt, da immer nur die Feder des Impulsionsgebers, die nach jeder Impulsion wieder aufgezogen wird, die kraftgebende ist. Durch diese Einrichtung der Isolation des Räderwerks vom Gang der Uhr wird eine große Gleichförmigkeit der Bewegung erzielt, indem namentlich die Umstände, welche nachtheilig auf den Gang wirken, in viel geringerer Anzahl und viel näher beisammen sind, wodurch auch eine viel leichtere Uebersicht gestattet ist. Die vollkommene Isolation des Räderwerks vom Gange der Uhr, so wie der vollkommene Isochronismus der Spirale versagte die erwarteten Dienste bei gewöhnlichen Chronometern aus Umständen, welche hier anzuführen nicht meine Aufgabe ist, was aber in vorliegendem Falle, wo die störenden Umstände entfernt sind, keine Anwendung findet. Verbindet man nun mit dem Impulsionswerk, welches dazu berechnet ist, nur alle 8 Tage aufgezogen zu werden, und in A, B, C, D, E, Fig. 38, zu sehen ist, ein Zeigerwerk, so wird die Anzahl der Impulse auf dem Zifferblatt P, Fig. 37, angezeigt. Daß die allergeringste Störung eine wesentliche Variation am Impulszeiger hervorbringen muß, ist leicht einzusehen. Nun soll auch die Anzahl der Vibrationen gezählt werden, was durch eine einfache Einrichtung geschieht. Der Stiften K, Fig. 36, welcher am unteren Theile der Scheibe R, Fig. 35, sizt, schiebt die Gabel O, L, K, welche in L ihren Bewegungspunkt hat, beim Oscilliren des Balanciers hin und her; dadurch wird der vom Oscillationszählerwerk, welches in F, G, H, I, K, Fig. 38, zu sehen ist, in Bewegung gesezte Anlauf M, welcher bei O sich auf die Gabel stüzt, frei, macht einen halben Umgang, welcher auf dem Zifferblatt einer halben Secunde entspricht und stüzt sich wieder auf O, u.s.f. Das diesen Anlauf in Bewegung sezende Räderwerk trägt nun die Oscillationszeiger mit Secunden, Minuten, Stunden u.s.w. Die Correction dieses Werks oder die gewöhnliche Spiralcorrection ist bei N auf dem Zifferblatt Fig. 37 angebracht. Durch die Berechnung sind die Zeigerwerke so gestellt, daß beide gleiche Geschwindigkeit haben; der Secundenzeiger geht von der Mitte aus, der Balancier ist mit einer sorgfältig geprüften Compensationsvorrichtung versehen. Man hat nun nicht allein einen Impulsions- und einen Oscillationszähler, welche die allergeringste denkbare Veränderung im Gange der Uhr nachweisen, sondern auch Correctionen, mittelst deren es möglich ist, die allergeringste Ungleichheit des Ganges, welche bis jezt mit keinem Instrumente zu beobachten möglich war, nicht nur wahrzunehmen, sondern auch sogleich zu verbessern. Es ist anzunehmen oder vielmehr nicht anders denkbar, daß bei gleicher Periodendauer der strengste Isochronismus stattfinden muß, indem alle Bedingungen in demselben aufs allergenaueste erfüllt sind; eine vorkommende Störung des Isochronismus muß daher immer eine Impulsionsdifferenz zur Folge haben. Durch Versuche und Beobachtungen am Pendel habe ich gefunden, daß bei einer Impulsionsdifferenz von 30 Secunden, innerhalb 48 Stunden, das Maximum des etwaigen Beobachtungsfehlers angenommen, eine Zeitdifferenz von 19 Secunden entstand, welche durch das Impulsionszeigerwerk schon nach einer halben Minute angezeigt wurde; somit entspräche der dadurch angezeigte Fehler dem 17280sten Theil einer Secunde. Bringt nun eine Impulsionsdifferenz von 10 Secunden eine Zeitdifferenz vom 17280sten Theil einer Secunde innerhalb einer halben Minute hervor, so wird eine Impulsionsdifferenz von einer Secunde innerhalb einer Minute einen undenkbar kleinen Theil einer Secunde anzeigen. Um eine ähnliche Differenz bei anderen Chronometern zu finden, ist eine Tage lange sorgfältige Beobachtung nöthig; während dieser Zeit aber erleidet die Atmosphäre so viele Veränderungen oder es treten so viele verschiedene Umstände ein, daß man am Ende doch nicht weiß, was eigentlich die Ursache des Differirens der Uhr war, daher man auch die Einwirkungen von Feuchtigkeit, Schwere der Luft, Elektricität, Erdmagnetismus u. dgl. größtentheils vernachlässigte, weil man nicht Mittel hatte zu erfahren, ob ähnliche atmosphärische Veränderungen überhaupt der Richtigkeit des Ganges Eintrag thun oder nicht. Abgesehen davon, daß dieser Chronometer gehörig ausgeführt, mehr Vollkommenheit darbietet als andere, indem bei weniger sorgfältiger Arbeit größere Genauigkeit des Ganges erreicht wird, werden wir dadurch erfahren, worin eigentlich die verborgenen Unvollkommenheiten liegen, wogegen man immer kämpft, und erst dann, wenn man dieß weiß, kann man dahin arbeiten, die lezte Spur von Unvollkommenheit zu entfernen, denn während einer Minute Zeit verändert sich die Atmosphäre nicht mehrmals; auch kann man leicht eine so kurze Zeit hindurch einen elektrischen Strom auf die Uhr wirken lassen oder sie unter den Recipienten einer Luftpumpe bringen u. dergl.; kurz, diese Erfindung muß jedenfalls großes Licht in der Uhrmachern verbreiten und nicht allein für die Uhrmachern insbesondere wird diese Uhr ihre Dienste leisten, sondern sie wird auch physikalischen Beobachtungen ein Hülfsmittel werden, zu Resultaten zu gelangen, welche man bis jezt entweder gar nicht oder doch nur auf großem Umwege erreichen konnte. Neben allem diesem kann mit Sicherheit behauptet werden, daß dieser Chronometer neben seinen besonderen Eigenschaften keine gute Eigenschaft anderer Chronometer entbehrt; auch wird man, wenn einmal die Dimensionen der einzelnen Theile bestimmt sind, bei gewöhnlich guter Arbeit eben so sicher den Zwek erreichen, als gegenwärtig mit der sorgfältigsten, zeitverschwendendsten Arbeit, da ein bis jezt unbemerklicher Fehler nicht allein wahrgenommen, sondern auch verbessert werden kann durch die einfachsten Hülfsmittel, welche die Uhr selbst darbietet, und eben deßwegen wird es auch möglich seyn, solche Chronometer bedeutend billiger zu liefern, ohne daß deßhalb der Zwekmäßigkeit Eintrag geschieht, indem der allerunbedeutendsten Veränderung sogleich vermittelst der zweiten Correction eine ganz genau im Verhältniß stehende größere oder kleinere Kraft entgegengesezt werden kann, wodurch alsdann eine durch Zufall herbeigeführte höchst unbedeutende Differenz von selbst wieder aufgehoben wird, was an anderen Chronometern deßhalb nicht stattfinden kann, weil man eine so unbedeutende Abweichung gar nie erfährt. Durch einen weiter angebrachten einfachen Mechanismus (welchen ich zu beschreiben mir vorbehalte) ist es möglich, eine Uhr so zu construiren, daß sie nicht allein die bis jezt unwahrnehmbaren Differenzen anzeigt, sondern dieselben sogar ohne alles Zuthun von Außen von selbst aufhebt, d.h. sich nicht allein controlirt, sondern auch sich selbst regulirt. Jedem, welcher ein höheres Interesse für die Sache nachweist, stehe ich zur Rede, und Falls es verlangt wird, gebe ich über die geringsten Details gerne Auskunft. Der Umstand, daß ich ein größeres Geschäft zu überwachen habe und daß man in unserem Binnenlande keinen großen Werth auf ähnliche Erfindungen legt, macht es mir unmöglich, mich mit der Anfertigung solcher Chronometer zu beschäftigen, und veranlaßt mich zur Veröffentlichung des Obigen. Uebrigens trete ich meine Rechte als Erfinder gerne an solche ab, welche für Ausführung derselben günstiger gestellt sind.

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