Titel: | W. Th. Olivier's neuer Dendrometer, um die Höhe und den Durchmesser der Bäume zu messen. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. VI., S. 11 |
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VI.
W. Th. Olivier's neuer Dendrometer, um die
Hoͤhe und den Durchmesser der Baͤume zu messen.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. Jan.
1843, S. 3.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Olivier's neuer Dendrometer.
Theorie des Instrumentes. Fig. 28 stellt einen
Cylinder vor, der in der Horizontalebene einen Kreis C
zur Grundfläche hat und dessen Achse o o′
vertical steht. Legt man durch diesen Cylinder in der Entfernung o o′
von der Grundfläche C eine horizontale Ebene, so bildet
der Durchschnitt derselben mit dem Cylinder einen Kreis C′ von gleichem Halbmesser wie der Kreis C.
In der Horizontalebene, worin die Grundfläche C des
Cylinders liegt, nehme man einen Punkt S an, und lege
durch diesen Punkt zwei, den Cylinder tangirende Ebenen. Die erste wird als
Grundlinie die Gerade a S haben und den Cylinder längs
der erzeugenden Geraden a a′ berühren; die zweite
wird die Gerade d S zur Grundlinie haben und den
Cylinder längs der erzeugenden Geraden d d′
berühren. Die Halbmesser a o und a′ o′ der Kreise C und C′ stehen
beziehungsweise senkrecht auf den Linien a S und a′ S.
Denkt man sich durch die Gerades a′ S und durch den Halbmesser a′ o′ des Kreises C′ eine Ebene gelegt, so schneidet diese Ebene
die Horizontalebene in einer geraden, zum Halbmesser o a
parallelen Linie S p, die auf beiden Geraden a S und a′ S senkrecht steht. Der Durchschnitt derselben Ebene mit
dem Cylinder wird eine Ellipse E seyn, deren Mittelpunkt
mit dem Mittelpunkte des Kreises C′ coincidirt.
Diese Ellipse hat den Durchmesser a′ o′ e′ des
Kreises C′ zur kleinen Achse und ihre große Achse
m′ o′ n′ ist zur Geraden a′ S parallel. Dieselbe Ebene
durchschneidet die zweite, den Cylinder tangirende Ebene in einer geraden Linie b′ d″ S, welche die Erzeugungslinie d
d′ in einem unterhalb d′
gelegenen Punkte d″ schneidet; dieß muß so seyn,
weil die Gerade a′ S
eine Linie der größten Neigung der Ebene der Ellipse E
ist. Der von den Tangenten a S und d S des Kreises C
eingeschlossene Winkel α bildet die Horizontalprojection des von den
Tangenten a′ S und
d″ S der Ellipse
E eingeschlossenen Winkels α′ oder
dessen Reduction auf den Horizont.
Die Seite a b des in a
rechtwinkeligen Dreieks b a S ist gleich der Seite a′ b′ des in
a′ rechtwinkeligen Dreieks b′ a′ S.
Verbindet man den Mittelpunkt o des Kreises C mit dem Punkte S, so
theilt die Gerade o S den Winkel α in zwei
gleiche Theile; verbindet man aber den Mittelpunkt o′ des Kreises C′ mit dem Punkte S, so wird die Gerade o′ S den Winkel α′ nicht in
zwei gleiche Theile theilen. Die beiden Kreistangenten a
S und d S, so wie die beiden Halbmesser o a und o d sind nämlich
gleich, und beide Dreieke o a S und o d S sind rechtwinkelig, das eine in a und das andere in d,
mithin sind sie congruent und die Winkel o S d und o S a einander gleich. Allein die Tangenten a′ S und d″ S der Ellipse sind
nicht unter sich gleich, weil die Geraden a′ S und d′ S offenbar gleich sind und der Punkt d″ unterhalb des Punktes d′ liegt. Da ferner die Seite o′
d″ ein halber Durchmesser der Ellipse ist, so
ist sie immer kleiner als die halbe kleine Achse a′ o′. Vergleicht man die beiden Dreieke o′ a′ S und o′ d″ S mit einander, so
bemerkt man, daß die Seite o′ d″ größer als o′ a′ und daß die Seite d″ S kleiner als a′ S ist; obgleich
nun die homologen Seiten der Dreieke o′ a′ S und o′ d″ S nicht alle unter sich gleich sind, so könnte dennoch
die Gerade o′ S den
Winkel d″ S a′
in zwei gleiche Theile theilen. Es läßt sich indessen folgendermaßen leicht
beweisen, daß der durch zwei Tangenten einer Ellipse eingeschlossene Winkel durch
die Gerade, welche den Mittelpunkt der Ellipse mit der Winkelspize verbindet, nicht
halbirt wird, wenn eine dieser Tangenten eines von den vier Achsenenden der Curve
zum Berührungspunkt hat.
E, Fig. 31, sey die Ellipse,
o′ ihr Mittelpunkt und e′ o′ a′ ihre kleine Achse. Man ziehe an den Endpunkt a′ der kleinen Achse die Tangente a′ S, von einem
willkürlich auf dieser Tangente angenommenen Punkte S
eine zweite Tangente d″ S und verbinde den Mittelpunkt o mit dem
Vereinigungspunkte S der beiden Tangenten. Endlich fälle
man von o′ einen Perpendikel o′ f auf die Tangente
d″ S. Wären nun
die Winkel o′ S f und
o′ S a′
gleich, so müßten die beiden rechtwinkeligen Dreieke o′ f S und o′ a′ S
congruent seyn, und man hätte alsdann o′ a′ = o′ S. Nun ist aber offenbar o′ f größer als o′ g, und da o′ g ein halber Durchmesser und als
solcher größer als die halbe kleine Achse o′ e′ oder o′ a′ ist, so hat man o′ f > o′ a′. Mithin sind die beiden in
Rede stehenden Dreieke nicht congruent und die Gerade o′ S theilt den Winkel der beiden Tangenten
nicht in zwei gleiche Theile. Wenn also auch der Winkel α die
Horizontalprojection des Winkels α′ ist, so ist doch die Hälfte des
Winkels α keineswegs die Horizontalprojection der Hälfte des Winkels
α′.
Wir wollen nun annehmen, es solle der Halbmesser o′ a′ des in der Höhe o o′ über der Horizontalebene geführten
Kreisschnittes ermittelt werden. Das Auge des Beobachters befinde sich im Punkte S der Horizontalebene. Man ziehe zwei Sehlinien als
Tangenten an den Cylinder C C′, so werden diese
in der Ebene o′ a′ S liegen, deren Durchschnitt S p mit der Horizontalebene auf S
a′ und S a senkrecht steht. Man reducire
alsdann den Winkel d″ S
a′ der Sehlinien auf den Horizont, wodurch man den Winkel d S a erhält; diesen halbire man, um den Winkel o S a zu erhalten, dessen zum Kreisbogen des Halbmessers
a S gehörige Tangente o
a dem Halbmesser a′ o des Kreises C′
gleich seyn wird. Dieser Theorie gemäß ist der neue Dendrometer eingerichtet.
Das Instrument besteht aus folgenden Haupttheilen:
1) einem Lineale z B, Fig. 29, welches vom
Punkte z aus in Millimeter getheilt ist;
2) einem vom Punkte N aus in Millimeter getheilten
Lineale M N, welches parallel mit sich selbst und senkrecht zum Lineal
z B verschoben werden kann;
3) einem vom Punkte P aus in Grade getheilten Quadranten.
Die beiden Lineale z B, M N
und der Quadrant P Q liegen in einerlei Ebene;
4) einem vom Punkte z aus in Millimeter eingetheilten
Diopterlineal z D, das um eine in z befindliche Achse drehbar ist, so daß sie auf dem Quadranten P Q und dem beweglichen Lineale N
M gleitend, jeden beliebigen Winkel mit dem Lineale z B bilden kann.
Die Handhabung dieses Instrumentes ist folgende. Man verlege den Punkt s in S, Fig. 28, und die Ebene
des Instrumentes in die Verticalebene a′ a S, indem man das Lineal z
B in die horizontale Lage S a und dann das
Diopterlineal in die Lage S a′ bringt. Nachdem
man die Linie S a, welche beispielshalber 12 Meter
betragen mag, gemessen hat, lasse man das bewegliche Lineal N
M längs des Lineals z B gleiten, so daß z N 12 Centimetern entspricht; alsdann arbeite man nach
einem Maaßstabe von 1 Centimeter auf 1 Meter. Bei dieser Stellung des Instrumentes
liest man nun am Punkte x ab 1) die Anzahl der in N x enthaltenen Millimeter, wodurch man die Anzahl der
in der Linie a a′ (oder der Höhe des Objects)
enthaltenen Decimeter enthält; 2) die Anzahl der in z x
enthaltenen Millimeter, wodurch man die Anzahl der in dem Abstande des Punktes S (dem Standpunkte des Beobachters) von dem Punkte a′ (dem Endpunkte der Objecthöhe) enthaltenen
Decimeter erfährt.
Sodann wende man das Instrument um, bringe den Punkt z in
S und die Ebene des Instrumentes in die Richtung der
Ebene S a′ b′
Zu dem Ende richte man z B nach S
a′ und treffe die Anordnung so, daß zugleich das Lineal N M horizontal steht.
Bei dieser Stellung des Instrumentes nehme man, Fig. 30, auf dem Lineal
z B einen Punkt x′ so an, daß z x′ = z x in Fig. 29 sey, und
verschiebe das Lineal N M aus seiner ursprünglichen Lage
in die Lage x′ M′. Hierauf drehe man das Diopterlineal bis in die Richtung S d″ und lasse es dann die Richtung z D′ annehmen, in welcher es das Lineal x′ M′ im
Punkte y schneidet. Im Punkte y wird man die Anzahl der in x′ y enthaltenen Millimeter ablesen, und die Anzahl der in
a′ b′ oder
a b enthaltenen Decimeter erfahren. Man nimmt sodann
das Instrument von seinem Stativ ab und berechnet mit Hülfe desselben auf folgende
Weise den Halbmesser a′ o′ des in der Höhe a a′ des
Objects horizontal geführten Durchschnitts C′.
Man schiebt nämlich das bewegliche Lineal x′ M′ in seine ursprüngliche Lage N M, so daß der Punkt y nach
y′ kommt, dann dreht man das Diopterlineal in
die Lage z D″, in welcher es durch den Punkt y′ geht und den Quadranten P Q in R schneidet. An diesem Punkte liest man
die in dem Bogen P R enthaltenen Grade ab, nimmt die
Hälfte davon, und bringt das Diopterlineal aus der Lage z
D″ in die Lage z D′″, in
welcher es den Bogen P R in R′ halbirt. Das Diopterlineal z
D′″ wird das bewegliche Lineal N M in
einem Punkte y″ durchschneiden, wo man die Anzahl
der in N y″ enthaltenen Millimeter ablesen kann.
Somit wird man die Anzahl der in a o oder a′ o′, d. h.
in dem gesuchten Halbmesser des Durchschnitts C′
enthaltenen Decimeter erfahren.Der Quadrant P Q dient, wie man sieht, dazu, den
Winkel α zu halbiren, den Winkel α′ auf den Horizont zu
reduciren und den Beobachter in den Stand zu sezen, den Halbmesser o′ a′
des Durchschnittes C′ zu erlangen, ohne
zur Rechnung seine Zuflucht nehmen zu muͤssen.Ließe man in dem Instrumente den Quadranten P Q
weg, so erhielte man den Halbmesser o′
a′ nur mit Huͤlfe einer sehr
einfachen Formel. N y″ bezeichne den
gesuchten Halbmesser o′ a′. Da die Gerade z y″ den Winkel N z y′
in zwei gleiche Theile theilt, so folgtTextabbildung Bd. 089, S. 15und wenn man die Anzahl der in z N, z y′ und N y′ enthaltenen und auf dem Instrument
abgelesenen Millimeter mit b l und h bezeichnet, so kommtTextabbildung Bd. 089, S. 15
Bemerkungen hinsichtlich der Construction
und des Gebrauchs des Instrumentes.
Der Zwek des Instrumentes, dem man den Namen Dendrometer
beilegt, ist, die Höhe der Bäume und ihren Durchmesser in verschiedenen Höhen zu
messen. Es wird von den Forstleuten zur Taxation der Wälder angewendet. Das
Instrument läßt sich übrigens auch anwenden, um die Höhe von Gebäuden, insbesondere
auch die Höhe und den Durchmesser von Säulen an Gebäuden zu ermitteln, die man vom
Boden aus aufnehmen will.
Bei den bisher angewendeten Dendrometern, die sich auf die Aehnlichkeit
rechtwinkeliger Dreieke gründen, beschränkt man sich, um den Durchmesser zu
erhalten, die Länge der geraden Linie a′ b′, Fig. 28, zu ermitteln.
Der hiebei begangene Fehler = e′ b′ vermindert sich zwar mit der Entfernung des
Standpunktes S von dem Objecte, so daß er für eine
unendlich große Entfernung = 0 würde. Allein da sich die Forstleute nicht weit
(höchstens 10 bis 20 Meter von dem zu messenden Baume entfernen können, so wird man
einsehen, daß der begangene Fehler e′ b′ immerhin zu beachten ist. Bei solchen
Instrumenten ist es wichtig, die Scale so groß wie möglich zu nehmen; so wird man
zur Berechnung der Höhe den Maaßstab von 1 Decimeter auf 1 Meter nehmen können, weil
die zu messende Höhe
immer einige Meter beträgt. Um aber den Halbmesser oder Durchmesser des in einer
gegebenen Höhe geführten Horizontaldurchschnittes zu messen, müßte man eine größere
Scale nehmen, weil der gesuchte Halbmesser gewöhnlich nur eine gewisse Anahl
Decimeter enthält. Es ist demnach von Belang, die Lineale z
B, N M, z D so lang
wie möglich zu machen, ohne daß jedoch das Instrument dadurch unbequem wird.
Das neue Instrument ist, wie ich glaube, so eingerichtet, daß man die Rüksicht,
welche bei seiner Construction auf obige Bemerkungen genommen wurde, nicht verkennen
wird.
Gibt man also den drei Linealen z B, N M, z D eine hinreichende
Länge, so kann man, wenn es sich darum handelt, den Halbmesser a o′ oder a′
o′, Fig. 28, zu berechnen,
nicht 1 Centimeter auf 1 Meter, sondern 2 oder 3 Centimeter auf 1 Meter als Maaßstab
nehmen, so daß man, Fig. 30, z x′ zwei- oder
dreimal so groß wie die in Fig. 29 erhaltene Länge
z x, und eben so z N,
Fig. 30,
zwei- oder dreimal so lang wie z N, Fig. 29,
annehmen kann. Mithin kann man nach beendigten Operationen in y″, Fig. 30, die Anzahl der
in N y″ enthaltenen Millimeter ablesen, und diese
Anzahl durch 2 oder 3 dividirt, wird die Anzahl der in dem gesuchten Halbmesser des
Kreises C′ enthaltenen Decimeter angeben. Mit
einem Wort, bei einer genügenden Länge der Lineale kann man nach Belieben mit einem
Maaßstabe von 1, 2 oder 3 Decimetern auf 1 Meter arbeiten.
Handelt es sich um die Messung der Höhe a a′, so
kann man mit einem Maaßstabe von 1 Decim. aus 1 Meter operiren, weil ein Irrthum von
½ Millimeter in der Beobachtung der Länge N x,
Fig. 29,
am Instrumente einen Fehler von nur ½ Centimeter in der Messung der Höhe, die
immer mehrere Meter beträgt, herbeiführt. Handelt es sich aber um die Messung des
Halbmessers des in der Höhe a a′ geführten
Durchschnittes, so muß man den Maaßstab von 3 Centim. auf 1 Meter nehmen, weil ein
Irrthum von ¼ Millimeter in der Beobachtung der Länge N y″ am Instrmente einen Fehler von nur 1/12 Decimeter in der
Messung des Halbmessers, der nur einige Decimeter betragen kann, veranlaßt.
Fig. 32 ist
der Aufriß des auf sein Stativ befestigten Dendrometers.
Fig. 33 zeigt
denselben im Profil und in Operation.
Fig. 34 ist
der Durchschnitt des verticalen Lineals, welches sich auf dem horizontalen Lineale
verschieben läßt.
Fig. 35 ein
Theil desselben Lineals.
D die Hülse des Instrumentes, welche auf ein Stativ
befestigt wird; B eine Stellschraube, um das Instrument in der Hülse
fest zu stellen; C ein flaches horizontales, in Grade
eingetheiltes Lineal; D das Diopterlineal, welches sich
um eines seiner Enden auf dem horizontalen Lineale scharnierartig drehen läßt; E ein verticales, längs des horizontalen Lineals
verschiebbares Lineal; F ein Quadrant, welcher sich
mittelst der Schraube G an dem horizontalen Lineale
feststellen läßt; H ein an dem einen Ende des Lineals
D befestigtes Rähmchen mit Kreuzfäden; J ein an dem anderen Ende dieses Lineals befestigtes
Diopter mit einer Visiröffnung v.