Titel: | Ueber die amerikanische Methode Häuser fortzubewegen; von A. I. Mason. |
Fundstelle: | Band 89, Jahrgang 1843, Nr. XXII., S. 88 |
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XXII.
Ueber die amerikanische Methode Haͤuser
fortzubewegen; von A. I.
Mason.
Aus dem Mechanics' Magazine. Maͤrz 1843, S.
229.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Mason, über die amerikanische Methode Häuser
fortzubewegen.
Ich habe öfters davon reden hören, daß in Woolwich und seiner Umgegend Werkstätten
auf Walzen fortbewegt wurden; die Fortbewegung steinerner Häuser ist indessen eine
wichtigere Sache und ich finde, daß in diesem Punkte noch viel Ungläubigkeit
herrscht. Thatsache ist, daß diese Operation in den lezten Jahren in New-York
so oft vorgenommen wurde, daß sie bereits aufgehört hat besondere Aufmerksamkeit zu
erregen. Durch nachfolgende Beschreibung, welche sich auf die Fortbewegung aus
Baksteinen aufgeführter Häuser bezieht, hoffe ich dem Leser einen richtigen Begriff
von diesem Gegenstande beizubringen. Hölzerne Häuser werden auf dieselbe Weise
fortbewegt, nur geht die Operation dann leichter vor sich.
In jede der Endmauern des fortzubewegenden Hauses werden gerade über dem Fundament in
Abständen von 3 bis 4 Fuß von einander, Löcher geschlagen, die weit genug sind, um
Balken von 12 bis 15 Zoll im Gevierte aufzunehmen. Diese Balken A, A, A, A, Fig. 33, werden parallel
zu einander eingesezt, so daß sie ungefähr 2 Fuß über die Mauer hervorragen. Die
Enden derselben kommen außerhalb der Mauern auf starke Holzblöke zu liegen. Zwischen
diese Blöke und die Balken werden Keile eingetrieben, um die lezteren zu erheben und
dicht gegen die oberen Theile der Löcher anzudrüken. So vertreten diese Balken die
Stelle der vorher weggenommenen Mauersteine, und helfen nun auf diese Weise das
Gewicht des Hauses mit tragen. Hierauf wird das Fundament der Endmauern abgebrochen
und das zwischenliegende Mauerwerk auf die Seite geschafft, um für die weiteren
Operationen freien Spielraum zu erhalten. Dieselbe Procedur wird mit der vorderen und
hinteren Mauer vorgenommen, indem man quer unter die ersten Balken ähnliche Balken
B einsezt und dieselben gleichfalls durch Blöke
außerhalb der Mauern unterstüzt. Ist dieß geschehen, das Fundament und alles
überflüssige Mauerwerk weggeschafft, so werden beide Balkenreihen durch die unter
ihnen angcordneten senkrechten Schrauben C, Fig. 34, dicht
gegen einander gedrükt. Dadurch werden die erwähnten, zur Unterstüzung der
Balkenenden dienlichen Blöke frei, und können weggenommen werden. Hie und da sezt
man oberhalb der ersten Balkenlage noch andere Stüke D,
D ein, um die Fronte des Hauses noch besonders zu stüzen.
Das ganze Haus ruht jezt auf einem Gerüste, das von den Schrauben getragen wird, und
man kann nun ohne Mühe rechtwinkelig zu der ersten Balkenreihe A, A, A die festen Bahnen E, E,
E, Fig.
35, einsezen, welche genau die Stelle, wo früher das Fundament der
Endmauern stand, einnehmen. Unmittelbar auf diese Bahnen und längs derselben kommen
zunächst die Schienen F, F zu liegen und zwischen die
lezteren und die Balkenreihe B, B werden rechtwinkelig
zu beiden die Balken G eingeschoben. Außerdem werden
Holzstüke und Keile H, H, H an verschiedenen Stellen
eingetrieben, um das ganze Gewicht des Gebäudes auf die Schienen F und mithin auf die Bahnen H zu bringen, so daß man die Schrauben wegnehmen und nach der Vorderseite,
wie Fig. 36
zeigt, versezen kann. Das ganze Gerüst wird an allen Stellen fest und sicher
verbunden.
Um nun das Haus auf eine sichere Weise zu bewegen, wird längs einer der Bahnen E eine tiefe Rinne eingeschnitten, in welcher die
erwähnte Schiene F läuft. Nachdem beide Theile gut mit
Fett eingeschmiert worden sind, werden die Schrauben in horizontaler Richtung in der
Straße gegen die zweite Balkenlage gestemmt und alle zugleich in Thätigkeit gesezt,
wodurch die Schienen mit ihrer Last langsam in ihrer Bahn fortgeschoben werden,
siehe Fig.
36. Die Geschwindigkeit, womit sich das Haus fortbewegt, ist 3 bis 4 Fuß per Tag. Wenn es an der gewünschten Stelle angekommen
ist, behält es seine Unterlage so lange, bis ein neues Fundament untergebaut ist;
hierauf wird durch Umkehrung der obigen Procedur eine Balkenunterlage nach der
anderen herausgenommen und das Haus an seinem neuen Orte befestigt. Die ganze
Translocation geht ohne Beschädigung des Hauses und der Möbel vor sich, und ohne daß
die Bewohner in irgend einer Weise dadurch belästigt werden.
Auf diese Weise wurden in New-York viele steinerne und hoͤlzerne Häuser
aus ihrer Stelle gerükt. So wurden im Jahre 1838 bei Erweiterung der
Fultonstraße drei baksteinerne Häuser, jedes drei Stokwerk hoch, in einer Masse, 16 Fuß weit zurükbewegt. Hie und da wird
auch ein Gebäude in die Höhe gehoben und ein neues Stokwerk untergemauert; die
Procedur unterscheidet sich in diesem Falle nicht wesentlich von der oben
beschriebenen; die Bewegung geht nur in verticaler anstatt in horizontaler Richtung
vor sich. Folgende merkwürdige Fälle der Anwendung des Systems der Häuserbewegung
kamen während meiner Anwesenheit in New-York vor.
Die Chapelstraße sollte in Folge obrigkeitlichen Befehls erweitert werden. Viele
Häuser wurden zurükbewegt, mehrere eingerissen. An der Eke der Chapel- und
Leonhardstraße stand ein großes und starkes baksteinernes Gebäude, welches ein
Grobschmied als Werkstatt benuzte; da dasselbe den projectirten Verbesserungen im
Wege stand, so sollte es weggeräumt werden. Das Gebäude wurde demnach versteigert
und um einen sehr billigen Preis dem Eigenthümer eines kleinen, in der
Leonhardstraße an dasselbe angränzenden Hauses, hinter welchem noch einiges Land
sich befand, zugeschlagen. Der speculative Käufer bewegte zuerst das schmale Haus in
der Leonhardstraße neben dem äußersten Ende der Schmiedewerkstätte vorbei und kehrte
seine Vorderseite der Chapelstraße zu, hierauf bewegte er das Haus des Grobschmiedes
die erforderliche Anzahl von Fußen zurük, und brachte es mit dem vorher
translocirten Häuschen in eine Front. Aus der alten Werkstätte bildete er drei
bequeme dreistokige Häuser mit Kaufläden und baute noch an das Häuschen an, so daß
das Ganze nun eine Reihe von vier stattlichen Häusern darstellt, welche durch diese
ingeniöse Methode viel weniger kostspielig hergestellt wurde, als dieses auf die
gewöhnliche Weise auszuführen gewesen wäre.
Einer neuen Verordnung zufolge sollte die Centrestraße erweitert und verlängert
werden, um sie mittelst einer Durchfahrt mit der Cityhall zu verbinden. Mehrere
Häuser wurden niedergerissen und an einer weiter zurükgelegenen Stelle wieder
aufgebaut. Aber ein schönes baksteinernes Haus stand gerade quer über die
beabsichtigte Straße, und weder auf der einen noch der anderen Seite war ein
hinreichender Raum vorhanden, um es ganz aufzunehmen. Was that der ingeniöse
Eigenthümer? Um sein Haus nicht zu opfern, faßte er die Idee, dasselbe von Oben bis
Unten durch alle drei Stokwerke hindurch in zwei Theile zu theilen. Er führte das
Vorhaben wirklich aus und die beiden getrennten Theile wurden zu beiden Seiten der
Straße einander gegenüber aufgestellt; in diesem Zustande sah ich beide Hälften des
Hauses, noch ehe die Oeffnungen wieder ausgemauert waren. Sie bilden jezt zwei
schmale Häuser.
Die mit der Fortbewegung eines mittelgroßen baksteinernen Wohnhauses verbundenen
Kosten belaufen sich ungefähr auf 100 Dollars. Ein vor Kurzem gestorbener Hr. Simeon
Brown ist der Erfinder dieses Systems der
Fortbewegung von Häusern.